Die historischen Wurzeln der Mythen

Das Ergebnis aus dem Thread „Warum die Vertreibung“ ist folgendes:

  • es gibt keine vernünftige religiöse Erklärung für die Sinnhaftigkeit dieses Mythos

  • der Mythos ist auch keine Legitimation für momentanes Handeln zum Zeitpunkt der Aufzeichnung

  • es ist keinerlei Motivation für die Erfindung dieser Geschichte zu erkennen

  • der Mythos erklärt auch keinerlei kosmische oder physikalische Fragen der Menschheit

Woher kommt dieser, wie auch viele andere Mythen dann? Irgendwie müssen sie ja entstanden sein. Sie können dann nur, wenn auch stark entstellte, übertriebene, zeitlich nicht geordnete, aber doch Überlieferungen von historischen Ereignissen sein. Warum eigentlich nicht?

Wenn es etwa heißt, „Dornen und Gestrüpp soll er dir sprießen!“, dann kann das ja ein Hinweis auf eine Dürreperiode sein. Der Mythos um Kain und Abel kann ein Hinweis auf den Konflikt zwischen sesshaften Ackerbauern und viehzüchtenen Nomaden bezüglich des Landbesitzes sein.

Vergleichende Mythenforschung könnte hier aufklären.

Gruß FraLang

Hi,

im Gegensatz zu deinen Behauptungen glaube ich sehr wohl, dass Mythen eine Sinnhaftigkeit hatten, zu der Zeit, als sie ihren größten Einfluss auf die Menschen ausübten. Mythen hatten den Sinn einer in sich abgeschlossenen Welterklärung (zum Beispiel: Ein Riesen-Frosch hat die Welt erschaffen und wacht über die Moral der Menschen im Sinne der Gesellschaftsordnung). Dass durch Mythen als politische und religiöse Ideologien die sozialen Unterschiede der Menschen verdeckt und verzerrt wurden, wurde erst in neuerer Zeit erkannt. Es ist zwar alles nur ein „Als Ob“ bei den Mythen, aber sie rechtfertigen sich durch ihren Nutzen, den sie als Sinn einer gesellschaftlichen Ordnung bewirken. Sinn-Erklärungen resultiert letztlich aus einem menschlichen Grundbedürfnis. Aber dies kann dir der Metapher sehr viel detaillierter erklären.

Gruß
C.

Hi

im Gegensatz zu deinen Behauptungen glaube ich sehr wohl, dass
Mythen eine Sinnhaftigkeit hatten, zu der Zeit, als sie ihren
größten Einfluss auf die Menschen ausübten. Mythen hatten den
Sinn einer in sich abgeschlossenen Welterklärung (zum

Das trifft sicherlich auf verschieden Mythen zu, wie etwa dem 6-Tages-Schöpfungsbericht, aber wenn man umfangreichere Mythologien, etwa die griechische betrachtet, kommt eine abgeschlossene Welterklärung nicht mehr so richtig zum Vorschein. Dort werden viel mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet werden.

Um beim Thema zubleiben, welche abgeschlossene Welterklärung könnte die Vertreibung aus dem Garten darstellen?

Dass durch Mythen als politische und
religiöse Ideologien die sozialen Unterschiede der Menschen
verdeckt und verzerrt wurden, wurde erst in neuerer Zeit
erkannt.

Ich wäre sehr an einem Beispiel dazu interessiert.

Sinn-Erklärungen resultiert letztlich aus einem menschlichen
Grundbedürfnis. Aber dies kann dir der Metapher sehr viel

Z.B. will man wissen, warum die Flut kam. Man sucht eine Erklärung im religiösen Bereich. Gott schickte sie, weil das und das. Dabei handelt es sich um eine Sinn-Erklärung, das ist klar. Nun aber warum lässt man überhaupt eine Flut kommen? Wozu könnte das dienen?

Gruß FraLang

Nachtrag: es fiel mir noch was ein dazu.

Kain und Abel, Enem und Enten, Anschar und ?, es sind drei mesopotamische Mythen, die sich mit diesem Problem auseinandersetzen.

Wenn nun, wie du sagst, nach Sinnerklärungen für den Konflikt zwischen Ackerbauern und Viehzüchtern gesucht wurde, und dabei diese Mythen entstanden, dann ist das durchaus verständlich. Der Streit um den Landbesitz dürfte kein kleiner gewesen sein. Das wenige fruchtbare Land entlang des Flusses okupierten die Ackerbauern und sperrten damit die viehzüchten Nomaden aus.

Wenn nun diese Mythen im Umfeld dieses Konfliktes entstanden sind, dann gehen sie ja tatsächlich auf wahre Begebenheiten zurück. Sie berichten eben von diesem Konflikt. Von mythologisch angepassten Details natürlich abgesehen.

Gruß F.

Der Garten Eden Mythos

Das Ergebnis aus dem Thread „Warum die Vertreibung“ ist folgendes:
es gibt keine vernünftige religiöse Erklärung für die Sinnhaftigkeit dieses Mythos

Zur Frage, ob es Sinn macht, von der Sinnhaftigkeit eines Mythos zu reden, siehe mein Austausch mit Tychiades/Ralf
/t/warum-die-vetreibung/6449226/9

der Mythos ist auch keine Legitimation für momentanes Handeln zum Zeitpunkt der Aufzeichnung

Dazu muß man wissen, welche Rolle der Mythos in der jeweiligen Gegenwart seiner Rezitation spielt. Hierin unterscheiden sich btw. kosmogonische Mythen von einer Reihe anderer Typen. Grundsätzlich gilt:
Die rezitative oder szenische Reaktualisierung des Mythos stellt die Verbindung her zwischen einer Gegenwart und einem sog. archetypischen Präzedenzfall, d.h dem mythischen „Ersten Mal“ dieses Geschehens. Initiationsriten und Gründungsriten (zahlreiche Beispiele in dem von mir öfter verlinkten Publikation dazu).

