Die Gottesfrage in der Sozialanthropologie

Hallo,

ich hätte folgende Frage oder auch nur Teilaspekte derselben bitte in möglichst argumentativer und nachvollziehbarer Form beantwortet:

Warum liegt es nahe, dass eine Negation transzendenter, omnipotenter Gewalten eine Art Restriktion der anthropologischen Anschauung im Sinne der Degradierung des Phänomen „Mensch“ auf eine bloß im naturwissenschaftlichen Sinne faktisch-rational zu begreifende existierende Lebensform mit psychischen Funktionen und in einem weiteren Sinne im Bezug auf die Frage nach der Entstehung des Kosmos und den lebendigen Geschöpfen einen Verfall kultureller, geistig-ideeller und humanistischer Werte, die sich in einem Gesellschaftsgefüge auf ihre Art und Weise unausbleiblich manifestieren, zur Folge haben könnte?

Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass meine Fragestellung sehr allgemein gehalten ist. Dennoch würde ich das Problem in dem soeben aufgeführten Rahmen erörtern wollen.

Gerne nehme ich Literaturempfehlungen, in der die angesprochene Thematik behandelt wird, zur Kenntnis.

Schönen Gruß,
Wolfgang Fazio

Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass meine Fragestellung
sehr allgemein gehalten ist. Dennoch würde ich das Problem in
dem soeben aufgeführten Rahmen erörtern wollen.

Tach,
Deine Frage ist nicht nur „sehr allgemein gehalten“; sie ist einfach beschissen formuliert.
Ich verstehe, was Du wissen willst - solche Art wissenschaftlichen Gestammels ist mir nicht fremd -, aber ich werde nicht darauf antworten, solange Du die Frage nicht auf das Niveau des durchschnittlichen Abiturienten hinuntertransponiert hast.

Nimms mir bitte nicht übel, aber Du kannst Deine intellektuelle oder wie immer geartete Qualifikation auch anders beweisen als durch diesen kulturanthropologischen Sprachmüll.

Gruß - Rolf

Hallo Wolfgang

Lautet die Frage: „Ist Religion bzw. Gottesglaube eine gesellschaftliche und erkenntnistheoretische Notwendigkeit?“?

Ohne Zweifel ist sie/er das, wenn es einen Gott gibt.

Nehmen wir an es gibt keinen Gott; ist sie/er dann ein notwendiges Vehikel? Wir wissen nicht wie die Welt sich ohne Gottesglauben entwickelt hätte. Moral, Ethik, Ideale, Humanismus sind und waren aber nicht ausschließlich gebunden an einen Gottesglauben. Beispiele gibt es in den unterschiedlichsten philosophischen Systemen des Orients und Okzidents. Den Verfall der menschlichen Kultur ohne Gottesglauben halte ich deshalb unter der Prämisse der nicht-Existenz von Gott nicht für nahe liegend.

Gruß
Olaf

P. S.: Auch ich hätte mir gewünscht, wenn Du mit Deiner Frage etwas weniger gestelzt daher gekommen wärest.

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[MOD] Vollzitat entfernt. B.

Hallo,

Hallo Wolfgang

Warum liegt es nahe

ich bin aber nicht der Meinung, dass das Folgende naheliegend ist, vgl. die Argumentation von Olaf.

dass eine Negation transzendenter,

also etwa die Verneinung, der Mensch sei transzendent=könne über sich hinauswachsen im Sinne der seelisch-geistigen Entwicklung, was als anthropologische Sicht durchaus ihre Berechtigung hat. Eine Negation der Transzendenzmöglichkeiten würde sich etwa dadurch ergeben, dass ich irgendwann im Leben so viel Wissen im Kopf habe, dass pro neu gelernter Inhalt ein alter rausfällt. Grenze dieses Argumentes ist, dass ich nach einer gewissen Zeit und Musse wieder lernfähig bin und sich Geist und Seele in ein neues Verhältnis zueinander gesetzt haben.
Was eine transzendente „Gewalt“ ist, kann man aber nur mutmassen. Wahrscheinlich meinen einige Soziologen damit Überirdisches, z. B. Gott. Wer transzendente Wesen ignoriert, ignoriert aber auch den Menschen, und wer behauptet, der Mensch sei unmöglich transzendent, vergisst seine Wandlung im Laufe der Zeit.

