Dialekte allgemein

Hallo,

meine Frage: Wie erlernt man überhaupt ein Dialekt? Wird das von Generation zu Generation weitervererbt? Bei manchen Leuten ist es weniger stark ausgeprägt als bei anderen, obwohl sich die Personen in der gleichen Region ansässig sind.

Beispielsweise plattdütsch oder bayrisch. Wird das in den Schulen gelernt? Wie sehen eigentlich die Schulbücher dort aus? Stehen die Texte da in hochdeutsch und man spricht dann im Dialekt oder steht da alles in Dialektform?

Hallo Hermelin,

meine Frage: Wie erlernt man überhaupt ein Dialekt? Wird das
von Generation zu Generation weitervererbt?

Ja, mein Sächsisch habe ich von meiner Mutter und meinem Vater und von den Omas und Opas und überhaupt von der ganzen Umwelt (sprich Kindergarten-, Klassen- und sonstigen Kameraden). Ich habe den sächsischen Dialekt ja auch nicht als Dialekt empfunden, jeder sprach so und das war normal.

Bei manchen Leuten
ist es weniger stark ausgeprägt als bei anderen, obwohl sich
die Personen in der gleichen Region ansässig sind.

Vielleicht wollen manche „etwas vornehmer“ sprechen, warum auch immer. Aber diese Unterschiede kann ich auch nicht erklären.

Beispielsweise plattdütsch oder bayrisch. Wird das in den
Schulen gelernt?

Na sächsisch jedenfalls nicht.
Aber hier in Köln z.B. kann man an der Abendschule den kölchen Dialekt lernen. Ob das nur sogennannte „Immis“ (Zugewanderte wie ich z.B.) machen, oder auch Kölsche, die ihren Dialekt wieder aufpolieren wollen, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber im Allgemeinen gehen Dialekte wohl doch etwas zurück.

Mit freundlichen Grüssen
Klaus Bernstein

Hallo, Hermelin,
das „Erlernen“ eines Dialekts (oder eher einer Dialektfärbung, denn selten wird reiner Dialekt gesprochen und noch seltener reines Hochdeutsch) geht meist mit dem natürlichen Spracherwerb einher. D.h. das Kind spricht so, wie es das von den Altvorderen und seiner Umwelt hört.

Der Erwerb eines zweiten oder dritten Dialektes geht dann genau so - dadurch, dass man dem Volk aufs Maul schaut, zuhört und dann mehr oder weniger erfolgreich nachzuahmen in der Lage ist.

Dass „Dialektkurse“ angeboten werden ist eher selten. Heimatvereine kümmern sich oft darum, den durch die Schule, Radio und Fernsehen dialektungewohnten Menschen Dialekte wieder nahe zu bringen. Wie beim Erlernen von Sprachen auch, fällt das aber i.d.R. mit zunehmendem Alter zunehmend schwerer. Ich wohne jetzt hier am Ufer der Wupper länger als irgendwo anders in meinem Leben, aber das Rheinische Platt konnte ich nur sehr ungenügend erwerben, anders als Sächsisch, Fränkisch, Bayrisch, Schwäbisch, mit dem ich in meiner Kindheit und Jugend konfrontiert war.

Grüße
Eckard

Hi Hermelin,

meine Frage: Wie erlernt man überhaupt ein Dialekt?

von der Umgebung, in der man aufwächst.

Wird das
von Generation zu Generation weitervererbt?

Eher nicht. Meine Mutter kam aus Ostpreußen, mein Vater aus Böhmen, ich spreche weder das eine noch das andere, sondern bayrisch. Gerade in Bayern, wo ja viele Flüchtlinge und Vertriebene gelandet sind, ist der Effekt oft zu beobachten. Bis auf die Schlesier, die geben ihr eigenwilliges Idiom weiter bis ins siebte Glied :smile:

Böse Zungen behaupten sogar, unsere Kinder sprächen kein Bayrisch mehr, weil sie im Kindergarten den Dialekten der zuagroasten Bundeswehrler-Frauen ausgesetzt seien.