Bei kosmogonischen (=Schöpfungs-)Mythen (von denen die beiden israelitischen aus 1. Mose lediglich Beispiele sind!) liegt es etwas anders. Sie gründen in Fragen des Lebens- und Weltverständnisses generell. Die mythenlogische Methode dazu ist: Das, was jetzt ist, ist eine Folge eines primordialen Geschehens, nicht in einer historisch früheren Zeit, sondern in einer mythischen Zeit jenseits der historischen. Das schlägt sich nieder in einer Art interkulturellem Text-Standard: Fast immer wird in den Einleitungszeilen „Himmel und Erde“ benannt und der Verweis auf die mythische Zeit (bei der also nicht gefragt werden kann: „Wann war das?“) zeigt sich in Formeln wie „Als damals …“,„Am Tag als …“, „Als … noch nicht …“ oder „Als zum ersten Mal …“. (Ein anderes Beispiel für den Verweis auf eine Zeit jenseits der historischen Zeit, zu der es kein „Wann?“ gibt, ist die Märcheneinleitung „Es war einmal“, „Once upon a time“)

es ist keinerlei Motivation für die Erfindung dieser Geschichte zu erkennen

Solche Geschichten, wie sie sich in sumerischen, babylonischen, ägyptischen (Pyramidentexte), altnordischen (Voluspa) oder frühindischen Texten (Rgveda, Upanischaden) werden nicht in diesem Sinne „erfunden“. Bevor sie irgendwann textlich fixiert werden, haben sie zig Generationen hinter sich, in denen sie Gegenstand nur mündlicher Weitergabe waren. Daher kommt es auch, daß sie alle kontaminiert sind von ähnlichen oder analogen Erzählungen anderer Völker, Stämme. Oder sie sind Variationen von anderen schon bekannten Erzählungen.

Daher ist es für die Frage, welche Rolle sie zur Zeit der schriftlichen Fixierung hatten, nicht unbedeutend, ihre erzählerischen Elemente auf Verwandtschaft und Herkunft aus anderen Mythen gleicher Art zu untersuchen.

der Mythos erklärt auch keinerlei kosmische oder physikalische Fragen der Menschheit

Wenn du damit heutige naturwissenschaftliche Erkenntnisse meinst, erübrigt sich natürlich jede weitere Kommentierung.

Speziell zum Garten Eden Mythos. Und zwar hier nur auf die „Adam, Eva“ Episode abgehoben. Die Kain/Abel Episode ist eine ganz andere Komponente:

  1. Er hat alle oben erwähnten „Standards“: „Am Tag als“, „Al … noch nicht …“, „Himmel und Erde“ usw.

  2. Er gibt eine mythenlogische Antwort auf die Frage: Woher kommt die Menschheit". Diese Frage „woher“ oder „wie kommt es, daß“ ist wie oben gesagt, das Hauptmotiv.

  3. Die Reflektion „Das Leben ist beschwerlich“ impliziert den Vergleich mit denkbaren besseren Lebensformen. Da diese denkbar sind, muß es einen Grund geben, warum das denkbare Bessere nicht real ist. Mythen vom Typ urzeitliches „goldenes Zeitalter“ oder „wunderbare Umgebung“ („gan eden“ heißt u.a. „Lustgarten“. Anderes Beispiel Awesta: garo demana „Haus des Gesanges“ i.Ggs. zu drujo demana „Haus der Lüge“) geben dann eine Begründung, warum dieser Urzustand nicht mehr die reale Lebenswelt bestimmt. Das mag dann ein Streit zwischen Geschwistern/Zwillingen, ein Kampf gegen ein Urungeheuer oder ähnliches sein.

  4. Der Garten Eden Mythos hat nun unter anderem die Fragevoraussetzung: Wir haben ein moralisches Bewußtsein. Wir haben Begriffe von moralisch gut und moralisch schlecht. Und außerdem ganz allgemein haben wir Denkvermögen, das im Wesentlichen auf Unterschiedungsvermögen, Urteilsvermögen beruht. Dies ist eine göttliche Eigenschaft. Wie kommt also der Mensch zum Besitz einer göttlichen Eigenschaft? Diese Eigenschaft werden die Götter (hier DER Gott) nicht von sich aus dem Menschen mitgegeben haben. Folglich muß er sich das mithilfe einer List ergattert haben. Ein analoges beispiel ist Prometheus, der das Feuer den Göttern stielt (wofür er ebenfalls bestraft wird! Vor allem dadurch, daß er den Zugang zur Sphäre des Göttlichen verliert und in den Mangelzustand aller dieser göttlichen Vorzüge versetzt wird).

Hier wird der Mensch, eindeutig der Ackerbaugesellschaft zugeordnet (ein Zeichen für die Epoche der Entstenung des Mythos) also verstanden als aus dem Erdboden enstanden, aus dem er kommt und in den er auch wieder geht. Seine Aufgabe ist die, die Oase zu pflegen.

Daß der Mensch paarweise existiert, wodurch seine Einsamkeit aufgehoben wird, wird dadurch erklärt, daß eine „Gehilfin“ aus seiner Seite (2.21 Es ist NICHT eine Rippe!) genommen wird. Das ist zugleich die mythische Begründung der Sexualität: Getrenntes will sich wieder vereinigen (analog die Erklärung im „Symposion“ des Platon).

Der Baumdämon (die im Baum lebende Schlange ist geerbt aus der babylonischen Baumdämon-Triade „lil/lilitu/lili“". Daher auch die sehr viel spätere(!) Einflechtung der Lilith-Gestalt. Siehe FAQ:3347). In diesen Dämon wird das als Wissen projiziert, was dem Menschen eh bewußt ist: Er hat eine göttliche Eigenschaft. Dieses „ihr werdet sein wie Gott“ (3.5) ist ja eben keine Täuschung. Der Gott gibt es ja selbst zu „Der Mensch ist nun … wie einer von uns geworden“ (3.22).

