Diplomarbeit Geld und Zivilisation

Hallo liebe Leute!

Ich schreibe eine Diplomarbeit in Soziologie mit dem Thema Geld und Zivilisation.

Viele soziologsiche Klassiker, aber auch modernere Autoren haben was
zum Geld und / oder zum Kapitalismus gesagt.

Meine Arbeit ist als ideengeschichtlicher Vergleich angelegt.

Ich vergleiche:

Karl Marx (Das Kapital, Grundrisse)
Georg Simmel (Die Philosophie des Geldes)
Max Weber (Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus)
Werner Sombart (Liebe, Luxus und Kapitalismus)

und:

Norbert Elias (Über den Prozess der Zivilisation, die Höfische Gesellschaft, Studien über die Deutschen)
Karl Polanyi (The Great Transformation)

Meine Fragestellung in der Diplomarbeit ist folgende:

Wurde das Geld von den oben genannte Autoren als zivilisierend (positiv)oder entzivilisierend wahrgenommen?

Ich konnte die Frage fĂĽr jeden Autor beantworten.

Jetzt das verwirrende: Mein Prof. meint, dass bei mir die THESE fehlt.

Ich frage mich, was eine These in einem ideengeschichtlichen Vergleich sucht? Ein ideengeschichtlicher Vergleich ist doch eher explorativ, oder?

Kann mir jemand weiterhelfen und mir sagen, wie das mit der These gemeint war?

Ich hätte da zwar eine Art These, die möchte ich aber erst ins Forum stellen, wenn mir mal jemand gesagt hat, was eine These in einem ideengeschichtlichen Vergleich sein könnte. Ich will keinen verunsichern.

Ich bin fĂĽr jede Hilfe dankbar!

Hochachtungsvoll verweilend

Der Colonel

P.S.: Ich weiss was eine These ist, aber nicht, welchen Sinn und Zweck sie in einem ideengeschichtlichen Vergleich erfĂĽllt!

Hallo Colonel,

Meine Arbeit ist als ideengeschichtlicher Vergleich angelegt.

Ich vergleiche:

Karl Marx (Das Kapital, Grundrisse)
Georg Simmel (Die Philosophie des Geldes)
Max Weber (Die Protestantische Ethik und der Geist des
Kapitalismus)
Werner Sombart (Liebe, Luxus und Kapitalismus)

und:

Norbert Elias (Über den Prozess der Zivilisation, die Höfische
Gesellschaft, Studien ĂĽber die Deutschen)
Karl Polanyi (The Great Transformation)

Meine Fragestellung in der Diplomarbeit ist folgende:

Wurde das Geld von den oben genannte Autoren als zivilisierend
(positiv)oder entzivilisierend wahrgenommen?

Ich konnte die Frage fĂĽr jeden Autor beantworten.

Jetzt das verwirrende: Mein Prof. meint, dass bei mir die
THESE fehlt.

Ich frage mich, was eine These in einem ideengeschichtlichen
Vergleich sucht?

Mag sein, dass ich Dich missverstehe, aber mit „These“ scheint hier einfach die Forschungshypothese gemeint zu sein, also um mal ein Beispiel statt vieler Worte zu geben:

„Die Wahrnehmung der zivilisierenden Funktion des Geldes hat sich im Laufe der Jahre von 1840-1930 so und so verschoben und da und dort in dies und das differenziert, etc.“

Diese These zu belegen, ist nun die Aufgabe Deines „ideengeschichtlichen Vergleichs“.

Ein ideengeschichtlicher Vergleich ist doch
eher explorativ, oder?

dies lässt sich meinem Verständnis nach so nicht sagen; selbstverständlich kann man in der Ideengeschichte, wie in jedem anderen Feld auch explorativ vorgehen und versuchen, Thesen zu generieren;
genauso aber lässt sich eine These an Hand dieser genannten Texte zu belegen versuchen.

Qualitative Sozialforschung etwa geht ja auch nicht nur rein „explorativ“ vor (auch wenn ihre „Gegner“ sie auf diese Funktion gerne beschränken).

Aus meiner Sicht ist der „explorative Teil“ Deiner „Studie“ bereits durch die Zusammenstellung der Literatur weitgehend abgedeckt, denn Du wirst sie wohl nach bestimmten Gesichtspunkten (Generierung einer Hypothese!) ausgewählt haben, und nicht weil sie in der UB zufällig nebeneinanderstanden …

Ich hätte da zwar eine Art These, die möchte ich aber erst ins
Forum stellen, wenn mir mal jemand gesagt hat, was eine These
in einem ideengeschichtlichen Vergleich sein könnte. Ich will
keinen verunsichern.

