Moin Jürgen,
Ich denke, dass die Entscheidung, dass etwas diskriminierend
ist, grundsätzlich ein Kompromiss der Gesellschaft ist.
Nein, diskriminierend ist alles, was grundsätzlich eine bestimmte Personengruppe von etwas ausschließt. Gesellschaftlich relevant ist höchstens die Frage, ob diese Diskriminierung als „normal“ angesehen wird, oder nicht. Vor etlichen Jahren fand man bei uns in D die Vorstellung, dass Frauen in der Bundeswehr Dienst an der Waffe leisteten, offenbar so absurd, dass man dies nichteinmal als Möglichkeit vorsah.
Dieser
Kompromiss wird dadurch herbeigeführt, dass sich bestimmte
Bevölkerungsgruppen (oder Vertreter davon) wehren.
Was meinst du hier mit „Kompromiss“?
Entweder man schließt bestimmte Bevölkerungsgruppen von etwas aus, oder eben nicht. Ich sehe hier wenig Kompromissmöglichkeit. Selbst die Möglichkeit, die für mich als Kompromiss geeignet wäre, wie im konkreten Beispiel, zu bestimmten Zeiten mal die eine, mal die andere Gruppe einzulassen, wird ja offenbar noch von einigen als Diskriminierung empfunden.
Das hat bei den Frauen recht gut in den letzten Jahren auf
diversen Gebieten funktioniert,
Gerade hierfür ist das konkrete Beispiel aber denkbar ungeeignet. Ich denke, vor etlichen Jahren hätte die Vorstellung von gemeinsamem Saunabesuch von Männlein und Weiblein noch leichtes Entsetzen oder zumindest die Vorstellung wüster Exzesse hervorgerufen Selbst die Vorstellung des gemeinsamen Wohnens ohne eine Beziehung zu haben (WG) ist für viele Vertreter der älteren Generation noch sehr gewöhnungsbedürftig.
Das konkrete Beispiel (Damensauna/Herrensauna) hat meiner Meinung nach somit überhaupt gar nichts mit irgend einer Form der „Frauenbewegung“ oder „Gleichberechtigung“ zutun, sondern lediglich damit, dass das Bedürfnis nach Intimität im Sinne von grundsätzlicher Abschottung gegenüber dem anderen Geschlecht mit den Jahren in dieser Gesellschaft geringer geworden ist (aber eben nicht bei allen).
Nichts desto
trotz ist es sicherlich nicht nur Pech , wenn eine
weitgehend öffentlich zugängliche Einrichtung für Menschen nur
aufgrund ihres Geschlechtes nicht zulässig ist. Denn das
Geschlecht ist im Prinzip ähnlich willkürlich als Kriterium
wie der Reisepass oder die Haarfarbe.
Hast du jemals jemanden getroffen, der sich vor jemand anderem nicht ausziehen mochte, weil dieser eine bestimmte Haarfarbe hatte? Wieviele Leute kennst du im Gegenzug, die sich nicht vor Fremnden ausziehen, die ein anderes Geschlecht haben?
In bestimmten Situationen, die beispielsweise die Intimsphäre berühen, und dazu zählt für mich Nacktheit, ist Geschlechtszugehörigkeit eben doch ein, wenn nicht das einzige Selektionskriterium, was denn sonst?
Und ehrlich gesagt: Mit der obigen Begründung kannst Du jeden
Ausschluss rechtfertigen.
Nein. Nur ohne Begündung kann man jeden Ausschluss rechtfertigen und nur dann ist es in meinen Augen Diskriminierung, weil es die Geschlechtszugehörigkeit als einziges Merkmal hernimmt und keine Begründung liefert, warum dies nun in irgend einer Weise entscheidend sein soll.
Es ist letztendlich ja auch nur Pech , dass Frauen trotz
besserer Ausbildung und Leistung nicht weiterkommen, oder?
Meinst du, das ist vergleichbar mit der Situation, dass jemand vor geschlossener Tür steht, weil er Pech hatte mit den Öffnungszeiten einer Sauna in einem bestimmten Hotel?
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich mich nun darüber freuen soll, wenn Leute nicht mehr zwischen Pech und Diskriminierung unterscheiden können, oder nicht
Gruß
Marion