Dialekt ablegen - aber wie?

Hallo,

ich versuche nun schon seit einiger Zeit „hochdeutsch“ zu sprechen, aber ich bekomme es einfach nicht wirklich hin. Zudem hört sich meine Sprache dann sehr gequält und völlig unnatürlich an.

Hat jemand eine Idee, wie man das trainieren kann?

Danke für eure Antworten!

Du musst extrem viel lesen und viel in Hochdeutsch schreiben, damit du dir die Sprache angewöhnst.

Servus katchup,

nach langer Zeit geht’s Dir vielleicht so, wie dem Mann in diesem alten Witz:

Geht ein Mann zum Schneider und lässt Maß nehmen für einen neuen Anzug. Nach einer Woche kommt er zur Anprobe. Dabei stellt er fest, eines der Hosenbeine ist zu lang. “Nur, wenn Sie so steif stehen,” sagt der Schneider, “im Gehen, ein Bein nach vorne, passt er genau.” “Aber das Sakko schlägt am Rücken Falten!” wundert sich der Kunde. “Sie stehen so unnatürlich. Da ist das kein Wunder. Beugen Sie sich nach vorne! So passt es wie angegossen,” entgegnet der Schneider. “Und warum ist der linke Ärmel so kurz?” fragt der Mann…

“Weil Ihre Schulter hängt. Ziehen Sie die Schulter hoch! Sehen Sie: Ein perfekter Sitz!” Der Mann lässt sich überzeugen. Zahlt und geht wie ihm geraten im Anzug auf die Straße. Da kommen ihm zwei Damen entgegen. Flüstert die eine der anderen zu: “Schau mal, der arme Krüppel!” Antwortet die andere: “Ja, aber einen guten Schneider hat er!”

den ich hier entnommen habe:

http://www.cit-consult.de/cms/wissen/persoenlichkeit…

Lesen macht ungeheuren Spaß! Das stimmt auf jeden Fall. Wenn Du Antrax’ Rat nur halb befolgst (also: viel lesen, aber weiterreden, wie Dir der Schnabel gewachsen ist), profitierst Du deshalb mit Sicherheit. Wenn Du nach Jahren des Lesens herausgefunden hast, daß Goethe und Schiller auch nicht Hochdeutsch gesprochen haben, war dieser Rat sogar wirklich nützlich. Dann wird nämlich keiner über Dich sagen: "Eine ungeheuer präzise Sprache hat er ja, der Kerl, wie auf der Bühne, aber man könnte einschlafen dabei.

Wo ist die nächste Stadt/Gemeinde - Bibliothek? Da mußt Du hin!

Gruß

Kai

Dialekt ablegen ist sehr schwierig. Wenn man einigermaßen Hochdeutsch kann, aber die Färbung (natürlich) noch drin ist, reicht das mE. Denn damit zeigst du deinem Gegenüber, dass du Respekt vor ihm hast und dich bemühst, verständlich zu klingen.

Ich selbst (normal: tiefstes Badisch) hab an der Uni jahrelang Hochdeutsch gesprochen (mit glücklicherweise weitaus weniger Färbung als viele andere), mache das aber seit einiger Zeit nicht mehr, sondern verlege mich aufs Minimalhochdeutsch (Satzbau und Wörter Hochdeutsch, Tonfall und Klang Dialekt), da ich inzwischen zu meinem Dialekt stehe und den auch verteidige, sollte ich darauf angesprochen werden.

Die Sprüche, die man als Dialektsprechender kassiert, stammen zumeist von Leuten, die Standarddeutsch als Verkehrssprache gelernt haben und keine Dialekte sprechen (wobei im Grunde genommen das Hochdeutsche ebenfalls ein Dialekt ist, der es nur zur Schriftsprache gebracht hat).

Zurück zum: Wie bekomme ich meinen Dialekt weg.
Beispiel Harald Schmidt. Ihm hört man nicht mehr an, dass er aus dem tiefsten Schwabenländle kommt, weil er jahre- und jahrzehntelang ins Sprechtraining gegangen ist. Seine Sprechtrainerin sagte einmal, Schmidt wäre ihr hartnäckigster Fall gewesen.
Daraus folgern wir: Sprachtraining hilft.

