Die EU und die Salatgurken (DP, siehe alg. Recht)

Anm: Diese Frage wurde von mir bereits im Brett „Allgemeine Rechtsfragen“ gestellt, fand dort aber keine Antwort und ist aufgrund des hohen Frageaufkommens zu konkreten Rechtsproblemen „von der Bildfläche verschwunden“. Daher hier ein neuer Versuch:

Hallo zusammen,

immer wieder hört man ja von den Europa-Gegnern, die EU würde in allen Lebensbereichen zu ungeheuerlicher Überregelung und Bürokratie führen.

Häufig wird dann auf die Krümmungsradien von Salatgurken verwiesen, die lt. EU Norm nicht mehr als soundsoviel betragen dürften.

Mich würde in dem Zusammenhang interessieren, ob es nicht vielmehr mit der Klassifikation nach „Handelsklassen“ (I, II, etc.) zu tun hat und diese Klassifikation durchaus bereits ohne EU in Deutschland bestanden hat.

Ferner hätte ich gerne einen Link, wo man zumindest die Titel der Normen herausbekommt, wenn auch nicht deren kompletten Wortlaut, wenn man nach einem Stichwort sucht.

Desweiteren würde mich interessieren, ob es in der Tat verboten ist, Salatgurken zu verkaufen, die nicht dieser Norm entsprechen oder ob es nicht vielmehr so ist, dass diese dann lediglich nicht als „Klasse I“ Ware angeboten werden dürfen.

Vielen Dank

Fritze

Hallo,

natürlich hat dies mit einer Klasseneinteilung zu tun, z.B. hier aus dem betreffenden Rechtsakt:

B. Klasseneinteilung
Gurken werden in vier nachstehend definierten Klassen eingeteilt:
i) Klasse Extra
Gurken diese Klasse müssen von höchster Qualität sein und müssen
alle sortentypischen Merkmale aufweisen.
Sie müssen:
— gut entwickelt sein,
— gut geformt und praktischgerade sein (maximale Krümmung: 10
mm auf 10 cm Länge der Gurke),
— eine für die Sorte typische Färbung haben,
— frei von Fehlern sein, einschließlich aller Formfehler, insbesondere
solcher, die auf die Samenentwicklung zurückzuführen
sind.

den kompletten Text findet man hier:
http://europa.eu.int/eur-lex/de/consleg/pdf/1988/de_…

gefunden unter:
http://europa.eu.int/eur-lex/de/index.html
mit dem Stichwort „Gurke“

Dies ist aber nur ein „Schnellschuß“, ob dieses Dokument noch dem derzeitigem Recht entspricht, weiß ich nicht.

Braucht man eine Dokument mit rechtlicher Relevanz, müßte man sowieso nach einem nationalen, also deutschen Gesetz suchen, welches diesen europäischen Rechsakt in deutsches Recht umsetzt.

Gerhard

Hallo,

zunächst einmal vielen Dank für die schnelle Antwort. Der „Eu-Lex“
Link ist super.

Leider geht aus der Verordnung für Salatgurken nicht hervor, ob dies tatsächlich eine Erfindung der EU Bürokratie ist, oder ob es eine Umsetzung/Erweiterung/Präzisierung einer bereits vorher national bestehenden Bestimmung ist. Leider kann ich mich nicht selbst erinnern, ob Obst und Gemüse bereits vor 1988 eine entsprechende Einteilung hatte.

Mal abgesehen von „dehnbaren“ Begriffen wie „frisches Aussehen“ oder „praktisch frei von …“ ist mir ebenfalls unklar, was mit Früchten passiert, die nicht mehr unter die Klasse II fallen. Dürfen diese dann (natürlich vorrausgesetzt sie sind nicht gammelig oder sonstwie für den Verzehr nicht geeignet) nicht mehr verkauft werden? D.h. *muss* in der EU angebotenes Obst und Gemüse diesen Klassen entsprechen?

Dies ist aber nur ein „Schnellschuß“, ob dieses Dokument noch
dem derzeitigem Recht entspricht, weiß ich nicht.

Sieht so aus (2004 jedenfalls)

Gruß

Fritze

Ich kann jezt falsch liegen.
Meines Wissens sind es QM Klassifizierungen für die Industrie, den Handel und den Warenterminmarkt.

