Die Veränderung

Heute aufgeschnappt, und für bemerkenswert befunden.

Das Urkilogramm.
Es verliert an Gewicht.

Das verursacht der Wissenschaft, der exakten, massive Probleme. Ihr fehlt nun die Orientierung. Und sucht jetzt verzweifelt nach derselben - das Urkilogramm ist für bestimmte Wissenschaften nur mehr ein Prototyp, der ihr Wissen in Frage stellt!!! - indem sie z.B. ein Siliziumkristall als Nachfolgermodell präsentieren möchte.

Netter Versuch :grin:

Denn offensichtlich ist die Veränderung die einzige natürliche Konstante.

Wie seht ihr das?

Franz

2 Like

Drama, es geht immerhin um 50 Millionstel Gramm in hundert Jahren! (Wenn ich dem Internet trauen darf)

Die Neudefinition in einem anderen Material ist übrigens schon seit längerem geplant - und wird wohl im kommenden Jahr dann auch fix.

Gruss,
Little.
(Dieser Post kann Spuren von Sarkasmus enthalten)

Das Urkilogramm ist keine Definition, sondern eine messbare Größe. Sie ist nicht konstant.
Was machen wir, wenn sich das Atommodell auch messbar verändert?
Wieder neue Definition einer anderen messbaren Größe oder doch sich an erste „Definitionen“ von Veränderung wagen?

Franz

???

oder nicht doch eher denkbar?

Schöne Grüße

MM

Das Problem beim Kilogramm ist, dass jedesmal wenn man es in die Hand nimmt ein paar Atome abgerieben werden. Das Ur-Kilogramm nimmt also jedes Jahr ab.

Grundsätzlich will man aber Standards haben, welche sich in jedem, entsprechend ausgerüsteten, Labor, in beliebiger Genauigkeit, herstellen lassen.

Celsius nahm z.B. den Schmelz- und Siede-Punkt von Wasser und teilte das Ganze in 100 gleiche Abschnitte. Somit konnte jeder Forscher auf der Welt seine eigenen Thermometer herstellen.
Reaumur machte das selbe, unterteilte dann aber in 80 Einheiten. Allerdings verwendete er Ethanol in seinem Thermometer, welches sich nicht gleichmässig ausdehnt.
Wasser hatte jeder Forscher zur Verfügung und eine Flamme, um es zum Kochen zu bringen, war auch in jedem Labor zu finden. Eis war wohl das grösste Problem. Im Winter wird es in den meisten westlichen Regionen frei Haus geliefert. Es gibt aber auch die Möglichkeit über endotherme Vorgänge dies auch im Labor zu erzeugen.
Später merkte man dann, dass, vor allem der Siedepunkt, auch noch vom Luftdruck abhängig ist. Aber den kann man im Labor auch wie gewünscht einstellen oder messen.

Für alle Basiseinheiten hat man nun Definitionen über physikalische Naturkonstanten, nur nicht für das Kilogramm. Alle anderen Einheiten lassen sich dann über diese Basiseinheiten ableiten.

Der erste Versuch beim Kilogramm war dann, dass man einen Platin-Iridium-Zylinder mit 39x39mm nahm. Solch einer konnte dann auch in jedem Labor hergestellt werden.
Allerding ist dies heute zu ungenau, besonders weil das entsprechende Ur-Kilogramm Herstellungsfehler aufweist.

Eine erste Definition basierte auf einem Kubikmeter, einem Kubikdezimeter und einem Kubikzentimeter Wasser. Zuerst wurde die Wassertemperatur auf 0°C festgesetzt und später auf 4°C geändert. Wasser hat bei 4°C seine grösste Dichte. Dieser Punkt kann im Labor auch ohne ein Thermometer bestimmt werden. (z.B. Eiswasser langsam erwärmen und wenn das Volumen am kleinsten ist, hat man den Punkt gefunden.)

Dann stellt man ein neues Teil her. :smile:

Die Idee hinter der Siliziumkugel besteht darin eine definierte Anzahl Atome zu nehmen. Die jetzige Definition geht über die Dichte und definiert eine Kugel mit den passenden Massen. Die passend genaue Bestimmung der Dichte funktioniert nur bei Kristallen, welche zudem rein sein müssen. Grosse und reine Silizium Einkristalle werden für die Halbleiter-Herstellung in Massen hergestellt, sind also relativ einfach verfügbar.

Theoretisch könnte man auch mit einem Rastertunnelmikroskop eine genau abgezählte Anzahl Atome auf einen Haufen stapeln. Würde aber ein paar Ewigkeiten dauern.

Neben der Silizium-Kugel sind noch drei weitere Definitionen im Rennen. 2019 soll dann festgelegt werden, wie das Kilogramm in Zukunft definiert wird.

Hierzulande liest man besonders viel über die Silizium-Kugel, weil es für Laien anschaulich und verständlich ist und es ein deutsches Projekt (PTB) ist.