Was ebenfalls hilft (da dein Profil nichts darüber aussagt, welchen Dialekt du sprichst, nehme ich jetzt exemplarisch meinen, das Südfränkische oder Badische): Schau dir die Unterschiede in den Klangfärbungen und Betonungen an. Das Badische z.B. tendiert dazu, eine „singende“ Sprache zu sein, sehr melodisch, ganz anders als das Hochdeutsche, das eher monoton klingt. Wenn du das verstanden und verinnerlicht hast, ist der erste Schritt, die Melodie aus deiner Sprache herauszubringen.

Zum zweiten gibt es im Badischen nur stimmloses „s“, was bedeutet, wir sprechen das „S“ in Sonne hart. Abtrainieren!

Nächstes: Unterhalte dich mit Leuten aus Münster, Osnabrück usw - von ihnen sagt man, sie sprächen reines Hochdeutsch. Achte darauf, wie sie Worte aussprechen und wie sie sie betonen. Versuche das zuhause nachzuahmen, bis du es verinnerlicht hast.

Und immer so weiter. Dann klappts auch mit dem Hochdeutsch =)
Sei dir aber immer bewusst, dass du mit dem Hochdeutsch - je nachdem, wo du herkommst - eine völlig neue Sprache lernst. Vielleicht kannst du dich auch so rechtgertigen.

Grüße
Sarah

Moin, katchup,

mach’s wie ich, zieh dorthin, wo man Hochdeutsch spricht, und leb dort 20 Jahre. Danach kannst Du Hochdeutsch, aber wo Du zuhause bist, wird man immer noch heraushören. Wenn Dich das stört, musst Du zur Sprachschulung, wie sie Schauspieler nehmen - dauert nur 3 Jahre, Erfolgsgarantie gibt es dort aber auch nicht.

Vernünftig raten kann man nur, wenn man genau weiß, was Dir abgeht oder wo Du hinwillst bzw. was Dich an Deiner Aussprache stört.

Gruß Ralf

Moin Katchup,

es ist wichtig, wie cinor schon richtig bemerkte, welchen Dialekt Du sprichst. Er hat da ja einige Beispiele gebracht.
Zweitens ist wichtig, warum Du Dir diesen Dialekt abgewöhnen möchtest.
Willst Du in anderen Gegenden des Landes besser verstanden werden? (Es gibt ja Menschen, die ihren Dialekt in einer Weise sprechen, dass wirklich niemand außer ihren Mitbewohnern des gleichen Dorfes sie versteht). Oder sprichst Du einen Dialekt, von dem annimmst oder weißt, dass er Dein soziales Ansehen runterzieht?

Der Hinweis auf die Satzmelodie ist ganz wichtig: an der wird nämlich die Herkunft trotz korrekter „hochdeutscher“ Aussprache oft noch erkennbar.

Eine Möglichkeit, wenn Du keinen Unterricht nehmen willst, ist diese:
Nimm einige Sätze von Nachrichtensprechern auf Band auf. Sprich diese Sätze dann nach, und zwar so oft und so lange, bis Du mit ihnen zufrieden bist.
Vergleiche dann das, was Du gesprochen hast, immer wieder mit dem, was die anderen gesagt haben.

Gruß - Rolf

Du musst extrem viel lesen und viel in Hochdeutsch schreiben,
damit du dir die Sprache angewöhnst.

Also, um ehrlich zu sein (ohne beleidigen zu wollen): das halte ich für Unfug. Ich lese extrem viel und schreibe ausschließlich in Hochdeutsch. Trotzdem spreche ich Schwäbisch. Den Dialekt bekommt man dadurch nicht raus. Es geht um die Betonung, die Sprachmelodie. Praktisch JEDER liest oder schreibt in Hochdeutsch, trotzdem können viele, die Dialekt sprechen, kein reines Hochdeutsch hervorbringen. Sonst wäre ja jeder mit Hochdeutsch vertraut.

P.S: Im Schwabenländle (ja, das war jetzt leicht schwäbisch!) heißt es: „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“
Falls der Autor also aus dieser Region kommt :Es tut mir sehr Leid :wink:

P.S: Im Schwabenländle (ja, das war jetzt leicht schwäbisch!)
heißt es: „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“

Baden-Württemberg bitte, Baden-Württemberg. Auch wir Badner gehören zur Ländle-Imagekampagne =))

Warum?
Hi Katchup!

Menschen sehen alle anders aus - warum nur sollen sie alle gleich sprechen?
Schade um die Vielfalt.

