Jenseits von Gut und Böse
Hi.
Warum manche hier deine Sündflut-Formulierung für unglaublich geistreich halten, ist mir ein Rätsel. Schließlich entspringt sie nur dem weitverbreiteten Missverständnis, dass „Sint“ ein altdeutsches Wort für „Sünde“ sei. „Sint“ bedeutet aber einfach nur „Überschwemmung“.
Man spricht bei „Sündflut“ von einer schon lange bestehenden „volksetymologischen Umdeutung“, mit „Witz“ hat das gar nix zu tun.
Zum Thema:
Ist es richtig, daß einige Leute den Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, zu ergründen suchen mit Zarathustrischen Methoden?
D i e Formulierung finde ich schon viel origineller. Leider gibt es keine „zarathustrische Methode“, allerdings gibt es eine auf dem Dualismus von gutem Gott und bösem Dämon beruhende zarathrustrische Lehre, deren Einfluss auf die jüdische und christliche Lehre unbestritten ist. Vor allem die Konzepte von Himmel und Hölle und die Satansfigur sollen auf zarathustrischen Einfluss zurückgehen.
Ich las, da sucht jemand die Ursachen für die Sündflut bei Gott, Er sieht offenbar das Böse und Gute - zwar zwiepältig - aber dennoch in der einen Person Gott.
Hab ich das im Groben so richtig verstanden
Nun, deine Frage zielt primär darauf, ob du FraLangs Frage richtig verstanden hast. Ja, ich denke, dass du ihn nicht falsch verstanden hast, aber das kann er dir am besten beantworten.
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Die biblische Sintflut ist eine Coverversion der Flutkatastrophe, die im akkadischen Atrahasis-Mythos schon 1300 Jahre vor Niederschrift der Genesis beschrieben wurde. Es gibt drei starke inhaltliche Parallelen: a) Gott Ellil will die Menschen vernichten, weil sie ihn nerven, b) Gott Enki warnt Atrahasis, der ein rettendes Boot baut, c) und Atrahasis verrichtet nach der Flut ein Dankopfer an die Götter.
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Was den von dir angesprochenen „Zwiespalt“ betrifft, habe ich Zweifel, ob die Begriffe „gut“ und „böse“ überhaupt in dieser Form auf den Gott der Genesis anwendbar sind. Man sollte vor allem unterscheiden zwischen den Vorstellungen von Gut und Böse, wie wir sie heute haben (das Menschenrecht-Paradigma) und jenen, die in jenen Zeiten galten, als die biblischen Texte entstanden.
Mit der Menschenrecht-Moral kommen wir nicht weit, wenn wir den Genesis-Gott betrachten, bzw. wir hätten Probleme, sie in diesem Gott realisiert zu finden.
„Böse“ kann man ihn nicht nennen, da er durch die Flutkatastrophe das Böse von der Erde tilgen möchte. „Gut“ kann man ihn nicht nennen, weil es den Begriff des Guten doch arg überdehnen würde, bezöge man ihn auf einen „allmächtigen Gott“, der seine erste Schöpfung vermasselt hat, sich darüber maßlos ärgert und schließlich die Delete-Taste drückt, um zahllose Menschen zu vernichten (gewiss nicht schmerzfrei), darunter sicher auch viele Unschuldige.
„Gut“ und „böse“ sind im Kontext des Genesis-Gottes keine moralischen Prinzipien per se, sondern gleichbedeutend mit „Gott ergeben“ und „von Gott abgewandt“.
Der Gott der Genesis ist also weder gut noch böse. Er „ist der er ist“, ganz einfach
Aber was ist er? Eine ganze Menge, schließlich stecken die Gene mehrerer Götter aus polytheistischen Zeiten in ihm: der gute Gott El, dann ein Fruchtbarkeits- und ein Wettergott, und – last but really not least – der Kriegsgott Jahwe, mit dem nicht immer gut Kirschen essen war. Wie heißt es in 2 Mose 15, 3 so schön:
Der HERR ist der rechte Kriegsmann; HERR ist sein Name.
Wenn die Judaisten dieses Bretts das für einen Qualen bereitenden Falschbefund halten, dann sorry. Ich schreibe nur Klartext.
Chan