Beispielsweise plattdütsch oder bayrisch. Wird das in den
Schulen gelernt?

Gesprochen ja, gelehrt nicht.

Wie sehen eigentlich die Schulbücher dort aus?
Stehen die Texte da in hochdeutsch

Ja.

und man spricht dann im Dialekt

Vorgelesen wird natürlich ebenfalls hochdeutsch, der Unterricht erfolgt je nach Sprachfertigkeit und Vorliebe der Lehrkraft in deren Mundart oder auf hochdeutsch. Aber was ist schon hochdeutsch, niemand spricht ohne Färbung.

oder steht da alles in Dialektform?

Dialekt zu schreiben ist fast beinahe nicht möglich. Die Österreicher sind die einzigen, die das so hinkriegen, dass beim Lesen eine Vorstellung vom Klang entsteht. Und die Allgäuer natürlich :smile:))

Gruß Ralf

Hallo!

Beispielsweise plattdütsch oder bayrisch. Wird das in den
Schulen gelernt? Wie sehen eigentlich die Schulbücher dort
aus? Stehen die Texte da in hochdeutsch und man spricht dann
im Dialekt oder steht da alles in Dialektform?

Außer in exotischen Ausnahmen wird in Deutschland überall das Hochdeutsche die Unterrichtssprache sein. (Ich möchte nicht ausschließen, dass es beispielsweise in Hamburg eine „Platt-AG“ gibt, aber das fällt dann bestimmt eher in den Bereich Folklore). Mit „Unterrichtssprache“ meine ich jetzt vor allem das Geschriebene Wort. Natürlich hängt das gesprochene Wort von den Schülern und den Lehrern ab. Die Meinungen, ob ein Lehrer Dialekt oder Hochdeutsch sprechen sollte, gehen auch weit auseinander. Sie reichen von „Reines Hochdeutsch ist ein absoulutes Muss!“ bis „eine regionale Färbung ist wünschenswert (Authentizität, Indifikation der Schüler, …)“.

Leider wird der Dialekt häufig mit folgenden Dingen assoziiert: Folklore (ich auch - s. o.), Lokalpatriotismus, Engstirnigkeit, Rückständigkeit, niedriges Bildungsniveau, Primitivität, ländlicher Raum, … Wie sollte es auch anders sein, wenn im Deutschen Fernsehen nur im Musikantenstadl ungestraft Dialekt gesprochen werden darf und Dialektsprecher häufig sogar synchronisiert werden (Schweizer auf 3sat z. B.)?

Ganz anders in der Schweiz: Dort gibt es eine allgemeinverständliche Form des Schwyzerdütsch, die als Verkehrssprache gilt und sogar im Parlament gesprochen wird. (Die Schriftsprache ist freilich dieselbe wie in Deutschland - nahezu jedenfalls).

Ein anderer Punkt, unter dem die Dialekte zu leiden haben: Die Mobilität. Die meisten Menschen werden mit ziemlicher Sicherheit ihren Lebensabend woanders verbringen als ihre Jugend. Regionale Nuancen verwischen so immer mehr. Wörter, die von „Reingeschmeckten“ nicht verstanden werden, sterben ganz aus. Im Schwäbischen ist es z.B. das ganze Hugenottische Erbe, das mein Opa noch selbstverständlich sprach, das mir aber nicht mehr über die Lippen geht: Biffee, Sutrai, Scheslo, Botschamper, Gugommer, Basledao… (Übersetzung: Wohnzimmerschrank, Einliegerwohnung, Liege, Nachttopf, Gurke, Zeitvertreib, …)

Traurig, aber leider nicht zu verhindern.

