Diphtherie Impfen /die Menschen vom Klauen abhalten

Sprachen Deutsche Sprache
#1

Hallo!

die Mäuse stehlen und die Menschen können es auch. Man kann die klauenden Mäuse mit Meerzwiebeln töten bzw. außer Gefecht setzen. Kann man die Menschen durch Impfen mit Diphtherie vom Klauen abhalten? Oder bin ich hier auf dem Holzweg und kann den Text nicht verstehen?

Danke sehr

Kleinholz ist gar nicht sprachlos, Kleinholz ist so was gewöhnt. »Hab ich was gesagt, daß du ’nen geklaut hast? Keinen Ton hab ich gesagt. Mäuse klauen auch, Mäusefraß haben wir immer. Müssen wir mal wieder Meerzwiebeln legen oder Diphtherie impfen, Kube.«

#2

Vielleicht wäre eine Quellennennung (Autor(in), Jahr, …) ganz hilfreich. Immerhin könnte es helfen die damaligen Impfmethoden und Gefährlichkeit der Diphthterie einzuschätzen.

#3

Das ist von Hans Fallada.
https://www.you-books.com/book/H-Fallada/Kleiner-Mann-Was-Nun

Gruß

#5

Hallo Nadja,

der Zusammenhang ist anders: Kleinholz deckt Kube, der geklaut hat, und meint, dass die Ware ja auch wegen Mäusefraß weggekommen sein kann. „Meerzwiebeln legen oder Diphtherie impfen“ werden in diesem Lager offenbar gegen Mäuse angewandt. Meerzwiebel (Scilla bifolia) war ein sehr verbreitetes Mittel, eine gezielte Impfung einzelner Mäuse mit Diphtherie, um den ganzen Bestand zu vernichten, klingt zwar abenteuerlich, wäre aber durchaus auch denkbar.

Damals wie heute ging es darum, die Mäuse zu treffen, ohne die gelagerte Ware zu vergiften.

Schöne Grüße

MM

1 Like
#6

Hallo Aprilfisch,

Ich versuche es zu verstehen, aber bin anscheinend auf dem falschen Dampfer. Für mich kommt „impfen“ eher als Präventionsmaßnahme infrage und nicht, um jemanden oder ein Tier zu infizieren, oder? Impfen gegen Corona zum Beispiel. Aber wie kann man konkret Mäuse infizieren und das mit Meerzwiebeln. Was hat „Meerzwiebel“ mit Diphtherie zu tun? Viele Fragen!!!

Grüße

#7

Servus,

Auslegen von Meerzwiebeln dient der Bekämpfung von Mäusen im Lager: Sie fressen die für sie giftigen Zwiebeln.

Wenn man einzelne Mäuse mit Diphtherie infiziert („Impfen“ heißt erstmal nur, dass man eine Substanz in den Körper einbringt, das kann eine Schutzimpfung sein oder auch was anderes), führt das dazu, dass sie den ganzen Bestand anstecken, der dann weitgehend oder ganz zugrunde geht.

Fraßköder zur Bekämpfung von Mäusen sind nur bedingt wirksam, wenn Dinge in der Nähe sind, die sie lieber fressen als den Köder.

Wenn ich die Aufgabe hätte, den Text zur leichteren Lesbarkeit (etwa durch „Millenials“ und „Digital Natives“) zu vereinfachen, schriebe ich

Mäuse klauen auch, Mäusefraß haben wir immer. Müssen wir eben mal wieder was gegen die Mistviecher unternehmen, Kube.

Schöne Grüße

MM

#8

„Impfen“ kann mehrere Bedeutungen haben:

  • jemand wird (un)absichtlich mit irgendwas geimpft (z.B. abgelaufenem Corona-Impfstoff. Oder aus kriminellen Motiven als Drohung von wg. HIV-Infektion)
  • man wird mit Worten „geimpft“, z.B. der Anweisung „Maske tragen, Abstand halten“ (mit der Absicht, Schlimmeres zu verhindern)
1 Like
#9

Danke Aprilfisch,

was ich immer noch nicht kapiere, ist die Krankheit „Diphterie“. Das ist doch eine Krankheit, die die Menschen befällt. Soweit ich verstanden habe, kann man, wenn sie nicht schnellt behandelt wird, davon ersticken und sterben. Diphterie ist eher eine menschliche Krankheit. Oder meint Fallada in diesem Text vielleicht, dass Diphterie als Stellvertreter für die Krankheit allgemein steht?
Es gibt doch diesen Terminus, wenn man eins für alle in der Gruppe verwendet. Ich weiß nimmer mehr, wie das heißt. Weißt du, was ich meine? Von Individuen wird generalisiert und das Individuum steht für alle in der Gruppe.

