Die Theodizee Frage

Hallo Abe,

als Epikureerin zitiere ich natürlich Epikur:smile: und finde, damit sind alle Zweifel und Fragen an die Theodizee-Frage gestellt:

„Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:
dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
oder er kann es und will es nicht:
dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist,
oder er will es nicht und kann es nicht:
dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott,
oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt:
Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht weg?“

Wie dem auch sei, in beiden Faellen aendert sich eigentlich
nichts an unserer Realitaet. Deswegen meine Gegenfrage: Ist
die Theodizee Frage von einem praktischem Standpunkt aus
gesehen ueberhaupt sinnvoll?

Als Gläubige, die immer mal wieder Zweifel hat- gerade aus den og. Gründen und Fragen, frage ich dich, was denn praktischer und wichtiger sein kann, als Menschen mit ihren Zweifeln zu begleiten und zu helfen? Und dafür braucht man Antworten und Trost.

Beste GRüße,

Barbara

Meine Meinung als Atheist (andere Atheisten mögen das anders sehen):

In dieser Welt, wie ich sie erlebe, sehe ich keine Anhaltspunkte für das Wirken eines gütigen Gottes. Wenn mir also jemand berichtet, er glaube an die Existenz eines gütigen, gerechten, allmächtigen Gottes, dann finde ich das immer sehr spannend, weil ich es mich fasziniert, wie anders er diese Welt sieht. Es ist für mich immer beeindruckend und erschreckend zugleich, wie der Gläubige (durchaus auch immer wieder in diesem Forum nachzulesen) in der Lage ist, eine Interpretation bestimmter Vorkommnisse dieser Welt (Naturkatastrophen, Krankheiten, Kriege, etc.) zu liefern, die es ihm ermöglicht, den Glauben an einen gütigen Gott aufrecht zu erhalten.

Häufig habe ich den Eindruck, daß meine Sichtweise von Gläubigen (ich denke jetzt an Christen) nicht verstanden wird. Es ist keineswegs so, daß ich - wie einige Christen dies unterstellen - Atheismus als „Feindschaft mit Gott“ sehe. Ich kann keinem Gott wegen seiner „unterlassenen Hilfeleistung“ der Welt und den Menschen gegenüber zürnen, wenn ich an keinen Gott glaube. Ich bin Gott wegen der Opfer von Hungerkatastrophen, Überschwemmungen, Infektionskrankheiten und Kriegen genau so wenig böse, wie ich dem Weihnachtsmann böse bin, wenn ich nicht geschenkt bekomme, was ich mir gewünscht habe; der Eine ist für mich so wenig existent wie der Andere.

Gruß
Michael

In der katholischen Theologie gibt es meterweise Literatur zur Theodizee-Frage, doch denke ich - wie so oft in meinem Fach - das die Problem-Lösung nicht sehr kompliziert ist. Das Leid in der Welt ist ursächlich nicht in Gott begründet, sondern im Menschen, der mit der ihm anvertrauten Freiheit nicht umzugehen weiß. Daß dies durchaus nicht von der Hand zu weisen ist, findet man rasch durch einen Blick in die Tagespolitik bestätigt. Nur schwerlich kann Gott für die Uneinsichtigkeit mancher Wirrköpfe verantwortlich gemacht werden, denn es sind moralisch degenerierte Menschen, denen Rüstungsausgaben wichtiger sind als die Bekämpfung des Elends. Warum interveniert Gott dann nicht? Auch hier greift der Freiheitsbegriff wieder: Gott hat eine so hohe Meinung von der Schöpfung an sich und vom Menschen im Besonderen, daß er Freiheit gewährt. Natürliche Voraussetzung zum Verständnis der göttlichen Ftreiheit ist allerdings, daß in dieser Diskussion auch die Perspektive benannt wird: Es gibt keine zeitliche Beschränkung im menschlichen Sinne - die Existenz der Kreatur reicht nicht nur von der Wiege bis zum Grab. Setzt man also den Auferstehungsglauben voraus, so relativiert sich der Begriff des Leidens ohnehin, da es eine Sinnfülle bekommt, die gleichsam aus den recht kleinen Gedankensplittern des Sterblichen eine Erhöhung in das Göttliche erfahbar macht.
Naja, einfach formuliert habe ich jetzt auch nicht gerade, aber es ist wirklich nicht kompliziert, zumindest wenn man glaubt:

Gott schafft nicht das Leiden. Er hat der Schöpfung Freiheit gewährt.
Das Leid ist nicht sinnlos, sondern eine Anteilnahme am Leiden Jesu Christi.
Die Gedanken des Menschen können die Weite des Göttlichen ohnehin nur bruchstückhaft erfassen.

Das langt jetzt erst einmal.

Gruß Raiko

Hallo Raiko!

Das Leid in
der Welt ist ursächlich nicht in Gott begründet, sondern im
Menschen, der mit der ihm anvertrauten Freiheit nicht
umzugehen weiß.

Das stimme ich Dir schon zu. Sicherlich ist ein Großteil des Leides auf dieser Welt durch den Menschen verursacht. Aber für Naturkatastrophen wie Erdbeben etc. kann der Mensch nichts. Worin ist dieses Leid dann begründet, wenn es nicht von Gott kommt?

Gruß
Michael

Sicherlich ist ein Großteil des Leides auf dieser Welt durch den Menschen verursacht. Aber für Naturkatastrophen wie Erdbeben etc. kann der Mensch nichts. Worin ist dieses Leid dann begründet, wenn es nicht von Gott kommt?

Hallo Michael,

Gott nicht als Schöpfer ALLER Dinge zu sehen, würde in zu einem unvollkommenen Gott machen und folglich wäre dann die Bezeichnung „Gott“ nicht mehr treffend. Also ist Gott nicht nur der Schöpfer der Lebewesen, sondern auch der sie umgebenden Natur. Mit der Natur ist er aber genau so verfahren wie mit den Geschöpfen: Er hat sie in die Freiheit entlassen. Die Vorstellung eines Gottes, der nach menschlichen Maßstäben ständig und unmittelbar in die Geschichte eingreift, ist nicht christlich, obgleich Gott selbstverständlich jederzeit die Option dazu hat.

