Diagnostik: Regression zur Mitte, Reliabilitäts-Validitäts-Dilemma, Physikalismus-Subjektivismus-Di

Liebe/-r Experte/-in,
Hallo,

ich habe bald eine Prüfung in Diagnostik der Psychologie und muss ein Einstiegsthema vorstellen. Ich habe mir den diagnostischen Prozess ausgesucht und jetzt bereite ich mich auf mögliche Fragen des Dozenten vor. Dabei bin ich über die Begriffe Regression zur Mitte, Validitäts-Reliabilitäs-Dilemma und Physikalismus-Subjektivismus-Dilemma gestolpert. Ich hab in all meinen Statistikbüchern und im Netz nachgeschaut, aber die Erklärungen verstehe ich nicht so gut, dass ich sie in einer Prüfung erläutern könnte. Außerdem ist es ja mein Einstiegsthema, deswegen müsste ich sie möglicherweise kurz zusammenfassen.

Es wäre super, wenn mir jemand eben diese Begriffe kurz erklären könnte.

Vielen Dank schon mal.

Moesha

Hallo Moesha,

genau darüber hab ich letztes Jahr im Testdiagnostik-Seminar mein Referat gehalten… :smile:Musste aber trotzdem nochmal eben kurz nachgucken…
Das sind alles Elemente der Veränderungsmessung, sprich wie aussagekräftig sind Messungen eines Sachverhalts zu zwei oder mehr Zeitpunkten.
Mal kurz und umgangssprachlich formuliert:
Regeression zur Mitte: Dieses Phänomen besagt, dass wenn die Werte bei der ersten Messung sehr heterogen sind, sich diese bei der zweiten Messung der Mitte annähern und homogen werden. Bsp.: 10 Leute beginnen eine neue Sportart. Die einen haben den Dreh bei der einen Sportübung sofort raus, die anderen gar nicht und wieder welche können das, sind aber z.B. schwerfällig. Man hat also Werte in allen Bereichen. Nach einigen Wochen haben die, die zuerst die Überflieger waren keine Motivation mehr, die die es noch nicht richtig konnten haben es nun raus und die anderen ja eh. Somit sind nun viel mehr mittelmäßig.
Hier wird zudem noch zwischen statistischer und natürlicher Regression unterschieden. (Kann ich dir Bedarf noch erläutern…)
Reliabilitäts-Validitäts-Dilemma:
Diese beiden Grundvoraussetzungen schließen sich teilweise bei Beränderungsmessung aus. Wenn man z.B. die Retest-Reliabilität betrachtet: Man misst die Reliabiltät an der Höhe der Korrelation zu zwei Zeitpunkten. Aber wenn man zu zwei Messzeitpunkten eine Veränderung hat, weiß man nicht, ob es an einer geringen Reliabilität oder an einer großen Veränderung liegt. Dazu gibt es eine ganz kompliziert aussehende Formel, an der man erkennt einige Sachverhalte erkennt, dass sich die Reliabilität der Differenzen, Retest-Reliabilität und Validität teilweise ausschließen. (Näheres aus Anfrage)

Das Physikalismus-Subjektivismus-Dilemma besagt, dass Messwerte nicht immer gleich dem Empfinden sind. Bsp. Diät: Wenn jemand mit 100 kg 10 kg abnimmt, hat das eine andere Bedeutung als wenn jemand mit 60 kg 10 kg abnimmt. Selbst wenn zwei Leute mit 80 kg 10 kg abnehmen kann es für beide und für die Psycholgie eine ganz unterschiedliche Bedeutung haben. Z.B. wegen Essstörungen, Herz-Erkrankung, erste Diät, etc.
Deswegen ist es schwierig, immer alles nur von Zahlen abhängig zu machen…

So, ich hoffe, ich konnte dir etwas helfen. Meld dich sonst einfach nochmal…

Viel Spaß und Erfolg!

Hallo zurück, sorry, kann ich leider nicht helfen - viel Erfolg bei der Recherche und bei der Prüfung.

Liebe/-r Experte/-in,
Hallo,

Hallo Moesha!

ich habe bald eine Prüfung in Diagnostik der Psychologie und
muss ein Einstiegsthema vorstellen. Ich habe mir den
diagnostischen Prozess ausgesucht und jetzt bereite ich mich
auf mögliche Fragen des Dozenten vor. Dabei bin ich über die
Begriffe Regression zur Mitte,

Regression zur Mitte ist ein statistischer Effekt, der bei Testverfahren mit einer niedrigen Reliabilität zustande kommen kann.

Allgemein gesprochen: Erhebt man bei einer Gruppe von Versuchspersonen die gleiche Variable zweimal hintereinander, ist die Abweichung der individuellen Messwerte vom Gruppenmittelwert bei der Zweitmessung geringer als die Abweichung der Messwerte der gleichen Individuen vom Gruppenmittelwert bei der Erstmessung.

Dieser Regressionseffekt ist dabei um so größer, je weiter die individuellen Ausgangswerte vom Gruppenmittelwert der Erstmessung entfernt sind und je niedriger die Korrelation zwischen den beiden Messwertreihen ist (vgl. Trautner, 1992, S. 279).