omnipotenter Gewalten

Eine Negation von etwas Allmächtigem Überirdischem hat wohl Folgen für die Menschheit, die Frage ist nur, was für welche und inwiefern, z. B. ob es einige Atheisten gibt, die die Möglichkeit der Allmacht Gottes leugnen oder ob Gott auch von „Christen“ missachtet wird.

eine Art Restriktion der
anthropologischen Anschauung

der Anthropologen? Oder der Menschen? Oder der bestimmten Menschen an bestimmtem Ort zu bestimmter Zeit? Ich nehme mal an, der Menschen allgemein. Der Mensch allgemein, sofern es ihn gibt, ist aber der Mensch schlechthin. Und der Mensch schlechthin ist der Vollkommene Mensch ausser der Sünde (ontologisch-theologische Argumentation).

im Sinne der Degradierung des
Phänomen „Mensch“ auf eine bloß im naturwissenschaftlichen
Sinne faktisch-rational zu begreifende existierende Lebensform

wie es etwa ein atheistischer Naturwissenschaftler wäre. Man müsste diesen erstens danach fragen, woher seine Deutungsmuster kommen, was seine Voraussetzungen (und keiner denkt voraussetzungslos) und seine Antriebe wären und fände dann zwangsläufig irgendwo notwendig den Rückgriff auf andere Menschen und unerklärte Emotionen.
Dessen Denkweise hat häufig ein Ausblenden solcher Zusammenhänge zum Gegenstand, dieses hat keine weiteren allgemeinen Folgen, man muss schon den Einzelfall näher anschauen, wenngleich wir Christen gewohnt sind, zu urteilen, es könne ohne Gottvertrauen auf nichts Gutes hinauslaufen. Aber eben - wer kann schon im Letzten sagen, dass das Grundvertrauen jenes Beispiel-Menschen-homunculus nicht auf Gott geht, selbst wenn er nicht davon erzählt? Lediglich den Missionsauftrag verfehlt er ausser der blossen Terminologie, aber das ist ja an sich nicht schon eindeutig schlimm. Nur eifrige Christen (oder Menschen anderer „werbender“ Glaubensgemeinschaften) nehmen so einen Missionsauftrag ja eindeutig und häufig überhaupt wahr. Bleibt die Frage, was wäre, wenn es auch diese nicht gäbe. Nun, die Offenbarung würde weniger weit verbreitet sein, das geistig-seelische Wissen über den Glauben wäre auf einer tieferen Ebene. Das war es aber immer wieder, also ergibt sich kein prinzipieller Unterschied. Möglicherweise könntest Du in einem Gedankenexperiment in die Zeit von 3000 vor Christus zurückgehen und fändest dann sowas. Oder Du würdest bei unreligiösen Völkerschaften nachforschen. Aber solche findest Du nicht. Also hat der Mensch in sich etwas Religiöses. Also bleibt Deine Frage reduziert auf „was wäre der Mensch, wenn er kein Mensch wäre“;

bis dahin ist also Deine Frage zu weit weg vom Einzelfall, um antworten zu können.

mit psychischen Funktionen

die man dann wieder erweitern muss, sobald man den Menschen umfassend beobachtet. Du kannst zwar das Seelenleben des Einzelnen gut als unreligiös untersuchen, indem Du alles Übrige ins Zentrum rückst. Bei diesem Übrigen befindet sich aber auch das Sozialleben. Und siehe da, beim Sozialleben taucht dann die Gläubigkeit oder Religiosität zwangsläufig auf. Am weitesten ist sie dann entfernt, wenn jemand von atheistischen Eltern grossgezogen wird und sich selber nur an rationale Fakten hält. Dann greift die Antwort Olafs; eine Ethik ist grundsätzlich auch dann möglich. Übrig bleibt dann eine Sehnsucht und eine Angst vor der eigenen Hoffnungslosigkeit sowie die Unbegreiflichkeit des eigenen Vergehens/Werdens/Entstehens der Seele, oder um mit Deinem Wort zu sprechen: ihrer Transzendenz. Und die holt jene Seele spätestens beim Anschauen von Leid und Tod ein. Der Rationalist kann zwar ein wenig Licht in der Welt verbreiten, aber er ist vergänglich mitsamt seinen wissenschaftlichen Begriffen. Wenn er nicht glaubt, dass diese Begriffe von einem Vollkommenen Überirdischen erfasst werden, dann wird er wohl glauben müssen, dass sie für immer und ewig vergehen. Und das nenne ich dann Hoffnungslosigkeit. Also insofern hat dann der Unglaube für den Einzelnen in der Tat eine Folge, eine persönlich empfundene traurige, aber nicht an sich oder grundsätzlich schädliche Konsequenz.