Gruß
Raiko

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Theodizee & ihre Geschichte
Hi A.L.

schon ganz recht, daß du die Diskussion noch mal nach oben geholt hast, sonst versaufen wir doch noch am unteren Ende dieser Artikelliste - und wir müssen dann nicht immer alles nach oben scrollen. Trotzdem, auch nach deiner Rekapitulierung könnte ich nur alles wiederholen, was ich unten bereits unter „die aber-Religion“ usw. und unter „Agnostizismus und Atheismus“ schrieb, aber zum Wiederholen hab ich nicht so große Lust…

Trotzdem nochmal zusammenfassend:

Zitat Metapher: „Theodizee-Frage („Rechtfertigung Gottes“)
„Wieso gibt es das Übel in der Welt, wenn Gott gut ist?““

Das sieht so aus, als ob das eine Privatmeinung wäre von mir, aber Meinungen interessieren mich überhaupt nicht hier in diesem Brett, mich interessieren vielmehr religions historische Inhalte.

Und die oben zitierte Fragestellung ist nun mal eine der fundamentalsten Fragestellungen der gesamten Religionsgeschichte, nicht nur der jüdisch-christlichen…

Und vor allem, es geht dabei gar nicht um eine jeweils private Antwort auf diese Frage - die würde naturgemäß niemandem nützen… Religionen haben nämlich immer außer dem intimen, persönlichen Aspekt auch einen Aspekt der gesamten Bekenntnis-Gemeinschaft und darüber hinaus auch einen allgemeinen anthropologischen.

Bereits in der Maddhimanikaya (der Sammlung der sog. Reden Buddhas) werden solche Fragen erörtert, obwohl es da überhaupt nicht um Götter geht. Auch über Epikur schrieb ich bereits in „Agnostizismus…“ und der datiert sich ziemlich lange vor dem Christentum. Auch das Buch Hiob des AT behandelt diese Frage und dem geht sie ziemlich hart an die Knochen - dies nur nochmal zu meiner Ansicht, die ich unten schrieb unter „Sinn“:

„Somit scheint mir jemand, der behauptet, ein christlicher Gläubiger zu, der aber wegen dieser Theodizee-Frage noch nicht Blut und Wasser geschwitzt hat, seine große Wahrhaftigkeitsprüfung noch vor sich zu haben.“

Die Frage, so wie sie in der gesamten Geistesgeschichte behandelt wurde, bezieht sich ausdrücklich nicht ausschließlich auf das Übel, das von Menschen dem Menschen angetan wird. Sie bezieht sich auf jegliches Elend und fragt dann „warum läßt Gott das zu“…

Sie wird also nicht nur als Argument gegen einen Gottesglauben gesetzt und sie wird nicht nur als Argument zur Unterstützung der Behauptung „Gott existiert nicht“ benutzt (daß diese Behauptung nicht atheistisch ist, hatten wir ja zur Genüge diskutiert).

Im Gegenteil ist diese Frage von besonderer Bedeutung, wenn ein Gottesglaube vorausgesetzt ist.

Ich kopiere nochmal, was ich dir unten unter „0 Streicheleinheit“
schrieb:

„Es ist jedenfalls ein Widerspruch darin, daß ein guter liebender Gott postuliert wird und zugleich die Welt voller Elend ist (auch ohne menschliche Eingriffe).“

Ergänze: Das ist nicht eine Meinung von mir, sondern die Wiedergabe des Theodizee-Problems, welches sich durch die gesamte Religionsgeschichte durchzieht. Da wir hier in wer-weiss-was sind und nicht nur in wer-meint-was, sollte es auch mal möglich sein, etwas, das schlicht ein Gegenstand historischen Wissens ist, zu diskutieren…

Und weiter:

„Nun schließen die einen daraus, daß deshalb Gott nicht existieren kann, und die anderen flüchten sich in einen verkappten Dualismus um diesem Problem zu entgehen.“

„Die dritte Variante ist die, die ich (wie ja inzwischen unverkennbar) selbst bevorzuge: Dieser Widerspruch ist notwendig , weil es sich ohne ihn nicht um einen absoluten Gott handeln würde - (und dem aus demselben Grund - nebenbei erwähnt - auch weder das Prädikat „existierend“ noch das Prädikat „nichtexistierend“ zukommen würde)“

Und das scheint mir das Wesentliche an dieser Frage und dieser Antwort zu sein: nachdem sich „unser“ Gottestbegriff von einem semitischen Stammesgott über den israelitischen Volksgott zu einem für alle zuständigen (durch Paulus) Gott entwickelt hat, wurde er durch die christliche Philosophie der Abendländischen Geschichte allmählich zu einem absoluten Gott entwickelt: der Anfang liegt in der Formulierung der „Schöpfung aus Nichts“, die gegen griechische Philosophen gerichtet war, insbesondere gegen Melissos mit seinem „aus nichts entsteht nichts“… und der Höhepunkt liegt dann in der Scholastik von Abaelard bis Thomas v. Aquin. Danach enstehen ganz neue Bewegungen u.a. mit der deutschen und spanischen sog. „Mystik“ (Meister Eckehart, Tauler, Seuse, Therese v. Avila, Juan de la Cruz, Hildegard v. Bingen, Mechthild v. Magdeburg etc).

Und dieser absolute Gottesbegriff (der sich schon früh gegen die dualistische Gnosis durchzusetzen hatte, bei der „das Böse“ einen stetigen Kampf gegen „das Gute“ führt) war nur dadurch möglich, daß eine selbstständige „Macht des Bösen“ annihiliert wurde.

