Die Bauern, die Milch und das Geld

Hallo!

Nun, da die Milchbauern in den Ausstand getreten sind, stellt sich mir folgende Frage:

Wie geht das überhaupt mit der Milch in Deutschland? Ich beispielsweise kaufe meine Milch dort, wo sie am billigsten ist - beim Discounter. Dort erhalte ich Milch, die aus einem regionalen Milchhof kommt (es steht ja sogar ganz genau drauf welcher). Ebenso billige Milch gibt es im Supermarkt nebenan. Sie hat eine andere Verpackung, aber auch sie ist von einem regionalen Milchhof. Daneben steht nun die Milch der deutschlandweit vertreibenden Firma X. Ihr Verpackung ist schöner und sie kostet bis zu 100% mehr. Es ist keine Biomilch!

Verdienen also Bauern, die ihre Milch beim Milchhof X abliefern, mehr am Liter als die, deren Milch ich beim Discounter kaufe? Warum liefern dann nicht alle bei X ab bzw. wie stellt eine Molkerei fest, ob Milchbauer A bei ihm abliefern darf und Milchbauer B nicht? Oder verdienen etwa gar nicht die Bauern mehr, wenn ich X-Milch kaufe, sondern nur die Firma X?

LG
Sonne!

Stark vereinfacht
Hi!

Die Bauern liefern ihre Milch an die Molkereien (ok, im Augenblick nicht).

Diese treten in Verhandlung mit den Discountern und Lebensmittelhändlern.
Es wird sich auf einen Preis geeinigt, die Molkereien liefern an die Abnehmer.

Vom Erlös ziehen die Molkereien ihre Kosten ab - der Rest geht an die Bauern.

OK, diese Sichtweise ist ein wenig geprägt aus der Sicht der Landwirte, aber grob passt das.
Im Klartext: Die Bauern haben nicht wirklich Einfluss auf ihren Erlös.

http://www.mopo.de/2008/20080602/thema-des-tages/hin…

Dazu kommt dann noch eine völlig überzogene Planung aus der EU.

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpoliti…

LG
Guido, der auch 50Ct pro Liter nicht wirklich merken würde

Hi,
da spürt man Marktwirtschaft. Die einen freuen sich, wenn es billig ist. Die Produzierenden müssen dafür manchmal für einen Hungerlohn Knochenarbeit machen.
Oder wie man das als Ökonom sagt:
Der Preis bereinigt den Markt, d.h. das Überangebot an Milch wird zurückgehen, da die kleineren Bauern dieses Geschäft aufgeben müssen. Übrig bleiben die großen bäuerlichen Milchbetriebe in Massentierhaltung.
Man kann sich das so vorstellen, wie es bei den Hähnchen schon passiert ist. Die werden im Sekundentakt per Fließband geschlachtet.

Wenn man nicht will, dass „Schwächere“ vom Markt verdrängt werden (klingt leider unpersönlich), dann muss man Quoten einführen, was wiederum Planwirtschaft ist.
Wie auch immer muss das Angebot verknappt werden, wenn die Bauern höhere Preise wollen oder sie müssen sich alle einig sein, dass niemand jemals unter einem gewissen Preis verkauft. Aber auch da wird der Preis sofort an dieser Grenze liegen.

Diese Geschichte haben die Kaffeebauern auch schon durchgemacht. Das von den Industrieländern und den Entwicklungsländern gemeinsam beschlossene Kartell wurde 1990 von den USA gekündigt und gleichzeitig hielt sich Vietnam nicht daran und hat massenweise Kaffee produziert.
Nur leider sind dabei einige kleinere Produzenten real gestorben, weil sie auf keine andere Einnahmequelle ausweichen konnten und auf ihrem Acker beschissene Kaffeepflanzen auf Kredit wuchsen, die erst nach ein paar Jahren Haltung Früchte abwerfen. Naja, die Entwicklungsländer sind weit weg und einige bauen dann eben Koka an. Besser das verkaufen als gar nichts.
Der rasant gesunkene Kaffeepreis in den 90ern wurde mitnichten entsprechend an die Verbraucher weitergeleitet. Die Kaffeeproduzenten habe sich eine goldene Nase verdient. Für Starbucks war es das große Geschäft und selbst Mediamarkt wollte plötzlich Kaffee verkaufen.
Besonders erwähnt sei, dass es den Kaffee-Produzenten in den Entwicklungsländern verboten ist, gerösteten Kaffee in die EU zu importieren! Kaffee ist so prima haltbar und die Entwicklungsländer würden sicherlich auch gerne Entwicklungsfortschritte in der Industrie und auf dem Weltmarkt in Konkurrenz treten können. Das erlaubt aber der EU-Protektionismus nicht.

