Die Tafeln - Hilfe oder Feigenblatt?

Die Tafeln wurden einst gegründet um Bedürftigen zu helfen.

Inzwischen sind die Tafeln schon so in das Sozialsystem eingebunden, dass man sagen muss: sie helfen vor allen Dingen dem Staat, der seiner sozialen Verpflichtung nicht nachkommt.
Obwohl der Staat also von den Tafeln profitiert, weigert er sich dafür zu sorgen, dass die Tafeln ausreichend mit Ware versorgt werden können.
Z.B. mit dem Verbot des Wegwerfens von noch nutzbaren Lebensmitteln und stattdessen ihre Abgabe an die Tafeln, wie das in Frankreich schon länger Gesetz ist.
Zudem verringern die Tafeln damit die Nahrungsmittelverschwendung und helfen so der Umwelt und dem Klimaschutz.

Wie seht ihr das?

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Als Perversion der Tafel-Idee empfinde ich das Angebot / die Aufforderung von Supermärkten an die Kunden, Irgendwas zu kaufen und in einen Sammelbehälter für die Tafeln zu legen.

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@Cook1
Sehe ich genauso. „Solange ein Anderer sich drum kümmert, ist es nicht meine Sorge.“ Eigentlich traurig, dass es in „unserer“ zivilisierten Wohlstandswelt noch Obdachlosigkeit und Armut gibt. Da wird gerne weggeschaut.
Stattdessen werden öffentliche Klos versperrt und bei Parkbänken Bügel montiert, damit dort ja Niemand pennt.
Wirft ja ein unchiques Bild

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Die Steigerung ist meiner Meinung nach die auch noch mögliche Strafverfolgung von sogenannten Nahrungsrettern, die in den Abfallbehältern von Supermärkten nach verwertbarer Nahrung suchen und diese dann weitergeben. Hier wird dann der Kapitalismus zur Rettung des Gewinns wirklich auf die perverse Spitze getrieben.

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Die u.a. absurde Züge annimmt.

Musiktipp zu diesem Thema: „Diese Stadt“ von Christoph & Lollo

Ich habe da ein etwas zwiespältiges Bild, wobei ich die Aussage, dass sie dem Staat helfen, der seiner sozialen Verpflichtung nicht nachkommen würde, nicht unterstützen würde. Denn auch wenn der Kundenstamm zunimmt und man oft gerne mehr verteilen würde, als da ist, ist es auf der anderen Seite nicht so, dass Leistungsempfänger nicht auch ohne die Tafeln überleben könnten, wie unzählige Leistungsempfänger beweisen, die keine Kunden der Tafeln sind.

Ich finde es gut, wenn über die Tafeln noch brauchbare Lebensmittel vor der Vernichtung bewahrt und ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden (auch ohne soziale Not bin ich ein ständiger Nutzer der Bereiche mit ablaufenden Produkten im Supermarkt). Ich finde es auch gut, wenn hierüber Leistungsempfänger erweiterte Möglichkeiten für eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung bekommen, als dies ohne die Tafeln möglich wäre. Gerade wenn hierüber Familien mehr in Richtung von frischen Lebensmitteln motiviert werden, so der ein oder andere Apfel mal den Weg in die Schultasche und das ein oder andere frisch zubereitete Gemüse auf den Tisch findet, ist das sicher lobenswert.

Aber ich gebe mich andererseits auch nicht der Illusion hin, dass all die hierüber bezogenen Lebensmittel wirklich nur als gesundes und abwechslungsreiches „Plus“ in die Haushalte gehen. Die Versorgung über die Tafeln schafft vielmehr auch „freie Mittel“ für andere Zwecke, die sonst im Rahmen des Leistungsbezugs keine Berücksichtigung finden würden. Und da geht das Problem dann für mich los. Sicherlich gibt es unter diesen „anderen Zwecken“ durchaus auch nachvollziehbare und wichtige Dinge, die über Sozialleistungen besser abgedeckt werden müssten bzw. könnten, wenn die Empfänger die richtigen Wege hierfür beschreiten würden (was ja nicht immer so ganz einfach ist).

