Deutsch-Französischer Vorschlag zur Eu-Verfassung

Man kann derzeit in den Zeitungen davon lesen, dass sich Schröder und Chirac getroffen haben und einen gemeinsamen Standpunkt zu einem Teilbereich der kommenden EU-Verfassung erarbeitet haben.

Das wirft für mich mehrere Fragen auf:
Wenn ein eigener EU-(Verfassungs-)konvent tagt, der deshalb einberufen wurde weil sich die Riegerungschef nich in der Lage sahen mehr als nur Kompromisse von Kompromissen zu schließen, anstatt die strukturellen Probleme der EU zu lösen. Wieso treffen sich dann 2 von 15 EU-Regierungschef um gemütlich über ihre Positionen zu diskutieren, wenn zur gleichen Zeit Vertreter von Regierungen und Parlarmenten aus allen EU-Mitgliedsländern zusammen im Konvent seit vielen Monaten mühsam aber erfolgreich an einem kompletten Verfassungsentwurf arbeiten?
Welchen Sinn soll dieser Alleingang von Chirac und Schröder haben? Wollen sie Themen die im Konvent von allen Mitgliedern auszudiskutieren sind, schon vorwegnehmen? Um vielleicht irgendwelche Verfassungsentwürfe, die ihnen nicht gefallen könnten gleich im vorhinein zu torpedieren?
Wollen Frankreich und Deutschland zusammen, wie schon öfters in der Vergangenheit, den anderen „EU-13“ vor vollendete Tatsachen stellen?

Ich wäre an euren Meinungen zu diesem Thema sehr interessiert.

Moin Christoph,

Wenn ein eigener EU-(Verfassungs-)konvent tagt, der deshalb
einberufen wurde weil sich die Riegerungschef nich in der Lage
sahen mehr als nur Kompromisse von Kompromissen zu schließen,
anstatt die strukturellen Probleme der EU zu lösen. Wieso
treffen sich dann 2 von 15 EU-Regierungschef um gemütlich über
ihre Positionen zu diskutieren, wenn zur gleichen Zeit
Vertreter von Regierungen und Parlarmenten aus allen
EU-Mitgliedsländern zusammen im Konvent seit vielen Monaten
mühsam aber erfolgreich an einem kompletten Verfassungsentwurf
arbeiten?

Um zu versuchen, ihre Ansichten durchzusetzen. Im Konvent sind Franzosen und Deutschen in der Minderheit. Aber eine offizielle deutsch/französische Position hat auch im Konvent ein starkes Gewicht.

Welchen Sinn soll dieser Alleingang von Chirac und Schröder
haben? Wollen sie Themen die im Konvent von allen Mitgliedern
auszudiskutieren sind, schon vorwegnehmen?

Richtig.

Um vielleicht
irgendwelche Verfassungsentwürfe, die ihnen nicht gefallen
könnten gleich im vorhinein zu torpedieren?
Wollen Frankreich und Deutschland zusammen, wie schon öfters
in der Vergangenheit, den anderen „EU-13“ vor vollendete
Tatsachen stellen?

Wollen vielleicht, aber das werden sie nicht schaffen. Das wissen sie auch. Aber sie wollen es natürlich möglichst versuchen.

Ist ja auch nicht verwerflich. Natürlich versucht jeder möglichst seine Position durchzuziehen.

Ciao

Ralf

Hallo Christoph,

Wieso
treffen sich dann 2 von 15 EU-Regierungschef um gemütlich über
ihre Positionen zu diskutieren, wenn zur gleichen Zeit
Vertreter von Regierungen und Parlarmenten aus allen
EU-Mitgliedsländern zusammen im Konvent seit vielen Monaten
mühsam aber erfolgreich an einem kompletten Verfassungsentwurf
arbeiten?

So viel ich weiß, ist ja noch nicht einmal entschieden, ob die EU eine eigene Verfassung bekommen soll, geschweige denn, was darin stehen könnte (zukünfitge Neuaufteilung der EU).

