Dieses Sicherheitsbedürfnis ist in der Tat weit verbreitet, und würde ich als Teilaspekt der „German Angst“ sehen, die insbesondere bei Leuten verbreitet ist, die keine Auslandserfahrung jenseits vollorganisierter Urlaubsreisen in hinreichend auf deutsche Urlauber eingerichtete Destinationen haben. Auch dürfte der uns Deutschen ja immer wieder nachgesagte Hang zum Perfektionismus und zur Einzelfallgerechtigkeit dabei eine Rolle spielen. Wir haben damit eine Komfortzone erreicht, die die Ansprüche an das, was als zwingend notwendig erachtet wird, extrem nach oben gezogen haben. Und mangels „Erdung“ durch Auslandserfahrungen verfestigt sich dieses Anspruchsdenken, und kommt es zu immer weit reichenden Forderungen nach „noch mehr Sicherheit“.
Ich würde mich selbst auch als eher sicherheitsbewusst einschätzen, und habe noch wenig „richtig gefährliche Dinge“ getrieben, wundere mich aber auch immer wieder über die Reaktionen meiner (deutschen) Mitmenschen schon auf in meinen Augen banale Dinge, wie selbst geplante Auslandreisen abseits der „man spricht Deutsch Gegenden“ in recht unproblematische Länder. Und in eine Stadt, in der es schon mal einen Terroranschlag gab, kann man ja ohnehin auf Ewigkeit nicht mehr reisen. Auch nicht zwingende Jobwechsel, die Annahme von Tätigkeiten, die keine Ewigkeitsgarantie haben, atypische Beschäftigungsverhältnisse, … muss man immer „gut begründen“, und werden einem gerne als „Abstieg“ ausgelegt, bis man einfließen lässt, dass man mal wieder das Jahresgehalt ordentlich gesteigert hat, und ohnehin noch nie länger als auch jetzt absehbar irgendwo gearbeitet hat, um dann übergangslos wieder in einen besser bezahlten Job gewechselt zu haben.
Aber gerade auch das „Aushalten“ anderer Standards im Ausland erdet einen nicht nur in dem Sinne, das man merkt, dass man damit „notfalls auch noch“ leben könnte, sondern macht oft auch den Blick dafür frei, dass man Dinge eben durchaus auch anders regeln kann, und damit sogar sehr gut leben kann, wenn man sich mal persönlich und unmittelbar auf Dinge einlässt, und sich nicht hinter einem Reiseleiter versteckt.
Denn zur Angst hinzu kommt ein verzerrtes Bild der tatsächlich gegebenen Situation im internationalen Vergleich, wenn eigene Auslandserfahrungen fehlen. D.h. es entsteht die German Assertiveness, die nicht immer und überall gegenüber den Fakten im Rest der Welt bestehen kann, und auf die man - ohne bösen Willen - schnell selbst hereinfallen kann, was auch mir schon einige Male passiert ist. Da fährst Du ins ehemalige Jugoslawien und denkst über eine Spendenaktion für die zu besichtigende örtliche Grundschule nach, um der ein paar noch brauchbare PCs zukommen zu lassen, und findest einen perfekt ausgestatteten riesigen Neubau in moderner Architektur vor, nach dem sich jede deutsche Kommune die Finger lecken würde! Da graust es dir gerade noch vor der erwarteten Buckelpiste, und findest dich im nächsten Moment auf einer Autobahn wieder, mit der aktuell kaum eine deutsche BAB mithalten könnte, … Da wirst du dann schnell geerdet.