Des Diktators Geburtshaus

Hallo,

in den Medien ist nun zu lesen, dass man das genannte Geburtshaus von Adolf Hitler, in Braunau nicht neu nutzen bzw. vermieten könne, da die Eigentuemerin wesentliche Punkte fuer die Nutzung ausgeschlossen habe.

Nach einer kleine Recherche gibt sich fuer mich kein klares Bild, was dieses Haus angeht.

Scheinbar hat die Familie Pommer das Haus 1912 erworben.

1938 wurde es dann von der NSDAP gekauft, laut Internet ohne Druck und zu einem überhöhten Preis (also weder geraubt, noch enteignet, noch ein Notverkauf).

Nach dem Krieg wurde dann „Rückübertragung“ seitens der Pommers beantragt, und scheinbar ist das 1954 auch geschehen, wobei der Staat das Haus gleich wieder angemietet habe (zuletzt zu einem Preis von 4800 Euro den Monat), insgesamt wohl zu einem Preis, der den Hauspreis um ein vielfaches überschreitet.

Historische Fragen nun:

Der Verkauf in 1938 war ein legaler Verkauf, es wurde scheinbar ohne Druck und mit gutem Profit verkauft. Ich gehe weiter davon aus, dass lediglich das Eigentum, welches unter Druck veräussert oder enteignet wurde, dem vorherigen Besitzer rückübertragen wurde, und dass im Rahmen eines ordentlichen Verkaufs erworbene Eigentum von Kriegsverbrechern bzw. deren Organisationen (in diesem Fall wohl der NSDAP) nach dem Krieg aber an den Staat (also Österreich) überging. Wer weiss hier näheres? Die Rückstellungsgesetze (RS 1-7) hätten hier doch eigentlich nicht gegriffen, da die drei Hauptmerkmale (geraubt, enteignet, Notverkauf) hier nicht zutrafen … 

Wieso wurde dann, insbesondere wenn man es sofort wieder anmieten wollte, das Haus zurückübertragen? Und selbst wenn es dafuer einen triftigen Grund gegeben haben sollte, wieso hat man dann Einschränkungen bzgl. der Nutzung seitens der Vermieterin akzeptiert?

Zweite historische Frage: Bekamen die Österreicher, die gemäß der RS-Gesetze bzw. den dazugehörenden Urteilen ihren Besitz zurückübertragen bekamen, diesen grundsätzlich umsonst zurück, also auch dann, wenn sie wie hier im vorliegenden Fall überhaupt nicht über den Tisch gezogen wurden?

Gruss
K.

>in den Medien ist nun zu lesen, dass man das genannte Geburtshaus von Adolf Hitler, in >Braunau nicht neu nutzen bzw. vermieten könne, da die Eigentuemerin wesentliche &gt:stuck_out_tongue_winking_eye:unkte fuer die Nutzung ausgeschlossen habe.

Ist das so verwunderlich ??
Natürlich wird sich ein Eigentümer einer solchen Immobilie dagegen absichern,das hier ein rechter Sumpf entstehen könnte.

>Nach dem Krieg wurde dann „Rückübertragung“ seitens der Pommers beantragt, und >scheinbar ist das 1954 auch geschehen, wobei der Staat das Haus gleich wieder >angemietet habe (zuletzt zu einem Preis von 4800 Euro den Monat), insgesamt wohl zu >einem Preis, der den Hauspreis um ein vielfaches überschreitet.

Natürlich,weil man damals zu Kriegsende von Seitens Österreiches das Haus am liebsten planiert hätte.

Du kannst davon ausgehen,das damals wie heute die Politik bei dieser Immobilie immer noch das letzte Wort hat,aus verständlichen Gründen.

Hallo,

Nach einer kleine Recherche gibt sich fuer mich kein klares
Bild, was dieses Haus angeht.

Das geht nicht nur dir so :smile:

Scheinbar hat die Familie Pommer das Haus 1912 erworben.

de facto ist der Grundbucheintrag für die Familie Prommer vom 9. Jänner1913.

1938 wurde es dann von der NSDAP gekauft, laut Internet ohne
Druck und zu einem überhöhten Preis (also weder geraubt, noch
enteignet, noch ein Notverkauf).

soweit, so richtig.