Gut, dass sich unsere Milchbauern zumindest halbwegs vereinigen können, oder?

Beste Grüße, Ingo

Hallo, Ingo

Der Preis bereinigt den Markt, d.h. das Überangebot an Milch
wird zurückgehen, da die kleineren Bauern dieses Geschäft
aufgeben müssen. Übrig bleiben die großen bäuerlichen
Milchbetriebe in Massentierhaltung.
Man kann sich das so vorstellen, wie es bei den Hähnchen schon
passiert ist. Die werden im Sekundentakt per Fließband
geschlachtet.

ich möchte einwenden, dass die kleinen Milchbauern, nicht automatisch alle Biobauern sind, die ihre Kühe gut behandeln.
Genausowenig, wie grosse Milchviehbetriebe automatisch ihre Kühe schlecht behandeln und keine Biobauern sind.

Gruß
karin

Stimmt natürlich.
Den Eindruck habe ich unabsichtlich erweckt.
Danke Dir!
Gruß, Ingo

Sehr stark vereinfacht :smile:
Hi auch,

Vom Erlös ziehen die Molkereien ihre Kosten ab - der Rest geht
an die Bauern.

Molkereien erwirtschaften keinen Ertrag?

LG
Guido, der auch 50Ct pro Liter nicht wirklich merken würde

außer es handelt sich z.B. um Dieselkraftstoff.

:smile:) Gruß
Der Franke

Hi!

Molkereien erwirtschaften keinen Ertrag?

Ich sagte doch: Vereinafacht *g*
Gut, dass ich Links gepostet habe…

Guido, der auch 50Ct pro Liter nicht wirklich merken würde

außer es handelt sich z.B. um Dieselkraftstoff.

Auch das würde ich vermutlich nicht merken, da ich kein PKW mehr besitze (und der damals eh ein Benziner war).
Oder glaubst Du, dass die Preiserhöhungen, welche mit den Kraftstoffpreiserhöhungen gerechtfertigt wurden, wieder rückgängig gemacht würden?

LG
Guido

Hi,

da spürt man Marktwirtschaft.

Ist das so?
Mischt sich denn unsere Regierung (auch die EU gehört ja „irgendwo“ dazu) nicht zu sehr ein, um da von einer Marktwirtschaft reden zu können?

Gut, dass sich unsere Milchbauern zumindest halbwegs
vereinigen können, oder?

In dem Fall sage ich einfach mal „Ja“.

Letzte Woche habe ich beim örtlichen Bauern Eier geholt und ihn gefragt, warum die Bauern die Milch nicht selbst verkaufen.
Die Antwort war so einfach: Weil die Bauern keine Molkerei besitzen.

Insofern ist das „halbwegs“ wohl zutreffend.

LG
Guido, der es gut findet, dass sich dort ja wohl gerade geeinigt wird

Letzte Woche habe ich beim örtlichen Bauern Eier geholt und
ihn gefragt, warum die Bauern die Milch nicht selbst
verkaufen.
Die Antwort war so einfach: Weil die Bauern keine Molkerei
besitzen.

Lieber Guido,

als älterer Mensch kann ich mich sehr gut an meine Kinder- und Jugendzeit in einer ländlich geprägten Industrieregion erinnern - und da gab es in regelmäßigen räumlichen Abständen Molkereigenossenschaften, die sehr wohl den interessierten Landwirten über Anteile gehörten - wo ist dieses Eigentum denn abgeblieben?

(Ganz gehässig angemerkt: Die entsprechenden Eigentümer haben dasselbe wohl rechtzeitig Brüssel geopfert, um die möglichst weit aufgehaltenen Hände mit Agrarsubventionen regelmäßig und lange gefüllt zu bekommen - und umsomehr mit der sogenannten „fünften Frucht“ = Strassen- und Wohnbauland zu wuchern…???)

Herzliche Grüße

Helmut