Dipl.jur. oder Ass.jur. - das ist hier die Frage

Guten Tag, liebe Experten

Vielleicht ist es das falsche Forum, an das ich mich wende, trotzdem hoffe ich, dass jemand „Licht ins Dunkel“ bringt.

Unsere Tochter hat in München Jura studiert und im Frühjahr 2009 das 2.Staatsexamen abgelegt. Das Ergebnis war nicht berauschend, weshalb sie im Herbst zum Verbesserungsversuch antreten wollte. Der Herbst zog ins Land und sie in Ausland… Das Frühjahr kam und ging, sie aber nicht zur Prüfung. Seither haben wir auch nie mehr was davon gehört.

Wenn es stimmt, was ich herausgefunden habe, hat sie durchs Nichtantreten offensichtlich die Verbesserungschance verspielt, da sie spätestens dieses Jahr die Prüfung wiederholen hätte sollen. Richtig oder falsch?

Mittlerweile zweifle ich daran, dass sie das 2.Staatsexamen überhaupt geschafft hat, denn komischerweise findet sich auf ihrem Berufsprofil als Abschluss 5/2009 ein Dipl. jur. Meines Wissens lautet der Titel nach bestandenem 2.Staatsexamen aber Ass. jur., und zwar wohl unabhängig vom miestesten Prüfungsergebnis, weshalb mein „Verdacht“ nicht ganz von der Hand zu weisen ist.

Wenn ich nun – in dubio pro reo – davon ausgehe, dass sie das 2.Staatsexamen bestanden hat, zwar grottenschlecht, aber immerhin und die Verbesserungschance durch Fristverstreichung in den Sand gesetzt hat, wäre sie noch immer Ass. jur. und nicht Dipl. jur. Gibt es irgendeine Erklärung für dieses „Phänomen“?

Bevor wir unsere Tochter zur Rede stellen und sie uns einen Bären auf die Nase bindet, weil wir uns in der dt. Studienordnung nicht auskennen, begebe ich mich auf Spurensuche nach des Rätsels Lösung. In Österreich ist die Sache relativ einfach. Man macht den Magister und feiert den mit der Sponsion. Oder man promoviert.

Wie erfolgt in Deutschland die Titelverleihung? Ohne großes Trara, ich meine ohne akademische Feier? Muss man den Titel beantragen und kriegt den mit der Post zugestellt? Wie kommt man an ein Ass.jur? Gehen wir mal von der Unschuldsvermutung aus: Sie hat die Prüfung bestanden, dann hätte sie doch längst den „richtigen Titel“ abgerufen…angemahnt…ihrem Namen drangehängt und stünde nicht das „schmalbrüstige Dipl.jur“ in ihrem Profil.

Ehe es bei uns zu Hause kracht, möchte ich Gewissheit, ob wir uns einen falschen Reim gemacht haben oder hinters Licht geführt wurden…

Vielen Dank im Voraus fürs Lesen dieser langen Anfrage – und natürlich schon mal danke für alle Antworten.

Ein schönes Wochenende und liebe Grüße an alle Auskunftsfreudigen.

Magritte

sorry, in diesem Thema kenne ich mich nicht aus.
januario

Hallo,

nach meinem Kenntnisstand beträgt die Frist zur Anmeldung zum Verbesserungsversuch 3 Monate.

Den Titel Ass. Jur. erhält man unverzüglich nach der mündlichen Prüfung. Den Titel erhält man wenige Tage schriftlich per Post.Eine Feier (zumindest eine offizielle) gibt es nicht. Nach Verleihung des Titals dürfte man sich so nennen, wobei viele Juristen den Titel Diplom Jurist weiterführen, da dieser für viele wohlklingender ist. Wäre Ihre Tochter durchgefallen hätte Sie einen Bescheid erhalten und wäre aufgefordert wurden die Nachprüfung zu absolvieren.