Und viele andere Details sind allein in dieser kruzen Erzählung enthalten. Alle haben den Hintergrund: Der ungute Zustand hier und jetzt wird als nicht ursprünglich aufgefaßt, und daher wird erklärt, wieso der ursprüngliche Zustand nicht mehr real ist. Dabei werden Elemente zusammengefügt, die teils aus eigenen, teils aus anderen Traditionen stammen.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Der Baum im Zentrum des Kosmos ist weitverbreitetes kosmogonischen Mythem (um nur Yggdrasil zu nennen). Aber hier stehen zwei Bäume! Der Baum des Lebens wird sogar zuerst genannt (2.9.). Das ist eine Besonderheit die sich sonst nirgendwo findet. Das dürfte also anderswoher kontaminiert sein. Und tatsächlich gibt es ja eine Inkonsistenz in der Erzählung: Die Folge des Essens der Frucht ist unter anderem „du wirst sicherlich sterben“ (wörtlich „du wirst Sterben sterben“ 2.17). Aber nachdem der Mensch aus der Oase vertrieben ist, sagt der Gott „… daß er nicht auch noch von der Fruchte des Lebensbaumes nehme … und ewig lebe“ 3.22. Der Mensch war demnach auch vorher schon sterblich, nicht jetzt erst.

Soetwas kann man als einen Hinweis sehen, daß die Amalgamierung verschiedener Mytheme nicht ganz gelungen ist.

Ich hoffe, daß dieser Kurzüberblick dein Fragen einigermaßen beantwortet.

Gruß
Metapher

Hallo Metapher,

vorerst recht herzlichen Dank für die so ausfühliche Antwort. Ich bin dabei sie durchzustudieren und darf mich anschließend wieder melden.

Danke, FraLang.

Hallo Metapher,

nochmals vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Ich möchte gerne vorerst nur einen Teil davon näher beleuchten.

Speziell zum Garten Eden Mythos. Und zwar hier nur auf die
„Adam, Eva“ Episode abgehoben. Die Kain/Abel Episode ist eine
ganz andere Komponente:

  1. Die Reflektion „Das Leben ist beschwerlich“ impliziert …

Diese Reflexion ist also existent. Zur Zeit der Entstehung dieses Mythos war also das Leben beschwerlich. „Unter Schmerzen sollst du deine Kinder gebären …“ heißt dann, dass tatsächlich Schwierigkeiten bei den Geburten auftraten, was ja auch bis heute der Fall ist, und die Suche einer Erklärung dafür führte zu diesem Mythos.

Im Atrahasis-Epos schicken die Götter eine Hungersnot, die Fieberfrost-Seuche, eine Dürrekatastrophe und schließlich die Sintflut. Das heißt dann, dass diese Katastrophen tatsächlich existierten, sonst hätte man ja keine mythischen Erklärungen dafür gebraucht.

Vergleich mit denkbaren besseren Lebensformen. Da diese
denkbar sind, muß es einen Grund geben, warum das denkbare
Bessere nicht real ist.

Ich kann daraus aber nicht schließen, dass es etwas besseres früher schon einmal gegeben hätte. Ich würde eher ein Zukunft postulieren, in der das Bessere dann existieren wird, mithilfe eines
Gottes etwa. Es sei denn, man weiß von etwas Besserem, das bereits existiert, anderswo. Heute ist Europo das Bessere für Afrikaner. Das bessere damals, das Land Dilmun in ‚Enki und Ninhursag‘ oder der Garten Eden, könnten die fruchtbaren Landstreifen entlang des Euphrat gewesen sein. Und die Gründe, warum man von dort ausgesperrt ist, führen zu diesen Mythen.

Mythen vom Typ urzeitliches „goldenes
Zeitalter“ oder „wunderbare Umgebung“ („gan eden“ heißt u.a.
„Lustgarten“. Anderes Beispiel Awesta: garo demana „Haus des
Gesanges“ i.Ggs. zu drujo demana „Haus der Lüge“) geben dann
eine Begründung, warum dieser Urzustand nicht mehr die reale
Lebenswelt bestimmt.

Es gibt aber auch mindestens soviele Mythologien in denen die Menschheit als armes Unterdrücktes Volk begann. Die Riesen beherrschten die Welt, die Menschen mussten reihenweise fresswütigen Göttern geopfert werden, usw. Im Atrahasis-Epos sowie im Enuma Elish werden die Menschen als drittklassige, rechtlose Arbeitskräfte eingesetzt. In Griechenland lebten im Goldenen Zeitalter doch auch nur Götter, soweit ich mich erinnern kann. Prometheus’ Menschen mussten klein anfangen, sie mussten lernen, wie man Getreide sät und Vieh züchtet. Das beste Fleisch mussten sie opfern und die Götter verbreiteten Seuchen unter den Menschen.

  1. Der Garten Eden Mythos hat nun unter anderem die
    Fragevoraussetzung: Wir haben ein moralisches Bewußtsein. Wir
    haben Begriffe von moralisch gut und moralisch schlecht. Und
    außerdem ganz allgemein haben wir Denkvermögen, das im
    Wesentlichen auf Unterschiedungsvermögen, Urteilsvermögen
    beruht. Dies ist eine göttliche Eigenschaft. Wie kommt also
    der Mensch zum Besitz einer göttlichen Eigenschaft? Diese
    Eigenschaft werden die Götter (hier DER Gott) nicht von sich
    aus dem Menschen mitgegeben haben.

Warum nicht? In den nordischen Sagen gaben drei Götter den Menschen aus Holz ihre göttlichen Eigenschaften, so gut sie konnten mit. Prometheus belehrte die Menschen, worin er nur konnte.