Michael

Schweiz: Lokaler Dialekt plus Standarddeutsch
Guten Tag

Mit sturer Regelmässigkeit wird dieses Unwissen (der Deutschen?) über
die schweizerischen Sprachvarietäten kolportiert:

Ganz anders in der Schweiz: Dort gibt es eine
allgemeinverständliche Form des Schwyzerdütsch, die als
Verkehrssprache gilt und sogar im Parlament gesprochen wird.
(Die Schriftsprache ist freilich dieselbe wie in Deutschland -
nahezu jedenfalls).

So ein Blödsinn!

  1. Die Schweizer/innen benützen von Anfang an zwei Sprachvarietäten
    getrennt nebeneinander (= Diglossie), einen nicht standardisierten
    lokalen Dialekt und das schweizerische Standarddeutsch, das
    gleichwertig neben den ebenfalls varierenden Standarddeutsch
    Österreichs und Deutschlands steht.

  2. Ein Standarddeutsch, das hoch über andern standardisierten
    Sprachvarietäten thront („Hochdeutsch“) gibt es also nicht.

  3. Mit ‚Hochdeutsch‘ sollten ausschliesslich die nicht
    standardisierten Dialekte bezeichnet werden, welche den Lautwandel
    mitgemacht haben - im Gegensatz zu ‚Niederdeutsch‘.

  4. Schweizerdeutsch als Dialekt existiert nicht.

Mit freundlichem Gruss

Rolfus

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Hallo!

Mit sturer Regelmässigkeit wird dieses Unwissen (der
Deutschen?) über
die schweizerischen Sprachvarietäten kolportiert:

Ich lerne ja gern dazu, aber ein paar Sachen musst Du mir dann schon erklären…

Ganz anders in der Schweiz: Dort gibt es eine
allgemeinverständliche Form des Schwyzerdütsch, die als
Verkehrssprache gilt und sogar im Parlament gesprochen wird.
(Die Schriftsprache ist freilich dieselbe wie in Deutschland -
nahezu jedenfalls).

So ein Blödsinn!

Es stimmt also nicht, dass im Parlament, im Fernsehen, im Radio, … eine Sprache gesprochen wird, die vom Schriftdeutsch deutlich abweicht und trotzdem in der ganzen Schweiz verstanden wird, und dass diese Sprache von regionalen Dialekten zu unterscheiden ist?

  1. Die Schweizer/innen benützen von Anfang an zwei
    Sprachvarietäten getrennt nebeneinander (= Diglossie), einen nicht
    standardisierten lokalen Dialekt und das schweizerische
    Standarddeutsch, das gleichwertig neben den ebenfalls varierenden
    Standarddeutsch Österreichs und Deutschlands steht.

Was meinst Du jetzt mit „schweizerisches Standarddeutsch“? Ein Schriftdeutsch, das in ein paar lokalen Begriffen (Velo, Billet, Parkieren, …) vom bundesdeutschen Schriftdeutsch abweicht, oder das was ich weiter oben als „Schweizerische Verkehrssprache“ beschrieben habe, also eine Sprache, die auch in Struktur und Grammatik vom Schriftdeutsch abweicht („g’sieh“ statt „gewesen“, „Umleitig“ statt „Umleitung“, usw…)

  1. Ein Standarddeutsch, das hoch über andern standardisierten
    Sprachvarietäten thront („Hochdeutsch“) gibt es also nicht.

Habe ich das behauptet?

  1. Mit ‚Hochdeutsch‘ sollten ausschliesslich die nicht
    standardisierten Dialekte bezeichnet werden, welche den
    Lautwandel mitgemacht haben - im Gegensatz zu ‚Niederdeutsch‘.

Mit dieser Begriffsdefinition stehst Du aber ziemlich alleine da.

  1. Schweizerdeutsch als Dialekt existiert nicht.

Dass in der Schweiz nur ein Dialekt gesprochen werde, habe ich ebensowenig je behauptet. Wenn Du den Begriff Schweizerdeutsch nicht magst, ist das Deine Sache. Dass in der Schweiz aber etwas gesprochen wird, was von der Schriftsprache abweicht, wirst selbst Du nicht bestreiten können. Und dass man einen Schweizer nach einer Handvoll Silben an seiner Sprache als Schweizer erkennt, ist eine Tatsache.

