Mir geht es nicht um alle Dialekte in Großbritannien, sondern nur um die in England. Welcher Dialekt ist in England der am meist verbreitetste? Welcher ist am schwierigsten zu verstehen? Mir fiel halt auf, dass einige Wörter von Region zu Region anders ausgesprochen werden. Das Wort Style zum Beispiel. Mal sagt man „Stail“, dann kann es auch mal „Stoil“, oder „Stöhl“ heißen. Schwierig das schriftlich darzustellen, aber ich hoffe man versteht, was ich damit sagen will. Ist Oxford-Englisch vergleichbar wie bei uns Hochdeutsch? Wo spricht man in England diese Art Englisch? Oder ist das nur eine akademische/offizielle Sprache, die privat in der Form keiner nutzt?
Hallo,
in England sind Dialekte zu einem großen Teil auch Soziolekte. Das heißt, dass es neben der geographischen Prägung der Sprache auch Klassenunterschiede gibt, die man an der Sprache hört.
Dem vom Sinn her Hochdeutschen am ähnlichsten ist wohl BBC-Englisch, was nur bedingt etwasmit „Oxbridge“-English zu tun hat. Bei der BBC gab es (gibt es noch? ich weiß es nicht) ein ganzes Department, das sich mit der gewünschten Aussprache beschäftigte, und zumindest Nachrichtensprecher mussten sich daran halten - das betraf die Aussprache von englischen Wörtern wie auch die von ausländischen Namen (Personen und Ortsnamen). Es gab auch über lange Jahre ein Radioprogramme, dass sich hauptsächlich mit der korrekten Aussprache von Wörtern und Idiomen beschäftigte, auch ein bisschen mit Etymologie und dergleichen (es war immer im Stil einer „Podiumsdiskussion“ von drei Experten gehalten).
Doch, es gibt Menschen, deren Aussprache den BBC Vorgaben ziemlich nahekommt, so nahe wie auch in Deutschland jemand dem Hochdeutschen kommt.
Welcher am weitesten verbreitet ist, ist so nicht zu beantworten. Es ist halt geographisch bedingt.
Was am schwersten zu verstehen ist, ist individuell unterschiedlich. Ich persönlich habe zum Beispiel relativ wenig Probleme die Sprache Northumberlands (Nordosten) zu verstehen, auch nicht wenn es ins Schottische abgleitet (damit meine ich dialektgefärbtes Englisch, nicht den reinen Dialekt). Das Englisch rund um Birmingham verstehe ich am wenigsten. Walisisch ist eine eigene Sprache, englisch mit walisischem Dialekt klingt durch den Singsang immer wie Schweizerdeutsch.
Und dann gibt es noch das Englisch, das von den verschiedenen Einwanderergruppen gesprochen und auch gepflegt wird. Indisch/pakistanisch, das von den West-Indies, oder Südostasiatisch.
Du siehst, deine Frage ist so kurz nicht zu beantworten.
Grüße
Siboniwe
PS: Wolltest du ja nicht einbeziehen, aber am besten verstehe ich das suidafrikaanse Engels, ne.
Dialekte in dem Sinne, wie hier im Deutschsprachigen Raum gibt es eigentlich kaum in anderen Sprachen.
In England gibt es schon auch Dialekte, die unterscheiden sich aber nicht so sehr, sondern eher nur in einer gewissen Aussprache. Ok, manche Begriffe noch aber ansonsten ist das Schottische Englisch dem „Schulenglisch“ wohl näher als Platt dem Bairischen.
Warum ist das bei uns in Deutschland so extrem ausgeprägt mit den Dialekten? Liegt das an unserer Geschichte, durch den früheren Flickenteppich an Staaten und Territorien, wie es sie bis 1870 gab?
Birmingham am schwierigsten zu verstehen? Ich dachte immer, dass es in der Region eher gehen müsste und eher weiter nördlich im Bereich Liverpool/Manchester sprachlich kriminell wird.
Schottisch verstehe ich absolut nicht. Zumindest dann nicht, wenn die im normalen Tempo reden bzw. schnell sprechen. Das ist für mein Verständnis echt abartig.
Ja, ich denke schon, dass das auch eine Rolle gespielt hat.
Hallo -
das glaubst du doch selbst nicht?
Das ist Scots (flachgebügelt für den Rest der Zuschauer, die nicht aus Schottland sind):
Es gibt neben der Aussprache nicht nur rein-schottische Ausdrücke und Idiome, sondern grammatische Strukturen , die sich von Standardenglisch unterscheiden.
Grüße
Siboniwe
Hallo,
die Konzentration auf ein Zentrum (London, Paris) hat sicher eine Rolle gespielt. In anderen Ländern - z.B. Österreich, Schweiz - spielt sicher auch die vergleichsweise Abgeschiedenheit von Landstrichen eine Rolle, das Dialekte stärker ausgeprägt sind.
Aber anderen Ländern Dialekte absprechen kann man nun wahrlich nicht. Auch in den USA, wo Dialekte relativ wenig Zeit hatten sich auszubreiten, gibt es Dialekte und man kann jemanden anhand seiner Sprache ziemlich genau verorten. Der Klassiker, was Dialekte betrifft, „Pygmalion“ von Shaw, zeigt deutlich auf, das Sprache und Dialekte auch in England viel mehr als nur unterschiedliche Aussprache betreffen. Cockney English zum Beispiel hat eine ganze Sub-Sprache (Cockney Rhyming Slang) hervorgebracht, die kaum jemand außerhalb eines ziemlich beengten Kreises versteht.