Warum willst Du Deine Herkunft verstecken? Wenn sich Dein „Hochdeutschversuch“ künstlich anhört - steh doch einfach dazu, dass Du an Deiner sprachlichen Heimat zu erkennen bist!
Mir ist ein (natürlich) mit Dialekt sprechender Mensch viel lieber, als ein künstlich hochdeutsch sprechender „verstellter“ Mensch.

Mit der Zeit nimmst Du sowieso die sprachlichen Färbungen Deiner Umgebung an… das macht das Raten nach der Herkunft eigentlich nur spannender :smile:

Wichtig ist im Grund nur, WAS Du sagst - weniger, WIE Du es aussprichst!

Kopf hoch und frei von der Leber weg!

motivierende Grüsse
Ulli

Servus,

zieh dorthin, wo man Hochdeutsch spricht

das ist: Wo?? - mal abgesehen von Theaterbühnen und Rundfunkanstalten -

Von einer Hannoveranerin (H-Linden in dritter Generation) hab ich zu dem Thema mal gehört: „KommSemaa nach HannovainneAalts-tadt - könnSe die raainste dooitsche S-prache höaan…“

In diesem Sinne

MM

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Servus Carina,

dieses hier:

„Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“

ist, mit Verlaub, seckeldumm. Zumindest im altwürttembergischen Stammland ist es konfessionell bedingt völlig normal, zweisprachig aufzuwachsen: Lutherdeutsch kennt man aus der Schrift und von der Kanzel, Schwäbisch schwätzt ma werdigs.

Dass dem Schriftdeutschen dann z.B. Neckartäler Klang und Melodie anzuhören ist, tut dem keinen Abbruch: Schriftdeutsch ist schließlich eine artifizielle Sprache, und niemand kann wissen, mit welcher Melodie es gesprochen würde, wenn es irgendjemand muttersprachlich spräche.

Bonus Track: Thaddäus Troll berichtet, dass er seinen Freund Theo Heuss einige Zeit nach dessen Wahl zum Bundespräsidenten wieder getroffen und zur Rede gestellt hat, weil in einem (durch einen Kieler Journalisten veranstalteten) Zeitungsinterview zu lesen war, dass sich der Bundestheo in seinem neuen Amt als „Gottesgiebel der Nation“ fühle. Auf Trolls Frage „Ond sonsch gohts scho gued?“ erklärte ihm Heuss: „Ah waisch, där hod me hald ed verschdanda. Wienerme gfrogd hod, wianimir denn vorkomma däd als Bundespräsident, hannem graad gsaid wias ischd: I kommer vor als wäre dr Kotzkiebel der Nation…“.

Schöne Grüße

MM

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Erst einmal: vielen lieben Dank für eure Antworten und Bemühungen mir zu helfen.

Vielleicht noch etwas zum Kontext. Ich komme ursprünglich aus der Uckermark (Brandenburg). Wir sprechen dort einen sehr stark ausgeprägten Dialekt mit vielen Abkürzungen und einem Anteil berliner Dialekt - die meisten denken auch immer, dass ich auch Berlin komme.

Ich studiere in MeckPom u.a. Germanistik! Das heißt, ich schreibe Hochdeutsch, ich lese unheimlich viel und die Leute um mich herum sprechen auch im Großen und Ganzen Hochdeutsch.

Ich selbst fand es sonst auch nie nötig hochdeutsch zu lernen, weil selbst die Lehrer an unseren Schulen selbst im Dialekt gesprochen haben. Nun geht es aber immer mehr auch mündliche Prüfungen zu und es gibt eine Reihe Dozenten, die einen Dialekt als störend ansehen.

Und obwohl ich schon längere Zeit übe, bekomme ich wirklich nur Kopfschmerzen von. Ich hätte nie gedacht, dass das so schwer sein könnte.

Ich mag meinen Dialekt, es ist nur wichtig den im Beruf abzulegen, da ich Lehrer werden möchte.

Grüße
katchup

Hi,
Badener oder Badenser?

duck und weg…

grüße
miamei

Servus, MM,

zieh dorthin, wo man Hochdeutsch spricht

das ist: Wo??

ein bisschen was zum Grübeln muss dem UP doch noch bleiben :smile:))

Vermutlich ist das Geschmackssache. Was durchaus den Ohren schmeichelt (ohne jegliches S-tolpern), wird imm westlichen Harz gesprochen. Manche Leute sagen allerdings, das ai für ei ginge ihnen auf die Nerven.

Gruß Ralf

Hallo,

Badener oder Badenser?