Grüße

Grüße

#10

Meinst du vielleicht pars pro toto?

1 Like
#11

Das müsste sein. Es gibt sogar einen Terminus für die umgekehrte Richtung

#12

Servus,

Sie wird durch ein Bakterium ausgelöst, ist also weniger spezifisch als Virusinfektionen. Es gibt außer Menschen einige Tiere, bei denen sie regelmäßig tödlich verläuft.

Die Sprache, die Fallada und vor allem seine Protagonisten hier verwenden, ist sehr konkret - deswegen habe ich schon gezögert, meine „vereinfachte“ Version anzubringen. Jedenfalls zu konkret, um hier Metaphorik und Stilfiguren zu vermuten.

Schöne Grüße

MM

2 Like
#13

Weitere Vorschläge: „Einer für alle, alle für einen“
„Kennt man einen, kennt man alle“

#14

Das wäre totum pro parte.

1 Like
#16

Hallo Nadja

wenn du den Satz

so abänderst

Müssen wir mal wieder giftige Meerzwiebeln als Köder auslegen oder die Mäuse mit Diphtherie impfen, Kube.

wird es klarer?

Man kann „mit“ etwas impfen

  • Pferdemist mit Pilzsporen um Champignons zu züchten
  • Mäuse mit Diphterie um sie zu töten

oder „gegen“ etwas impfen

  • Pferde gegen Infuenza
  • Hunde gegen Tollwut
  • Menschen gegen Diphterie

Gruß h.

3 Like
#17

ja, „IMPFEN“ hat noch andere Bedeutungen als ich dachte. Wahscheinlich müsste es sich bei mir eingebürgert haben, dass „impfen“ immer gegen etwas ist. Alles ist gut.

Grüße

#18

Wobei ich aber eher glaube, dass ‚impfen‘ hier ein Euphemismus ist. Ich würde impfen auch nicht anders verstehen als du.

1 Like
#19

Oh Penegrin! Wunderbar. Ich suchte genau dieses Wort, „Euphemismus“
Heute ist das Forum mit drei Ausdrücken reicher gewodern

Euphemismus
Pars pro toto
totum pro parte

Alle drei klingen so schön!

Grüße/ Ich danke dir

#20

Wenn es nach dem Klang der Begriffe geht, könnte man noch ein Hendiadioin suchen - wird aber in diesem Text nicht fündig werden…

Schöne Grüße

MM

#21

Ich habe schon ein Hendiadyoin für Euphemismus.

Das Gegenstück zum Euphemismus unter den Stilmitteln ist der sogenannte Dysphemismus oder Pejorativ. Erweitern wir die Liste zu zwei Paaren, die schön klingen

Euphemismus
Dysphemismus
Pars pro toto
totum pro parte

Grüße

#22

Das kommt mir nicht so vor. Die Grimms mal wieder beschreiben die ursprüngliche Bedeutung von impfen als einpflanzen, pfropfen und die heutige Bedeutung als mit der Technik der Pockenschutzimpfung aus England eingeführt - dort wurde grafting (= Einsetzen eines Edelreises bei einer Pflanze) für die neu entwickelte Technik verwendet. Das Einimpfen von (bis ins 18. Jahrhundert noch lebenden) Pockenviren war zunächst auch nichts anderes als eine gezielte, aber wohldosierte Infektion mit Pocken.

Zur heutigen positiven Bedeutung ist die Impfung auf dem Weg über die Schutzimpfung gekommen. Ich erinnere mich noch vage, dass das zu Zeiten der pösen, pösen Allgemeinen Pflicht zur Teilnahme an der Pockenschutzimpfung auch noch so ausführlich gesagt wurde.

Schöne Grüße

MM