Hallo,
Die europäische Verfassung von 2004, die nicht in Kraft trat, umfaßte ca. 450 Seiten einschl. Anhängen.
Die konsolidierte Fassung des Vertrages von Lissabon von 2008 umfaßt 153 Seiten ohne Anhänge. Die Anhänge konnte ich im Netz bislang nicht finden.
Ursprünglich war die Umbenennung von Verfassung auf Vertrag schlichtweg ein Trick, um eine Volksabstimmung in den Ländern zu vermeiden, die bei einer Verfassungsänderung zwangsläufig hätte stattfinden müssen. Für einen Vertrag ist die Volksabstimmung nicht erforderlich, da dieser allein von den Landesparlamenten angenommen werden kann, Ausnahme z.B. Irland, wo diese auch für den Vertrag stattfand. Somit wurde den Parlamenten ermöglicht selbst darüber zu entscheiden, ob dieser Vertrag, der auch die landeseigene Verfassung über diesen Umweg verändert, zu ratifizieren. Dabei muß berücksichtigt werden, daß EU-Recht das Landesrecht aushebelt.
Eine vollständiges Exemplar der Verfassung war im Netz schon früh verfügbar. Von dem Vertrag hingegen kursieren zahlreiche Varianten mit unterschiedlichem Datum, unterschiedlichen Anhängen und keine scheint vollständig zu sein. Auch der Vertrag müßte Einzelheiten zu den Menschenrechten, Grundrechten und weiteren Fragen enthalten, doch seltsamerweise fehlt dies und so manches mehr, wie die Sonder- bzw. Ausnahmeregelungen für jedes der 27 EU-Länder, die sehr zahlreich sind. Ob dies in den unveröffentlichten bzw. nicht auffindbaren Anhängen steckt oder an welch anderer Stelle, ist nicht erkenntlich.
http://www.bverfg.de/entscheidungen/es20090630_2bve0… - hier kann das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30.6.2009 nachgelesen werden, das auf die Geschichte der Vertragsentwicklung in der EU ebenso eingeht, wie auf die Unterscheidungen zwischen EU-Verfassung einerseits und Vertrag von Lissabon andererseits.
Gruß,
Cantate