Folglich muß er sich das
mithilfe einer List ergattert haben.

Diesen Schluss kann ich nicht nachvollziehen. Es gab damals jede Menge mythischer, magischer und heiliger Gegenstände, die Kraft spendeten, in China standen ganze Wälder heiliger Bäume, Inannas Weltenbaum verhalf ihr zur Macht im Lande. Auf einer Insel in einem See Persiens stand so ein Baum, ein Ungeheuer bewachte ihn, besonders Ausländer durften sich ihm nicht nähern. An den Wurzeln Yggdrasils knabberten auch die Feinde.

Die göttlichen Kräfte, die von diesen Bäumen ausgingen, waren den Priestern vorbehalten, die Arbeiterklasse und Ausländer durften so einen Baum nicht einmal berühren.

Das dürfte die konkrete Situation, politisch und religiös, damals gewesen sein, und so erklärt sich sicherlich auch die Entstehung des Mythos, in dem Adam und Eva von so einem Baum aßen. Dadurch erklärte man sich, warum man von den fruchtbaren Ländern entlang des Flusses ausgesperrt ist.

Ich sehe also, so wie du sagts, die Mythen erklären das Hier und Jetzt, andererseits geben sie aber doch Aufschluss über die Lebenssituation der damaligen Menschen.

Gruß, Fralang

Wenn mich nicht alles täuscht, gilt Karl Barth als für angehende Theologen unumgänglich, aber fachlich hervorragend und voller schwer verständlicher Auffassungen. Du bist so ein bisschen mein persönlicher Karl Barth.

Könntest du das hier vielleicht an einem Beispiel erläutern:

Die rezitative oder szenische Reaktualisierung des Mythos
stellt die Verbindung her zwischen einer Gegenwart und einem
sog. archetypischen Präzedenzfall, d.h dem mythischen „Ersten
Mal“ dieses Geschehens. Initiationsriten und Gründungsriten
(zahlreiche Beispiele in dem von mir öfter verlinkten
Publikation dazu).

Nun zu diesem hier:

Die mythenlogische Methode dazu
ist: Das, was jetzt ist, ist eine Folge eines primordialen
Geschehens, nicht in einer historisch früheren Zeit, sondern
in einer mythischen Zeit jenseits der historischen.

Das zu lesen war, glaube ich, ein ganz kleiner Schritt in die Richtung des Dich-Verstehens. Letztlich verstehe ich aber doch (noch) nicht, was damit genau gemeint ist. Was ist denn eine mythische Zeit? Ist sie etwas Reales? Oder nur ein Sinnbild, quasi eine Metapher? Ist sie der Verlauf einer Parallelwelt?

Solche Geschichten, wie sie sich in sumerischen,
babylonischen, ägyptischen (Pyramidentexte), altnordischen
(Voluspa) oder frühindischen Texten (Rgveda, Upanischaden)
werden nicht in diesem Sinne „erfunden“. Bevor sie irgendwann
textlich fixiert werden, haben sie zig Generationen hinter
sich, in denen sie Gegenstand nur mündlicher Weitergabe waren.

Letzteres mag ja sein, aber woraus schließt du, dass sie nicht (irgendwann vor der Niederschrift) erfunden wurden? Irgendwo muss doch jede Geschichte ihren Anfang nehmen, und wenn dabei keine reale Begebenheit erzählt wird, dann handelt es sich doch um eine Erfindung, oder?

  1. Er gibt eine mythenlogische Antwort auf die Frage: Woher
    kommt die Menschheit". Diese Frage „woher“ oder „wie kommt es,
    daß“ ist wie oben gesagt, das Hauptmotiv.

Aber inwiefern sind die Antworten, die der Mythos gibt, „wahr“? (Bitte versuch, die Worte aus meiner Sicht zu verstehen; ich denke, du weißt viel eher, was ich z.B. mit „wahr“ meine, als ich verstehe, was du mit deinen Ausdrücken meinst.) Wenn man sich eine Frage stellt: Warum…? Wie kommt es…?, dann reicht es doch nicht, einfach irgendeine Begründung vorzulegen, mag sie auch plausibel erscheinen. Man muss doch einen Grund für die Annahme haben, die Erklärung sei irgendwie „wahr“, oder nicht?

Du sagst, dass ein Mythos etwas erklären soll. Unklar bleibt mir aber, ob er auch tatsächlich etwas erklärt. Entzieht sich ein Mythos der Einteilung in wahr und unwahr?

Ich verstehe es übrigens, wenn du meine Fragen Leid bist :smile: Dann bitte nur nicht böse sein, sondern einfach ignorieren.

… Du bist so ein bisschen mein persönlicher Karl Barth.

Tztz, ich finde das ein ganz klein wenig zu hoch gegriffen :wink:
(trotzdem nett gesgat von dir :smile:

Könntest du das hier vielleicht an einem Beispiel erläutern:

Die rezitative oder szenische Reaktualisierung des Mythos
stellt die Verbindung her zwischen einer Gegenwart und einem
sog. archetypischen Präzedenzfall, d.h dem mythischen „Ersten
Mal“ dieses Geschehens. Initiationsriten und Gründungsriten
(zahlreiche Beispiele in dem von mir öfter verlinkten
Publikation dazu).

Ich kann diesbezüglich nur wieder den Artikel empfehlen, in dem Beispiele erläutert sind:
Zum mythenlogischen Zeitbegriff.Der Zusammenhang zwi…

Aus dem Handgelenk ein Beispiel ohne Quellenangabe: Bei der Initiation der ägyptischen Pharaonen werden diese mit dem mythischen ersten Pharao identifiziert. Und dadurch bekommen sie ihre Legitimation. Ähnliches bei der Initiation des Schamanen in sibirischen Stämmen.