Fakt ist, dass die EU bisher nicht allzu viel Einigendes auf die Beine gestellt hat. Das muss geändert werden. Von daher würde ich diese Anregungen nicht so negativ besetzen. Die angedachten Vorschläge in dem Papier erscheinen recht vernünftig und durchaus diskussionswürdig.

Viele Grüße
Jana

Wollen Frankreich und Deutschland zusammen, wie schon öfters
in der Vergangenheit, den anderen „EU-13“ vor vollendete
Tatsachen stellen?

Wollen vielleicht, aber das werden sie nicht schaffen. Das
wissen sie auch. Aber sie wollen es natürlich möglichst
versuchen.

Ist ja auch nicht verwerflich. Natürlich versucht jeder
möglichst seine Position durchzuziehen.

Ich schätze die Lage ähnlich ein. Innerhalb des Konvents wird es D/F auf keinen Fall gelingen, Positionen gegen den Willen der anderen Staaten durchzubringen. Meiner Einschätzung nach gehört auch der größte Teil der Konventsmitgliedern den sogenannten Jakobinern (jene Gruppe die für eine weitere europäische Integration sind) an. Deshalb glaube ich auch das vom Konvent eine halbwegs sinnvolle Verfassung im Sinne von Vereinfachung, Demokratisierung etc. vorgeschlagen werden wird. (Auch wenn man hierbei realistisch bleiben muss. Es wird nicht die komplette Struktur der EU eingerissen werden. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Ministerräte auch weiterhin mächtig bleiben werden etc.)

Das größte Hinderniss für eine solche Verfassung vom Konvent eben nur ein Vorschlag an den Rat der europäischen Union ist. Und er nur dann eine Zukunft hat, wenn der Rat derart unter Zugzwang gerät, dass ihm nichts anderes übrigbleibt als dem Vorschlag des Konvents als Gesamtpaket zuzustimmen. Dies ist meiner Meinung nach sogar wahrscheinlich. Man muss sich ja nur vergegenwärtigen, dass für die Erweiterung im Jahr 2004 neue effizientere Strukturen benötigt werden, auf die sich der Rat schon in Nizza nicht einigen konnte.

Wenn jedoch gemeinsam von verschiedenen Regierungen paralell zum Konvent eigene (Teil-)Verfassungsvorschläge ausgearbeitet würden, könnte der Entwurf des Konvents wahrscheinlich eher „ablehnbar“ werden.

Das ist auch der Grund wieso ich Verfassungsvorschlägen von ausserhalb des Konvents persönlich misstrauisch gegenüberstehe und sie für Versuche halte eine zu „fortschrittliche“ Verfassung zumindest abmildern wenn nicht verhindern zu können.

So viel ich weiß, ist ja noch nicht einmal entschieden,

ob die EU eine eigene Verfassung bekommen soll,
geschweige denn, was darin stehen könnte (zukünfitge
Neuaufteilung der EU).

Was ich bis jetzt in Erfahrung bringen konnte, ist eine neue Verfassung derzeit so gut wie eine beschlossene Sache innerhalb der EU. Die wichtige Frage ist nun, wie sie aussehen wird.

Es ist aber sehrwohl richtig, dass dieser Entschluss zu solch einem großem Schritt sehr jung ist. Noch vor einem Jahr und als der Konvent das erste Mal tagte, wurde eine EU-Verfassung für schier unmöglich gehalten. Stärkster Gegner von einem solchen Vorschlag war dabei Großbritannien. Aber selbst England hat, soviel ich weiß seine blockierende Haltung bereits aufgegeben.

Diese Entwicklung ist soweit ich erkennen kann zu einem großen Teil dem Konvent zuzuschreiben, der ein von den Regierungchefs im vorhinein nicht absehbares Eigenleben entwickelt hat.

