Deutschland ein vereintes Land? 2

Liebe Forumgäste,

diese Frage habe ich eher in einem Artikel gestellt und ich freue mich über die Reaktionen die ich schon bekommen habe.
Ich möchte aber kurz erklären warum diese Frage mich so interessiert.
Ich selber komme nämlich nicht aus Deutschland, sondern aus den Niederlanden. Ich bin eine Abiturientin von 17 Jahren alt und für die Schule schreibe ich jetzt eine Arbeit über die Geschichte der deutschen Teilung. Ich interessiere mich aber auch daran, wie die Situation heute ist. Viele Deutsche, insbesondere Jugendliche, sehen Deutchland als ein vereintes Land. Es gibt aber auch eine Gruppe die meint, dass Ost und West jetzt noch keine Einheit bilden.

Deshalb ist meine Frage:
Betrachten Sie Deutschland als ein vereintes Land, bemerken Sie noch Unterschiede zwischen Ost und West, oder eine Spaltung? Ihre Reaktionen darauf sind mir sehr wichtig. Falls Sie reagieren möchten, könnten Sie dann Ihr Alter und das Bundesland in dem Sie wohnen angeben?

Im Voraus vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen,
Dorine Schellens

Hallo,

ich bin 32 und aus Bayern und sehe durchaus noch Unterschiede: Die von „drieben“ reden z.B. ganz anders als wir. Das gilt aber auch z.B. für Hamburger und Hessen.

Bei der ganzen Wiedervereinigungsthematik sollte man vielleicht auch bedenken, dass nur zwei Teilstücke Deutschlands vereinigt wurden, einige andere, gar nicht so kleine Teilstücke, aber weiterhin nicht zu Deutschland gehören sondern zum Beispiel zu Russland, Polen und Tschechien.

LG,
Markus

Hallo Markus,

Bei der ganzen Wiedervereinigungsthematik sollte man
vielleicht auch bedenken, dass nur zwei Teilstücke
Deutschlands vereinigt wurden, einige andere, gar nicht so
kleine Teilstücke, aber weiterhin nicht zu Deutschland gehören
sondern zum Beispiel zu Russland, Polen und Tschechien.

Kannst Du das bitte näher erklären?

Gruß
Jörg Zabel

Hallo Jörg,

Bei der ganzen Wiedervereinigungsthematik sollte man
vielleicht auch bedenken, dass nur zwei Teilstücke
Deutschlands vereinigt wurden, einige andere, gar nicht so
kleine Teilstücke, aber weiterhin nicht zu Deutschland gehören
sondern zum Beispiel zu Russland, Polen und Tschechien.

Kannst Du das bitte näher erklären?

Aber gerne: Schau dir doch mal eine europäische Landkarte von vor dem Krieg an. Du wirst feststellen, dass da einiges bei Deutschland war, was trotz der „Wiedervereinigung“ weiterhin nicht bei Deutschland ist (z.B. Posen, Ost- und Westpreußen, Schlesien…).
Bei dieser wurden nur die Gebiete der DDR und der BRD vereinigt - daher die " ".

Gruß,
Markus

Hallo Markus,

eine pikante Antwort! Schau Dir mal die Karte von 1647 an; dann kannst Du die Autorin der Ausgangsfrage ja mal fragen, warum sie sich nicht auch noch wiedervereinigt hat.

Oder die Karte von 1220. Das schöne Oberitalien, die Toskana! Das wäre natürlich toller, als sich mit Bitterfeld wiederzuvereinigen.

Vorschlag: Beschäftige Dich mit dem Völkerrecht, ggf. Nachfrage im Brett Geschichte und/oder Rechtsfragen, dann diskutieren wir weiter.

Gruß,
Andreas

Hallo Markus!

Aber gerne: Schau dir doch mal eine europäische Landkarte von
vor dem Krieg an. Du wirst feststellen, dass da einiges bei
Deutschland war, was trotz der „Wiedervereinigung“ weiterhin
nicht bei Deutschland ist (z.B. Posen, Ost- und Westpreußen,
Schlesien…).

Es ist ja vorhersehbar, dass Deine Aussage ideologische Diskussionen lostreten wird, da es ja sowohl Menschen gibt, die Deutschland in den Grenzen von 1937 wiederherstellen wollen (weil diese ja friedlich zustande gekommen sind), als auch solche, die allein diese Erwägung bereits als rechtspopulistisch ansehen (da ja rechte Gruppen ebenfalls diese Grenzen wiederherstellen möchten).

Aber was spricht denn dafür, Schlesien, Ostpreußen und was noch alles dazugehört wieder Deutschland anzugliedern? Die dort wohnhaften Deutschen wurden doch nach dem Krieg alle vertrieben oder Deportiert, haben sich woanders eingelebt. Die nun entvölkerten Gebiete wurden mit Angehörigen des entsprechenden Staates (Polen, Russen, Litauern usw.) aufgefüllt, die dort zwar auch zum Großteil nicht hinwollten, doch mittlerweile Fuß gefasst haben. Die Oder-Neiße-Linie war zwar nur provisorisch, aber als 1990 die Wiedervereinigung kam, wurden sie von der Bundesregierung - natürlich - akzeptiert.
Denn was wäre die Alternative gewesen? Die dort ansässigen Polen usw. erneut zwangsumzusiedeln? oder ihnen Deutsch als offizielle Sprache aufzuzwingen? In diesem Falle wäre die Bundesrepublik nicht besser gewesen als seinerzeit die Sowjetunion. Oder Deutschland auch offiziell zum Vielvölkerstaat erklären und Polnisch, Russisch und vielleicht noch einige mehr als (regionale) Amtssprachen zuzulassen? Das hätte doch zu einem riesigen Übersetzungsaufwand und zu einer Schwächung des Bundes geführt.