Das deutlichste Beispiel ist das sicherlich bekannte christliche Transubstantiations-Ritual in der katholischen und östlich orthodoxen Auffassung. Hier wird das aktuelle Geschehen mit dem „Präzendezfall“ identifiziert (in der Fachsprache: reaktualisiert) - und nicht nur symbolisch aufgefaßt. Diese identifizierende Vergegenwärtigung ge4schieht durch das Nachsprechen der entscheidenden Worte durch den Priester („Dies ist mein Fleisch …“).

Näheres zu dieser und ähnlichen anderen Prozeduren im Zusammenhang mit magischem Denken findest du, wenn du mal dem Begriff der „identification magique“ bei C.G.Jung nachgehst. Er hat das recht gut recherchiert und dargestellt.

Nun zu diesem hier:

Die mythenlogische Methode dazu
ist: Das, was jetzt ist, ist eine Folge eines primordialen
Geschehens, nicht in einer historisch früheren Zeit, sondern
in einer mythischen Zeit jenseits der historischen.

Das zu lesen war, glaube ich, ein ganz kleiner Schritt in die
Richtung des Dich-Verstehens. Letztlich verstehe ich aber doch
(noch) nicht, was damit genau gemeint ist. Was ist denn eine
mythische Zeit? Ist sie etwas Reales? Oder nur ein Sinnbild,
quasi eine Metapher? Ist sie der Verlauf einer Parallelwelt?

Wie ich schon sagte (in der o.g. Publikation ist es das Hauptthema): Diese mythische Zeit ist nicht irgendwann einmal gewesen im Sinne unseres heutigen Begriffs historischer „Realität“, die sich auf einer Zeitlinie anordnen läßt. Es spielte sich nicht dann und dann ab, sondern „in illo tempore“, „in jener Zeit“, die zunächst nur negativ präzisiert wird: „Als noch nicht Himmel und Erde war und xyz noch nicht war …“. Anders gesagt: Ich erwähnte ja die diesbezügliche Analogie, die wir noch in Märchen überliefert finden. Wie „real“ ist die Story von Jorinde und Joringel, und vor allem, WANN spielt sie sich ab, das sie mit „Es war einmal“ eingeleitet wird. Wenn du es auch zum Schmunzeln findest, wenn hier jemand fragen würde „Und wann genau war das nun?“, dann hast du den Einstieg in das Verständnis mythisch-magischen Denkens.

Letzteres mag ja sein, aber woraus schließt du, dass sie nicht
(irgendwann vor der Niederschrift) erfunden wurden? Irgendwo
muss doch jede Geschichte ihren Anfang nehmen, und wenn dabei
keine reale Begebenheit erzählt wird, dann handelt es sich
doch um eine Erfindung, oder?

Na gut, wenn du unbedingt willst, natürlich eine Erfindung, was denn auch sonst? War ja bei dem erzählten Geschehen doch keiner derjenigen dabei, die die Geschichte rezitieren.

Aber inwiefern sind die Antworten, die der Mythos gibt,
„wahr“? (Bitte versuch, die Worte aus meiner Sicht zu
verstehen; ich denke, du weißt viel eher, was ich z.B. mit
„wahr“ meine, als ich verstehe, was du mit deinen Ausdrücken
meinst.) Wenn man sich eine Frage stellt: Warum…? Wie kommt
es…?, dann reicht es doch nicht, einfach irgendeine
Begründung vorzulegen, mag sie auch plausibel erscheinen. Man
muss doch einen Grund für die Annahme haben, die Erklärung sei
irgendwie „wahr“, oder nicht?

Das hängt sehr entscheidend von der Art des Wahrheitsbegriffs ab. Wenn von Jesus zitiert wird „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh. 14.6) dann ist hier nicht soetwas wie die „Wahrheit“ des Standardmodells der Elementarteilchen gemeint, die LHC in CERN zu finden sucht. Und hier in unserem Zusammenhang haben wir es mit einem mythenlogischen Wahrheitsbegriff zu tun: Etwas ist dann „wahr“ bzw. in seiner Existenz legitimiert, wenn es in eine Analogie mit dem mythischen „ersten Mal“ gesetzt wurde. Ein Stammeshäuptling ist dann als solcher legitimiert und ein wahrer Häuptling, wenn er im Initiationsritual mit dem mythischen Stammesgründer identifiziert wurde. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob man, wie fast immer, von diesem überhaupt nichts weiß, und daß es ihn sehr wahrscheinlich in diesem Sinne auch nie historisch gegeben hat. Genau so, wie es Adam historisch nie gegeben hat.

Du sagst, dass ein Mythos etwas erklären soll. Unklar bleibt
mir aber, ob er auch tatsächlich etwas erklärt. Entzieht sich
ein Mythos der Einteilung in wahr und unwahr?

Das kommt, wie oeben gesagt, auf den Wahrheitsbegriff an, den du hier in Anspruch nehmen willst. Es geht in der reliösen Praxis des Umgangs mit Schöpfungsmythen auch nicht um die „Wahrheit“ des Mythos, sondern um die „Wahrheit“ des Geschehens, das im „hic et nunc“ mit ihm reaktualisiert werden soll.

In Kulturen, die einen zyklischen Zeitbegriff haben (und das sind in der Antike vermutlich alle. Die israelitische war vermutlich die erste, die einen linearen Zeit- bzw. Geschichtsbegriff hatte), muß z.B. das Jahresende mit einem Ritual versehen werden, durch das die zeitgleiche Initiation eines neuen Jahres garantiert wird. In den vedischen Religionen geschah das dadurch, daß man einen Altar aus 365 Lehmziegeln aufbaute und ein Feuer anzündete. Der Priester spricht beim „Umgang“ um diesen Altar die Worte des (Feuer-)Gottes Agni, der für die Schöpfung der Zeit verantworlich war: „Ich mache die Zeit“.