Fakt ist, dass die EU bisher nicht allzu viel Einigendes auf
die Beine gestellt hat. Das muss geändert werden. Von daher
würde ich diese Anregungen nicht so negativ besetzen. Die
angedachten Vorschläge in dem Papier erscheinen recht
vernünftig und durchaus diskussionswürdig.

Im großen und ganzen wurden ja 2 wichtige Vorschläge gemacht:

  1. Kommissionspräsident wird vom europäischen Parlament gewählt.
    Das halte ich für sehr sinnvoll wenn nicht sogar für unumgänglich. Denn meiner Meinung nach muss die Kommission zu einer richtigen demokratisch legitimierten europäischen Regierung werden

  2. Das Rotationsprinzip der Ratspräsidentschaft wird abgeschafft und an dessen Stelle tritt ein von den Regierungen gewählter Ratspräsident. Dieser soll auf gleicher Ebene wie der Kommissionspräsident stehen.
    Diesen Vorschlag halte ich für problematisch. Einerseits wird es dadurch für kleine Mitgliedsstaaten ungleich schwieriger die Ratspräsidentschaft bzw den Ratspräsidenten zu stellen und andererseits wird der Rat (auch im Vergleich zur Kommission) noch mächtiger.

Doch wie schon gesagt die Vorschläge an sich sind durchaus diskutierbar. Was ich problematisch finde ich nur, dass versucht wird sie außerhalb des Rahmens des Konvents zu treffen.

Hi Christoph,

Was ich bis jetzt in Erfahrung bringen konnte, ist eine neue
Verfassung derzeit so gut wie eine beschlossene Sache
innerhalb der EU. Die wichtige Frage ist nun, wie sie aussehen
wird.

Eigentlich hast Du Dir Deine Frage schon selbst beantwortet, siehe hier auch Dein Schlusssatz:

Doch wie schon gesagt die Vorschläge an sich sind durchaus
diskutierbar. Was ich problematisch finde ich nur, dass
versucht wird sie außerhalb des Rahmens des Konvents zu
treffen.

Es ist defnitiv absolut nichts entscheiden, ganz im Gegenteil. Die Diskussionen werden hart geführt. Was meinst Du, weshalb jetzt diese Vorstöße einzelner Konglomerate erfolgen??? Wenn in diesem Jahr noch eine Entscheidung fällt (angepeilt ist September), dann ist das schon allein ein großer Fortschritt.

Viele Grüße
Jana

Es ist defnitiv absolut nichts entscheiden, ganz im Gegenteil.
Die Diskussionen werden hart geführt. Was meinst Du, weshalb
jetzt diese Vorstöße einzelner Konglomerate erfolgen??? Wenn
in diesem Jahr noch eine Entscheidung fällt (angepeilt ist
September), dann ist das schon allein ein großer Fortschritt.

Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Aber ich bin einer Meinung mit dir, dass derzeit noch keine Entscheidungen getroffen worden sind, sondern nur Vorschläge gemacht wurden. Planmäßig sollten meines Wissens nach Entscheidungen noch in diesem Jahr getroffen. Doch wie du schon angedeutet hast, kann sich das Ganze unter Umständen noch hinziehen.
Das ist aber eigentlich nicht das, was mir Sorgen bereitet. Ob ein Jahr früher oder später ist nicht so wichtig wie die Frage nach den Grundsatzentscheidungen, die dann vielleicht für Jahrzehnte bestehen bleiben. Falls jetzt auf die falschen Strukturen gesetzt würde, blieben sie wahrscheinlich auf längere Zeit bestehen.

(Der deutsche Vorschlag, den Kommissionspräsidenten vom Parlament wählen zu lassen halte ich für einen guten, der der Kommission in Zukunft eine gestärkte demokratische Legitimierung sichern würde.
Den Vorschlag einen Ratspräsidenten von den Regierungschefs für einige Jahre wählen zu lassen halte ich aber wie schon vorher für problematisch, da dieser Vorschlag die Kommission schwächt und den Rat stärkt. Noch dazu hätte der Ratspräsident weder eine demokratische Legitimation noch wäre er direkt einer demokratisch gewählten Institution verantwortlich.)