Und genau das (was bereits bei Johannes wesentlich ist) hat sich nicht durchgesetzt - was vermutlich darauf zurückzuführen ist, daß sich paulinisches Denken gegen johanneisches letztlich durchsetzte. Das Resultat ist die heutige vatikanische Konzeption von Kirche, über die wir glaub ich, kaum diskutieren müssen.

Daß sich Argumente der Freiheit des Menschen (insbesondere in Form der Fähigkeit, Leid zu erzeugen) immer wieder mit Argumenten der „Macht des Bösen“ vermischen, das erleben wir ja auch hier in unseren Diskussionen.

Zunaechst ist diese Frage an sich kein Beweis GEGEN Gottes
existenz (so war sie wahrscheinlich auch nicht gedacht),

Nein, damit hat es wirklich nichts zu tun, außer evtl. bei Epikur, sofern er von Lukrez richtig interpretiert wird.

sondern ein Problem von manchen Menschen Gott gegenueber.

Nein, ebenfalls damit hat es nichts zu tun. Es geht um eine Widersprüchlichkeit im Begriff des göttlichen Guten.

Dazu koennte man zunaechst antworten: wer sind wir Menschen
ueberhaupt,um Gott in Frage zu stellen, so wie etwa Paulus in
Roemer 9,19:„Nun sagst du zu mir: Warum beschuldigt er uns
dann noch? Wer kann seinem Willen widerstehen? 9,20 Ja, lieber
Mensch, wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst?
Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich
so?“

Das steht im Römerbrief, wird aber auch als Dokument der paulinischen Denkweise angesehen, die durch die ganze Christentumsgeschichte vom Klerus gerne übernommen wurde: Fahrt den unbequemen Fragern übers Maul! Sie haben gefälligst das, was auch wir nicht beantworten können, als „Geheimnis des Glaubens“ naiv zu übernehmen…

Die Frage an sich versucht ja Gottes Guete anzuzweifeln

Das ist schlicht falsch! Die Frage setzt die Güte Gottes voraus, denn sonst entstünde das Problem ja gar nicht.

Der Verfasser sieht offenbar …

Es gibt nicht „einen Verfasser“ (siehe oben), es gibt allerdings hin und wieder einige, die das Problem nochmal auf den Punkt gebracht haben - u.a. Leibniz, von dem der Ausdruck „Theodizee“ stammt…

Deswegen meine Gegenfrage: Ist
die Theodizee Frage von einem praktischem Standpunkt aus
gesehen ueberhaupt sinnvoll?

naja - inwiefern haben Fragen, die die Fundamente jeglicher Gottesbegriffe betreffen, praktischen Sinn? die Antwort überlass ich dir… jedenfalls sollten wir nach 2000jähriger gründlichster Diskussion der Frage nicht meinen, wir könnten noch Senf dazu geben, der nicht schon längst dazu gegeben wurde…

Aber manchmal ist es auch von praktischem Nutzen, zu wissen, daß Glaubenssachen alle auch eine lange Geschichte haben, die man nicht ignorieren sollte… eine Frage der Wissensneugier auch…und die ist keine Sünde :smile:))

Gruß
Metapher

Hallo Abe,

ich denke, diese Frage hat einen Sinn, weil nämlich alles aber auch uneingeschränkt alles, einen Sinn hat/macht. Nur welchen Sinn, DAS muss oder DARF jeder selber herausfinden.

Für mich persönlich macht die Theodizee Frage (wenn es sie denn gibt, habe vorher nie davon gehört) folgenden Sinn:

Glaube ich an die Existenz von Gott/Allah/der allumfassenden Energie/ dem Schöpfer oder welchen Namen man dieser Schöpfermacht auch immer geben will, dann kann ich daran glauben (was ich tue), kann ich es in mir sogar als Wahrheit für mich erleben (was ich tue) und sicher vieles mehr.

Das Erlebnis, daß diese Existenz eine Wahrheit ist, kann man aber meines Erachtens nicht „einfach mal so kriegen“, sondern das wächst in mir drin.

Die unterschiedlichen Erfahrungen, die der Mensch im Laufe seines Lebéns macht, guter und vor allem schlechter (=> oder nennen wir es leidvoller/schmerzvoller) Natur lassen uns rätseln.

Und wenn wir uns moralisch erziehen (bitte den Usprung des Wortes beachten, NICHT die negative Beladung der Wörter heute!!!) dann fragen wir uns oft: warum passiert dort Leidvolles, wenn dieser Mensch doch gerade erst so einen schweren Schiksalsschlag überwinden musste usf.

Richtig mitfühlen kann mensch doch erst, wenn er selber leivolles erfahren durfte. Ja: durfte. Hat schon irgend ein Mensch sich entwickeln dürfen, ohne Schmerz und ohne Leid?

Steht dahinter nicht sogar ein äußerst nachvollziehbares Paradigma in der Wissenschaft: nur aus dem Chaos kann wieder eine Ordnung entstehen. So auch: nur nach Schicksalsschlägen bekommt der Mensch eine Chance, sich neu zu sortieren und die oft längst fällige neue Richtung in seinem Leben einzuschlagen.
Nämlich keine allgemeingültige Richtung gesellschaftlicher Natur (ich wollte doch nur das beste für mich/für die Kinder für mein Bankkonto usw.) sondern die Richtung, die Schicksal oder Karma für diese Inkarnation vorgesehen hat (man kann noch weiter gehen: die er sich zwischen Tod und Geburt (

Denkfehler?
Das Leid in

der Welt ist ursächlich nicht in Gott begründet, sondern im
Menschen, der mit der ihm anvertrauten Freiheit nicht
umzugehen weiß.

Ich versuche mal, das zu verstehen. Möglicherweise liege ich ja total daneben, aber dann kannst Du mich ja korrigieren.

