Hallo!
Ich suche für eine ältere Dame ein Bibel. Natürlich habe ich schon gegoogelt und Amazon bemüht, aber nicht das richtige gefunden. Es gibt ja Neuübersetzungen, in denen - so verstehe ich es - die „komplizierten, altmodischen Formulierungen“ ausgemerzt und durch griffigeres, neueres Deutsch ersetzt wurden. Nun lieben aber manche Menschen grade die alte Sprache und so eine Version suche ich. Ich selbst habe noch meine alte Schulbibel aus dem Jahr 1964 (liebe Güte, ist das wirklich so lange her …?), die ich wunderbar finde.
Amazon bietet leider ausgerechnet bei der Bibel keinen „Blick ins Buch“ an, deshalb kann ich nicht beurteilen, was ich da kaufe. Hat hier jemand einen Tipp?
Gruß
Eva
Hallo Eva,
wenn Du es sehr genau prüfen willst, gibt es ja den bibleserver.com wo man Übersetzungen nebeneinander lesen kann.
Ich würde einfach die neue Einheitsübersetzung von 2016 nehmen.
Besten Gruß,
Eduard
Ich würde auch beim Schriftbild auf die Lesbarkeit (grosse Buchstaben?) achten.
nehmwadie:
Große Schrift, alte Sprache.
Ja, böse Zungen sag(t)en dazu: „Übersetzungen, die dem Volk aufs Maul schauen“, indem sie originale - aber in irgendeiner Hinsicht problematische - Formulierungen „mundgerecht“ deformieren. Die Edition „Bibel in gerechter Sprache“ ist der Prototyp für sowas. Aber auch die katholische „Einheitsübsetzung 2016“ ist von dem Vorwurf nicht frei.
Eine für diese spezielle Gelegenheit vielleicht geeignete Geschenk-Ausgabe ist diese Luther-Bibel, Edition 1912, Da ist weitgehend die Sprache Luthers erhalten und sie enthält die phantastischen Holzschnitte von Schnorr v. Carolsfeld.
Da es der Dame mutmaßlich nicht um die Diskussion einzelner ernsthafter Übersetzungsproblematiken geht, ist dann jedenfalls die „Lutherbibel 2017“ zu empfehlen. Darin ist im Wesentlichen die (heute altertümelnde) Sprache Luthers erhalten, aber einige Übersetzungsfehler des Originals korrigiert.
Die heute am ehesten bzgl. Übersetzung der hebr. und griech. Ursprungstexte vertrauenswürdige Edition ist wohl nach wie vor „Schlachter 2000“.
Gruß
Metapher
Vermutlich kennt die Dame Teile der Bibel bzw. ihr sind Stellen oder Zitate bekannt, denn sie hat sie früher immer mal gehört?
Dann unterstütze ich besonders Metaphers zweiten Tipp: Die neuste Ausgabe der Lutherbibel. Sanft modernisiert, aber die Dame wird dort in der Regel die ihr bekannten Formulierungen wiederfinden, die früher ja auch den Alltag mitgeprägt haben.
Danke euch! Lutherbibel 2017 wird’s sein.
wobei die Sache mit dem Kamel und dem Nadelöhr (Mk 10, 25 etc) auch dort nicht ausgeräumt scheint.
An Dich als altsprachlich Polyglotten: Ist das jetzt eigentlich ein Übersetzungsfehler - und es müßte von einem Tau die Rede sein - oder nicht?
Schöne Grüße
MM
Es ist nach wie vor eine - wenn auch nicht als sehr dringlich diskutierte - Streitfrage zwischen Gräzisten, Hebraisten, Historikern, Bibelwissenschaftlern, Bibelübersetzern …
Um das Problem nochmal zu umreißen: Es geht um das Jesus-Zitat „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr …“, das sich wortgleich in Mt. 19.24, Mk. 10.25 und Lk. 18.25 findet. In (zumindest) sämtlichen deutschen Übersetzungen seit Luther steht dort auch „Kamel“ - bis heute. Ob dort statt „Kamel“ nicht doch das - für eine korrekte Metaphorik - näherliegende „Schiffstau“ gemeint sein müsste, wurde übrigens schon im 5. Jhdt. fleißig diskutiert.