Ich hoffe, ich konnte etwas weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Brunow
Rechtsanwalt

Sehr geehrte Dame,

nach dem 2. Staatsexamen führt man den Titel Ass. jur… Wenn man sich als Anwalt zulässt wird aus Ass.jur. der Rechtsanwalt (RA). Wenn Ihre Tochter den Titel Dipl. jur. führt, ist das ein Hinweis, dass man eben „nur“ das 1. Staatsexamen erfolgreich abgelegt hat.

Ich hoffe, ich konnte helfen.

Mit freundlichen Grüßen

Nicolai Kutz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

www.kapitalanwalt.de

Sehr geehrte Frau Rechtswältin Kutz,

vielen Dank für die prompte Erklärung. Ein Kollege hat gemeint, viele Juristen würden den Titel Dipl.jur. weiterführen, denn er sei wohlklingender.

Es geht meines Erachtens nicht um wohlklingender, sondern das XING-Profil unserer Tochter, und aus dem lese ich heraus, dass sie uns hinters Licht geführt hat, ansonsten stünde - „titelgeil“ wie sie ist - dort kaum 5/2009 Dipl.jur. Ich wollte mich in diesem Forum nur vergewissern.

Ich sehe nun doch klarer, vor allem aber ROT. Wie hoch ist der Strafrahmen bei „Kindesmord“? Mildernde Umstände sind mir gewiss, weil ich die Tat aus einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütserregung heraus begehen werde… Spaß beseitige. Solche Folgen wirds nicht haben, dafür andere…

Einen schönen Abend und einen guten Start ins Wochenende.

Mit freundlichen Grüßen
Magritte

Sehr geehrter Herr Rechtanwalt Brunow,

danke für Ihre nette Erklärung, aber ich glaube nicht, dass sich unser Nachwuchs deswegen mit Dipl.jur. schmückt, weils besser klingt, sondern da sie - vermutlich - die Prüfung nicht geschafft haben wird.

Ich werd dem Fräulein Tochter mal auf die Finger klopfen, denn mit dieser Art von Wahrheitskosmetik stösst man bei mir auf wenig Gegenliebe. Sie hat den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen auf Null reduziert. Schade, schade…

Auf ins wohlverdiente Wochenende.

Beste Grüße
Magritte

Sie hat offenbar auf Diplom studiert. Den Rest finden Sie im Juristenausbildungsgesezt.

Nein,unsere Tochter hat nicht auf Diplom studiert, sondern wollte in die Anwaltschaft und dafür reicht ein Dipl.jur. bekanntlich nicht.

Vielen Dank für die Antwort und Ihnen noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße
Magritte

Guten Tag, margritte,

zunächst muss ich sagen, dass ich kein Experte im Prüfungsrecht bin. Trotzdem hier meine Antwort:

Wenn ich nun – in dubio pro reo – davon ausgehe, dass sie das
2.Staatsexamen bestanden hat, zwar grottenschlecht, aber
immerhin und die Verbesserungschance durch Fristverstreichung
in den Sand gesetzt hat, wäre sie noch immer Ass. jur. und
nicht Dipl. jur. Gibt es irgendeine Erklärung für dieses
„Phänomen“?

Der Titel Diplomjurist wird meines Wissens nach von einigen Universitäten nach dem ersten Staatsexamen verliehen. Er hat jedenfalls nichts mit dem zweiten Staatsexamen zu tun.

Wie erfolgt in Deutschland die Titelverleihung? Ohne großes
Trara, ich meine ohne akademische Feier? Muss man den Titel
beantragen und kriegt den mit der Post zugestellt? Wie kommt
man an ein Ass.jur?

Es gibt keine Titelverleihung, sondern auf dem Zeugnis für das zweite Staatsexamen ist die Berechtigung vermerkt, die Bezeichnung Assessor zu führen.

Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben,
schöne Grüße,
Foehranwalt

Hallo Margritte,

ehrlich gesagt, finde ich es nicht schön , andere zu befagen, bevor Du mit Deiner Tochter redest.
Und ich will unbedingt klarstellen, dass das erste und noch mehr das 2. Staatsexmaen hammerschwere Prüfungen sind, die man nicht mal eben so macht oder wiederholt o.ä.
An diesen Prüfungen sind schon einige gute gescheitert. Die psychische Belastung ist unglaublich und bei einigen auch nicht einfach wieder gutzumachen. Einige sind nicht mehr die gelichen Menschen wie vorher.
Unterstütz Deine Tochter - anstatt ihr noch mehr Stress zu machen. Den hat sie bestimmt schon genug!

Nach dem Bestehen der ersten juristischen Staatsprüfung ist man berechtigt sich „ref.iur.“ zu nennen, in einigen Bundesländern kann man bei der Hochschule gegen Gebühr beantragen, sich auch „dipl.iur.“ nennen zu dürfen, um auch vor dem Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung eine Bezeichnung führen zu können, die im Rechtsverkehr geläufig ist.

Mit dem Bestehen der zweiten juristischen Prüfung ist man berechtigt, sich als „ass. iur.“ zu bezeichnen.

Die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung wird mit der Aushändigung des Zeugnisses bestätigt, dies geschieht in der Regel im Rahmen einer kleiner Feierstunde, eine offizielle Titelverleihung oder ein Antragsverfahren zur Führung der entsprechenden Bezeichnung existiert nicht.

Guten Tag, Lottie

eine nicht bestandene Prüfung wäre kein Beinbruch gewesen. Enttäuschend ist die „Vorspiegelung falscher Tatsachen“. Und noch enttäuschender, dass wir einen Abschluss gefeiert haben, den es - offensichtlich - gar nicht gibt und den unsere Tochter bis heute nicht nachgeholt hat. Das ist der springende Punkt!

Danke jedenfalls für Ihre Ausführungen.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

Magritte

Hallo und guten Tag

herzlichen Dank für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Magritte

Bayerische JAPO
Hallo

Wenn es stimmt, was ich herausgefunden habe, hat sie durchs
Nichtantreten offensichtlich die Verbesserungschance
verspielt, da sie spätestens dieses Jahr die Prüfung
wiederholen hätte sollen. Richtig oder falsch?

Grds. richtig: §15 (bayer.) JAPO besagt "Prüfungsteilnehmer, die eine Staatsprüfung
bei erstmaliger Ablegung in Bayern bestanden
haben, können die Prüfung zur Verbesserung
der Prüfungsgesamtnote einmal wiederholen.
2Die Möglichkeit der Wiederholung besteht
nur bei dem nach Abschluss des laufenden
Prüfungstermins beginnenden nächsten
oder übernächsten Prüfungstermin.!

Meines Wissens lautet der Titel nach bestandenem 2.Staatsexamen aber
Ass. jur., und zwar wohl unabhängig vom miestesten
Prüfungsergebnis, weshalb mein „Verdacht“ nicht ganz von der
Hand zu weisen ist.

Das ist nicht unabhängig vom „miesesten Prüfungsergebnis“. Die Prüfung ist nur bestanden, wenn die Prüfungsgeamtnote höher ist als 4,0 Punkte, § 67 III JAPO

":Wie erfolgt in Deutschland die Titelverleihung? Ohne großes Trara, ich meine ohne akademische Feier?

Ja

Belege und weiterführendes zum vorgesagten: http://lmgtfy.com/?q=zweites+juristisches+Staatsexam…

sollte Ihre Tochter das oben stehende Ergebnis in der zweiten Prüfung bestanden haben: Glückwunsch an Ihrer Tochter - nicht an Sie - sie ist Ass. Jur. Wenn sie es nicht bestanden hat sollten sie sich weniger mit dem Gedanken herum tragen, ob Ihre Tochter vielleicht Geheimnisse vor ihren Eltern hat, sondern sich viel mehr die Frage stellen, warum sie über eine solche Niederlage nicht mit Ihnen reden kann. Bei den Erwartungen die sie an Ihre Tochter zu stellen scheinen wundert mich nicht, wenn sie Hemmungen hätte Ihnen mit einem, in Ihren Augen wohl geringwertigen Titel wie Dipl. Jur. unter die Augen zu treten. Ansonsten schließe ich mich meinem/r Vorredner/in an: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man bei derartigen Prüfungen Unterstützung braucht und keinen Druck. Und am allerwenigsten braucht man im Nacken den heißen Atem von Eltern, die vorab den Familienkrach im Internet ankündigen.