MfG Peter(TOO)

2 Like

Kann man ein Modell messen? Ja, schon, aber was ist ein Modell? Eine entscheidende Grundsatzfrage der Philosophie.

Das unterstellt , dass ein Modell eine Abbildung der Wirklichkeit sei, was generell nie möglich ist. Aber meines Erachtens ist ein Modell keine Abbildung der Wirklichkeit, sondern eine neue sozial-psychologischer ERFINDUNG der Wirklichkeit.

Um eine wahre Idee von einer falschen zu unterscheiden, geht es m. E. nicht darum, die Wirklichkeit eins zu eins abzubilden, was nie gelingen kann. Da hatte Platon eine statisches Denken, indem er glaubte, es müsse der Wissenschaft immer besser gelingen, die Wirklichkeit als Fortschritt exakt abzubilden.

„Wahrheit ist eine Lüge“ behauptet der Physiker und Kybernetiker und Computer-Experte Heinz von Foerster. Nun, da hat der Kölner Philosoph Markus Gabriel recht, wenn er diesen „radikalen Konstruktivismus“ seiner Begründer, den beiden Ösi-Amerikanern, Heinz von Foerster und Ernst von Glasersfeld seinen „neuen Realismus“ gegenüberstellt, Und ich füge hinzu: Wahrheit ist nicht nur eine Lüge, wie Heinz von Foerster behauptet (obwohl seine Provokation sehr nützlich ist, um ein statisches philosophisches und tradiertes Weltbild aufzubrechen!), sondern Wahrheit bestätigt sich zukünftig.

Wahr ist, was dem Überleben dient, das ist nach einem modernen, fortschrittlichen Neo-Pragmatismus einzig und allein wahr und nicht etwa (Schopenhauer schreibt „etwan“), die Wirklichkeit exakt im Maßstab eins zu eins abzubilden.

Das Atom-Modell ist eine ERFINDUNG (!) des griechischen Philosophen Demokrit. Daran kann man GLAUBEN, muss man aber nicht. Wenn es wahr sein sollte, dass die Wissenschaft in ihren Theorien und Modellen eine ideologische Stütze sind für das praktische Erfahrungswissen einzelner Berufsgruppen, zum Beispiel der Ingenieure, dann mag das statische Atom-Modell durchaus nützlich sein. Und nicht nur allein für Ingenieure, sondern auch für Ärzte, Bäcker, Metzger, Maurer usw., Berufsgruppen, die mit der „Materie“ arbeiten.

Wenn ich mir als Philosoph ein Hochaus vorstelle, auf dessen einzelnen Stockwerken ganz unterschiedliche Berufe tätig sind, so sagt der GLAUBE an eine Generalisierung des Atom-Modells wenig aus über die Wirklichkeit.

Das verändert sich andauernd die „Statik“ der realen Wirklichkeit, weil diese ja immer gerade neu im Entstehen ist, nicht nur bei den kreativen Künstlern, die ebenfalls auf irgendeinem Stockwerk arbeiten, sondern auch bei Ingenieuren, Ärzten, Rechtsanwälten und so weiter.

Und in diesem von mir bewusst konstruierten Hochhaus-Modell wäre es doch regelrecht lächerlich, wenn rationalistische Dogmatiker in diesem Hochhaus-Modell einzig und allein nur die winzigen Steinchen als „Wahrheit“ gelten lassen wollten, aus denen das Hochhaus sicherlich einmal gebaut wurde, von kreativen Architekten, die nicht „etwan“ (wie Schopenhauer schreibt) die Wirklichkeit abbilden wollten, nach dem IDEAL einer Wissenschaftstheorie nach dem statischen Weltbild des griechischen Philosophen Demokrit, sondern die die Wirklichkeit verändert, d. h. entwickelt haben.

Wenn man ein erfundenes wissenschaftliches Modell, wie das Atom-Modell, exakt „vermessen“ will, und man stellt eine tatsächliche Veränderung auch der „statischen Wirklichkeit“ (die ja andauernd in Bewegung ist, es gibt keine Statik in diesem Kosmos, was schon Heraklit lehrte) fest, so misst man ja nur seine eigenen Ideen, die der Mensch in den Kosmos projiziert, um diese Ideen zu verifizieren.

Popper hat mit seiner Wissenschaftstheorie des „kritischen Rationalismus“ gegen den US-Philosophen Paul Kuhn argumentieren wollen, indem er seine Theorie des Falsifizierens konstruierte, was ja läppisch ist. So viel kann niemals falsifiziert werden, wie Popper sich das theoretisch vorstellte, weil Weltbilder statisch sind.

Wohlgemerkt, die Weltbilder, insbesondere die Begriffe, mit denen sie konstruiert wurden, sind statisch. Die Welt niemals. Aber diese Sprach-Konstrukte halten sich aus rein politischen Gründen über Jahrtausende hinweg, als „Realität“, eine nur vom Menschen selbst erfundene Kosmologie, die aus politischen Gründen nützlich, d. h. statisch ist. Das Atom-Modell gewährleistet die politische Nützlichkeit.