Wie gesagt: Ich leugne überhaupt nicht, dass im Engadin ein völlig anderes Deutsch gesprochen wird als in Basel. Dennoch werden sich ein Schweizer aus St. Moritz und ein Schweizer aus Basel verständigen können, und zwar in einer Sprache, die ich nicht als Schriftdeutsch bezeichnen würde.

Vielleicht nur zur Klarstellung: Ich habe den Begriff „Hochdeutsch“ vermieden, um weiteren Missverständnissen aus dem Weg zu gehen. Stattdessen habe ich den Begriff „Schriftdeutsch“ verwendet. Damit meine ich eine Sprache, die in (Grund-)Vokabular, Grammatik und Aussprache im Großen und Ganzen mit der geschriebenen deutschen Sprache übereinstimmt.

Du kannst mich gerne aufklären, wenn ich mich völlig in der Schweizer Sprachlandschaft irren sollte. Du bist aber nicht der erste Schweizer, mit dem ich mich unterhalte.

Und durch meine Windschutzscheibe sehe ich vor lauter Vignetten bald auch nicht mehr durch.

Michael

Alle Definitionen in Wikipedia sowie im www-Archiv

Guten Tag

Du kannst alle Definitionen in Wikipedia sowie im www-Archiv finden.

Gruss

Servus!

Du kannst alle Definitionen in Wikipedia sowie im www-Archiv
finden.

Und ich dachte, der Widerpart von „Niederdeutsch“ hieße „Oberdeutsch“…
Olé - Wikipedia!

VG
Christian

Servus!

meine Frage: Wie erlernt man überhaupt ein Dialekt?

Seeehr schwer!

Wird das
von Generation zu Generation weitervererbt?

Im allgemeinen, ja. Darum sterben so viele Dialekte auch langsam aus. Wenn eine Generation der Meinung ist, Dialekt sei unfein und sich auf Hochdeutsch versteift, ist der Dialekt schon in der nächsten Generation eine Sache der alten Leute, und ist dann bald vom Aussterben bedroht.
Dem Berlinischen ist es so gegangen.
Nicht lachen: Hab das mal auf D-Radio gehört. Was die Berliner heute so berlinern, ist nicht mehr der ursprünglich dort heimische Dialekt, sondern etwas, das im 19.Jh. neu entstanden ist und seine Wurzeln in den vielen Sprachen und Dialekten der Leute hat, die sich in der Zeit der Industrialisierung im entstehenden Groß-Berlin angesiedelt haben.

Bei manchen Leuten
ist es weniger stark ausgeprägt als bei anderen, obwohl sich
die Personen in der gleichen Region ansässig sind.

Wie gesagt: Kommt auf´s persönliche Umfeld an.

Beispielsweise plattdütsch oder bayrisch. Wird das in den
Schulen gelernt?

*gg* Das wär mal was! Welchen Dialekt hätten´s denn gern? Dialekte sind nicht nur regional, sondern auch lokal so verschieden, daß es fast unmöglich, „den“ Dialekt zu lehren.
Ganz davon abgesehen, daß die Schulbehörden bis heute eher dialektfeindlich eingestellt sind…
Verfälscht ja die reine Sprache.

Wie sehen eigentlich die Schulbücher dort
aus?

Wie sollen die aussehen? Vorn ein Deckel, hinten ein Deckel, dazwischen viel Quast. Und der auf Hochdeutsch.

Stehen die Texte da in hochdeutsch und man spricht dann
im Dialekt oder steht da alles in Dialektform?

Hihi! Das wär lustig. Da müssten die Schüler alles laut Lesen, um zu verstehen, was da steht. Und der eine Dialektsprecher, der in so mancher Klasse noch sitzt (wenn´s überhaupt noch einen gibt), müsste dann übersetzen.