  1. Der Mensch ist ein Geschöpf Gottes. Die Tatsache, daß der Mensch zwei Beine, aber keine Flügel hat, die Tatsache, daß er bestimmte Frequenzen elektromagnetischer Strahlung sehen kann, andere jedoch nicht, die Tatsache, daß er bestimmte Dinge kann, andere aber nicht, ist Bestandteil des göttlichen Schöpfungsplans.

  2. Du sagst, Gott hat dem Menschen (genauer: jedem einzelnen Menschen) den freien Willen gegeben.

  3. Wenn Gott seinen Geschöpfen eine bestimmte Ausstattung mitgibt, so ist die Nutzung dieser Ausstattung Bestandteil seines Plans. Wenn er einem Geschöpf Flügel gibt, so soll diese Geschöpf fliegen (wenn es nicht gerade ein Pinguin oder ein Strauß ist), wenn er einem Geschöpf Beine gibt, dann soll dieses Geschöpf laufen. Wenn er einem Geschöpf freien Willen gibt, dann soll es diesen freien Willen nutzen. Das Fliegen, das Laufen, das Wollen ist also Bestandteil des göttlichen Plans.

  4. Es gibt Menschen, die Böses tun. Dies geschieht aufgrund ihres freien Willens (sagst Du).

  5. Wenn Gott Wesen so geschaffen hat, daß sie fliegen können, dann ist Gott dafür verantwortlich, daß sie fliegen können. Wenn Gott Wesen so geschaffen hat, daß sie laufen können, dann ist Gott dafür verantwortlich, daß sie laufen können. Wenn Gott die Menschen so geschaffen hat, daß sie böses wollen können, dann ist Gott dafür verantwortlich, daß sie böses wollen können. Gott hätte die jeweiligen Wesen so erschaffen können, daß sie nicht fliegen, oder nicht laufen, oder nichts böses wollen können.

  6. Wenn die bisherigen Überlegungen keinen Fehler enthalten sollten (wenn doch, bitte ich um Aufklärung), dann müßte doch folgern, daß dieser Gott in seiner Schöpfung das Böse bereits angelegt hat. Ich sehe nicht, wie sich dies mit der Vorstellung eines (all-) gütigen Gottes in Einklang bringen läßt.

Gruß
Michael

Gulp und hallo,
Die Sache mit dem Böses wollen können hat mich irgendwie beschäftigt.
Du schreibst:
>

Tja, ich denke, dass du da ganz richtig liegst. Gott ist dafür verantwortlich, dass die Menschen Böses wollen können. Aber das können ist wichtig. Gott ist keineswegs dafür verantwortlich, dass die Menschen böses wollen.

Denken wir die Sache mit dem freien Willen noch mal etwas durch:
Gott will den Menschen schaffen, nach seinem Vorbild.
Gott will kein blödes Haustier, dass nur Befehle ausführt, er will „denkende“ Wesen.
Gott gibt dem Menschen den freien Willen.
Und schon haben wir das Problem mit dem Bösen.
Tja, man könnte ja einfach sagen: Wieso verbietet Gott das Böse nciht, macht es unmöglich?
Und die Antwort darauf ist gar nicht so schwer:
Ich stelle mir vor, ich wollte meinen Nahcbarn ermorden. (Das will ich nicht, ist rein hypotetisch) Wenn ich jetzt also ein Messer nehmen würde und versuchen würde auf ihn einzustechen und dann führe ein Blitz aus dem Himmel und erschlägt mcih, dann fände ich das Scheiße.
Ich weiß nicht, ob du verstehst, was ich sagen will.
Der Mensch will frei sein. Und ich weiß, dass ich alles tun kann und mich nichts daran hindert, dann ist das für mich ein Grund an Gottes Güte zu glauben.
Ich könnte nicht glücklich werden, wenn ich wüsste, dass wenn ich versuchen würde etwas schlechtes zu tun, dass ich das dann nicht machen kann.
Es geht dabei nicht darum, dass man was schlechtes macht, sondern einfach nur darum, dass man was schlechtes tun kann.
Diese Freiheit ist wichtig. Was wäre das denn für ein Gott, der seinen Gläubigern nicht mal soweit traut, dass er sie ständig kontrolliert und an der Leine lässt.

Ein bekannter von mir hat vor nicht allzu langer Zeit mal eine Predigt gehalten, in der es um fogendes Thema ging:
„Was unterscheidet Gott von Big Brother?“
Nehmen wir das Thema Big Brother mal für einen Moment auf (auch wenn ich das Zeug weder sehe, noch mag):
Wenn man bei diesem Kontainer die Tür zuschließen würde, dann würden nur noch ein viertel der Beewerber vorhanden sein.
Vor Beginn der Sendung wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass die Bewohner auf jeden Fall ständig die Möglichkeit haben rauszugehen. Die Tür steht jederzeit offen.
Keiner Teilnehmer geht dort hin, um wieder rauszugehen, sondern vielmehr um drin zu bleiben. Sie würden sich aber noch viel mehr „eingesperrt“ fühlen, wenn die Tür zu wäre.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass Gott will, dass wir uns aus freien Stücken zu ihm bekennen. Es macht doch keinen Spaß, an einen Gott zu glauben, wenn keine Alternative existiert.
So kann sich jeder von Gott abwenden und den Teufel oder Zeus oder nix oder sonstewas anbeten. Und das macht den Glauben erst wertvoll und glaubhaft.
Gott ist doch kein Tyrann. Gott ist sowas wie die personiefizierte Güte. Gott ist niemand, der Menschen zu etwas zwingt. Deshalb zerstört Gott auch keine Kirchen fremder Religionen. Jeder Mensch darf frei wählen, an was er glaubt und was er tut.

Das bedeutet natürlcih auch, dass einige ihre Freiheit ausschöpfen und missbrauchen. Das sowas wie böse Menschen existieren.
Aber ohne den freien Willen wäre ich nicht freiwillig Christ.

