Schöpfergötter und Trinität
Hi.
wie wird eigentlich die Trinität ausgelegt.
Ich habe mich vor einigen Wochen dazu schon einmal hier verbreitet und poste ganz unten den leicht gekürzten Text nochmals.
geschrieben steht das Gott sich als Vater als Sohn und als Heiliger Geist zeigt.
Ja, das ist die Grundaussage des trinitarischen Dogmas von Nicäa. In den biblischen Texten steckt das allerdings noch nicht unmittelbar drin.
Das Paradox der Trinität - also die Sohnschaft des Jesus, d.h. sein Status als Geschöpf, bei gleichzeitiger Wesensgleichheit mit seinem ´Vater´, dem Schöpfer - verdankt sich den unterschiedlichen Jesusidealen zweier Phasen des Christentums, die ich Christentum I und Christentum II nenne: Ersteres ist die ursprüngliche Phase mit einer zur Gottessohnschaft erhöhten (adoptierten) Jesusfigur, letzteres die hellenistische Phase mit der Idee eines Jesus als seit jeher präexistenter Gottessohn.
Eine präexistente Gottessohnschaft ist also nicht als ursprüngliche Lehre anzusehen. Sie hat sich nachträglich in die Christologie hineingeschlichen, z.B. durch die Adaption der Logoslehre des Philon von Alexandria im Johannesevangelium. Durch die kaiserlich forcierten Entschlüsse des Konzils von Nicäa wird Jesus endgültig als vollwertiger Gott etabliert, d.h. als Gott ´von Geburt´ her, nämlich durch den Vatergott. Erst das ermöglicht die Anbetung der Jesus-Figur als Gott, statt als zum Gott erhobenen Menschen. Für die Ausbreitung des Christentums im Römischen Reich war also eine Modifikation des Jesusideals erforderlich: das Upgrading des Christus zur präexistenten Göttlichkeit.
Das Paradox erklärt sich also aus den verschiedenen Umständen, unter denen das Christentum I und das Christentum II sich herausbildeten: Für Christentum I musste Jesus ein Mensch sein, der die Unterdrückten zur Identifikation einlud; für Christentum II musste er vom Start weg ein Gott sein (Präexistenzlehre), den auch die römische Oberschicht bedenkenlos anbeten konnte. Zudem fiel durch die Präexistenzlehre die ursprünglich rebellische Aura, die dem Menschen Jesus, der ein Gott wird, um an der Seite eines anderen Gottes zu regieren, anhaftete.
Ist die Schöpfung von Gott so gewollt ? wohl nicht sonst bedürften wir keiner erlösen und er hätte sie wohl kaum durch eine Sinnflut auslöschen wollen.
Das sind theologische Erwägungen, die einen Glauben an diesen Gott voraussetzen. Religionswissenschaftlich gesehen, ist der christliche (bzw. jüdische) Schöpfergott ein ideelles Derivat älterer Schöpfergötter des Alten Orients, vor allem des Hochgottes El der phönizisch-ugaritischen Religion (welcher von den Isra-EL-iten vermutlich ursprünglich verehrt wurde, bevor Jahwe seine Stelle einnahm), und des babylonischen Schöpfergottes Marduk, dessen Gestalt und Funktion im babylonischen Schöpfungsepos „Enuma Elish“ vermutlich ebenfalls Modell stand für das Jahwe-Verständnis der israelitischen Königszeit (so z.B. der Alttestamentler Sigmund Mowinckel).
Was spricht denn eigentlich gegen die Auslegung der Gnosis Gott hat die Welt geschaffen als paradies also Vollkommen jedoch der göttliche Teil im Menschen (der dermigur) schafft sich in dem er Gott verärgert eine unvollkommene Welt ?
Diese gnostische Konstruktion ist wissenschaftlich gesehen genauso unbeweisbar und spekulativ wie die christliche. Für meinen Geschmack hat die Gnosis zwar teilweise sehr viel wertvollere Einsichten geliefert als das Christentum, das Konzept des Schöpfergottes aber muss - so oder so - heute, außer für konservative Gläubige, als veraltet gelten.
Der eigentliche Ur-Gott der Gnosis, auch der „unsichtbare Gott“, der „Urvater“, „das Eine“, „der Urgrund“, „die Urtiefe“ und „der Uranfang“ genannt, ist der Schöpfer aller Äonen (= in etwa: Götter) und hat seinen Ort im Pleroma, dem göttlichen Lichtreich. Als erstes erschuf er (in der Barbelo-Gnosis) das weibliche Prinzip, die Barbelo (= das erste Äon), mit welcher zusammen er u.a. den Autogenes, den gnostischen Christus, erzeugt. Ein untergeordneter weiblicher Äon, die Sophia, bringt eigenmächtig - also ohne „syzygie“, d.h. ohne sexuellen Gefährten - den Demiurgen Jaldabaoth hervor, der, da ihm die wahre Göttlichkeit der anderen Äonen fehlt, die materielle Welt und die Menschen generiert, um über sie zu herrschen.
Mit diesem Konzept hatten die Gnostiker den jüdischen Schöpfergott Jahwe in den negativen Gegenpol des „guten“ Ur-Gottes umfunktioniert. Für die Gnosis repräsentiert Jahwe nicht das Gute des unendlichen Lichtreichs, sondern die Herrschsucht und Aggressivität eines zu kurz gekommenen Pseudo-Gottes.