VG
Christian

Hallo!

Du kannst alle Definitionen in Wikipedia sowie im www-Archiv
finden.

Es hat mich etwas gewundert, wie knapp Du auf meine Email reagiert hast. Nachdem ich mich durch die Artikel von Wikipedia gelesen habe, nehme ich zur Kenntnis, dass es wohl nach offizieller Lehrmeinung das nicht gibt, was ich als „Verkehrssprache der Schweiz“ bezeichnet habe. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass ich Schweizer einigermaßen gut verstanden habe, wenn sich zwei Dialektsprecher aus unterschiedlichen Regionen der Schweiz miteinander unterhalten. Bei Zwei Schweizern aus derselben Region hatte ich jedoch große Probleme. Daraus schloss ich, dass Schweizer sehr wohl in der Lage sind, zwischen starkem und gemäßigtem Dialekt abzustufen. Wenn die wikipedia-Artikel alle recht haben, habe ich mich wohl geirrt. Mich wundert es jedoch.

Michael

Servus,

Wird das von Generation zu Generation weitervererbt?

das spielt nach meiner persönlichen Erfahrung wohl keine besonders wichtige Rolle. In meiner Familie haben sich innerhalb von wenigen Generationen Dialekte aus der Abrlausitz, aus dem württembergischen Schwarzwald, vom Stromberg und aus Hohenlohe getroffen. Der einzige Dialekt, den ich einigermaßen fehlerfrei beherrsche, ist aber der, der in der Kindheit meine Umgebung prägte: Oberländer Schwäbisch - obwohl ich alle anderen genannten recht gut verstehe. Meine ebenfalls ganz ordentlichen Kenntnisse im Seealemannischen habe ich nach 18 Jahren in der Nähe der Sprachgrenze innerhalb von nur zwei Jahren hinter Tettnang erworben. Seither von fast jeder Station ein bissel was mitgenommen, und nach sechs Jahren Monnem komm ich so langsam hinter die feinen Differenzierungen zwischen den Idiomen der Riedochsen, der Aniliner, der Monnemer und der Woinemer; derzeit übe ich den Mutterstädter Prüflaut, eine bestimmte Weise, das o in „koni“ für „keine“ zu nasalieren. Die eigene Sprache mehr oder weniger oberflächlich an den Dialekt der Umgebung anzugewöhnen, erfordert keine besondere Anstrengung; im Gegenteil, es käme mir seltsam vor, wenn das nicht passierte.

Wieauchimmer: Man lernt an der Umgebung, so wie man immer die eigene Sprache am Maßstab des Gehörten unwillkürlich korrigiert.

Interessant in diesem Zusammenhang fand ich, dass im Biberacher Wohngebiet Talfeld in den 1970er Jahren, zu denen ich viele seiner Bewohner kannte, in einem relativ kleinen lokalen Zusammenhang (vielleicht zweihundert Einwohner im Wohngebiet) fast kein Wort Schwäbisch gesprochen und auch kaum verstanden wurde: Das Talfeld war fast gänzlich von Wissenschaftlern aus der F&E von Thomae bevölkert, die in ihrer großen Mehrzahl aus Nordwest-, Nordost- und Mitteldeutschland kamen. Die Kinder und Jugendlichen hatten in ihrer Umgebung keine Möglichkeit und keinen Anlass, Schwäbisch zu lernen, und haben es so auch nicht gesprochen, auch wenn sie in Biberach geboren waren.

In der Grundschule haben wir abgesehen vom Deutschunterricht zumindest bei Lehrern, die aus der Gegend stammten, einen gemäßigten Dialekt gesprochen (einschließlich der Kinder der ortsansässigen Italiener, Batschka-, Siebenbürgen- und Sudetenrückwanderer etc.), und ich denke, das ist im oberdeutschen Raum unverändert so. Erst in der Oberschule wurde dann mehr auf (mehr oder weniger gefärbtes) Deutsch als Unterrichtssprache geachtet; mit Deutsch Lesen und Schreiben und gleichzeitig Schwäbisch Sprechen hatte in der Grundschule keiner Schwierigkeiten.