Aber es gibt natürlich da auch Mittelverwendungen, die man so sicherlich nicht unterstützen möchte. Die kann man jetzt vielleicht auch teilweise als „zu akzeptierende Kollateralschäden“ betrachten, aber das geht natürlich teilweise auch in Richtung mehr oder weniger gewerblichen Handelns, bei dem nicht nur mal hier und da eine zusätzliche Packung Kippen oder eine Flasche Schnaps oder ein neues Handy dabei rum kommen, sondern versucht wird in organisiertem Maßstab Tafeln zu melken, Spenden zu Geld zu machen und davon in Summe als größerer Familienverband ganz gut zu leben. Hinzu kommt das Problem, dass ein gelegentlich recht massives Auftreten gewisser Kreise an den Ausgabestellen gerne mal dazu führt, dass diejenigen, die man eigentlich unterstützen sollten, sich da nicht mehr hin trauen/davor zurückschrecken die Tafeln in Anspruch zu nehmen.

Auch muss man natürlich berücksichtigen, dass jedes „Plus“ an Versorgung über den Maßstab des Leistungsbezugs den Druck in Richtung einer ggf. möglichen Rückkehr in ein geregeltes Arbeitsverhältnis vermindert.

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Gab/gibt ja auch in den USA die YMCA bzw. YWCA, da hat man auch schnell berechnet, dass man sich nicht um Bedürftige kümmern muss, weil das schon die Kirche macht bzw. Rotes Kreuz, Caritas etc. …
Da kann man einsparen

Es wäre schon hilfreich, wenn die Supermärkte rechtzeitig die Preise senken würden.
Wie oft sieht man samstagabends in den Regalen Artikel noch zum vollen Preis bei denen das Ablaufdatum am nächsten Tag erreicht ist. Oder Gemüse das den nächsten Tag nicht mehr erlebt.
Kiwis zum Stückpreis von 1,79€, aber schon bis gestern zu verzehren.
Viele Menschen kennen auch keinen Unterschied zwischen „zu verbrauchen bis…“ und „mindestens haltbar bis…“.
Dann landet das gute Zeug eben im Müll.

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Hartz IV soll nicht das Überleben gewährleisten sondern die Teilnahme am kulturellen Leben in der Gesellschaft.
Das es dabei auch schwarze Schafe gibt, wie Du richtig bemerkt hast, macht die Sache nicht einfacher aber solche Kollateralschäden muss man tatsächlich in Kauf nehmen. In der Masse spielen sie eigentlich keine Rolle.
Wenn ich 100 oder 1000 Sozialbetrüger in Hartz IV nehme und diese dann mit Sozialbetrügern in Form von Steuerhinterziehern im großen Maßstab vergleiche, ist mir schnell klar, wer hier der Schmarotzer ist.

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der seiner sozialen Verpflichtung nicht nachkommt.

Was wäre denn die soziale Verpflichtung des Staates: Jedem Bürger zu geben, was dieser meint zu brauchen?

Man könnte jedes Jahr fünf Gutachten von Wirtschaftsforschern in Auftrag geben, die jeweiligen Beträge zu berechnen. Man würde den höchsten und niedrigsten Betrag wegfallen lassen, aus den drei verbleibenden den Mittelwert bilden.

Dieses unabhängig berechnete Existenzminimum kann dann nicht nur als ALG 2 Grundlage dienen, sondern darauf aufbauend sollten Steuerfreibeträge angepasst werden und (eine wirre Idee von mir, aber denkt mal drüber nach!) die Diäten, die man dann als Vielfaches des Existenzminimums definieren würde.
Eine ALG2-Erhöhung ist dann auch eine Diätenerhöhung, über die dann vielleicht weniger heftig gemeckert wird.

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Davon ist keine Rede aber der Staat sollte zumindest seinem eigenen Anspruch entsprechen und die Teilnahme am kulturellen Leben in der Gesellschaft ermöglichen.

Hinzu kommt noch eine abenteuerliche Berechnung des Bedarfs der niemals tatsächlich an dem wirklichen Bedarf der Menschen ausgerichtet war.

Dann noch das Verlangen, dass jeder Empfänger aus den Beträgen, die gezahlt werden, teilweise in Centbeträgen die verschiedenen Bedarfe ansparen soll.
Ein Beispiel aus meiner Umgebung: ein Mann Mitte 50 kommt durch Firmenschließung in der Pandemie in die Arbeitslosigkeit. Er kommt recht und schlecht mit dem Geld aus, bis er auf ein Amt musste in einer Angelegenheit, wo er seine Identität mit dem Personalausweis nachweisen musste. Der war zwei Monate vorher abgelaufen. Er wurde aufgefordert einen neuen Personalausweis ausstellen zu lassen, andernfalls drohe ein Bußgeld. Sein Einwand, dass er dafür kein Geld habe, wurde zurückgewiesen.
Die Ansparung des Personalausweises wird soweit ich mitbekommen habe mit 20 oder 30 Cent im Monat in Hartz IV mit ausbezahlt, davon soll man sich also über ich weiß es nicht wie viele Monate, den Betrag für den Personalausweis ansparen. Der Mann hatte überhaupt nicht die Zeit sich die 22,80 € anzusparen, geschweige denn sich extra dafür auch noch Passfotos machen zu lassen.