Grüße
Siboniwe
Hierzu noch kurz die Info, dass es Linguisten gibt, die ernsthaft diskutieren, Scots als eigene Sprache anzusehen. Das dürfte auf jeden Fall darauf hideuten, dass die Unterschiede zum „Normalenglischen“ nicht unerheblich sind.
Wie gesagt, es ist individuell. Mit Mancunians habe ich wesentlich weniger Probleme als mit Brummies.
Es gibt auch Dialekte, die Normalengländer nichtverstehen, wie zB Newcastle.
Servus,
insofern ja, als es sich um eine artifizielle Sprache respektive Sprechweise handelt, die nirgendwo bodenständig gesprochen wird.
Ich war in einem früheren Leben zum u.a. Englischlernen bei einem Morris-Schrauber dritter Generation in OX-Rosehill zu Gast: Was ich dort hörte, war jedenfalls kein Oxford-English. Wenn der Familienchef mir einen Weg erklärte, fing das immer an mit „Well, what you got to realoize is this: …“ - das für Ölaugen und Autoschrauber identitätsstiftende „oi“ wurde fast exzessiv verwendet - ein weder nebliger noch regnerischer Morgen ganz dezidiert mit „Noice doy toodoy!“ kommentiert.
Schöne Grüße
MM
Sorry, der Minuspunkt war ein „slip of the mouse“. Ich wollte auf antworten klicken. Kann man leider nicht rückgängig machen. Ich geb dir dafür oben ein Plus, okay?
Was ich schreiben wollte war eigentlich nochmal das: es ist individuell. Geordie English (Newcastle) ist für meine Ohren nicht so schlimm wie das von Brummies. Aber eigentlich wollte ich den „Aufhänger“ benutzen, um anzuhängen, dass der Dialekt von Sunderland, der sich für Nicht-Einheimische recht ähnlich anhört (die Städte trennen gerade mal 20 km). Genau wie in Deutschland, wo ich in meiner Heimatstadt (40000 Einwohner) zumindest bei den älteren Einwohnern hören kann, von welcher Seite des örtlichen Flusses (=größere Bach, und ja, bei uns ist die Bach weiblich) sie kommen, können 10 oder gar 20 km schon ziemliche Sprachbarrieren bilden.
Grüße
Siboniwe
Könnte man mitunter in D auch haben, wie zB
- da Bou
- s Bäya
- a Bäychl
wer hat’s erkannt? Na klar, Oberpfalz
aber gleich nebenan, im Bayrischen Wald sagt man
- da Bua
- s Bia
- a Biachl
Servus,
die Dimension
ist bei diesen Beispielen freilich völlig anders.
Dass man in deutschen Dialekten auf zehn Kilometer genau - und weniger! - hören konnte, wo jemand herstammte, ist seit etwa dreißig bis vierzig Jahren vorbei. Heutige Einwohner von Viechtach, Teisnach, Regen und Zwiesel kann man nicht mehr anhand ihrer Sprache einem dieser vier Orte zuordnen, sondern nur noch der Region, in der diese alle vier liegen.
Schöne Grüße
MM
Servus,
mir kommt das eher vor wie ein vor allem ideologisches Phänomen: Das schon seit Jahrhunderten stark aus den Provinzen auf Madrid konzentrierte Spanien kennt ziemlich ausgeprägte Dialekte, die sich bis hin zu separaten Sprachen vom kastilischen Spanisch unterscheiden. Auch in Frankreich gab und gibt es insbesondere in den südlichen zwei Dritteln des Landes Dialekte, deren Unterschied zur Standardsprache weit über den Klang der Vokale hinaus geht. Die Existenz dieser Dialekte und selbst der anderen Sprachen, von denen Frankreich eine ganze Menge hat (Catalan, Basque, Gallo, Ch’ti, Welche, Alsacien in zwei ganz verschiedenen Ausprägungen und sicher noch ein paar, die ich nicht kenne) wurde allerdings von der Revolution an erbittert bestritten, weil man eine „natürliche“ Begründung für die Einheit der Nation brauchte.
Damit also ganz bestimmt:
Schöne Grüße
MM
Hallo,
stimmt - deshalb hab ich ja gesagt, bei den Älteren (älter als ich = uralt).
Bei Newcastle - Sunderland kommt aber eine große, gepflegte Animosität der beiden Städte (und ihrer Fußballclubs, vor allen Dingen ihrer Fußballclubs) hinzu und somit werden Unterschiede durchaus in gewissen Kreisen gepflegt.
Grüße
Siboniwe
Hallo,
stimmt schon Provençal ist eine eigene Sprache und exisitiert schon seit Jahrhunderten. Also - meine Aussage mit dem Zentralismus ersatzlos streichen. Andere Länder haben auch Dialekte.
Grüße
Siboniwe
Scho klar - ich habe mich vor allem darauf bezogen, dass die Tatsache, dass im Bayrischen Wald und in der Oberpfalz verschieden gesprochen wird, keinesfalls mit einem ‚auch‘ mit dem verbunden werden kann, was Du von erhaltenen Überresten der noch vor nicht allzu langer Zeit durchaus von Dorf zu Dorf und auch weit weg von der Benrather Linie auch von Stadtviertel zu Stadtviertel unterschiedlichen Dialekte berichtest.
Schöne Grüße
MM
Meine Holde berichtet aus einem ihrer früheren Leben das gleiche.
Muss so Anfang/Mitte der 70er Jahre gewesen sein. Damals gab’s in Oxford auch noch mehr Morris-Schrauber.