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Wenn Gott Wesen so geschaffen hat, daß sie fliegen können, dann ist Gott dafür verantwortlich, daß sie fliegen können. Wenn Gott Wesen so geschaffen hat, daß sie laufen können, dann ist Gott dafür verantwortlich, daß sie laufen können. Wenn Gott die Menschen so geschaffen hat, daß sie böses wollen können, dann ist Gott dafür verantwortlich, daß sie böses wollen können. Gott hätte die jeweiligen Wesen so erschaffen können, daß sie nicht fliegen, oder nicht laufen, oder nichts böses wollen können

Hallo Michael,

Gott hat den Insekten die Flügel gegeben, damit sie fliegen, aber er schreibt ihnen nicht vor, ob sie unbeschadet durch den Wald fliegen oder ob sie in einem Glas Limonade ersaufen.
Übertragen wir dann Deine weitere Ausführung bzgl. Gott/Menschen einmal in unseren Alltag. Dann wäre nicht der Fahrer eines schnellen Autos, der wegen überhöhter Geschwindigkeit jemanden tot fährt, zu bestrafen, sondern diejenigen müßten vor Gericht gestellt werden, die schnelle Autos konstruieren, bauen und verkaufen. Die Freiheit ist gottgewollt und gottgegeben, aber die aus der Freiheit resultierende Tat liegt nicht in der Verantwortlichkeit Gottes. Trotzdem kann man getrost das Scheitern der Freiheit als „eingeplant“ betrachten - und es ist ein Hinweis auf die unendliche Güte und Liebe Gottes, denn obwohl er die Schwachheit der Kreatur erkennt, bringt er ihr dennoch das Vertrauen entgegen sie in die Freiheit zu schicken.

Deine Rückfrage und die Art deiner Argumentation verdeutlicht aber sehr gut, wo im Grunde die Problematik aller(theologischen)
Gespräche liegt: Die wissenschaftlichen Definitionen und die Gesetze der Logik sind nicht beliebig auf transzendentale Phänomene anwendbar. Wir sprechen wissenschaftlich von Dingen, die eigentlich nicht Gegenstand der Wissenschaft sind, da immer bestimmte Komponenten als gesetzt angenommen werden müssen, ohne daß wir sie im streng wissenschaftlichen Sinne beweisen können

Übrigens werde ich mit zunehmendem Alter immer zufriedener damit, daß ich nicht auf alle meine Fragen eine Antwort bekomme.
Ich wäre des Staunens beraubt und zuletzt auch des Hoffens, hätte ich die Perspektive ALLES verstehen zu können.

Gruß
Christian

Gott hätte die jeweiligen Wesen so

erschaffen können, daß sie nicht fliegen, oder nicht laufen,
oder nichts böses wollen können.>>

Tja, ich denke, dass du da ganz richtig liegst. Gott ist dafür
verantwortlich, dass die Menschen Böses wollen können. Aber
das können ist wichtig. Gott ist keineswegs dafür
verantwortlich, dass die Menschen böses wollen.

Mein Punkt war: einem allmächtigem Gott sind in seiner Schöpfungskraft keine Grenzen gesetzt. Er hätte die Menschen so schaffen können, daß sie nicht böses wollen können. Er hat ihnen ja auch andere Möglichkeiten vorenthalten, so etwas das Fliegen oder die Wahrnehmung von Radioaktivität.

Ich stelle mir vor, ich wollte meinen Nahcbarn ermorden. (Das
will ich nicht, ist rein hypotetisch) Wenn ich jetzt also ein
Messer nehmen würde und versuchen würde auf ihn einzustechen
und dann führe ein Blitz aus dem Himmel und erschlägt mcih,
dann fände ich das Scheiße.

Das ist aber gar nicht die Alternative, die ich meinte. Die besteht einfach darin, daß Gott es so hätte einrichten können, daß es Grenzen Deines Wollens gibt. Er hätte die Menschen so erschaffen können, daß sie bestimmte Dinge nicht wollen können.

Ich weiß nicht, ob du verstehst, was ich sagen will.
Der Mensch will frei sein.

So hat ihn Gott geschaffen (denkst Du, nehme ich an)

Und ich weiß, dass ich alles tun

kann und mich nichts daran hindert, dann ist das für mich ein
Grund an Gottes Güte zu glauben.

Du kannst eben nicht alles tun; Gott hat Dir nur begrenzte Möglichkeiten eingeräumt, er hindert Dich z.B. daran zu fliegen, weil er Dir keine Flügel gegeben hat. Er hindert Dich daran, Ultraschall zu hören oder Infrarot zu sehen (andere Geschöpfe können das).

Ich könnte nicht glücklich werden, wenn ich wüsste, dass wenn
ich versuchen würde etwas schlechtes zu tun, dass ich das dann
nicht machen kann.

Das würdest Du aber gar nicht wissen, wenn dies von Gott so eingerichtet worden wäre. Und ein allmächtiger Gott hätte dies so einrichten können, denke ich.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass Gott will, dass wir
uns aus freien Stücken zu ihm bekennen. Es macht doch keinen
Spaß, an einen Gott zu glauben, wenn keine Alternative
existiert.

Geht es da um Spaß? Ich könnte mir vorstellen, daß es in dieser Liste eine Reihe von Gläubigen gibt, die meinen, das Glaube keine Frage von Spaß ist…

Gruß
Michael

Hallo Michael,

Gott hat den Insekten die Flügel gegeben, damit sie fliegen,
aber er schreibt ihnen nicht vor, ob sie unbeschadet durch den
Wald fliegen oder ob sie in einem Glas Limonade ersaufen.

Gott hätte die Welt so einrichten können, daß Insekten nicht in Limonade ersaufen müssen, sei es, weil sie nie in Gläser fallen, oder weil sie sich aus diesen wieder befreien können. Es hat Gott also „so gefallen“ diese Welt so einzurichten, daß in ihr Insekten in Gläser mit Limonade fallen und darin ertrinken.

