Die Kanzlergattin

Hallo zusammen,

habt Ihr auch das TV-Duell gesehen? Da war gegen Ende der Sendung die Frage an den jeweiligen Mann, wie wichtig ihre Frauen für ihre Kanzlerarbeit sind.
Eine ziemlich seichte Frage in Anbetracht der Wichtigkeit der anderen Themen. Aber wenn schon danach gefragt wird, ist zu vermuten, dass außer nach dem konkreten Aufgabenbereich der First Ladys auch nach dem Frauenbild des jeweiligen Politikers gefragt wird.

Stellt Euch vor, Ihr wäret die Frau des Kanzlers (kann man sich ja als Mann auch vorstellen, oder :wink:?). Wie würdet agieren und auftreten? Ist das eine Frage des Temperaments (mehr zurückhaltend oder kommentierfreudig) oder des Engagements oder des Zeitgeistes (die Frau von heute schweigt nicht mehr um jeden Preis) oder der Rolle als Kanzlergattin (welche Rolle spielt sie eigentlich im öffentlichen Leben)?
Ich denke an Diana, die sehr viel mehr Beliebtheit genoß als Prinz Charles, dem das nicht zu gefallen schien.
Fluch und Segen einer nicht unwichtigen Aufgabe ohne Kompetenzbegrenzung.

viele Grüße
Claudia

Hi, Claudia,

ich denke, ich würde mich so verhalten wie sonst auch. Weil mein Mann einen bestimmten Beruf hat, muss ich dem als Frau nicht unbedingt nacheifern. (Mein Mann ist viel webtechnisch unterwegs, gestaltet Homepages und so, ich habe das trotzdem nicht gelernt, weil ich darin unbegabt bin.) Ich würde schon in der Öffentlichkeit auftreten, wenn ich es für richtig hielte, selbstverständlich nicht öffentlich gegen die Meinung oder die Arbeit meines Mannes sprechen - welch ein gefundenes Fressen für die Presse, Krach im Kanzlerhaus wegen falscher Politik - aber mich bei politischen Themen nicht unbedingt zurück halten. Auf keinen Fall würde ich mich ganz raushalten, das macht nämlich auch einen schlechten Eindruck.
In meinen Augen hat Stoiber - neben anderen Dingen - auch bei dieser Frage viel verloren, als er sagte, seine Frau müsste sich mit der „gebotenen Zurückhaltung“ in der Öffentlichkeit über Politik äußern. Was soll das denn bedeuten? Wie viel darf sie denn nun von ihrer eigenen Meinung kundtun, wie viel Meinung darf sie denn haben als Frau? Es ist schon klar, dass sie ihrem Mann nicht in den Rücken fallen sollte, aber das muss ja wohl nicht extra erwähnt werden, und wenn doch, dann zumindest nicht öffentlich.

Gruß, die Elbin

Hallo Claudia,

interessante Frage! Ich glaube nicht, dass ich mich in der Rolle einer Kanzlergattin wohlfühlen würde. Das ist ja fast ein Fulltime-Job, aber eben einer ohne wirkliche eigene Kompetenzen. Es geht wieder mal nur darum, den Ehemann in seinem Karrierebestreben zu unterstützen und selbst freundlich lächelnd als nette Zierpflanze (ja nicht zuviel sagen, es könnte ja seinem Ansehen schaden!) daneben zu stehen. Ich mag es nicht sonderlich, mich über andere zu definieren. Lieber „Frau Sowieso“ als „Gattin des Kanzlers“. Und das lässt sich mit so einem Ehemann kaum vermeiden. Die einzig denkbare Variante wäre vielleicht, selbst ein politisches Amt zu bekleiden (natürlich selbst erarbeitet). Das birgt aber wieder die Gefahr, dass die unvermeidlichen politischen Konflikte auch zuhause ausgetragen werden.

Insgesamt sind für mich solche Karrieremänner (egal von welcher Partei) als Ehemann eher uninteressant.

Viele Grüsse,
Lisa

Hallo Lisa,

Es geht wieder mal nur darum, den Ehemann in

seinem Karrierebestreben zu unterstützen und selbst freundlich
lächelnd als nette Zierpflanze (ja nicht zuviel sagen, es
könnte ja seinem Ansehen schaden!) daneben zu stehen.