In meiner (durchaus subjektiven) Zusammenfassung der ansonsten sehr komplexen Argumentationslinien sieht die Sachlage folgendermaßen aus: Recht unstrittig ist Mk. der älteste Text, der zudem den beiden späteren Mt. und Lk. vorgelegen hat. In vielen Markus-Papyri, darunter auch in den ältesten Funden, lautet der Satz jedoch:
… καμηλον δια της τρυμαλιας της ραφιδος διελθειν …
wörtlich;
„… daß ein Kamel durch das Loch der Nadel hindurchgeht …“
Dagegen heißt es bei den beiden anderen Evangelisten:
… καμηλον δια τρυμαλιας ραφιδος διελθειν …
wörtlich:
„… daß ein Kamel durch ein Loch einer Nadel hindurchgeht…“
Ein nebensächlich erscheinender Unterschied, der mir aber als bedeutsam in der Streitfrage gilt. Denn im Griechischen, auch in der Koine, wird mit dem Artikel vor Nomina genauso umgegangen, wie im heutigen Deutsch. Dazu später.
Über Markus als Verfasser gibt es unterschiedliche Informationen. Die älteste ist jedoch die des Papias (Ende 1. Jhdt.), nach dem Markus ein Schüler des Petrus gewesen sei, insbesondere auch sein Übersetzer. Das heißt: Er sprach nicht nur Griechisch, sondern auch - ebenso wie mit Sicherheit Petrus selbst - Aramäisch (das ja zu der Zeit lingua franca im gesamten Vorderden Orient war). Hebräisch mutmaßlich nicht, denn das war zu der Zeit schon lange nicht mehr Umgangssprache, sondern nur noch als Sakralsprache im Gebrauch. Und - so Papias - Markus habe alles, was er schrieb, von Petrus gehört und aufgeschrieben, " … aber nicht in derselben Reihenfolge".
Das griech. καμηλος (kamelos) ist zweifellos ein Lehnwort aus dem hebr. גמל (gamal). Beides heißt eindeutig „Kamel“. Und es gibt auch kein Dokument, in dem dort ein anderes Wort steht, dem dann die Bedeuutung „Schiffstau“ zugeordnet werden könnte. M.a.W. kamelos stammt bereits vom Autor „Markus“ selbst und ist kein späterer Abschriftfehler
Aber:
Zum ersten: Die Episode in den Evangelien, in der dieses Zitat fällt, findet in Galiläa statt und es ist ein Gespräch explizit zwischen Jesus und seinen Schülern. Die sind allesamt - nach Aussage der Evangelien - Fischer am See Genezareth. Und jedenfalls nicht Führer von Lasttier-Karawanen.
Und dann: Im Aramäischen heißt das Wort nicht wie hebr. גמל (gamal), sondern גמלא (gamla). Und dies heißt nicht nur „Kamel“, sondern auch „Schiffstau“ (man vermutet, weil diese Seile aus Kamelhaar geflochten wurden). In dem Bericht des Ohrenzeugen Petrus wird das Jesuszitat also jedenfalls (gamla) enthalten haben. Sollte Jesus im Gespräch mit einer Gruppe von Fischern, denen der Umgang mit Tauen also vertraut ist, mit Kamelen aber mit Sicherheit nicht, mit dem Wort gamla also nicht das (wortwörtlich!) naheliegende Schiffstau gemeint haben? Sondern das synonyme Kamel, das mit dem Lebensraum der Schüler nicht das geringste zu tun hat?
Au0erdem; Wenn man schon ein Nadelöhr (wörtlich: „Loch der Nadel“) zum Inhalt einer Metapher verwendet, im Kontrast zu etwas, das wegen seiner riesigen Größe nicht hindurchgeht, dann liegt wegen der Assoziation „Nadel und Faden“ ein übermäßig dicker „Faden“ doch auf der Hand, und nicht „Nadel und großes Tier“. Und dann geht der Faden nämlich durch „das Nadelöhr“ (das mit dem Gebrauch des Fadens ja grundsätzlich assoziiert ist) und nicht durch „ein Nadelöhr“. Letzteres würde gesagt, wenn das Vergleichsobjekt eben nicht unmittelbar etwas mit einer Nadel zu tun hat (z.B. ein Kamel). Markus hat aber in seinem Zitat „durch das Nadelöhr“ (also mit dem Artikel), womit sich erweist, daß er die nächstliegende Assoziation „Faden → Tau“ gemeint hat.
Es bleibt: Markus hat, um so nah wie möglich am Original zu bleiben, das griech. Analogon zu גמלא (gamla) genommen, nämlich das Lehnwort καμηλος. Vielleicht ohne zu bedenken, daß das griech. nicht dieselbe Doppelbedeutung hat, wie das aramäische גמלא
In dem Sinne sind auch seit je alle aramäischen und alt-syrischen Textüberlieferungen an dieser Stelle bei „Schiffstau“ geblieben und haben „Kamel“ als Fehlübersetzung interpretiert.
Gruß
Metapher