Die Ergebnisse vom Lernen von Sprache in und an der Umgebung habe ich Ende der 1970er Jahre in der Umgebung von Joannina ganz eindrucksvoll gehört: Fast jeder junge Mann versuchte, wenigstens ein paar Jahre in Deutschland zu arbeiten, und wo die ersten hingegangen waren, kamen die anderen nach. So dass in einem Dorf Deutsch wie in Kirchberg an der Iller und im unmittelbar benachbarten wie in Köln-Deutz gesprochen wurde…

Einen Dialekt systematisch zu unterrichten, halte ich für ein ziemlich artifizielles und auch nicht zweckdienliches Unterfangen. Dialekte sind viel zu kleinräumig, um sie überhaupt so systematisch erfassen zu können, dass man sie systematisch unterrichten kann. In unserem Grundschullesebuch gab es ein paar einzelne Gedichte, die auf Rottenburger Schwäbisch verfasst waren (gedruckter Dialekt: meistens ein Graus!), und der Lehrer, der diesen Dialekt aus dem Reutlinger Seminar kannte und sich nicht bewusst war, wie groß der Unterschied zum Schussenrieder Schwäbisch ist, hat sich ziemlich geärgert, dass niemand von uns das Zeugs ordentlich lesen konnte.

Schöne Grüße

MM

Servus Michael,

ich glaube, Du darfst hier ruhig der eigenen Beobachtung (die ich teile) Vorrang einräumen. Wenn wir z.B. einen Baselbieter, einen Appenzeller und einen Berner beieinander hätten, könnten wir ja einmal die Probe aufs Exempel machen.

Genau Analoges kennst Du ja auch nördlich des Sees in Gestalt des Honoratiorenschwäbisch, mit dem sich ein Ravensburger und ein Heilbronner mühelos verständigen, auch wenn sie mit dem jeweiligen Nachbarn ganz anders reden.

Eine Ausnahme bilde(te)n in der CH die wenigen, wahrscheinlich inzwischen ausgestorbenen Engadiner, die ausschließlich mit Rumantsch aufgewachsen waren und erst in der Schule Deutsch gelernt hatten, oft von Lehrern, die auch keine deutschen Muttersprachler waren - ich habe einzelne davon noch leibhaftig gehört, sie sprachen regelrechtes Schuldeutsch, viel näher am Standard als z.B. die DRS-Sprecher, von denen ich keinen auch nur in Ravensburg, geschweige denn z.B. Göttingen ansiedeln würde - obwohl sie zweifellos Deutsch sprechen.

Schöne Grüße

MM

Hallo Michael,

Es hat mich etwas gewundert, wie knapp Du auf meine Email
reagiert hast. Nachdem ich mich durch die Artikel von
Wikipedia gelesen habe, nehme ich zur Kenntnis, dass es wohl
nach offizieller Lehrmeinung das nicht gibt, was ich als
„Verkehrssprache der Schweiz“ bezeichnet habe. Ich hatte
jedoch den Eindruck, dass ich Schweizer einigermaßen gut
verstanden habe, wenn sich zwei Dialektsprecher aus
unterschiedlichen Regionen der Schweiz miteinander
unterhalten.

Das mag auch daran liegen, dass mit Dialekt in CH anders umgegangen wird als in D.
Das ist auch einer der Gründe für den Röstigraben zwischen der französischen und der deutschsprachigen Schweiz. Die französisch sprechenden Schweizer lernen in der Schule Hochdeutsch und wenn sie dann in die Deutschschweiz kommen verstehen sie kein Wort …

Hier spricht kein Mensch Hochdeutsch wenn es nicht unbedingt sein muss !
Diejenigen welche sich für etwas besseres halten, sprechen einen etwas anderen Dialekt, wie z.B. Daig in Basel, gleiches gilt auch in Bern für die Patrizier. Auf Grund der Geschichte, das Kleinbasel gehört erst seit rund 500 Jahren zu Grossbasel, gab es hier sogar 3 Dialekte, den Kleinbasler und auf der anderen Seite des Rheins Pleps und Daig.