Beispiel: Nehmen wir an, wir messen bei Bewerbern numerische Intelligenz. In der ersten Messung zum Zeitpunkt t1 haben 10 Personen einen Wert von 120. Bei einer zweiten Messung t2 ein paar Wochen später stellt sich heraus, dass die selben Personen Testwerte haben, die weniger extrem und damit viel näher am Mittelwert 100 liegen, als bei der ersten Messung. Oberflächlich betrachtet könnte man behaupten, dass sich die Intelligenz der Versuchspersonen im Laufe der beiden Messzeitpunkte (MZP) scheinbar verändert hat. Tatsächlich ist das aber gar nicht der Fall.

Dieser Regressionseffekt muss besonders bei Veränderungsmessungen berücksichtigt werden, weil die Messergebnisse dadurch extrem verfälscht werden können. Besonders schwerwiegend ist das in der Interventionsforschung. Der Regressionseffekt kann durch die Therapie herbeigeführte, tatsächliche Unterschiede neutralisieren, verstärken oder ins Gegenteil veränderen. Dies muss vorab bei der Wahl des Versuchsplans berücksichtigt werden. Umgangen werden kann der Regressionseffekt durch direkte Veränderungserfassung durch Quantifizierung der Relation vorher-nachher.

Validitäts-Reliabilitäs-Dilemma

Wir bleiben wieder bei der Veränderungsmessung zwischen zwei MZP t1 und t2. Es soll von den beobachteten Differenzen d(i) = t1(i) - t2(i) auf die wahren Differenzen D(i) = T1(i) - T2(i) geschlossen werden. Dazu muss die Reliabilität der Differenzen Rel(d) berechnet werden, um festzustellen ob die beobachtete Differenz (d) eine wahre Veränderung
abbildet oder nur auf einen Zufall zurückzuführen ist.

Das Reliabilitäts-Validitäts-Dilemma äußert sich in zweierlei Hinsicht:

  1. Je höher die Korrelation zwischen Erst- und Zweitmessung, desto niedriger ist die Reliabilität der Differenzwerte.
  2. Je niedriger die Korrelation zwischen Erst- und Zweitmessung, desto niedriger ist die Validität dieser
    Werte.

ad 1.)
Je höher die Retest-Reliabilität (d.h. hohe Korrelation zwischen t1 und t2) und damit
die Validität der Einzelwerte ist (es wird bei t1 und t2 das Gleiche gemessen, d.h. die gleichen Faktoren sind für das Zustandekommen der Meßwerte von t1(i)
und von t2(i) verantwortlich), desto niedriger ist die Reliabilität der Differenzwerte Rel(d). Die
Differenzwerte geben also kein zuverlässiges Abbild der wahren Veränderung.

ad 2.)
Bei niedriger die Retest-Reliabilität und fällt die
Reliabilität der Differenzwerte Rel(d) höher aus. Die Differenzwerte bilden die wahre Veränderung zuverlässig ab. Je niedriger also die Retest-Reliabilität, desto niedriger ist die Validität der Einzelwerte (bei t1 und t2 ist nicht das Gleiche gemessen worden, es sind verschiedene Faktoren für das Zustandekommen der Meßwerte von t1(i) und t2(i) verantwortlich).
Das Dilemma besteht nun darin, dass eine Erhöhung der Reliabilität der Differenzwerte Rel(d) mit dem Ziel, ein zuverlässiges Abbild der wahren Veränderung zu erhalten, mit dem Absinken der Validität der Einzelwerte erkauft wird.

Dieses Dilemma lässt sich rechnerisch sehr schön erklären, wird hier allerdings schwierig, da sich die Formel in diesem Forum nicht verständlich darstellen lässt. Kurz und knapp kannst Du Dir merken:

Hohe Validität der Einzelwerte = niedrige Reliabilität der Differenzwerte

Hohe Reliabilität der Differenzwerte = niedrige Validität der Einzelwerte

Wobei aber nur der eine ODER der andere Fall gilt, beides zugleich ist nicht möglich.

und

Physikalismus-Subjektivismus-Dilemma

Hier geht es darum, dass eine quantifizierbare Veränderung für einen Betroffenen subjektiv nicht unbedingt so empfunden wird. Klassisches Beispiel ist die Raucherentwöhung, bei der der Therapieerfolg durch die Reduktion der Zahl der gerauchten Zigaretten gemessen wird. Für jemanden, der täglich 20 Zigaretten raucht, sind 9 Zigaretten weniger pro Tag eher als Erfolg zu verbuchen, als für einen starken Raucher, der 60 Zigaretten täglich raucht.

Das Physikalismus-Subjektivismus-Dilemma drückt also die Schwierigkeit aus, einen exakt quantifizierbaren Merkmalsbereich zu bestimmen, der sich gleichzeitig aber auch psychologisch vernünftig interpretieren lässt.

Ich hab
in all meinen Statistikbüchern und im Netz nachgeschaut, aber
die Erklärungen verstehe ich nicht so gut, dass ich sie in
einer Prüfung erläutern könnte. Außerdem ist es ja mein
Einstiegsthema, deswegen müsste ich sie möglicherweise kurz
zusammenfassen.

Es wäre super, wenn mir jemand eben diese Begriffe kurz
erklären könnte.

Vielen Dank schon mal.

Viel Erfolg für Deine Prüfung!

Moesha