Übertragen wir dann Deine weitere Ausführung bzgl.
Gott/Menschen einmal in unseren Alltag. Dann wäre nicht der
Fahrer eines schnellen Autos, der wegen überhöhter
Geschwindigkeit jemanden tot fährt, zu bestrafen, sondern
diejenigen müßten vor Gericht gestellt werden, die schnelle
Autos konstruieren, bauen und verkaufen.

In einem gewissen Sinne sehe ich diese Verantwortlichkeit des Herstellers tatsächlich. Die sehe ich z.B. auch für Wissenschaftler, die die Grundlagen für die Entwicklung der Atombombe geschaffen haben, auch wenn sie nicht diejenigen waren, die deren Einsatz befohlen haben.

Gruß
Michael

Hallo Michael,

ich befürchte fast, daß wir keinen Konsens finden werden, da Du in Deiner Argumentation kosequent logisch und wissenschaftlich vorgehst, der von uns behandelte Gegenstand „Gott“ aber größer ist als Logik und Wissenschaft und deshalb mit ihren Systemen nicht vollständig zu erfassen ist.

Gruß
Raiko

Gulp und hallo,
Ich habe nicht viel Zeit, deshalb werde ich zu den anderen Sachen noch ausführlich anworten.
Aber die Sache mit dem Spaß:
>
Natürlich geht es dabei auch um Spaß.
Ich kenne einen Jugendreferenten, der predigt ununterbrochen fast nur davon, wiviel Freude es macht an Gott zu glauben, mit ihm zu leben, ihm das Herz zu öffnen. Das ein wichtiger Aspekt ist, dass Gott unser Leben mit Freude füllt und uns Glück schenkt.
Wenn es keinen Spaß machen würde, würde das zwar nix an der Existens von Gott ändern, aber es würde viel daran ändern, wie ich zu Gott stehen würde.
Spaß und Freude und Glück und Liebe sind Dinge, die in meinem Leben als Christ eine wichtige Rolle spielen.
Und was sollte das ganze Neue Testament, wo jesus so oft sagt und zeigt, dass Gott kein Diktator ist, wenn Gott einer wäre?
Wenn Gott böse und fies wäre, dann wäre die mehr Hälfte der Bibel falsch.
Leben mit Gott macht Spaß. Wenn das nicht so wäre, würde ich seine Existens vielleicht akzeptieren, nie aber ihn.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Will auch was sagen …
Hallo Freunde,
da trifft man alle, die sich auch sonst bei der Frage nach der Existenz Gottes melden, wieder. Wäre doch merkwürdig, wenn der Stucki dabei fehlen würde. Also, auch hier meine unmassgebliche Meinung.
Ich versuche, nur das wieder zu geben, was ich hier so heraus lese und welche Gedanken mir dabei kommen.
Wenn ich im folgenden von „Gläubigen“ rede, meine ich Christen, einfach deshalb, weil hier (offensichtlich) keine anderen Gläubigen diskutieren und ich auch sonst nur Christen kenne (wozu meine besten Freunde gehören!). Ich denke aber, Moslems, Juden u.a. würden als Gläubige ähnlich argumentieren.

  1. Gläubige setzen ein Axiom an den Anfang: „Gott existiert!“ Von da aus geht dann die ganze Argumentationskette aus. Bemerkenswerterweise ist das genau das, was sie den Naturwissenschaftlern vorwerfen: Diese stellen Theorien auf, die Lücken haben und sich auf Postulaten und Axiomen (!!) stützen (letzteres ist natürlich falsch!) und deshalb können sie nicht stimmen, ist sie eher unwahrscheinlich. Man nehme besser das, was in der Bibel steht.

  2. Eine immer wieder kehrende Erklärung, ja DER rote Faden durch dieses ganze Brett „Reli + Ethik“, für das Böse ist, dass Gott dem Menschen einen freien Willen gegeben hat, und dieses doch gut ist, da es schlecht wäre, wenn er den Menschen nur als Automaten geschaffen hätte.
    Ist das nicht ein sehr, sehr „menschliches Zurechtgebastele“ des Gottesbildes?

  3. Das Böse in der Welt üben wie gesagt die Menschen aus. „Das Leid in der Welt ist ursächlich nicht in Gott begründet, sondern im Menschen, der mit der ihm anvertrauten Freiheit nicht umzugehen weiß“ (Raiko).
    Betrachtet man die ungeheuren Schlächtereien, Völkermorde, Folterungen, Grausamkeiten, die Menschen IM NAMEN GOTTES und häufig auch (angeblich) aufgrund von Prophezeiungen und Offenbarungen Gottes angestellt haben, kann man zu zwei Schlüssen kommen: 1. Es stimmt, dann haben wir den „grausamen Gott“, 2. es stimmt nicht, dann gab es bis heute keine oder nur sehr wenige Gläubige, Gott müsste darob eigentlich verzweifeln (jetzt aber bitte nicht damit kommen, dass er uns die Atombombe, Gentechnik usw. zwecks (Selbst-) Vernichtung schon geschickt hat!).

  4. Das Leiden des Menschen ist etwas Positives, aus dem heraus sich neue Kraft entwickelt.
    Ich zitiere Bettina Wiese:
    „Hat schon irgend ein Mensch sich entwickeln dürfen, ohne Schmerz und ohne Leid?“
    „Ich denke, Schwächen zeigen, Demut vor Großen usw. sind weitaus erwachsener als ‚verbitterter verkrampfter Atheismus‘.“
    „Nun noch ein Beispiel: Mir sind, sagen wir mal X Schmerzen zugefügt worden (ob ich sie ja auch zugelassen habe oder machtlos war spielt keine Rolle!) und ich fange an, in mir eine Veränderung zu spüren. Es kommen Gedanken, Gefühle über das Leben, die ich nie zuvor hatte, weil sich ein ganz anderes Bewußtsein entwickelt: Fragen nach dem Sinn des Lebens …“.
    Zitat Ende.
    Was hat das alles mit Gott zu tun?
    Die (positive, Weiter-) Entwicklung eines Menschen aufgrund leidvoller Erfahrungen sind im Menschen begründet und leider wohl eher die Ausnahme! Es gibt genügend Menschen, vielleicht die meisten, die daran schlicht und einfach zugrunde gehen.
    Warum auf der einen Seite „Demut vor Großem“, auf der anderen Seite „verbitterter verkrampfter Atheismus“? Wie ich schon an anderer Stelle sagte: Atheismus ist anscheinend immer noch irgendwie anrüchig.