Und um gleich noch die Westgrenze zu erwähnen: Das Elsass wurde schon immer zwischen Deutschland und Frankreich hin- und hererobert, die Mehrheit der Bevölkerung spricht beide Sprachen. Da die BRD und Frankreich beide der EU und dem Schengenabkommen angehören, ist auch der Grenzverkehr unproblematisch, es gibt sogar grenzübergreifende ÖPNV-Regelungen.

Alles in allem war es m.E. die richtige Entscheidung, nur die beiden Deutschen Staaten zu vereinigen. Bin gespannt auf (rationale, nicht polemische!) Gegenargumente.

Gruß,
Immo

Hallo Dorine!

Ich bin 24 und komme aus Berlin (der Fairness halber muss ich an dieser Stelle dazusetzen: Ost). Ich selbst empfinde Deutschland als ein Land, da die Grenzen weitgehend nicht mehr erkennbar sind. Ich nehme an (kann es jedoch nicht belegen), dass das vielen Menschen im Grenzgebiet so geht. Berlin ist auch vollständig zusammengewachsen, deshalb fallen mir keine Unterschiede mehr auf.
Gleichwohl kenne ich viele Personen in meinem Alter, die Vorurteile gegenüber den jeweils anderen Deutschen haben. (Ossis sagen, Wessis seien arrogant, machtgierig, gefühllos …; Wessis sagen, Ossis seien Säufer, Kommunisten oder wenigstens Sozialisten …) Natürlich kenne ich auch Menschen, die diesen Vorurteilen entsprechen, aber diese auf beiden Seiten der ehemaligen Grenze.
Glücklicherweise sind die jüngeren nicht mehr in diesem Schema großgeworden, die sogenannten Wendis (geb. 1987 und später) kennen größtenteils diese Vorurteile gar nicht. Man kann nur hoffen, dass diese Entwicklung anhält.

Liebe Grüße,
Immo

Hallo,

von der praktischen Seite hast du völlig recht. Ob ein komplettes Rückgängigmachen der Vertreibungen oder ein Angliedern der besagten Gebiet samt der jetzt dort lebenden Bevölkerung wünschenswert gewesen wäre, kann man glaub ich dahingestelltlassen - praktikabel wäre es sicher nicht gewesen.
Ich persönlich hätte sogar auf die Vereinigung BRD - DDR verzichten könnten - allein die hat mich grade wieder 304,97€ gekostet, wie teuer würden da mich erst noch die ganzen anderen Gebiete kommen.
:wink:
Mir gings nur um den etwas kritischeren Umgang mit dem Begriff „Wiedervereinigung“, wenn du möchtest, auch nur um das „Wieder“, weil vereinigt worden ist ja tatsächlich etwas, aber halt nicht alles, was vorher getrennt worden war.

Gruß,
Markus

Hallo,

dein völkerrechtliches Problem mit meiner Antwort verstehe ich nicht ganz.
Aber für eine Vereinigung Bayern-Tirol-Italien wäre ich sofort zu haben (war sowas nachm Krieg nicht sogar mal kurz angedacht worden?), u.a. käm ich dann doch noch zu meinem Palazzo in Venezia, weils keine Auslandsfinanzierung mehr wäre.

Gruß,
Markus

Moin, Dorine,

Du siehst, wie es hier zugeht: Blitzschnell werden Diskussionen vom Zaun gebrochen, die Dich nicht weiterbringen. Mein Rat: Lass Dir ne Umfrageseite basteln, wo die Leute ankreuzen und die Kreuze begründen, aber nicht miteinander quatschen können, sonst wirst Du nicht froh.

Gruß Ralf

Ach ja, vereintes Land. Sagen wir mal so: jedes Bundesland hat schon mal seine Eigenheiten. Die Bayern und die Preußen lassen immer noch gern alles aufleben, was die Geschichtsbücher hergeben. Neuerdings werden sie davon abgelöst, dass Ost und West dieses Spiel betreiben. Ost und West haben sich während der Teilung zwangsweise unterschiedlich entwickelt und was im Westen „geil“ war, war im Osten „schau“. Daran und an ähnlichem wird man sich noch lange nostalgisch festhalten. Gleichwohl ist es aber so, dass man heute durch den Osten fährt und an vielen Stellen merkt es der eingefleischte Wessi nicht mal. Dem Ossi geht es ähnlich. Und dann gibt es so kleine Dörfer wie das, in dem ich wohne und da leben nun Ossis und Wessis miteinander und tatsächlich interessiert lediglich das „Jetzt“, denn die Probleme wirtschaftlicher Art haben nun alle gemeinsam. Der Wessi, der sorglos alles hatte, hat nun die gleichen Existenzängste wie der Ossi. Da beginnt es, sich zu vermischen und das „EINLANDEMPFINDEN“ setzt ein. Insgesamt haben wir uns also einander angenähert. Dass darüber aber noch gesprochen wird, zeigt deutlich, dass es noch frisch ist und es noch Hürden gibt. Aber der Jugend ist es inzwischen egal. Die Dreißiger sind mehr oder weniger offen, aber die Älteren, so ab fünfzig, die tun sich häufig schwer mit der „neuen“ Geschichte.

Einheitlich kann man also die Frage der Einheit sicher nicht beantworten.

Grüße