Kaputte Waschmaschine, Mikrowelle, Fernseher, egal was: in Cent Beträgen über Jahre ansparen und hoffen, dass bis dahin nichts kaputt geht. Und wenn doch – wen kümmerts? Die Behörde sicher nicht.

DAS soll sozial sein?

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Das klingt so, als ob das, was man so an lebenswichtiger Nahrung, Dach über dem Kopf, … zwingend braucht, einfach irgendwie „da sein müsste“ oder aus dem Himmel fallen würde, und Hartz IV dann für Kino und Co. wäre bzw. folgt dem Narrativ, dass nach einem nach eigenem Belieben festzusetzenden Teil für die individuell als lebensnotwendig erachteten Dinge auf jeden Fall noch genug übrig sein müsste, um „am kulturellen Leben“ teilnehmen zu können.

Dem kann ich mich bei aller berechtigter Kritik an der Berechnung und dem Maß dessen, was man als Existenzminimum betrachtet und dann auch zur Verfügung stellt, nicht anschließen. Ich bin durchaus auch für Diskussionen über Berechnungsmaßstäbe, Dinge, die abzusichern sind, und die absolute Höhe der Leistungen und deren Entwicklung angesichts von Inflation und insbesondere aktuellen Ereignissen offen. Aber wenn - eben nicht erst seit einigen Wochen oder Monaten - sondern schon immer und ständig von gewissen Kreisen davon gesprochen wird, dass man von den in Deutschland verfügbaren Sozialleistungen „nicht leben könne“ und die Tafeln praktisch alle Leistungsempfänger vor dem Hungertod bewahren müssten, dann stimmt dies nun einmal nicht, und wenn man sich das Verhältnis von Leistungsbeziehern insgesamt zu Kunden der Tafeln ansieht, dann zeigt dies mehr als deutlich, dass es mehr als genug Menschen gibt, die durchaus mit den gezahlten Sozialleistungen über die Runden zu kommen wissen (auch wenn ich denen wie schon geschrieben gerne das ein oder andere zusätzliche Obst, Gemüse, … gönne). Aber wie überall gibt es natürlich auch in diesem Bereich „Interessenvertreter“, die natürlich - vollkommen egal was getan wird - dies immer als vollkommen unzureichend kritisieren werden um sich ihre Mitgliedsbeiträge, Wählerstimmen, … zu sichern.

Ich bin auch durchaus pragmatisch genug, den ein oder anderen Kollateralschaden hinzunehmen, sehe aber auch, dass es nicht sein kann, dass wirklich Bedürftige zu Lasten irgendwelcher Schmarotzer zu kurz kommen, und die Lösung des Problems nicht darin liegen kann, die Leistungsträger immer weiter zu belasten und damit gleichzeitig die Grenze ab der es sich noch lohnt, sich die Finger dreckig zu machen und sich den Tag mit Arbeit zu versauen immer weiter nach oben zu verschieben.

Und die Tatsache, dass es da noch viel schlimmere Dinge auf dieser Welt gibt, macht die Sache auch nicht besser. Als nicht ganz unerheblicher Einzahler in das System ist mir jeder Missbrauch zuwider und bin ich daran interessiert, dass jede Form von Missbrauch, die nicht gerade einen absoluten Bagatellfall darstellt verfolgt und geahndet wird, damit sich keine schlechten Vorbilder etablieren und das Sozialsystem noch mehr in Schieflage gerät, als es ohnehin schon ist.

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Das finde ich ein hervorragenden weil praktikablen Vorschlag.

Hallo @Wiz,

ich sehe schon, wir sind in einigen Punkten, nicht in allen, verschiedener Meinung.

Aber da hier das Thema die Tafeln sind und nicht Hartz IV ist möchte ich das jetzt nicht ausdiskutieren. Einverstanden?