  5. Das Leben hier auf der Erde ist ohnehin nur ein Zwischenspiel: „Setzt man also den Auferstehungsglauben voraus, so relativiert sich der Begriff des Leidens ohnehin, da es eine Sinnfülle bekommt, die gleichsam aus den recht kleinen Gedankensplittern des Sterblichen eine Erhöhung in das Göttliche erfahbar macht.“ (Raiko).
    Natürlich kann man das als Trost für die Leidenden ansehen, muss es nicht wie Marx als „Opium für das Volk“ ansehen. Aber - deutet die Geschichte der letzten 2000 Jahre nicht eher auf letzteres … ?

So, Ende, muss noch was anderes tun …
Gruss, Stucki

Lieber Christian,
nimm den folgenden Satz bitte symbolisch und nicht persönlich:
„Ist es nicht schon Blasphemie, dass Du den allmächtigen und gütigen Gott mit den beschränkten Fähigkeiten eines Menschen (Autokonstrukteurs) vergleichst?“
Das fragt Stucki

Wie dem auch sei, die Tatsache ob Gott existiert oder nicht
ist von der Theodizee Frage unabhaengig. D.h. falls er
existiert(woran ich fest glaube) werden manche Menschen damit
ein Problem haben. Was wird das aber an der Realitaet seiner
Existenz aendern? Nichts! Im Gegenteil, die Bibel ist voll von
Beispielen von Menschen die sich aus dem einen oder anderem
Grund gegen Gott auflehnten(und ich muss mich auch zu diesen
rechnen!!!). Was mit solchen Menschen passiert ist kann man
dort auch nachlesen.

Existiert Gott jedoch nicht, so braucht man sich natuerlich
ueber die Theodizee Frage keine Gedanken zu machen.

Wie dem auch sei, in beiden Faellen aendert sich eigentlich
nichts an unserer Realitaet. Deswegen meine Gegenfrage: Ist
die Theodizee Frage von einem praktischem Standpunkt aus
gesehen ueberhaupt sinnvoll?

Hallo,
die Theodizee-Frage ist vielleicht von einem praktischen Standpunkt aus gesehen nicht sinnvoll, aber sie stellt sich nunmal!
Wie Du selbst bemerkt hast, ist schon die Bibel voll mit Menschen, die an der Gerechtigkeit Gottes verzweifeln, das wohl eindrücklichste Beispiel ist Hiob! Warum Gott gut sein soll und es trotzdem Böses gibt, hat schon unsere sogenannten „Kirchenväter“ beschäftigt. Man kann dort die spannendsten Denkmodelle nachlesen (die im Übrigen immer wieder auftauchen). Schließlich hat Augustin den „richtigen Kniff“ gefunden, indem er (ich drücke mich jetzt etwas salopp aus, was hoffentlich keinen Augustin-Fan beleidigt) die Erbsünde „erfunden“ hat (allerdings kann er auch da nicht wirklich etwas für, denn da er kein Griechisch konnte, mußte er sich auf eine schlechte lateinische Übersetzung stützen). Augustins Modell ist ziemlich kompliziert, vereinfacht gesagt sind wir alle schon vor unserer Geburt schuldig. Da aber Gott nach Augustin das Böse weder wollen noch schaffen kann, liegt die Anlage zum Bösen im Freien Willen des Menschen, denn frei ist nach ihm nur, wer sich für das eine oder das andere entscheiden kann. Auch in diesem Thread kam ja immer wieder das Postulat auf, das der Mensch einen freien Willen hat.
Bei der Frage nach dem freien Willen geht es nicht darum, ob man nun durch Erziehung oder sonst etwas so geprägt ist, daß man vielleicht doch nicht frei ist, sondern darum, ob man vor Gott frei ist.
Ich möchte hier auf Luther und seine Schrift „de servo arbitrio“ (über den unfreien Willen) aufmerksam machen. Luther erläutert, daß nur Gott wirklich frei sein kann, denn wir Menschen sind zwar bezüglich der Dinge „unter uns“ frei, also z.B. wie wir uns unseren Mitmenschen gegenüber verhalten, aber nicht bezüglich Gott. Zudem ist Gott völlig anders als der Mensch. Das wird deutlich, wenn man über den Blick der „Ewigkeit Gottes“ nachdenkt, denn das beinhaltet, daß Gott nicht linaer unsterblich ist, sondern Ewigkeit bedeutet, daß für ihn Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart eins sind. Wie kann der Mensch also meinen, daß er in seinem eingeschränkten Denken mit Gott richten kann, wie kann der Mensch entscheiden, ob irgendetwas nun Gottes Güte ist oder nicht.
Luther stellt also fest, daß die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes eigentlich nicht legitim ist. Zugleich hält er daran fest, daß der Mensch ohne Gott nichts ausrichten kann, also unfrei ist. Er wird also eben nicht, wie man damals (und auch heute noch dachte) aufgrund seines freien und gefehlten Willens bestraft und muß leiden. Denn das würde ja auch den gefährlichen Schluß zulassen, daß die Menschen, die nicht leiden, irgendwie besser sind als alle anderen (und das sei allen Anhängern des freien Willens deutlich gesagt!). Die Gerechtigkeit Gottes ist also unbegreiflich, gerade deswegen ist sie für uns Menschen der stärkste Anfechtungsgrund. Wer glaubt, wird also um diese Frage nie herumkommen. Trost kann man wohl nur in den Psalmen finden und vir allem darin, daß selbst der Sohn Gottes, als den die Christen Jesus bekennen, in seinen letzten Worten an der Gerechtigkeit Gottes verzweifelt ist.
Meiner Meinung nach kann man mit Luther tatsächlich zur Theodizee-Frage nur sagen, daß wir Menschen sie, so sehr sie uns quält, nicht beantworten können. Gott läßt sich nicht logisch-menschlich verrechnen. Man kann also angesichts des Leidens nur darauf versuchen zu vertrauen, daß die Gerechtikgeit Gottes auch hier einen Ausgleich schafft.

