Meine Tochter ist 12 Jahre alt und hat bereits das Zertifikat A1 vom Goethe Institut. Leider mussten wir danach mit dem Unterricht aufhören. Jetzt möchte ich wieder anfangen und suche dementsprechend Bücher für zu Hause zum selbstlernen. Wer kann mir da weiterhelfen? (Wir leben in Griechenland.)
Sehr geehrte Frau Bourscheidt-Foka,
ich rate ihrer Tochter, viel zu lesen. Dazu muss sie die Lektüre mögen, also stöbern Sie doch gemeinsam bei Amazon, ausgehend von bisherigen (auch griechischen) Lieblingsbüchern Ihrer Tochter. Über Verweise, Rezensionen, Bücherlisten und Leseproben müssten Ihre Tochter etwas Interessantes finden. Außerdem lernen Sie so den Lesegeschmack Ihrer Tochter kennen. Es sollte idealerweise keine Übersetzung ins Deutsche sein, sondern von einem deutschen Muttersprachler stammen. (Aber lieber eine Übersetzung als gar nichts lesen. Und wenn es unbedingt ein Vampirroman sein muss - sei’s drum!)
Ungekürzte(!) Hörbuchausgaben der gewählten Bücher erleichtern eventuell den Einstieg, zumal man sie auf dem MP3-Player mitnehmen kann. Wenn sogar jemand Ihrer Tochter vorliest, können schwierige Worte und Inhalte direkt geklärt werden. Und bei den spannenden Stellen kann das Buch vielleicht schon zum Selberlesen übergeben werden.
Man kann auch mehrere Bücher parallel anlesen und je nach Lust und Laune hin- und herwechseln. Hauptsache, Ihre Tochter liest. Auch Zeitungen, Zeitschriften, Illustrierte sind legitimer Einstiegsstoff. Vielleicht ist „Dein Spiegel“ etwas für ihre Tochter? Aber auch die Bildzeitung würde ich nicht verschmähen, weil Lesen Übungssache ist - je mehr, desto besser. Und durch unterschiedliche Textstile erweitert sich der Horizont.
Natürlich sind Sie auch Vorbild. Vielleicht schwärmen Sie Ihrer Tochter von guter Lektüre vor, lesen besonders gute Stellen vor, diskutieren darüber? Vielleicht erzählt Ihre Tochter ja im Gegenzug von den gemeinsam ausgesuchten Büchern, was den aktiven Sprachgebrauch fördern würde. Ich habe mir zum Beispiel von einem Kind sein neuestes Computerspiel erklären lassen, ohne am Computer zu sitzen und nachgefragt, bis ich alles verstanden hatte - so viel Zeit hat das Kind sicherlich noch nie in eine Nacherzählung oder Beschreibung investiert, der Effekt ist aber derselbe.
Grämen Sie sich jedoch nicht, wenn Ihre Tochter keine Leseratte wird. Jedenfalls halte ich von erzwungenen Deutschlektionen wenig - mein Interesse an Grammatik und Sprachpapst Wolf Schneider ist erst nach dem Studium erwacht. Schullektüre hat mich selten gefesselt - meine Lieblingsbücher habe ich freiwillig(!) in der Freizeit gelesen - wie heute noch.
Mit freundlichem Gruß
Ulf Plewa
Danke fuer ihre ausfuehrliche Antwort!