Dieses Ritual muß durchgeführt werden, damit garantiert ist, daß sich an das Ende des alten Jahres ein neues Jahr anschließt.

Schönen Gruß
Metapher

Aus dem Handgelenk ein Beispiel ohne Quellenangabe: Bei der
Initiation der ägyptischen Pharaonen werden diese mit dem
mythischen ersten Pharao identifiziert. Und dadurch bekommen
sie ihre Legitimation. Ähnliches bei der Initiation des
Schamanen in sibirischen Stämmen.

Gut, danke, dann habe ich jetzt also das von mir gewünschte Beispiel. Was jetzt noch fehlt, ist eine leicht verständliche Erklärung, was das überhaupt bedeuten soll. Identifikation mit dem mythischen ersten Pharao? Er und der neue Pharao sind ein und dieselbe Person oder wie? Deine Links habe ich durchaus zu verstehen versucht. Beim Versuch ist es aber teilweise leider auch geblieben.

Das deutlichste Beispiel ist das sicherlich bekannte
christliche Transubstantiations-Ritual in der katholischen und
östlich orthodoxen Auffassung. Hier wird das aktuelle
Geschehen mit dem „Präzendezfall“ identifiziert (in der
Fachsprache: reaktualisiert) - und nicht nur symbolisch
aufgefaßt. Diese identifizierende Vergegenwärtigung ge4schieht
durch das Nachsprechen der entscheidenden Worte durch den
Priester („Dies ist mein Fleisch …“).

Dass das ein deutliches Beispiel ist, glaube ich gern. Leider hilft mir das insoweit nicht weiter, als ich ja nie verstanden habe, was die Katholiken damit überhaupt meinen. Ich habe nur mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass sie sich mit dem Protestanten über die Frage „Symbolisch oder nicht“ die Köpfe eingeschlagen haben.

Und überhaupt: Den Hang der Katholiken, ihren Glauben zu formalisieren und zu ritualisieren, habe ich ohnehin nie verstanden. Dieser berühmt-berüchtigte Bischof Williamson hat mal gesagt, man gefährde sein Seelenheil, wenn man die Messe nicht in genau dieser und jener Form gestalte. Ich habe mich da gefragt, warum Gott wohl auf dergleichen Wert legen sollte. Natürlich gehe ich davon aus, dass Williamson Gründe für seine Ansicht hat. Sie entziehen sich nur meiner Kenntnis und, wenn ich sie kennen würde, vermutlich auch meinem Verständnis.

Wie ich schon sagte (in der o.g. Publikation ist es das
Hauptthema): Diese mythische Zeit ist nicht irgendwann einmal
gewesen im Sinne unseres heutigen Begriffs historischer
„Realität“, die sich auf einer Zeitlinie anordnen läßt. Es
spielte sich nicht dann und dann ab, sondern „in illo
tempore“, „in jener Zeit“, die zunächst nur negativ präzisiert
wird: „Als noch nicht Himmel und Erde war und xyz noch nicht
war …“.

Wenn ich es richtig sehe, definierst du die mythische Zeit auch nur durch negative Abgrenzung. Du hast mir jetzt zwar gesagt, was das alles nicht ist, du hast aber nicht erklärt, was das ist.

Anders gesagt: Ich erwähnte ja die diesbezügliche
Analogie, die wir noch in Märchen überliefert finden. Wie
„real“ ist die Story von Jorinde und Joringel, und vor allem,
WANN spielt sie sich ab, das sie mit „Es war einmal“
eingeleitet wird. Wenn du es auch zum Schmunzeln findest, wenn
hier jemand fragen würde „Und wann genau war das nun?“, dann
hast du den Einstieg in das Verständnis mythisch-magischen
Denkens.

Ich finde diese Frage aber nicht zum Schmunzeln. Ich finde sie absolut berechtigt. Mit einer kleinen Einschränkung: Da ich davon ausgehe, dass Märchen rein fiktiv sind, kommt es nach meinem Dafürhalten letztlich nicht darauf an, wann genau sie spielen. Deswegen und nur deswegen müsste ich vielleicht ein wenig schmunzeln. Das Märchen hat für mich eine rein unterhaltende Funktion, es hängt nichts weiter daran. Ein Mythos dient aber nicht der Unterhaltung. Und er ist so gesehen ja auch nicht rein fiktiv, sondern bei richtigem Verständnis mit einer Aussage verbunden oder sogar mehreren, auf die es ankommt.

Letzteres mag ja sein, aber woraus schließt du, dass sie nicht
(irgendwann vor der Niederschrift) erfunden wurden? Irgendwo
muss doch jede Geschichte ihren Anfang nehmen, und wenn dabei
keine reale Begebenheit erzählt wird, dann handelt es sich
doch um eine Erfindung, oder?

Na gut, wenn du unbedingt willst, natürlich eine Erfindung,
was denn auch sonst? War ja bei dem erzählten Geschehen doch
keiner derjenigen dabei, die die Geschichte rezitieren.

Aber hier liegt doch eines meiner Verständnisprobleme: Ich finde, es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob eine Geschichte einfach nur erfunden ist, oder ob sie göttlich inspiriert wurde. Letzteres ist es aber doch, was in Bezug auf die Bibel behauptet wird. Wenn das stimmt, finde ich die Bibel ungemein wichtig. Wenn sie reines Menschenwerk ist, das mit Gott nichts zu tun hat, jedenfalls nicht mehr als etwa Goethes Faust, wo Gott auch eine Rolle spielt, finde ich sie allenfalls noch interessant. Ich verstehe die Ansicht von Christen gerade so, dass es sich bei den biblischen Geschichten eben nicht um eine Erfindung handelt, sondern um ein göttliches Diktat, ob nun wörtlich oder nur in groben Zügen.