und in einem weiteren Sinne im
Bezug auf die Frage nach der Entstehung des Kosmos und den
lebendigen Geschöpfen

Diese Frage hat noch keinem geschadet. Eine „Restriktion“ auf sie bzw. „im Bezug“ auf sie ist wieder etwas letztlich Unmögliches. Das wäre dann Reduktion aller menschlichen einschliesslich aller geistigen Tätigkeit auf Kosmologie oder Bio-Historie und kann unmöglich vom Menschen als Einziges betrieben werden, wo bleibt nur schon die Tatsache, dass der Mensch auch selber atmet, also nehmen wir mal an, da sässe einer, der würde den ganzen Tag nichts anderes treiben als an die Entstehung des Kosmos oder der lebendigen Geschöpfe denken bzw. daran herumstudieren und dabei auch noch das Überirdische schlechthin leugnen „statt“ auch noch ein wenig gläubig sein, dann wundert mich, was denn das eine überhaupt mit dem andern zu tun hat.

Selbstverständlich fällt einem dann das Stichwort der Rationalisten der frühen Neuzeit ein: „Etsi Deus non daretur“ („Wie wenn es keinen Gott gäbe“ - so wolle man Wissenschaft treiben). Das heisst nichts anderes, als dass sich der Mensch auf das verlässt, was er nicht schlichtweg zu glauben hat, sondern anderweitig untersuchen kann. Das aber ist stets bloss ein Teil seiner inneren Welt. Man kann nie alles mit seinem menschlichen Geist erfassen, z. B. den eigenen Geist in seiner Gesamtheit nicht, sonst müsste man ja aus ihm herausfahren und ihn als ein anderer beobachten, und man ist kein anderer, denn man schlüpft als Erdling nun mal nicht aus seiner Haut.

einen Verfall kultureller,
geistig-ideeller und humanistischer Werte, die sich in einem
Gesellschaftsgefüge auf ihre Art und Weise unausbleiblich
manifestieren, zur Folge haben könnte?

Der Verfall von gemeinschaftlicher Verehrung von etwas Überirdischem oder schlicht gesagt der Verlust des Glaubens, der Mangel an Gebet oder der real existierende Atheismus hat in der Tat einen Sittenverfall als Nebenerscheinung, aber ich würde nicht sagen „zur Folge“. Genauso ist auch umgekehrt kein absolut sicherer Schluss möglich: Sittenverfall hat nicht immer unbedingt einen Glaubensverfall zur Folge, wenngleich sich dabei oft die Glaubenspraxis ändert. Man weiss nicht, ob das Huhn oder das Ei zuerst da war, und man weiss nicht, ob der Sittenverfall immer etwas „Schlechtes“ ist, da sich ja bei Änderung der Sitten gerade auch begriffsnotwendig die Wörter „gut“ und „schlecht“ in ihrem Gehalt mit ändern. Dagegen kann man den Glaubensverfall durchaus als grundsätzlich schlecht bezeichnen, sofern der Glaube an „das Gute an sich“ Inhalt der Glaubenslehre ist. Das gilt selbst für eine Gestalt von Religion, die „das Gute an sich“ nur am Rande kennt, aber letztlich bereit ist, danach zu suchen oder suchen zu helfen. Solche Religion ist dann auch in ihrem Kern offen für denjenigen Glauben, der das Wahre, das Gute, das Schöne, das Eine, bzw. Vollkommenheit, Allmacht, Allwissenheit, Allgüte, Allweisheit, Überzeitlichkeit im Letzten sucht.

Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass meine Fragestellung
sehr allgemein gehalten ist.

In der Tat.

Dennoch würde ich das Problem in
dem soeben aufgeführten Rahmen erörtern wollen.

Du siehst meine Meinung.

Gerne nehme ich Literaturempfehlungen, in der die
angesprochene Thematik behandelt wird, zur Kenntnis.

Bibel und Katechismus der katholischen Kirche. Meinetwegen noch ein dickes Exemplar der Kirchengeschichte und eine allgemeine Religionsgeschichte oder Abhandlung über die Weltreligionen hinzunehmen.

Schönen Gruß,
Wolfgang Fazio

Gruss
Mike