Salve!
Bei einem Leistungsnachweis sollte in 5 Schritten eine Formel umgestellt werden.
Der Schüler setzt grundsätzlich keine Einheiten ein
Schwierig zu beurteilen. Wurde den Schülern mitgeteilt, daß Einheiten immer mitzunehmen sind und bei Verstoß Punkte abgezogen werden??
Es gibt schlaue Schüler, die aus halb geniehaften Ideen heraus phantastische Lösungswege entwerfen und trotz fehlender Einheiten die Übersicht bewahren und zum Schluß was Richtiges rausbekommen.
Es gibt auch normale oder leistungsschwache Schüler, die hin und wieder mit Bombenideen glänzen.
Preisfrage: Sollten Schüler a) generell hart bestraft werden, weil formalistische Gesichtspunkte ignoriert wurden? Oder sollte b) eher symbolisch und differenziert abgezogen werden, weil der Ansatz = Idee = Beweis für Begreifen-Anwendenkönnen-Durchdenken höher wiegt, so daß am Ende trotz des leichten Minus immer noch 96% der Punkte stehen?
Während meiner Schulzeit erfolgte die Zensierung meistens nach Methode b). Die entsprechende Zensur hieß noch 1. (1+, 1-, 2+ etc. gab es in der DDR nicht.)
Schüler, die jedoch die Übersicht verlieren und denen die Einheiten geholfen hätten, bekommen den Punkteabzug (hoffentlich) sowieso für fehlerhafte Rechenwege und falsche Lösungen aufgebrummt.
Ein bissiger Kommentar des Lehrers unter die Leistungskontrolle, daß einem der Unsinn nicht passiert wäre, hätte man die Einheiten mitgenommen, hilft da viel mehr.
Artverwandte Probleme sehe ich in den Universitäten. Ich muß hin und wieder Klausuren entwerfen und bewerten und konsultiere des öfteren die Machwerke meines Vorgängers. Ich bin da immer wieder erschüttert, wie dort eine aggressive, unbarmherzige Ich-zeige-den-minderwertigen-Studenten-wo-der-Hammer-hängt-Zensierung betrieben wurde. Sowas ist größtmöglicher Unfug. Auch in der Universität, d.h. in der Hoch schule , sollte der Student lernen können, lernen dürfen. Humboldtsches intellektuelles Spielen braucht Raum, braucht Gelegenheiten, braucht Freiheiten und es muß bewußt Möglichkeiten zu Fehlern geben. 0 Punkte beziehungsweise extreme Strafen für kleinste formale Fehler und 100% der Punkte nur für perfekte, korrekte Rechnungen widerspricht konzeptionell dem Wesen der Universität, untergräbt den ideellen und ökonomischen Zweck von Bildung und zerstört sukzessive Kreativität, Motivation und Streben der Studenten.
Die Universität ist die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden und kein obrigkeitsstaatliche Anstalt, wo Untermenschen Studenten beherrscht statt belehrt werden.
vergisst beim ersten Umstellen ein ²
-1/2
und addiert folglich im Anschluss cm mit cm².
-1
ein von den Zahlen her falsches Ergebnis, dem er die Einheit cm anhängt
Ohne konkrete Informationen schwierig zu entscheiden. Liegt die Lösung weit abseits der Piste?
falsches Ergebnis generell -1
Die Probe beziehungsweise die Prüfung auf Plausibilität gehört schon zu den Pflichten der Schüler in der 1. Klasse. Streng geahndet werden muß die Dreistigkeit von Schülern, unlogische Ergebnisse rotzfrech doppelt unterstreichen. Hier muß der größte Punktabzug erfolgen und umgekehrt sollten Schüler bescheiden belohnt werden, wenn sie ihre Fehler zum Schluß erkennen. Ich empfehle z.B. den Studenten immer, wenigstens hinzuschreiben, daß sie ein falsches Ergebnis entdecken konnten, warum das Ergebnis falsch ist und wie sie ggf. verfahren würden, wenn sie die Zeit zum Wiederholen der Rechnung hätten.
Ich versuche, diese Plausibilitätskontrollen wohlwollend und großzügig zu belohnen, sofern der Professor es zuläßt. Mir ist ein Student, der seinen Kladderadatsch durchdenkt, analysiert und methodisch korrigiert zehnmal lieber als die formalistischen Auswendiglerner und Kochrezepte-Auskotzer, die oftmals noch die dümmsten Ergebnisse stehenlassen.
Im richtigen Leben später geht keine einzige Berechnung ungeprüft irgendwohin, gleich überhaupt nicht, wenn ein Berufseinsteiger gerechnet hat. Und mehrheitlich arbeitet man im Kollektiv Team, wo Altingenieure und andere gestandene Kollegen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Ein Schüler soll für 2 Punkte die Kraft berechnen
Wenn es keine reine Reproduktion von Fakten ist, niemals Aufgaben mit knapper Punktzahl zusammenfummeln, weil die Flexibilität in der Bewertung deutlich sinkt.
1 Punkt oder 2 Punkte gibt es für Aufgaben wie bspw. „Notieren Sie eine Gleichung, die die Geschlossenheit der Feldlinien der magnetischen Flußdichte ausdrückt.“
Darüber hinaus versuche ich selbst für relativ einfache Rechnungen um die 4 oder 5 Punkte zu geben, so daß ich a) geistiges Schaffen (Idee, Ansatz, initiale Umformungen, zielführend-methodisches Vorgehen), b) formalen Rechenweg, c) Ergebnis und d) Probe ohne Konflikte zuordnen kann. Ich bin kein Lehrer und es bereitet mir große Schwierigkeiten, die verschiedenen Aspekte der Zensierung gegeneinander abzuwiegen, wenn die Punktezahl minimal ist.
20 µm dicker Faden […] eine Zugfestigkeit von MPa hat
Da der Schüler nicht µm sondern mm oder gar cm in die Formel einsetzt
-1/2 oder -1
oder:
Anfangs fehlerhaft abgeschriebene Zahlen und andere Flüchtigkeitsfehlern sollten bei folgerichtiger Lösung noch 50% der zu erreichenden Punkte geben.
Wir empfanden diese Faustregel in der Schule immer als fair.
Der unvermeidliche, initiale Punktabzug und der durch den überflüssigen Flüchtigkeitsfehler hervorgerufene Ärger, den sich der Schüler selber macht, reichen zu.
„solche Festigkeiten gibt es in der Technik grundsätzlich nicht“
Siehe oben. Klar unlogische Lösungen und die Dreistigkeit, einem ein X für ein U vormachen zu wollen, sollten schwer bestraft werden.
Dummerweise vermittelt die Schule heutzutage keinen ordentlichen Lebensbezug, d.h. mehr und mehr Schüler haben keine Beziehung zu den Dinglichkeiten oder zu ihrer Umwelt. Wenn ich kein Gefühl für die Einheiten bekomme, kann ich schlecht nachvollziehen, daß meine berechnete Masse von 10000 Tonnen für eine kleine Dschunke grober Unfug ist.
Wie will ich dann ohne vernünftig ausgeprägten gesunden Menschenverstand solche Einschätzungen vornehmen?!?!
Von dieser Seite her ist es den Schülern nicht krummzunehmen,
denn für die Schwäche des gegliederten Schulsystems können sie nichts.
Trotzdem: Folgefehler gibt es für den Rechenweg, nicht für Ergebnisse.
reinerlein