Etwas ist dann „wahr“ bzw. in seiner
Existenz legitimiert, wenn es in eine Analogie mit dem
mythischen „ersten Mal“ gesetzt wurde. Ein Stammeshäuptling
ist dann als solcher legitimiert und ein wahrer Häuptling,
wenn er im Initiationsritual mit dem mythischen Stammesgründer
identifiziert wurde. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob man,
wie fast immer, von diesem überhaupt nichts weiß, und daß es
ihn sehr wahrscheinlich in diesem Sinne auch nie historisch
gegeben hat. Genau so, wie es Adam historisch nie gegeben hat.

Vielleicht gibt es hier User, die verstehen, was du meinst, und die versuchen, es mir mit noch anderen Worten zu erklären. Ich würde mich freuen, denn ich bin noch weit davon entfernt zu begreifen, was du sagst, und ich weiß aus Erfahrung, dass es oft hilft, mehrere Erklärungen zu bekommen, die voneinander unabhängig sind.

Das kommt, wie oeben gesagt, auf den Wahrheitsbegriff an, den
du hier in Anspruch nehmen willst. Es geht in der reliösen
Praxis des Umgangs mit Schöpfungsmythen auch nicht um die
„Wahrheit“ des Mythos, sondern um die „Wahrheit“ des
Geschehens, das im „hic et nunc“ mit ihm reaktualisiert werden
soll.

Wir aktualisieren die Schöpfung…?

In Kulturen, die einen zyklischen Zeitbegriff haben (und das
sind in der Antike vermutlich alle. Die israelitische war
vermutlich die erste, die einen linearen Zeit- bzw.
Geschichtsbegriff hatte), muß z.B. das Jahresende mit einem
Ritual versehen werden, durch das die zeitgleiche Initiation
eines neuen Jahres garantiert wird. In den vedischen
Religionen geschah das dadurch, daß man einen Altar aus 365
Lehmziegeln aufbaute und ein Feuer anzündete. Der Priester
spricht beim „Umgang“ um diesen Altar die Worte des
(Feuer-)Gottes Agni, der für die Schöpfung der Zeit
verantworlich war: „Ich mache die Zeit“.

Dieses Ritual muß durchgeführt werden, damit garantiert ist,
daß sich an das Ende des alten Jahres ein neues Jahr
anschließt.

Ich hoffe, du kannst nachvollziehen, dass ich nicht im Mindesten eine Ahnung habe, wie das gemeint ist. Ich habe von den zyklischen Zeitbegriffen schon gehört, aber verstanden habe ich das nicht. Wenn man den dargestellten Ritus nicht durchführt, was soll schon passieren? Fallen dann alle tot um oder wie?

Lieber Mevius,

dazu:

Metapher bezieht sich vornehmlich auf die Mytheninterpretation des
Religionsphänomenologen (die in dieser Form von der deutschen und auch Italienischen Religionswissenschaft nicht mehr zu der Religionswissenschaft gerechnet wird) Mircea Eliade (siehe wikipedia), der nebenher noch einer der Intellektuellen Köpfe des rumänischen Faschismus war.

Begriffe wie „archaisches Denken“ „archaischer Mensch“ oder „archaische Ontologie“ sind Teile seiner THEORIE, nicht aber der überprüfbaren empirischen Wirklichkeit. Er extrahiert sie aus einigen Mythen innewohnenden Logik und versucht sie - mehr oder weniger gut - unserem Denken entgegen zu stellen. Zu empfehlen ist vor allem „Kosmos und Geschichte - der Mythos der ewigen Wiederkehr“, sowie: „Das Heilige und das Profane“.

Die Wichtigsten Begriffe sind bei ihm neben den oben genannten eben noch die zyklische Zeit, das Heilige und sein Gegenstück, das Profane, sowie die seit dem bösen Judentum und der Offenbahrung am Sinai im Westen nicht mehr existierende zyklische Zeit ( außnahme sind hier die Rumänen mit ihrem „Kosmischen Christentum“).

Ich glaube, das Hauptverständnisproblem liegt in der Verknüpfung zwischen dem „Heiligen“ (verstanden als etwas tatsächlich göttliches), der „Hierophanie“ ( "das Erscheinen des Heiligen in der Welt) und der archaischen Ontologie. Nach dieser ( dem Denken ) ist für den archaischen Menschen nur das wirklich und existent, also Seiend, indem sich das Göttliche zeigt. Da die Mythen eben von den Göttern Handeln ( was sie „in Illo tempore“ gemacht oder Gegründet (!) haben: Welt, Soziale Systeme, Kulturtechniken wie jagen, Feuermachen, Opfer usf), ist alles was nicht in den Mythen beschrieben wird unwichtig und nicht existent, und nicht Teil des Seins in der archaischen Ontologie. Eliade konstatiert - eben weil viele Rituale mythische Handlungen nicht nur zum vorbild haben, sondern auch direkt nachvollziehen - dass dem archaischen Menschen ein Trieb innewohnt, dass er immer wieder nah am Göttlichen sein will, um „aufgeladen mit KRaft und Sein“ weiter zu existieren.

Der archaische Mensch kann aber auch nur die Sachen machen, die die Götter gemacht haben, da alles andere, alles Profane ja nicht existiert. Also ist alles was er macht immer nach Blaupause des Mythos - im Ritual schafft er die Welt wie damals die Götter, er jagt nur so wie der erste jäger gejagt hat, und wenn einer König werden will, muß er erstmal genau die Sachen im Ritual machen, die der erste Götterkönig gemacht hat. Alle anderen Handlungen oder auch Orte (es gibt auch Orte wie die Axis Mundi, wo man von der UNterwelt in den Himmel steigen kann: Beispiel Yggdrasil, das Kreuz Christi, oder auch das Loch das ins Dach gemacht wird, damit die Seele eines Toten hinaus kann, bzw die Feuerstelle - vgl Agni!) sind Profan und insoweit nicht existent. Die Raumeinteilung im archaischen Denken ist insoweit: Mittelpunkt der Welt: Heilig, real - je weiter weg davon desto gefährlicher und Chaotischer wird es. AM Rande der Welt ist das Ursprüngliche Chaos zu finden, das die Götter duch eine Schöpfungstat eben noch nicht in die „Wirklichkeit“ geholt haben.

