Liebe Leute,
zu meiner heutigen Frage gibt es eine Vorgeschichte:/t/ich-lieb-dich-nur-wenn-du-mich-nicht-liebst/4681194
Zusammenfassung: Ich traf mich regelmäßig mit einer Frau, verliebte mich in sie, konnte aber Zuneigungen ihrerseits nur schlecht ertragen. Ich bekam gelegentlich leichte Panikattacken, ganz ähnlich denen, die ich in meiner Ehe erlebt hatte. Ich hatte es für mich so diagnostiziert, dass ich durch die Erlebnisse in der Ehe übersensibilisiert und mein Körper gewissermaßen konditioniert wurde auf Zuneigungen mit Panik zu reagieren, weil die Zuneigungen es mir ja schwerer machten, aus dieser Ehe auszusteigen.
Ihr habt damals darauf hingewiesen, es könne sich um Bindungsangst handeln, also um ein Phänomen meiner Persönlichkeit, das schon VOR der Ehe bestand und sich in dieser erst mit Symptomen zeigte. Die Erlebnisse in der Ehe haben trotzdem die Reizschwelle herabgesetzt, so dass jetzt schon geringere Anlässe genügen, damit ich mit Panik reagiere.
Ich habe eure Hinweise ernst genommen und die Bücher „Ich lieb dich nicht, wenn du mich liebst“ von Delis und „Nah und doch so fern – Beziehungsangst und ihre Folgen“ von Carter und Sokol gelesen. Ich habe mich in den Beschreibungen des „aktiven Vermeiders“ gut wiedererkannt, und auch die Dynamik einer Beziehung, die unter einer gestörten Nähe-Distanz-Regulierung leidet, konnte ich sehr gut aus eigener Erfahrung nachvollziehen.
Soviel zum Hintergrund. Jetzt der aktuelle Fall:
Meine Fast-Freundin, von der in meinem früheren Posting die Rede war, hat vor etwa 4 Wochen Schluss gemacht. Meine Beziehungsangst spielte dafür aber nur eine untergeordnete Rolle. Sie gab als Gründe an, dass unsere Persönlichkeiten nicht zueinander passten und sie auch keine Verliebtheitsgefühle entwickelt habe. Ich hatte danach intensiven Liebeskummer. Ich habe ihr eine Woche nach dem Schlussmachen eine Mail geschrieben, mit der ich versuchte, sie zurückzugewinnen. Wir schrieben dann noch ein paar Mal hin und her und mittlerweile bin ich über diese Fast-Beziehung hinweg und will sie auch nicht mehr zurück.
Am Freitag lernte ich im Zug eine Frau kennen. Wir unterhielten uns sehr angeregt, tauschten am Ende Telefonnummern und telefonierten gestern Abend ziemlich lange. Am Ende verabredeten wir uns zu einem Treffen am Mittwoch. Ein Gläschen Wein trinken. Wir scheinen auf einer Wellenlänge zu sein, haben zu vielem dieselben Ansichten, lachen viel.
Als dieses Telefonat zu Ende war, ging ich ins Bett und das Theater ging wieder los: Ich konnte nicht schlafen, begann zu schwitzen, war nervös und musste viel schlucken. Das ging gefühlte zwei Stunden so, bis die Müdigkeit dann doch siegte. Heute früh leichter Durchfall. Ich hatte gestern Abend im Bett keine Gedanken wie: „Oh nein, muss ich jetzt eine Beziehung anfangen?!“ oder so was. Ich habe eigentlich gar nichts gedacht, sondern mich nur über die Reaktionen meines Körpers gewundert und geärgert. In dem Telefonat war von Beziehung etc. überhaupt nicht die Rede. Ich habe absichtlich nicht geflirtet, sondern das Ganze auf einer kumpelhaften Ebene gelassen. Nun ja, sie hatte sich aber anscheinend sehr gut unterhalten und dem Treffen sofort zugestimmt. Man würde sich etwas vormachen, zu glauben, das Treffen wäre kein Date, bei dem man sich wahrscheinlich näherkommen wird und den Gedanken an eine mögliche Liebesbeziehung im Hintergrund hat.
Nun meine Fragen: Was kann ich denn dagegen tun, dass ich so reagiere? Leider hat das Buch „Nah und doch so fern“ nicht viel zur Lösung des Problems gesagt. Es klang eher so: „Lernen sie, mit ihrer Beziehungsangst umzugehen. Eine wirkliche Heilung gibt es nicht.“ Sie gaben ein paar Tipps, u.a. auch den, eine Psychotherapie zu machen.
Wenn ich gute Erfolgsaussichten hätte, würde ich auch eine Therapie machen, denn die Angelegenheit beeinträchtigt mein Glück schon recht stark. Nur welche Therapieform wäre da geeignet? Bei Phobie liegt die kognitive Verhaltenstherapie nahe, nur habe ich die schon damals, als ich noch in der Ehe lebte, bei zwei Therapeuten probiert, die aber noch nicht einmal auf die Idee kamen, es könne sich bei mir um Bindungsangst handeln. Diese beiden Therapien haben mir also fast gar nicht geholfen. Bis zu praktischen Übungen sind wir damals gar nicht gekommen. Die jeweils 12 Sitzungen dienten nur dazu, das Problem zu definieren, was, wie gesagt, meiner heutigen Meinung nach nicht gelang. Wie also könnte eine Therapie aussehen?
Oder gibt es Alternativen zu einer Therapie?
Und wie soll ich mich gegenüber dieser Frau verhalten? Die Panik kommt ja immer erst hinterher, wenn ich wieder allein bin. Während des Zusammenseins fühle ich mich immer sehr wohl.
Falls es Folgedates gibt und die Sache etwas ernster werden sollte, würde ich ihr erzählen, was mit mir los ist und sie könnte dann für sich entscheiden, was sie mit diesen Informationen anfängt.
Viele Grüße, Herbert