  1. Warum bringst Du die These nicht einfach?
  2. Warum fragst Du nicht einfach den Prof.?

Viele GrĂĽĂźe
franz

Werter Franz Ben!

Deine Antwort hat mir um einiges mehr weitergeholfen
als du wahrscheinlich denkst!

Erst mal: Ein RECHT HERZLICHES DANKE SCHĂ–N!

Du fragst, warum ich meinen Professor nicht fragte.
Eine berechtigte Frage.

Er hat in seinen Lehrveranstaltungen 500 Leute plus sitzen
und ist dadurch zeitlich sehr eingeengt. Er hat erst wieder
in einem Monat Zeit.

Meine These wäre gewesen: Das Geld und die Ökonomie sind dermassen
komplex, dass die Auswirkungen desselben unterschiedlich wahrgenommen wurden.

Also knapp: Das „Geld“ und dessen Auswirkungen sind rational nicht so ohne weiteres fassbar.

Deine Idee zur These bringt die Zeit- und Ă„nderungskomponente hinein.
Super Idee!

Ich hab meine These nicht gebracht, weil ich mal Ideen aus dem Forum
sehen wollte. Ich hatte Skrupel, weil ich dachte, dadurch die Meinung der Forumsteilnehmer zu lenken.

Aber danke mal fĂĽr die Anregung!

Ich arbeite deine Idee mal durch und modifiziere sie!

Danke

Der Colonel

Hier Colonel,

vielleicht noch ein Hinweis von mir in Ergänzung zu Franz. Ich bin zwar keine Soziologe, aber Politikwissenschaftler und korrigiere bisweilen auch Diplomarbeiten, wenn mein Chef nicht die Zeit dazu hat. Deshalb weiß ich auch, wie Gutachten zu Diplomarbeiten entstehen. Typischerweise bedient man sich einer Datei mit Textbausteinen, die man nur noch zu einem Gutachten zusammenschieben muss. Und darin werden dann klassischerweise die folgenden Kriterien abgehakt:

Wird eine Forschungsfrage gestellt und beantwortet bzw. eine (Hypo-)These plausibel generiert und falsifiziert bzw. verifiziert?
Wie hoch ist die Quellenkenntnis?
Wie hoch ist das theoretische Niveau, die sog. Konstruktqualität?
Wie hoch ist die Methodenkompetenz?
Wie komplex sind die dargestellten Aspekte?
Sind die dargestellten Aspekte folgerichtig und nachvollziehbar (Plausibilität und Stringenz)?
Erfolgt die Argumentation eigenständig oder käut die Arbeit nur die Literatur wieder?
Wie ist die eigene analytische Leistung im Verhältnis zu den rein deskriptiven Elementen einzuschätzen?
Sind die Ausführungen präzise?
ErfĂĽllen Stil und Gestaltung die Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeit?

Gerade weil manche Profs 50 und mehr Arbeiten im Semester bearbeiten mĂĽssen, empfehle ich den Examenkandidat/innen immer, besonders in Einleitung und Schlussteil mit dem sprachlichen Holzhammer aufzuwarten, indem

a) eine klare Fragestellung oder Hypothese fĂĽr die Fragestellung benannt wird. Im Idealfall wird diese auch im Layout durch Fettdruck oder einen Kasten hervorgehoben.
b) Eine Verortung der Arbeit in der Disziplin vorgenommen wird. Viele Gutachten beginnen mit den Worten „Die vorliegende arbeit ist auf der Schnittstelle von A und B angesiedelt.“
c) Die gewählten Methoden kurz umrissen werden. Dabei sollt kurz erläutert werden, die Reliabilität, Validität und Objektivität erreicht werden sollen.
d) In der Schlussbemerkung klar ein Bogen zur Einleitung gespannt wird.

Im Ăśbrigen hat Franz natĂĽrlich Recht, dass auch vergleichende ideengeschichtliche Arbeiten problemlos mit vergleichsleitenden Hypothesen arbeiten.

Viele GrĂĽĂźe,

Matthias

Also Matthias und Ben,

ich muss euch beiden sagen, ihr habt beide
ganze Arbeit geleistet, und das, was ich wissen wollte knapp,
präzise und verständlich zum Ausdruck gebracht.

Im Forum wird oft viel gequatscht und pseudoklug dahergeschwafelt.

Dass die ersten beiden Antworten so hilfreich sein würden hätte
ich mir nicht gedacht!

Meine DA wird schon gänzlich umgemodelt und ganz präzise auf
Fragestellung und These umgemodelt!

DANKE NOCHMALS!

Danke fĂĽr die Liste, Matthias!