Kann man ein Modell messen? Ja, schon, aber was ist ein Modell? Eine entscheidende Grundsatzfrage der Philosophie.
Das unterstellt , dass ein Modell eine Abbildung der Wirklichkeit sei, was generell nie möglich ist. Aber meines Erachtens ist ein Modell keine Abbildung der Wirklichkeit, sondern eine neue sozial-psychologischer ERFINDUNG der Wirklichkeit.
Um eine wahre Idee von einer falschen zu unterscheiden, geht es m. E. nicht darum, die Wirklichkeit eins zu eins abzubilden, was nie gelingen kann. Da hatte Platon eine statisches Denken, indem er glaubte, es müsse der Wissenschaft immer besser gelingen, die Wirklichkeit als Fortschritt exakt abzubilden.
„Wahrheit ist eine Lüge“ behauptet der Physiker und Kybernetiker und Computer-Experte Heinz von Foerster. Nun, da hat der Kölner Philosoph Markus Gabriel recht, wenn er diesen „radikalen Konstruktivismus“ seiner Begründer, den beiden Ösi-Amerikanern, Heinz von Foerster und Ernst von Glasersfeld seinen „neuen Realismus“ gegenüberstellt, Und ich füge hinzu: Wahrheit ist nicht nur eine Lüge, wie Heinz von Foerster behauptet (obwohl seine Provokation sehr nützlich ist, um ein statisches philosophisches und tradiertes Weltbild aufzubrechen!), sondern Wahrheit bestätigt sich zukünftig.
Wahr ist, was dem Überleben dient, das ist nach einem modernen, fortschrittlichen Neo-Pragmatismus einzig und allein wahr und nicht etwa (Schopenhauer schreibt „etwan“), die Wirklichkeit exakt im Maßstab eins zu eins abzubilden.
Das Atom-Modell ist eine ERFINDUNG (!) des griechischen Philosophen Demokrit. Daran kann man GLAUBEN, muss man aber nicht. Wenn es wahr sein sollte, dass die Wissenschaft in ihren Theorien und Modellen eine ideologische Stütze sind für das praktische Erfahrungswissen einzelner Berufsgruppen, zum Beispiel der Ingenieure, dann mag das statische Atom-Modell durchaus nützlich sein. Und nicht nur allein für Ingenieure, sondern auch für Ärzte, Bäcker, Metzger, Maurer usw., Berufsgruppen, die mit der „Materie“ arbeiten.
Wenn ich mir als Philosoph ein Hochaus vorstelle, auf dessen einzelnen Stockwerken ganz unterschiedliche Berufe tätig sind, so sagt der GLAUBE an eine Generalisierung des Atom-Modells wenig aus über die Wirklichkeit.
Das verändert sich andauernd die „Statik“ der realen Wirklichkeit, weil diese ja immer gerade neu im Entstehen ist, nicht nur bei den kreativen Künstlern, die ebenfalls auf irgendeinem Stockwerk arbeiten, sondern auch bei Ingenieuren, Ärzten, Rechtsanwälten und so weiter.
Und in diesem von mir bewusst konstruierten Hochhaus-Modell wäre es doch regelrecht lächerlich, wenn rationalistische Dogmatiker in diesem Hochhaus-Modell einzig und allein nur die winzigen Steinchen als „Wahrheit“ gelten lassen wollten, aus denen das Hochhaus sicherlich einmal gebaut wurde, von kreativen Architekten, die nicht „etwan“ (wie Schopenhauer schreibt) die Wirklichkeit abbilden wollten, nach dem IDEAL einer Wissenschaftstheorie nach dem statischen Weltbild des griechischen Philosophen Demokrit, sondern die die Wirklichkeit verändert, d. h. entwickelt haben.
Wenn man ein erfundenes wissenschaftliches Modell, wie das Atom-Modell, exakt „vermessen“ will, und man stellt eine tatsächliche Veränderung auch der „statischen Wirklichkeit“ (die ja andauernd in Bewegung ist, es gibt keine Statik in diesem Kosmos, was schon Heraklit lehrte) fest, so misst man ja nur seine eigenen Ideen, die der Mensch in den Kosmos projiziert, um diese Ideen zu verifizieren.
Popper hat mit seiner Wissenschaftstheorie des „kritischen Rationalismus“ gegen den US-Philosophen Paul Kuhn argumentieren wollen, indem er seine Theorie des Falsifizierens konstruierte, was ja läppisch ist. So viel kann niemals falsifiziert werden, wie Popper sich das theoretisch vorstellte, weil Weltbilder statisch sind.
Wohlgemerkt, die Weltbilder, insbesondere die Begriffe, mit denen sie konstruiert wurden, sind statisch. Die Welt niemals. Aber diese Sprach-Konstrukte halten sich aus rein politischen Gründen über Jahrtausende hinweg, als „Realität“, eine nur vom Menschen selbst erfundene Kosmologie, die aus politischen Gründen nützlich, d. h. statisch ist. Das Atom-Modell gewährleistet die politische Nützlichkeit.