So leid es mir - und das meine ich wirklich ganz ehrlich - auch tut, aber ich sehe hier keinen grundsätzlichen Fehler und kein Versagen des Sozialsystems. Sicherlich kann man überlegen, ob die Umlage regelmäßiger Kosten für übliche Behördendienstleistungen auf Monatsanteile nicht auch durch die Kostenfreiheit dieser Leistungen ersetzt werden könnte. Aber das würde - wenn man es denn unter dem Strich kostenneutral für das Leistungssystem machen wollte - den Leistungsempfängern dann natürlich einen entsprechenden Abzug in den monatlichen Leistungen bringen. Zudem möchte ich ihn auf folgende Fundstelle hinweisen: Kostenloser Personalausweis für Hartz IV-Empfänger | Sozialwesen | Haufe D.h. wenn kaum Zeit war, etwas für einen neuen Perso anzusparen, kann durchaus im Einzelfall eine Erstattung gewährt werden.

Was ich trotzdem in deinem Fall und auch vielfach andernorts aber eher sehe, ist eine zu späte Reduzierung des Lebensstandards (ich weiß, leichter gesagt, als getan), ggf, auch einen zu späten Wechsel in den Leistungsbezug, … was beim Übergang in den Leistungsbezug genau die Anteile der von Dir kritisierten anzusparenden Beträge der Vormonate (als Schonvermögen durchaus geschützt) nicht mehr gestattete. Betrachte im Vergleich doch einmal den normalen Arbeitnehmer, der auch haushalten muss, und nicht alles und jedes von jetzt auf gleich realisieren kann, sondern für viele Dinge ansparen und Rücklagen bilden muss. Sicherlich kann der ohne sich darüber längerfristig einen Kopf machen zu müssen jederzeit von jetzt auf gleich einen neuen Perso beantragen. Aber auch der wird in Bezug auf Fernseher, Waschmaschine, Auto, Reparaturen am eigenen Haus, … nicht in der Lage sein, all dies von jetzt auf gleich bar auf den Tisch des Hauses zu bezahlen.

Je enger es ist, um so schwerer fällt es natürlich, da dann auch noch die notwendigen Rücklagen zu bilden, aber das macht diesen Ansatz nicht grundsätzlich falsch.

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Aber auch nicht der Praxis angepasst.
Ich denke es ist unstrittig, dass ein Großteil der Bezieher in prekären Verhältnissen lebte, lebt und vermutlich auch in Zukunft leben wird.
Von diesen kannst Du nicht ein Verhalten erwarten, wie es für Dich und für mich und für die Meisten, die hier lesen, ganz selbstverständlich wäre.
Aber wie schon geschrieben: das ist ein anderes Thema.

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Die Kommunen sollten z.B. Leistungsempfängern, die über zu hohe Kosten für Lebensmittel und Alltagsgebrauchsartikel infolge der unverhältnismäßig starken Preissteigerungen der letzten Monate, klagen, nicht auf die Tafeln verweisen, sondern sich ihrer eigenen Verantwortung stellen.
Ein großer Teil der Tafelnutzer sind übrigens Rentner mit niedrigen Renten, knapp über Hartz IV Satz oder auch drunter.

Oft wird aus Scham oder Angst vor der komplizierten Beantragung der Grundsicherung diese gar nicht erst beantragt.

Die ist sogar kostenlos oder für wenig Geld möglich.

… an dem wirklichen Bedarf der Menschen ausgerichtet war.

Die Bedürfnisse der Menschen sind sehr unterschiedlich. Der eine kommt mit 1000€ mtl. aus, dem anderen reichen mtl. 10000€ nicht.

Dann noch das Verlangen, dass jeder Empfänger aus den Beträgen, die gezahlt werden, teilweise in Centbeträgen die verschiedenen Bedarfe ansparen soll.

Der Empfänger wird ja nicht gezwungen stur nach dem Berechnungsschema der Bedarfsermittler vorzugehen, sondern darf sich auch sein Geld entsprechend seiner Bedürfnisse selbst einteilen.

Der Mann hatte überhaupt nicht die Zeit sich die 22,80 € anzusparen,

Das ist wirklich traurig, wenn er das in vielleicht 30 Berufsjahren nicht geschafft hat. Wenn er mir sein Haushaltsbuch zeigt, sage ich ihm, wo er noch Sparpotential hat, so dass es auch noch für einen Perso alle 10 Jahre reicht.

DAS soll sozial sein?

Ich kenne viele Menschen, die wünschten ihr Staat wäre so „asozial“.

Viele können einfach nicht mit Geld sinnvoll umgehen.