Brauche ich für di eLebensmittelprduktion schöne Gurkenhälften müssen sie den QM anforderungen entsprechen. Brauche ich geschählte Essiggurkenschnipsel oder Gurkensaft ist es mir total egal wie sie aussehen.
Möchte ich Termingeschäfte machen muss ich mich an die Klassen halten. Hier steigt bei zu hoher Nachfrage der ersten Klasse die zweite auch mit. Bei Überangebot von der ersten ist die dritte gar nichts mehr Wert.

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Hallo,

Brauche ich für di eLebensmittelprduktion schöne Gurkenhälften
müssen sie den QM anforderungen entsprechen. Brauche ich
geschählte Essiggurkenschnipsel oder Gurkensaft ist es mir
total egal wie sie aussehen.

In der Tat. Mir ging es nur darum, dieses ewig gleiche dumme Argument, die EU sei mies, weil es eine Norm für Salatgurken gäbe, zu entkräften.

Viele Menschen meinen nämlich, dass erstens die EU diese Norm „erfunden“ hat und zweitens nunmehr sämtlicher Anbau von Salatgurken, die nicht dieser Norm entsprechen, mit härtesten Strafen belegt wäre.

Da ich mir das überhaupt nicht vorstellen kann, wollte ich es mal genauer wissen. Das man sich im internationalen Gurkengroßhandel ohnehin auf bestimmte Qualitätsstandards berufen *muss* ist ohnehin klar. Es ist aber nach wie vor jeder Öko-Familie mit Hügelbeet erlaubt, Gurken anzubauen, wie sie wollen. Und auch die hutzeligen Dinger im Bio-Laden sind nicht illegal. Nur eben nicht Klasse I :smile:

Oder sehe ich das falsch?

Gruß

Fritze

Hallo,
vielleicht kann ich zur Klarstellung beitragen:

Braucht man eine Dokument mit rechtlicher Relevanz, müßte man
sowieso nach einem nationalen, also deutschen Gesetz suchen,
welches diesen europäischen Rechsakt in deutsches Recht
umsetzt.

Hier verwechselst Du EG-Verordnungen mit EU-Richtlinien
Richtlinien müssen tatsächlich innerhalb der in der Richtlinie genannten Frist in nationales Recht umgesetzt werden.

Dagegen:

http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/EG-Verordnung.html
„… EG-Verordnungen sind in den Mitgliedsstaaten der EG unmittelbar und verbindlich geltendes Recht (vgl. Art. 249 Unterabsatz 1 EG-Vertrag ). Es handelt sich um Gesetzgebungsakte der Organe der EG…“

Zu Gurken speziell:
http://ogs.atb-potsdam.de/klassen.htm
hier bei Gurken klicken:

„Verordnung (EWG) Nr. 1677/88 der Kommission vom 15. Juni 1988 zur Festsetzung von Qualitätsnormen für Gurken,
Amtsblatt Nr. L 150 vom 16.06.1988
zuletzt geändert durch:
VO (EG) 888/97 der Kommission vom 16.05.1997, Amtsblatt Nr. L 126 vom 17.05.1997“

Gruß
Peter

Hallo,

danke für die Klarstellung.

(War mir des Unterschiedes bewußt, wollte aber das Dokument nicht noch einmal öffnen um nachzusehen, ob es eine Verordnung oder eine Richtlinie ist, darum habe ich auch nur noch „Rechtsakt“ geschrieben.)

Gerhard

Da liegst du richtig.

Das ist wei bei Eiern.
Klasse 1 müssen eine bestimmt Grösse haben, Frische, Gewicht, Farbe, Herkunft, maximale Belastungen etc.

Wenn ich 10000 Eier klasse 1 Order dann muss jedes dieser den Standart erfüllen. Hier wird nach Stück berechnet.
Ansonsten oder ich Freie Eier aus Bio Anbau. Da ist mir dann alles egal, da zahle ich nach 100 Kg.
Das gleiche gilt auch für Schwein, Rind, Soja, Bohnen, Reis, etc. etc. etc.
Habe ich eine Metzgerei oder ich 10 Schwinehäften Klasse 1 bei Südfleisch die dann den Kritereien der Klasse 1 erfüllen müssen oder ich fahre selbst zu einen Bauern und kaufe 5 Schweine zum schlachten dann brauchen die nur meine Kriteren und dem des Tierarztes passen.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Danke und ‚*‘ :smile:
.