Hallo Julia!
…dass in Deutschland momentan so viel Wald
gibt, wie schon seit mehreren hundert Jahren nicht mehr
Das ist tatsächlich so. Holz war früher der hauptsächliche Brennstoff und intensiv genutztes Baumaterial für Häuser und Schiffe. Es wurde hemmungslos Raubbau getrieben, so daß der Brennstoff Holz im 17./18. Jahrhundert knapp wurde. Bis dahin waren offene Feuerstellen in den Häusern üblich, die einen denkbar schlechten Wirkungsgrad besaßen. Damals gab es in einigen Gegenden die ersten Prämien für Erfinder von „Sparöfen“, was zusammen mit der Reduzierung der Brandgefahr zur Verwendung geschlossener Herde und Öfen führte. Geschlossene Öfen mit irgend vertretbarem Wirkungsgrad sind also erst seit ca. 200 Jahren im Gebrauch. Folge des Raubbaus mit der Verwüstung ganzer Landstriche war ebenfalls vor ca. 200 Jahren der langsame Übergang zu einer langfristig planenden Forstwirtschaft, in der höchstens so viel Holz entnommen wird, wie nachwächst. Die nachhaltige Forstwirtschaft wird seither durchgehalten, mit Ausnahme der Zeit insbesondere nach dem 2. Weltkrieg, wo besonders rund um die Großstädte ganze Wälder verschwanden und in den Öfen der frierenden Bevölkerung landeten. Danach wurde vielerorts recht unvernünftig mit schnell wachsenden Nadelgehölzen aufgeforstet. Die Folgen sind noch nicht überwunden, aber insgesamt war die reine Holzmasse seit dem Mittelalter nie größer als heute.
Nach Schätzungen liegt die jährlich zu erntende Holzmenge bei 60 Mio Festmetern. Davon rund 25% sind nur als Brennholz nutzbar, also ca. 15 Mio Festmeter. Tatsächlich als Brennholz genutzt werden nur 5 Mio Festmeter. Der Rest verrottet ungenutzt. Die Zahlen können nur grobe Schätzungen sein, liefern aber trotzdem eine Größenordnung, um zu erkennen, was mit Holz möglich ist und was nicht.
Nimmt man also 15 Mio Festmeter Brennholz und rechnet mit einem durchschnittlichen Energieinhalt von 1 kWh/Festmeter, kommt man auf 15 GWh p. a. aus Brennholz aus laufendem Einschlag.
Aber auch Möbel- und Bauholz hat irgendwann das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht und läßt sich mit geeigneter Technik für die Energieerzeugung nutzen. So kommt man letztlich auf die Menge des gesamten Holzeinschlages in Höhe der oben schon erwähnten 60 Mio Festmeter p. a. und auf einen Energieinhalt von 60 GWh. Irgendwelche Feinheiten wie Fehler der Schätzungen sowie Holz-Im- und Export ändern an der Größenordnung nichts.
Um die 60 GWh einordnen zu können, kann der Vergleich mit einem üblichen Kraftwerksblock mit einer Leistung von 1000 MW helfen. So ein Kraftwerk erzeugt bei einer Verfügbarkeit von 8000 Stunden p. a. eine Energie von 8 GWh. Wegen des schlechten Wirkungsgrads werden dabei tatsächlich 25 GWh verfeuert.
Man erkennt jetzt mit der zugegeben sehr groben überschlägigen Betrachtung, daß sich unser Energieproblem mit Holz nicht einmal ansatzweise lösen läßt. Man schafft den Ersatz von 2 mittelgroßen Kraftwerksblöcken.
Man kommt zur Erkenntnis, daß ein Energieträger alleine das Öl nicht ersetzen kann. Es kann nur ein Mix aus vielen verschiedenen Technologien sein.
Betrachtet man weiter den Brennstoff Holz, so macht es keinen Sinn, diesen Brennstoff mit hohem Volumen/kWh über weite Strecken zu transportieren. Es ist also sinnvoll, das Brennholz in der Region zu nutzen, in der es anfällt, i. d. R. also außerhalb der Ballungszentren im ländlichen Raum.
Nun kann man noch die Verwertung von mit Schadstoffen belastetem Altholz betrachten. Solches Holz eignet sich zum Betrieb von kleineren Kraftwerken, aber nicht für Heizzwecke im privaten Bereich.
Das Thema ist schier unerschöpflich und läßt sich auf Biomassen aller Art ausdehnen. Wie man es aber dreht und wendet, bringt Biomasse insgesamt einen Beitrag, aber keinen alleinigen Ersatz für Mineralöl. In kleinen Landgemeinden kann das Bild ganz anders aussehen. Wo ich zu Hause bin, ergibt eine überschlägige Betrachtung, daß der gesamte Energiebedarf für Strom, Heizung und Antriebszwecke ganz bequem aus Biomasse zu erzeugen ist.
Gruß
Wolfgang