Die Schweiz ist ja relativ klein, weshalb man von Klein auf auch andere Dialekte zu hören bekommt. Oft sprechen nicht einmal Mutter und Vater den selben Dialekt, geschweige denn Tanten und Onkel.
Bis vor etwa 50 Jahren konnte man noch jemandem auf Grund seiner Sprache sogar das Dorf zuordnen in welchem er aufgewachsen war.

Interessanterweise haben Schweizer oft weniger Probleme unterschiedliche deutsche Dialekte zu verstehen, als ein Deutscher welcher mit Dialekt aufgewachsen ist.
Ich vermute, da das Gehirn mit Mustererkennung arbeitet, sich bei schweizer Kindern weniger scharfe Muster bilden, bzw. andere Merkmale zur Worterkennung herangezogen werden. Vokalverschiebungen sind ja einer der Hauptunterschiede zwischen den hiesigen Dialekten.

Allerdings gibt es schon Verständigungsprobleme, da manche Worte nur Regional bekannt sind. Ein typisches Wort aus der Region Basel ist z.B. „Gugge“ (Tüte). Ausserhalb der Region werde ich nur mit grossen Augen angesehen, wenn ich eine „Gugge“ in einem Laden verlange :wink:
Jede Region hat so ihre eigenen Worte, hauptsächlich für Dinge des täglichen Lebens.
Insofern ist es eigentlich auch kein Problem für einen Schweizer, beim anderen Nachzufragen, wenn man die Bedeutung eines Wortes nicht kennt.

Zudem gibt es ja noch folgendes Projekt:
http://www.sagw.ch/dt/Kommissionen/woerterbuch/

Normalerweise schreiben wir aber Hochdeutsch, bzw. „Schriftdeutsch“. Allerdings wird seit es Handys gibt, wieder vermehrt Dialekt geschrieben, allerdings meist einfach irgendwie nach Gehör.
Zumindest für einige Dialekte (basler, zürcher) gibt es aber Grammatikbücher. Hier in Basel war eine der treibenden Kräfte die Fasnacht, da die Zeedel und Schnitzelbänke in Dialekt verfasst sind und in gedruckter Form verteilt werden.

Bei Zwei Schweizern aus derselben Region hatte
ich jedoch große Probleme. Daraus schloss ich, dass Schweizer
sehr wohl in der Lage sind, zwischen starkem und gemäßigtem
Dialekt abzustufen. Wenn die wikipedia-Artikel alle recht
haben, habe ich mich wohl geirrt. Mich wundert es jedoch.

Als Schweizer kann ich deinen Irrtum nur bestätigen, auch wenn es dich wundert :wink:

MfG Peter(TOO)

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Schweizer wählen Dialekt oder Standarddeutsch

Guten Tag, Michael

ich jedoch große Probleme. Daraus schloss ich, dass Schweizer
sehr wohl in der Lage sind, zwischen starkem und gemäßigtem
Dialekt abzustufen. Wenn die wikipedia-Artikel alle recht

Die Deutschschweizer sprechen und schreiben je nach Situation ihren lokalen nicht
standardisierten Dialekt oder das schweizerische Standarddeutsch. Das nennt man
Diglossie.

In der Deutschschweiz spricht man also nicht 2 Dialekte, einen ‚starken‘ und
einen ‚gemässigten‘ wie offenbar in Teilen Deutschlands. Der Irrtum (vieler
Deutschen) ist kaum auszurotten, weil sie glauben, die gesprochene schweizerische
Standardsprache sei dialektal.

Gruss

Rolfus