Der Mythos von Lilith als Evas Vorgängerin ist nicht, wie in Eso-Foren oft behauptet wird, aus dem Schöpfungsbericht ( 1.Mose 2.4 ff ) „verschwunden“, sondern er war dort nie drin. Vielmehr ist das Motiv, daß Eva eine Vorgängerin habe, selbst wieder ein Mythos. Der ist aber viel später entstanden bzw. ist viel später hineingemischt worden.
Im Alten Testament ist Lilith genau einmal erwähnt, und zwar als Dämon: Jesajah 34.14 und sie ist vielleicht auch im Psalm 91.5 gemeint („Du wirst dich nicht fürchten vor dem Schrecken der Nacht“). Auch im Babylonischen Talmut , der später entstand als das AT, wird sie an verschiedenen Stellen beschrieben.
In der hebräischen Dämonologie ist Lilith ein weiblicher, vogelähnlicher Nachtdämon. Im Talmut Balylonicus (T.B.) wird sie u.a. beschrieben mit langem Haar und Flügeln ( T.B. Erubin 100b , T.B. Niddah 24b ) und entweder als Herrin anderer Dämonen, die „lilin“ genannt werden, oder auch als Mutter der „lilin“, „shedim“ und „ruchin“, wobei dann Adam der Vater ist. Ein Mann, der alleine in einem Haus schläft, ist in Gefahr, von Lilith attackeirt zu werden ( T.B. Sabbath 151b ).
Auch wird teilweise (ebenfalls später) die „Schlange“ im Baum, die Eva überredet, selbst als „Lilith“-Dämon interpretiert.
Diese hebräische Mythologie baut auf viel älteren semitischen Vorstellungen auf, die mit dem Adam bzw. Garten-Eden-Mythos gar nichts zu tun haben. Vor allem liegt dem auch eine sehr alte Falschdeutung des Namens „lilith“ zugrunde: man glaubte ihn aus „lajelah“ (hebr. „Nacht“, altsemitisch „lilatu“) ableiten zu können - und das kam so:
In der sumerischen und akkadischen Dämonologie gibt es eine Klasse von Dämonen, die ‚lil‘ genannt wurden. Dabei handelt es sich um sog. „atmosphärische“ Dämonen, und ‚lil‘ hat vernmutlich die Bedeutung „Sandsturm, Staubwolke“. Daß von ihnen vermutete wurde, daß sie sich von Staub ernähren, steht auch im Zusammenhang damit, daß ‚lilu‘ als Schlange dargestellt wurde. Solche Dämonen aus dieser Epoche haben nicht die „Aufgabe“, guten oder schlechten Einfluß auf den Menschen zu haben. Außerdem unterscheidet die akkadische Sprache nicht zwischen Geschlechtern, so daß ein solches auch den ‚lil‘ nicht zugeordnet wurde.
Später haben die (semitischen) Babylonier diese Dämonengruppe übernommen unter dem (maskulinen) Namen ‚lillum‘ zu dem nun ein Femininum gebildet wurde ‚lilatu‘. Zufälligerweise gab es aber das Wort ‚lilatu‘ bereits mit der Bedeutung „Nacht“. ‚lilatu‘ ist der Vorläufer des späteren hebraischen ‚lajelah‘.
In der Babylonischen Dämonologie wurde ferner auch eine Triade aus ‚lil‘ gemacht: Diese bestand aus 1. ‚lilu‘ (männlich) 2. ‚lilitu‘ (weiblich) und 3. ‚ardat lili‘. ‚ardat‘ ist eine junge unverheiratete Frau. Und diese ‚ardat lili‘ war nun ein Dämon, der es auf Männer abgesehen hatte. In einem alten baylonischen magischen Text wird beschrieben, daß ein kranker Mann verstanden wurde, als einer, den ardat lili „geheiratet“ (eine Metapher für „verführen“) hatte. Und es ist zu vermuten, daß ‚ardat lili‘ eben für die „Liebeskrankheit“ der Männer zuständig war.
Diese ‚junge Frau Lili‘ ist also die mythen-historische Vorläuferin der späteren hebräischen Lilith und es ist zu vermuten, daß sie während des Babylonischen Exils von den Hebräern übernommen wurde und so auch in die Anfänge der Niederschriften des Talmud hereinkam. Zu dieser Zeit war die „Paradies“-Story der Mosaischen Schriften (die ihrerseits persische und mesopotamische Vorläufer ihrer Bestandteile hat) längst abgeschlossen.
Der Mythos einer Vorgängerin Evas taucht jedoch erstmals im Midrasch " Genesis Rabah" auf (ca. 5. Jhdt n.Chr. ) und die Geschichte von namentlich Lilith als „Adams erster Frau“ kommt aus dem " Alphabet des Ben Sira", eine Schrift eines unbekannten Autors aus dem 8.-10. Jhdt. n.Chr.
Hier eine Übersetzung dieses Textes: The Alphabet of Ben Sira
http://jewishchristianlit.com//Topics/Lilith/alphabe…