Guten Morgen

Vielen Dank für Ihre Ausführungen.

Lassen Sie mich bitte hier eines richtigstellen: Wir sitzen und sassen keinem unserer Kinder je im Nacken, hatten keine hochgeschraubten Vorstellungen oder gar Erwartungshaltungen in Bezug auf irgendein vermeintliches Spitzenprüfungsergebnis. Im Gegenteil. Ein Durchfallen oder schlechtes Abschneiden bei irgendeiner Prüfung wird bei uns nicht zum Familiendrama hochstilisiert. Ich wundere mich nur, dass sie nicht in der Lage war, darüber zu reden, weil man bei uns über alles reden kann - ohne dass wir laut werden oder unsere Kinder deswegen an die Wand nageln. Offensichtlich haben Sie einen falschen Eindruck von mir gewonnen. Auch der Titel ist ohne Belang, weshalb wir schon 2x nicht verstehen, was dieses „Anschwindeln“ bringen sollte. Mamma mia, dann wäre sie halt durchgefallen oder mit schlechtestens Ergebnis durchgekommen. Wir hätten gemeinsam darüber gelacht und sie es eben nochmals versucht. Und das ist der springende Punkt: Wir haben einen Abschluß gefeiert, wo es nichts zu feiern gab. Und jetzt frag ich Sie, wie Sie in dem Fall reagieren würden. Sie würden wohl auch kaum vor Begeisterung an die Decke springen, wenn Sie plötzlich draufkommen, dass Sie an der Nase herumgeführt wurden… Es ist, wie es ist. Für uns auch gelaufen. Sie hat sich selbst am allermeisten geschadet, in dem sie die Termine sausen ließ. Das Thema ist abgehakt!

Einen schönen Tag noch.
Mit freundlichen Grüßen

Magritte

Hallo,
es täte mir leid, wenn ich einen falschen Eindruck von Ihnen gewonnen hätte. Ich habe dann wohl die Tatsache, dass Sie ihr Familienleben in der Öffentlichkeit ausbreiten bevor Sie mit den Beteiligten darüber sprechen und Ihre missglückte Formulierung von „schmalbrüstigen“ Titeln falsch aufgenommen.

Aber ob Ihre Kinder mit Ihnen über alles reden können oder nicht ist nicht von Ihrer Entscheidung abhängig, sondern vom Empfinden Ihrer Kinder. Und das wird sich wohl davon ableiten, wie Ihre Kinder sie erlebt haben - gute Vorsätze hin oder her.

Ich möchte das Verhalten Ihrer Tochter auch nicht entschuldigen, aber als jemand der selber schon (ordnungsgemäß) vom Examensversuch zurückgetreten ist weiß ich, wie schwer das anderen zu vermitteln ist. Und manchmal braucht man dafür eben seine eigene Zeit. Andere, die tatsächlich durchgefallen waren konnten sich, entgegen Ihrer ansonsten sehr pflichtbewussten Persönlichkeiten und trotz des bevorstehenden Wiederholungsversuchs, ca. zwei Monate nicht mehr mit Jura beschäftigen.

Sie mögen das Verhalten Ihrer Tochter als Betrug empfunden haben, allerdings haben Sie auch keinen Anspruch mehr auf vollständige (bewusst in Anführungszeichen) „Kontrolle“ über das Leben Ihrer vermutlich volljährigen Tochter. Ich wünsche Ihnen viel Verständnis füreinander und das Sie mit dieser schwierigen Situation so positiv und gut wie möglich zusammen umgehen können.