Taju

Bravo Raiko!

Bin absolut einer Meinung mit Dir, habe mich bloß nicht getraut, diese Erklärung hier hinzusetzen. Du siehst, Du wirst auch gleich wieder mißverstanden. Wollte Dir nur schreiben, daß es noch einen Menschen gibt, der das, was Du schriebst „weiß“.

Liebe Grüße von BW

Erweiterter Denkfehler?

Gott hätte die Welt so einrichten können, daß Insekten nicht
in Limonade ersaufen müssen, sei es, weil sie nie in Gläser
fallen, oder weil sie sich aus diesen wieder befreien können.
Es hat Gott also „so gefallen“ diese Welt so einzurichten, daß
in ihr Insekten in Gläser mit Limonade fallen und darin
ertrinken.

Hallo Michael

Die Diskussion ist interessant, aber mir ist aufgefallen, daß insbesondere Deine Argumentation an (mindestens) einer stillen Annahme hängt, die an dem obigen Beispiel klar wird:

Gott hat es gefallen, die Welt so einzurichten, daß Insekten ertrinken können. Ist das ein Problem? Ja und zwar dann, wenn der Tod das letzte Wort hätte, wenn Existenz lediglich aus dem Leben hier bestehen würde. Dann wäre mit dem Tod alles zu Ende und die Möglichkeit des Ertrinkens wäre eine Katastrophe.

Ich denke, daß man bei der Theodizee-Frage mitberücksichtigen muß, daß mit einem Gott der Tod nicht das letzte Wort hat. Damit ist die Möglichkeit des Todes bei weitem nicht mehr so katastrophal.

Gruß
Thomas

Ueber das Leid
Hallo,

also, nachdem ich hier verschiedene Antworten durchgelesen habe, moechte ich dazu einiges sagen. Zunaechst, wie soll man die Theodizee Frage am besten beantworten?

a) wie Paulus:
Roemer 9,19:„Nun sagst du zu mir: Warum beschuldigt er uns
dann noch? Wer kann seinem Willen widerstehen? 9,20 Ja, lieber
Mensch, wer bist du denn, daß du mit Gott rechten willst?
Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich
so?“
Diese Antwort koennte man vielleicht auch so formulieren: wir wissen die Antwort nicht, sondern muessen uns damit abfinden das Gott es so will.

b) Vielleicht lohnt es sich nochmal darueber nachzudenken was wir ueberhaupt unter Uebel/Leiden verstehen. Ist das ueberhaupt so negativ zu sehen wie wir es tun? Nach unserem menschlichem Standpunkt aus gefallen uns verschiedene Dinge in der Welt nicht und wir empfinden das als schlecht. Vielleicht liegt es auch an unserer eigenen Bewertung? Als Beispiel wuerde ich gerne Jesus nehmen der als Mensch ohne Suende doch sehr viel erlitten hat. Was sagt die Bibel dazu?

Hebraer 2,10: "Denn es ziemte sich für den, um dessentwillen alle Dinge sind und durch den alle Dinge sind, daß er den, der viele Söhne zur Herrlichkeit geführt hat, den Anfänger ihres Heils, durch Leiden vollendete. "

Es steht das Jesus durch Leiden vollendet wurde! Hoechst bemerkenswert, wenn wir bedenken das Jesus Gott war. Also gibt es vielleicht doch Sinn in dem Leiden? Gott hat seinen eigenen Sohn(bzw. sich selbst) nicht vor dem Leiden verschont, wieso sollen wir selbst verschont werden?

Auch Paulus, obwohl viele Menschen durch sein Gebet geheilt wurden, wurde selbst nicht von seiner Krankheit heil und schrieb bezogen auf Gottes Antwort:

2.Korinther 12,9: „Und er hat zu mir gesagt: Laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne.“

Also sah er auch in seinem Leiden einen Sinn und es brachte ihn nicht zur Auflehnung gegen Gott.

Insofern sollten wir uns ueberlegen ob es nicht Sinn macht auch das Leiden neu zu bewerten? Vielleicht ist das was wir Uebel nennen letztendlich gar nicht so schlecht sonder kann auch zu unserer Entwicklung beitragen.

Schliesslich und endlich moechte ich noch ueber Vertrauen zu Gott sprechen. Schliesslich glaube ich dass Gott viel Intelligenter ist als wir Menschen und die Theodizee Frage auch kennt. Ich denke er weiss genau warum er all die Dinge in der Welt zulaesst, bzw. warum er die Welt so geschaffen hat, auch wenn wir ihn nur selten verstehen koennen. Insofern ist das vielleicht die beste Antwort: Gott vertrauen dass er alle die Probleme kennt, auch alle Gedanken die uns so viel Kopfzerbrechen verursachen, und dass er alles zum besten fuehren wird, wenn wir nur unseren Teil(Gottes Gebote befolgen) tun. Dazu noch ein Vers:

Röm 8,28: „Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluß berufen sind.“

Wohlbemerkt geht die Liebe zu Gott mit der Einhaltung seiner Gebote Hand in Hand:

Johannes 14,15:„Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.“
Johannes 14,21:„Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist’s, der mich liebt.“

Gruss Abe…