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Zur Trinität:
Der wichtigste Teil der Trinität, die Binität (Gottvater und Christus), wurde nach langen, z.T. physisch brutalen Auseinandersetzungen zwischen Athanasiern und Arianern in Nicäa in eine Formel gepresst . Die Trinität ist ein Produkt der Hellenisierung des Christentum durch die Adaption des Neuplatonismus von Plotin (der paradoxerweise ein Gegner des Christentums war). Plotin lehrte, angeregt durch Platon, das absolut Eine (Hen), aus dem stufenweise abwärts Emanationen hervorgehen, zunächst der Nous (Vernunft, Geist), dann die Weltseele und dann last and least das Materielle. Mehrere Kirchenväter, z.B. Ambrosius, Eusebius und Kyrill, hatten Plotin rezipiert, auch im Hinblick auf eigene trinitätstheoretische Spekulationen.
Unschwer ist zu erkennen, dass das Hen dem Gottvater, der Nous dem Christus und die Weltseele dem Heiligen Geist zugeordnet werden können, auch wenn das klassische Trinitätskonzept von dem neuplatonischen Muster etwas abweicht. Das Hen ist das Alleshervorbringende, der Nous ist die weltdurchspannenden Vernunft (im Sinne des Logos = Christus im Joh-Ev) und die Weltseele die Kraft, die das Göttlliche (das Hen) mit dem Materiellen in Beziehung setzt, also innerlich belebt. Letztere Funktion entspricht in etwa der des Heiligen Geistes, welcher freilich nicht, wie bei Plotin, alles materielle Leben durchdringt, sondern als erleuchtendes Eindringen des Göttlichen in das menschliche Bewusstsein zu verstehen ist.
Das Judentum kennt dieses Konzept unter dem Namen ´ruach´, was ´Gottesatem´ bedeutet, aber mit ´Wind´ konnotiert ist. Das bezieht sich eine Art der übernatürlichen Erfahrung, die sich zumeist in exzessiven Licht- und Farbwahrnehmungen äußerte, welche als Manifestion eines Gottes interpretiert wurden. Allerdings umfasst das christliche Verständnis des Heiligen Geistes auch moderatere Phänomene wie religiöse Inspiration und das (vermeintliche) Gefühl der Gottesnähe. Die Formel des nicäanischen Konzils lautet, dass der Heilige Geist „aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht“ und „durch die Propheten (gesprochen) (hat)“.
Die offizielle katholische Deutung der Trinität hat sich erst nach einer Korrektur der Binitätslehre von Nicäa herausgebildet, nämlich 382 auf der Synode von Konstantinopel. Bekanntlich hatte Konstantins Sohn und Nachfolger Constantius II. das nicäischen Dogma der Wesenseinheit von Vater und Sohn außer Kraft gesetzt, weil er an dessen Logik zweifelte. Nach seinem Tod wollte Kaiser Julian wieder die römische Religion einführen, was sein früher Tod auf einem Feldzug aber verhinderte. Ab 380 gelang es dem Athanasius-Anhänger Theodosius I., das alte nicäanische Modell durchzusetzen, freilich runderneuert: Die Trinitätslehre wurde verfeinert durch die Differenzierung zwischen Ousia und Hypostase. Ousia ist das Wesen Gott, also die Ganzheit des Göttlichen. Hypostasen sind die drei Aspekte, unter denen sich dieses Göttliche offenbart. Das stellt sich in etwa so dar:
´Gott´ ist das Ganze, das sich offenbart als: 1) Gott-Vater = Schöpfer, 2) Gott-Sohn = Erlöser und 3) Heiliger Geist = vom Vater und vom Sohn ausgehende Inspiration. Diese Formen sind von personhafter Individualität (theologisch abstrakter: sie sind Hypostasen) und zugleich untrennbar aufgehoben im Ganzen des Gottes.
Wie kann man sich das vorstellen? Ich versuche eine simple Analogie: Die drei Lichter einer Verkehrsampel sind klar voneinander unterschieden. Ihre Bedeutung (ihr Wesen) ergibt sich aus der ´Ganzheit´ des Systems, innerhalb dessen sie so definiert sind, dass das Wesen eines Lichtes mit dem Wesen der anderen Lichter untrennbar verbunden ist: Rot bedeutet nur deshalb Stop, weil Grün Fahren und Gelb Aufpassen bedeutet. Grün bedeutet nur deshalb Fahren, weil Rot Stop bedeutet usw. Die drei Lichter definieren sich wechselseitig. In diesem Sinne ist das Wesen jedes Lichtes in jeweiligen Wesen der anderen Lichter enthalten. Die drei Lichter bilden also eine Ganzheit (die Ampel), die in drei funktionale Aspekte zerfällt, die nur im Rahmen der Ganzheit Sinn machen. Die Lichter sind also relationale Größen, ihr Wesen besteht in ihrer wechselseitigen Bezogenheit.
Ob das nun die Trinität verstehbarer macht oder (vermutlich eher) nicht - die Binität innerhalb der Trinität ist und bleibt heikel, solange das Verhältnis zwischen Gott-Vater und Gott-Sohn nicht geklärt ist. In Nicäa heißt es, dass Jesus aus dem Vater gezeugt wurde und daher das gleiche göttliche Wesen wie der Vater hat. Problematisch daran ist, dass Jesus von alles hervorbringenden Gott, bei gleicher Wesenhaftigkeit, nicht zu unterscheiden ist, was seiner Herkunft aus diesem Gott widerspricht, denn als Sohn ist er kein Alles-Erzeugender. Die Synode von Konstaninopel versucht dieses Dilemma durch die Hypostasenlehre zu lösen, indem die göttliche Ganzheit (ousia) das Wesen aller seiner Hypostasen (Vater, Sohn, Geist) bildet. Vater, Sohn und Geist haben als Hypostasen also teil am umfassenden Wesen Gottes (ousia).
Chan