Na ja, aber geht es wirklich NUR darum? Es gibt (mindestens) ein interessantes Gegenbeispiel, wo die Gattin ein eigenes Profil und eine eigene Persönlichkeit in der Öffentlichkeit entwickelt hatte und trotzdem die Rolle der First Lady eingenommen hat. Ich spreche von Mildred Scheel, deren Mann zwar nicht Kanzler war, aber langjähriger Außenminister und später immerhin Bundespräsident. Ich denke, niemand wäre bei ihr auf die Idee gekommen, sie als Zierpflanze zu betrachten, die neben ihrem Gatten steht. Sie war mindestens genauso anerkannt und beliebt, wie ihr Gatte und das nur aufgrund ihrer eigenen Arbeit. Das bedeutet, daß sich die Dinge ja nicht unbedingt ausschließen müssen. Für das eigene Persönlichkeitsprofil ist nunmal jeder selbst verantwortlich und wenn das in Ordnung ist, warum sollte man dann nicht auch mal in die Rolle der Begleitperson übernehmen ohne daß gleich das eigene Selbstbewußtsein in den Keller geht. Ich habe damit kein Problem meine Frau zu unterstützen, wenn es für sie wichtig ist. Und umgekehrt sicherlich genauso. In einer Partnerschaft darf jeder auch mal die 2.Geige spielen, ohne daß er sich dabei was vergibt. Anders ist für mich Partnerschaft auch gar nicht vorstellbar. Wenn ich meiner Partnerin helfen kann, etwas zu erreichen, was für sie wichtig ist, dann wird sie bei mir immer Unterstützung finden. Darauf kann sie sich verlassen … denn wenn nicht auf mich, auf wen denn dann. Das ist für mich selbstverständlich.

Ich mag

es nicht sonderlich, mich über andere zu definieren. Lieber
„Frau Sowieso“ als „Gattin des Kanzlers“. Und das lässt sich
mit so einem Ehemann kaum vermeiden.

s.o. Mildred Scheel …

Gruß
Roland

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Hallo Roland,

jaja, im Grunde hast du recht. Was du schreibst entspricht so ungefähr meinem zweiten Beispiel. Ein eigenes politisches Amt (oder auch nicht unbedingt politisch, aber eben etwas „Eigenes“ aufbauen) und gegenseitige Unterstützung in der Partnerschaft. Nur ist das schöne Theorie und die Praxis schaut meistens anders aus. Wer eine eigene Meinung vertritt, wird notgedrungen irgendwann nicht mit dem Gatten übereinstimmen. Wenn man die eigene Meinung als Kanzlergattin dann auch noch öffentlich kundtut, ist das schon ein Skandal. Ausserdem ist „Kanzlergattin“ ein Fulltime-Job" und es bleibt vermutlich nur wenig Zeit, für eigene Interessen. Und ein Kanzler hat auch kaum Zeit, noch die Ehefrau zu unterstützen. In der Praxis ist die Beziehung mit einem „Karrieremann“ daher meist eine sehr einseitige Sache. Es ist zwar nicht unmöglich was draus zu machen, aber sehr schwierig. Das fängt schon damit an, dass man mit der Eheschliessung das eigene Profil sozusagen auf dem Standesamt abgibt. War man vorher noch Journalistin, Lehrerin oder Informatikerin, wird man für die Öffentlich jetzt zur „Kanzlergattin“. Alles was man selbst aufgebaut hat, ist plötzlich nicht mehr wichtig. Auch das tollste Selbstbewusstsein ändert nichts daran, dass man von der Öffentlichkeit über den Ehemann definiert wird. Und das muss man mögen, oder man lässt es bleiben und zeigt soviel Profil und Selbstbewusstsein, dass man keinen „Karrieremann“ braucht, über den man sich definieren muss.