Nach dem Krieg wurde dann „Rückübertragung“ seitens der
Pommers beantragt, und scheinbar ist das 1954 auch geschehen,

allerding war es keine kostenlose „Rückübertragung“, sondern die Familie Pommer bezahlte dafür 150.000 Schilling (in etwa € 11.000) - dieser Preis war genauso weit unter dem Wert, wie seinerzeit die 150.000 RM, die Bormann zahlte, über dem Wert waren.

wobei der Staat das Haus gleich wieder angemietet habe
(zuletzt zu einem Preis von 4800 Euro den Monat),

die 4.800/4.700 € - die Zahlen schwanken - sind nirgendwo wirklich belegt, sondern nur kolportiert.

Historische Fragen nun:

Der Verkauf in 1938 war ein legaler Verkauf, es wurde
scheinbar ohne Druck und mit gutem Profit verkauft. Ich gehe
weiter davon aus, dass lediglich das Eigentum, welches unter
Druck veräussert oder enteignet wurde, dem vorherigen Besitzer
rückübertragen wurde, und dass im Rahmen eines ordentlichen
Verkaufs erworbene Eigentum von Kriegsverbrechern bzw. deren
Organisationen (in diesem Fall wohl der NSDAP) nach dem Krieg
aber an den Staat (also Österreich) überging. Wer weiss hier
näheres? Die Rückstellungsgesetze (RS 1-7) hätten hier doch
eigentlich nicht gegriffen, da die drei Hauptmerkmale
(geraubt, enteignet, Notverkauf) hier nicht zutrafen … 

Wenn überhaupt, müsste m.Es. das erste RS-Gesetz vom 26. Juli 1946 gelten, das Vermögen zum Gegenstand hatte, das durch staatliches Handeln (z. B. Verordnungen) den Besitzern entzogen worden war und nun von einer staatlichen Stelle, z. B. einer Finanzlandesdirektion, verwaltet wurde.

„Staatliches Handeln“ ist ein ziemlich schwammiger Begriff und M.Bormann soll ja auch gedroht haben, dass er „geeignetere Maßnahme“ ergreifen könnte, wenn das Haus nicht an die NSDAP verkauft würde,
Nach 1945 griff meines Erachtens auch nicht das Rückstellungsgesetz, sondern das Haus wurde ja ordnungsgemäß (wenn auch zu einem niedrigen Preis) von der Familie Pommer wieder gekauft.

Wieso wurde dann, insbesondere wenn man es sofort wieder
anmieten wollte, das Haus zurückübertragen? Und selbst wenn es
dafuer einen triftigen Grund gegeben haben sollte, wieso hat
man dann Einschränkungen bzgl. der Nutzung seitens der
Vermieterin akzeptiert?

warum die Republik zu diesem Konstrukt griff, ist mir auch nicht ganz klar - ich vermute (sorry, bin keine Juristin, sondern nur sehr interessierte Laiin), dass die Erbin der letzten Besitzerin, Gerlinde P. oder aber auch schon die Käufer Pommer (von der Republik) möglicherweise per Gerichtsverfahren die kostenlose Rückstellung beantragt hätten. So haben sie für das Haus ja gezahlt und es wurde damals vermutlich größeres Aufsehen vermieden.

Zweite historische Frage: Bekamen die Österreicher, die gemäß
der RS-Gesetze bzw. den dazugehörenden Urteilen ihren Besitz
zurückübertragen bekamen, diesen grundsätzlich umsonst zurück,

Nein, siehe genau diesen Fall.

Die Rückstellungsgesetze/Restitutionsgesetze gehören bis heute zu den sensibelsten Bereichen der Republik Österreich und führen bis heute zu Prozessorgien, besonders, wenn es um bis heute ungeklärte Fälle von Raubkunst geht.

Und generell ist zu sagen, dass sich die Politiker der Republik Österreich nicht nur nicht mit Ruhm bekleckert haben, was die Restitutionen generell betrifft, sondern die meisten Vorgänge bewußt verzögert, hinausgeschoben und teilweise sogar bestritten haben.
Man erinnere sich nur an die berühmt/berüchtigten Worte des Innenministers Josef Helmer (132. Ministerratssitzung, 9. November 1948) "Auch den Nazis ist im Jahre 1945 alles weggenommen worden […] Ich wäre dafür, dass man die Sache in die Länge zieht. […]"

Erst in den letzten zwei/drei Jahrzehnten ist (auch) in Österreich ein erhöhtes Bewußtsein für die historischen Tatsachen und die daraus entstehenden Folgen entstanden.

Gruß, Maresa

Zusatz
Über das Thema sind bereits Bücher erschienen und einige Dissertationen geschrieben worden - manches davon findet sich in google books und lädt zum Weiterrecherchieren ein.

LG.M.