Dazu:
/t/gelbfiassler/4731381

Gruß
Elke

hi katshup,

das mit dem lesen ist schon richtig. aber laut.
also eine zeitung schnappen und texte laut lesen und bemüht deutlich sprechen. dann nachrichten (aber bitte nicht wdr, die können auch keines)aufnehmen, mehrmals anhören und mitsprechen und versuchen, satzmelodie und aussprache zu treffen.
damit schaffst du eine ganze menge, bevor du eine sprachtrainerin bezahlst.

strubbel
S:open_mouth:)

Eine Antwort aus der Dialektforschung
Hi,

in der Uni hatte ich ein sehr interessantes Seminar zu Dialekten.

Haupttenor der Forscher war, dass die Leute, die Dialekt sprechen, Hochdeutsch lernen SOLLTEN. Sie haben festgestellt, dass es fatale Folgen für den Bestand der Dialekte hat, wenn die Leute einen Mischmasch aus beiden Sprachen sprechen, beides ein wenig, aber nichts richtig. So gingen die Dialekte in ihren spezifischen Ausprägungen für immer verloren.

Ziel ist es laut den Forschern, das Bewusstsein für den Dialekt dahingehend zu fördern, dass die Menschen die Sprachen deutlicher voneinander trennen, also zu Hause oder im Ort Dialekte sprechen und pflegen, in der weiteren Öffentlichkeit allerdings Hochsprache verwenden, und zwar nur Hochsprache. Die sollten sie lernen, und zwar wie eine Fremdsprache.

Ich fand das sehr interessant, den Dialekt zu seinem eigenen Schutz aus den Schulen, den Universitäten, den Behörden, den Medien zu verbannen, und ihm dafür Räume zu schaffen, in denen er in seiner Komplexität erhalten und an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden kann.

Insofern - und jetzt stelle ich mich mal wieder gegen andere hier im Forum - aufpassen! - kann ich mich Deinem Interesse an einer guten Hochsprache nur anschließen.

Es gab ja schon gute Hinweise. Vielleicht von meiner Seite aus noch die Empfehlung, Lieder in Hochsprache rauszusuchen und mitzusingen. Das Sprachgefühl bildet sich beim Singen besonders gut.

Viel Erfolg und viele Grüße!

Mira

Hallo Ralf,

eine Frage:

Manche Leute sagen allerdings, das ai für ei
ginge ihnen auf die Nerven.

Erklär mir mal bitte den Unterschied zwischen einem Ostallgäuer ai und ei. Im Hochdeutschen kenne ich sie beide als [aɪ̯] und kann mich auch nicht erinnern, jemals irgendwo einen Unterschied gehört zu haben (wobei das daran liegen kann, dass Wörter mit /ai/ selten sind).

Liebe Grüße
Immo

Hallo Katchup,

viele von meen Dozenten ham ooch jesacht, dat ick inna Schule imma Hochdeutsch reedn soll, un ließn sich ooch nich davon beeindrucken, dat uns inna Schule imma die Lehra am liebstn waren, die wo janz natürlich balinat ham.
Allerdings musste ich feststellen, dass ich, sobald ich vor einer Klasse stand, mich automatisch wohlüberlegter und damit insbesondere hochdeutsch (oder was man hier dafür hält) ausdrückte, ohne darüber erst nachdenken zu müssen, und die Dozenten waren zufrieden.
Hast Du denn schon einmal vor der Klasse gestanden, und hast Du da auch Deinen Dialekt beibehalten? Dann solltest Du Dich auch nicht zu etwas anderem zwingen lassen, das wirkt künstlich, das merkt die Klasse. Ich denke mal, dass Du, wenn Du nur lange genug außerhalb Brandenburgs weilst, von allein die dort verbreitete Sprachvarietät annehmen wirst. Bislang ist noch jeder meiner Bekannten, der einmal nach Süddeutschland zog, von „nich“ auf „net“ übergegangen und davon nicht mehr abzubringen. Und Deiner Umgebung entgegenzukommen halte ich für weitaus sinnvoller als Hochdeutsch zu sprechen. (Deine Schulstunden werden ja nicht live in ganz Deutschland übertragen!)

Liebe Grüße
Immo

Hallo,
also ich spreche auch breites schwäbisch und habe das Hochdeutschsprechen so trainiert, indem ich aus Büchern laut vorgelesen habe.
vertrau mir, das hilft.
Viel Erfolg,
Gruß Jens