Viele Grüsse,
Lisa

Hi, Lisa

In der Praxis ist die Beziehung mit einem „Karrieremann“ daher
meist eine sehr einseitige Sache. Es ist zwar nicht unmöglich
was draus zu machen, aber sehr schwierig. Das fängt schon
damit an, dass man mit der Eheschliessung das eigene Profil
sozusagen auf dem Standesamt abgibt. War man vorher noch
Journalistin, Lehrerin oder Informatikerin, wird man für die
Öffentlich jetzt zur „Kanzlergattin“. Alles was man selbst
aufgebaut hat, ist plötzlich nicht mehr wichtig.

Ganz so schwarz sehe ich das nicht. Nicht nur Mildreed Scheel, auch in neuerer Zeit Lady Di hat sich durchaus ein eigenes Leben aufgebaut und war nicht nur bekannt wegen ihres Ehemanns. Ob du als Gattin eines bekannten Mannes auch selbst etwas wirst, hängt schon von dir selbst ab. Wenn du heiratest - oder einen Freund hast - und in den Freundes- und Bekanntenkreis deines Mannes trittst (was ich für normal halte, er tritt ja auch in meinen), bin ich dort auch erst mal als seine Frau und somit über ihn definiert. Inwieweit ich mich dann auch selbst definiere oder stillhalte und mich weiter über ihn definieren lasse, liegt an mir. Dabei ist es egal, wie bekannt oder karrieregeil der Mann ist. Und wenn ich andere Interesse habe und die auch verfolge, heißt das noch lange nicht, dass ich mich gegen meinen Mann stelle. Vielleicht unterschätzt du die Frauen ein wenig und traust ihnen nicht zu, sich selbst darzustellen, sobald sie jemanden an ihrer Seite haben.

Gruß, die Elbin

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Hi Claudia,

ich denke mir, dass Frau Schröder mehr eigene Meinung kundtut, als Ihrem Mann lieb ist.
Aber: ich ziehe den Hut vor Ihr.
und bedaure ab und zu Ihren Mann *gggg aber meinem geht es nicht besser *lach

Wie Frau Stoiber sein…ähh nähhh… nix für mich. Das ist ein derart antiquates Denken und Handeln für mich, dass ich es einfach für nicht mehr angebracht halte.

Ute

Frage
Hallo allerseits!

Die Rolle der Kanzlergattin (und vielleicht ja auch mal des Kanzleringatten) scheint ja für die Öffentlichkeit nicht ohne Bedeutung zu sein. Als nicht Deutscher hätte ich dazu eine Frage:

Bekommen die Gattinen des Bundeskanzlers und des Bundespräsidenten für ihre Rollen, die sie wahrnehmen, irgendwelche staatlichen Gelder oder Entschädigungen oder machen sie das unentgeltlich?

Gruss aus dem Süden :smile:
Renato

Bekommen die Gattinen des Bundeskanzlers und des
Bundespräsidenten für ihre Rollen, die sie wahrnehmen,
irgendwelche staatlichen Gelder oder Entschädigungen oder
machen sie das unentgeltlich?

Sie machen das - wie jede Frau, die zu ihrem Mann steht und seine Interessen teilt - unentgeltlich. Keine Frau kriegt was extra dafür vom Staat, dass sie verheiratet ist und ihren Mann unterstützt in dem, was er tut.

Gruss aus dem Süden :smile:
Renato

Hallo Elbin

Nun, dein Beispiel weiter unten mit Lady Di beweist das Gegenteil, sie erhielt nämlich für ihre öffentliche Rolle sehr wohl ein Gehalt! Dasselbe gilt auch für die Frau des französischen Präsidenten. Ich finde das eigentlich normal, da diese Frauen die öffentliche Funktion mit den damit verbundenen Aufgaben gezwungenermassen übernehmen müssen… Diese Frauen mit verheirateten Frauen ohne öffentliche Rolle zu vergleichen, ist mir ehrlich gesagt zu einfach…

Gruss
R.

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Hallo Elbin,

Ganz so schwarz sehe ich das nicht. Nicht nur Mildreed Scheel,
auch in neuerer Zeit Lady Di hat sich durchaus ein eigenes
Leben aufgebaut und war nicht nur bekannt wegen ihres
Ehemanns.