Meiner Meinung nach besteht derzeit die Gefahr statt einem gemächlichen Fortschritt einen raschen Rückschritt zu erzielen.

Ich glaube jedoch, unabhängig von der Art des Verfassungsvorschlags und auch unabhängig vom Datum der endgültigen Entscheidung, daran, dass der Konvent noch innerhalb dieses Jahres einen Verfassungsvorschlag vorlegen wird.

PS: Es ist auch interessant, wenn man beobachtet, dass zwar bis auf die Regierungen von A und NL für den franz.-deutschen Vorschlag sind, der gleiche Vorschlag im Konvent aber auf breite Ablehnung stößt. Eigentlich ist es aber auch verständlich, denn die Regierungen wollen sich ja nicht selbst ihre dominierende Position in der EU vernichten.

Unabhängig von den Streitfragen gibt es aber einige Punkte wo es anscheinend schon großteils Einigkeit gibt und die alleine schon eine Reform wert sind, so zB, dass die EU endlich eine eigene Rechtspersönlichkeit bekommen wird,dass alle Verträge zu einer einzigen Verfassungschrift zusammengefasst werden sollen, dass die Beschlussfindung allgemein vereinfacht werden soll (weniger verschiedene Verfahrensmöglichkeiten), dass die Menschenrechte in die Verfassung aufgenommen werden sollen.

Viele Grüße
Christoph

Hi Chris,

klar ist auf jeden Fall, dass die EU in ihrer bisherigen Form nicht das halten konnte, was sie versprach. Alle EU-Mitgliedsstaaten sind sich darüber einig, dass schnellstmöglich Änderungen erfolgen müssen. Unter uns: Es wäre absolut sinnvoll, diese Änderungen noch vor 2004 durchzusetzen (Erweiterungstermin).

Was Du bezüglich der Zustimmung bzw. Ablehnung des deutsch-französischen Vorschlags geschrieben hast, begründet sich meiner Ansicht nach vor allem in dem (leider wohl nie versiegenenden) Machtanspruch Frankreichs. Ihr Vorschlag einer Doppelpräsidentschaft zielte genau darauf ab. Dass das nicht sein kann, da die Grundlage ja die Stärke einer Nation in der EU sein soll, das denke ich, ist nur zu Recht negativ zu bewerten. Gerade von Staaten wie den Niederlanden, deren Rolle eher gering ist nach französischen Maßstäben.

Grüße
Jana

Hi Jana

klar ist auf jeden Fall, dass die EU in ihrer bisherigen Form
nicht das halten konnte, was sie versprach.

Ich stimme voll mit dir darin überein, dass die EU eine Reform notwendig hat. Was ich dabei für wichtig halte, ist, dass die einzelnen nationalen Regierungen im Laufe dieser Reformen in der EU zumindest nicht noch mächtiger werden. Da die Regierungen im Sinne der nationalen Egoismen handeln und so sinnvolle Gesamteuropäische Lösungen oft genug verhindern bzw hinauszögern.

Außerdem bin ich der Meinung, dass endlich eine Gewaltenteilung in der EU eingeführt werden muss. Der EU-Ministerrat sollte einfach nicht legislative und exekutive Bevollmächtigungnen haben. Die Exekutive der EU sollte ausschließlich die Kommission werden, die am besten durch das Parlarment ernannt werden sollte. Mit dem Prinzip der Doppelpräsidentschaft werden aber die Exekutivrechte des Rates aber noch mehr erweitert.

Der Konvent wird meiner Meinung nach diesbezüglich einen vernünftigen Verfassungsvorschlag abliefern wird.

PS: Die deutsche Postion zu möglichen Reformen halte ich persönlich auch für besser als die französische.