Nun zur Zyklischen Zeit: templum ( Tempel) und tempus (zeit) sind sprachlich miteinander verknüpft. Je weiter man aber vom Mittelpunkt (dem Tempel, dem Ort der Weltschöpfung und Ort der Hierophanie) entfernt ist, desto weiter weg ist man vom Göttlichen, also von der wirklichkeit - oder vielleicht verständlicher: VOM GEFÜHL WIRKLICH ZU SEIN. Daraus abgeleitet ergibt sich auch eine Zeitliche Entfernung: Jeweiter weg man vom Urpsung ist, desto unwirklicher wird man. Man muß Zeitlich und Räumlich immer wieder zum Ursprung zurückkehren um sich als existierend zu fühlen. Ergo muß auch der Zeitpunkt immer wieder aktualisiert werden, die Zeit Zyklisch wieder bei null beginnen, indem der archaische Mensch einfach genau die BLaupause des Mythos durchführt, also das was in illo tempore die Götter gemacht haben, einfach wiederholen. Da aber die Handlung ( das Ritual) an sich Heilig und niht Profan ist, also das wirkliche par exellance ( und auch unverändert wirklich!) macht er während des Rituals genau das was die Stunde null IST.

Die Lineare Zeit unterscheidet sich übrigens insofern dadurch, das wir immer noch an der Wirklichkeit, am HEiligen sein wollen, im Judentum es durch die Offenbahrung am Sinai aber auf einmal ein unwiederholbares - Heiliges - Ereignis das ein vorhernachr aufweist gibt, das statt eine Handlung mit Bedeutung (KRaft, Sein, Existenz bla) erfüllt, nun ein Ereignis und damit die GESCHICHTE „Semiotisiert“ (Mit BEdeutung Kraft blablablabla erfüllt)

(Für einen Antisemitischen Faschisten, Antimarxisten der die Rumänische Seele wieder ihrem wahren Ursprung, nämlich dem Kosmischen Christentum zuführen will, ist es natürlcih ganz toll, dass genau das ist, was die iniversellen Mythen uns auffordern zu tun - immerhin findet der Rumäne ja denn auch nur BEdeutung und wirklichkeit, wenn er sich wie ein ordentlicher Rumäne verhält, also der Faschistischen Blaupause folgt, das aber nur am Rande eine kleine Polemik, da man wenn man 11/2 Augen zudrückt, Eliade nämlich wunderbar in die Postmoderne einordnen könnte)

Der Sinn und Zweck eines Mythos nach Eliade ist also, eine ANLEITUNG zu geben, wie der Mensch mit dem Göttlichen in Kontakt treten kann, weil er das nämlich irre gerne will:wink:- Wie die Legionen des Erzengel MIchael nämlich auch irre gerne wieder ein Phantasierumänien mit „echten“ Rumänen wollen…

So. Möglicherweise hilft dir das nun auch nicht viel weiter. Zum Punkte mit dem Mythos und der Sinn-unsinnigkeit will ich kurz auch nochmal hinzufügen, dass - da Mythos eben auch eine Kategorie reflektierender MEnschen ist - in dieser Kategorie nur Geschichten sind, die irgendjemand als enorm wichtig verstanden hat. Die Frage nach dem Mythos ist nichts anderes als Herauszufinden, wieso jemand die GEsichte so wichtig gefunden hat. Puh. Der Rest sind Treppenwitze:wink:
grüße, sober

1 Like

Hi

Die Frage nach dem Mythos ist nichts anderes
als Herauszufinden, wieso jemand die GEsichte so wichtig
gefunden hat.

Ist das wirklich so schwer, für wen, für einen Rumänen?

Puh. Der Rest sind Treppenwitze:wink:

Ich kenne bekömmlichere.
Der Schwierigkeitsgrad Gödel nachvollziehen ist ungefähr vergleichbar mit der Verdauung deiner „Ausführung“.
Sein Ergebnis passt auch in einem Satz.
Aber das ist alles.

Gruß.

Balázs (aus Arad)

Hallo,

dass - da Mythos eben auch eine
Kategorie reflektierender MEnschen ist - in dieser Kategorie
nur Geschichten sind, die irgendjemand als enorm wichtig
verstanden hat. Die Frage nach dem Mythos ist nichts anderes
als Herauszufinden, wieso jemand die GEsichte so wichtig
gefunden hat.

ja, Mythen sind Geschichten.
Sie wurden nicht als „Mythen“ kreiert.
Sie unterscheiden sich nur dadurch, daß ihnen eine Bedeutung
im Sinne einer Belehrung (hier religiös) zugeordnet wurde, sie
dafür noch im Laufe der Zeit „redaktionell bearbeitet“(modifiziert)
wurden.
Außerdem haben sie die Eigenschaft sich wieder zu verselbständigen
in dem die Erzählung dann als selbständige „Wahrheit“ begriffen
wird auf welche die Menschen (Gläubigen) sich mit Begeisterung
stürzen.
Es ist also nicht so interessant warum jemand mal irgendwann die
Geschichten so wichtig gefunden hat (die Suche danach wäre auch
müßig) sondern warum heute , in unserer „aufgeklärten Zeit“
(tut mir fast weh, wenn ich sowas schreibe) so viele diese
Geschichten so wichtig finden, daß sie sich austoben - wie hier im
Forum - um den „Wahrheitsgehalt“ der Mythen zu ergründen.
Gruß VIKTOR

2 Like