Hm, ich dachte immer, dass Lady Di eigentlich ziemlich unglücklich und von ihrer öffentlichen Rolle alles andere als begeistert war. Die Öffentlichkeit stand doch vor allem deshalb hinter ihr, weil man sie für die Fremdgeherei ihres Ex-Mannes bedauert hat. Aber Expertin für „Royalklatsch“ bin ich nicht gerade.

Ob du als Gattin eines bekannten Mannes auch selbst
etwas wirst, hängt schon von dir selbst ab. Wenn du heiratest

  • oder einen Freund hast - und in den Freundes- und
    Bekanntenkreis deines Mannes trittst (was ich für normal
    halte, er tritt ja auch in meinen), bin ich dort auch erst mal
    als seine Frau und somit über ihn definiert.

Ganz so einfach ist das -denke ich- nicht. Bei einem bekannten Mann, heiratet man die „Gattenrolle“ doch gleich mit und man muss sie dann auch erfüllen. Egal, ob das den eigenen Wünschen entspricht oder nicht. Das hat eben nicht nur private, sondern automatisch auch berufliche Konsequenzen.

Inwieweit ich
mich dann auch selbst definiere oder stillhalte und mich
weiter über ihn definieren lasse, liegt an mir.

Definiert wird man in erster Linie von der Öffentlichkeit. Und wenn man es versaut, leidet das Ansehen des Gatten gleich mit. „Kanzlergattin“ ist nicht nur Privatsache, es ist ein Job. Und den muss man schon mögen.

Dabei ist es
egal, wie bekannt oder karrieregeil der Mann ist. Und wenn ich
andere Interesse habe und die auch verfolge, heißt das noch
lange nicht, dass ich mich gegen meinen Mann stelle.

Stell dir mal vor, Lady Di hätte sich entschlossen wieder als Kindergärtnerin zu arbeiten. Und wann soll eine Kanzlergattin schon eigene berufliche Interessen verfolgen. Sie ist mit „Politterminen“ doch voll ausgelastet.

Vielleicht unterschätzt du die Frauen ein wenig und traust
ihnen nicht zu, sich selbst darzustellen, sobald sie jemanden
an ihrer Seite haben.

Nein, ganz bestimmt nicht. Ich sage nur, mein Ding wäre das nicht, einen Kanzler zu heiraten, weil mir die damit verbundene Rolle absolut nicht gefällt. Das ist nicht als Kritik an den Frauen gedacht, die das tun.

Viele Grüsse,
Lisa

Hi, Lisa,

Hm, ich dachte immer, dass Lady Di eigentlich ziemlich
unglücklich und von ihrer öffentlichen Rolle alles andere als
begeistert war. Die Öffentlichkeit stand doch vor allem
deshalb hinter ihr, weil man sie für die Fremdgeherei ihres
Ex-Mannes bedauert hat. Aber Expertin für „Royalklatsch“ bin
ich nicht gerade.

Ich auch nicht. Ich dachte immer, sie sei so beliebt, weil sie sich so sehr für soziale Projekte, z. B. in der dritten Welt, engagiert.

Vielleicht unterschätzt du die Frauen ein wenig und traust
ihnen nicht zu, sich selbst darzustellen, sobald sie jemanden
an ihrer Seite haben.

Nein, ganz bestimmt nicht. Ich sage nur, mein Ding wäre das
nicht, einen Kanzler zu heiraten, weil mir die damit
verbundene Rolle absolut nicht gefällt. Das ist nicht als
Kritik an den Frauen gedacht, die das tun.

Ich wollte auch nicht so in der Öffentlichkeit stehen oder dass mein Mann so in der Öffentlichkeit steht, ich frage mich nur, wenn mein Mann so bekannt wäre, ob ich dann wirklich zu ihm sagen würde: „Nein, ich heirate dich nicht, ich mag nicht im Rampenlicht stehen“, wenn er mich gefragt (bzw. so reagiert hätte, als es soweit war).
Und meist ist frau ja schon mit dem Mann verheiratet, wenn er Kanzler wird. Sie kann ihm das Amt dann entweder ausreden oder sich scheiden lassen. Würde ich auch beides ungerne tun.

Viele Grüsse,

die Elbin