Diskussion ums Impfen? Was haben die Amerikaner?

Wieso gibt es in den USA eine so gigantische Diskussion darüber, ob impfen jetzt gesund ist,oder Autismus herbei führt… Bei uns in Deutschland rasten sie doch auch nicht alle so aus. Die paar kritischen Stimmen sind auch nur Leute, die alles glauben was im Internet steht. Liegt das einfach an der Mentalität der Amis? Eventuell war jemand von euch mal drüben und kann mir sagen warum das auch medial so gepushed wird?
Dank & Gruß

Amerikaner sind eben Amerikaner. Da gibt es eher selten was zu verstehen.

Generell ist für den gemeinen US-Amerikaner alles, was mit staatlichem Zwang verbunden ist, praktisch Kommunismus und damit Teufelszeug. Das betrifft Impfpflichten genauso wie der Zwangs zur Krankenversicherung. Wenn dazu auch noch abenteuerliche Behauptungen von Prominenten (wie z.B. Mrs. McCarthy) vehement, aber bar jeden medizinischen Beweises (und bar jeder Vernunft) mit großer medialer Präsenz in die Welt getragen werden, ist der Weg zur Impfmüdigkeit schnell bereitet.

Hallo,

schaust Du hier zu MMR/Wakefield.


Dann addierst Du die Faktoren Dummheit, Fehlinformation, Mißtrauen gegen „den“ Staat und „die“ Pharmakonzerne sowie evtl. religiöse Wahnvorstellungen (ggf. auch esoterische Weltanschauung) hinzu.

In D fallen die religiösen Wahnvorstellungen vielleicht nicht so sehr ins Gewicht und die causa Wakefield wurde nicht gehypet.

Die Sache sollte nach zahlreichen (Meta)Studien mittlerweile klar sein. Impfen ist sinnvoll, auch wenn es Impfschäden geben kann. Der Vorteil wiegt statistisch deutlich schwerer als der Schaden (des Einzelnen).

Gruß
vdmaster

Hallo,

hast du dich mal mit deutschen Impfgegnern unterhalten?
Die gibt es ebenfalls (siehe: die Diskussion um die Masernimpfung in diesem Frühsommer) ziemlich extrem und nicht kompromisbereit. Lies dich mal in ein paar Elternforen zu dem Thema ein.
Ich sehe da keine großen Unterschiede zur amerikansichen Diskussion.

Grüße
Siboniwe

Nein, einfach mit der allgemeinen „Mentalität der Amis“ lässt sich das nicht erklären, denn die aktuelle Anti-Vaccination-Bewegung ist ein relativ junges Phänomen und zweitens, wenn man den Artikeln glauben darf, neben den religiösen Gruppierungen ein Phänomen v.a. einer bestimmten sozialen Gruppierung (die gebildete weiße Mittelschicht).
Die allgemeine „US-Mentalität“ ist eher in der Art und Weise zu erkennen, wie dann konkret argumentiert wird (so wie es C-Punkt aufgezeigt hat) als in der grundsätzlichen Haltung zur Impfung.

Gruß
F.

Nur mal ein Zitat zur Entgegenstellung:

Gruß
F.

Hi,

habe ich auch kein Zweifel dran. Ebenso breiten sich die Impfgegner auch in D gerade in den Bildungsschichten aus. Die müssen eben alles „hinterfragen“ und einige geraten auf absonderliche Wege :wink:.

Die Impfabstinenz in Gegenden mit vielen Kindern aus der sozialen Oberschicht ist vier Mal so groß wie in der Unterschicht.

Dafür werden so einige die heilende Kraft von Yoga, Bauchtanz und Kristallen einsetzen wollen. Oder vielleicht auch eine indianische Schwitzhütte, weil die indigenen Völker schon immer irgendwie und so viel näher bei der Natur waren, echt jetzt und sooo :joy:.

[ Vielleicht werden die Masern ja auch von Chlorhühnchen übertragen!?! :wink: ]

Gruß
vdmaster

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Ja, einige sicher.
Soziologisch am interessantesten unter den Nicht-Impfern sind die, die nicht bildungsfern, nicht grundsätzlich antiwissenschaftlich und auch nicht grundsätzlich alternativmedizinisch-esoterisch unterwegs sind.
Das ist vielleicht sogar die Mehrzahl derer, vermute ich mal ins Blaue.
Jedenfalls spannend! :wink:

Gruß
F.

Hallo,

dann könnten sie noch einen religiösen Sockenschuß haben oder ihre Verweigerung basiert auf ihrer pol. Überzeugung, dass man Großkonzernen nicht trauen darf, weil die „nur Profit“ machen wollen. Sehr viele wissen auch nicht, dass einige Impfungen für einige Jahrgänge aufgefrischt werden sollten.

Mal etwas Lektüre:

Robert-Koch-Institut: http://forum-impfen.de/images/proundcontra/Impfgegner_Impfskeptiker.pdf
Linkliste: http://blog.gwup.net/2013/07/18/20-haufige-impfgegner-argumente-was-ist-dran/
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2015-02/masern-impfung-risiko

Und da wird gleich noch etwas PC :unamused: verbreitet:

Ganz zu Beginn erkrankten vor allem Asylbewerber aus Bosnien und Herzegowina oder Serbien. In diesen Ländern herrschte bereits Monate zuvor eine Masern-Epidemie, dort sind weit weniger Menschen durch eine Impfung geschützt. Mittlerweile tauchen neue Infektionen aber überwiegend in der übrigen Bevölkerung Berlins auf (Robert-Koch-Institut, 2015). Und genau hier liegt das Problem: Wären so gut wie alle Berliner ausreichend immun, könnten sich die Erreger gar nicht erst ausbreiten. Es ist unerheblich, woher die Masern kommen oder wer sie hergebracht hat. Immer wieder können sie in einer globalisierten Welt eingeschleppt werden. Das Entscheidende: Sie wären keine Gefahr, wenn die Impfquote noch höher wäre.

Natürlich ist es keineswegs unerheblich. Vor allem deswegen nicht, weil die vorgeschriebene medizinische Erstuntersuchung incl. evtl. erforderlicher Quarantäne Infizierter (je nach Erkrankung) massiv zu wünschen übrig läßt. Leider erfolgt sie (wg. der hohen Flüchtlingszahlen) eben nicht mehr umgehend, sondern mit erheblicher Verzögerung. Das steigert ein Infektionsrisiko. Aber: Pssst, nicht weitersagen, weil Hirnlose die Info mißbräuchlich verwenden könnten.

[Um Mißverständnissen vorzubeigen: Es geht nicht um individuelle Schuld der Infizierten, sondern um das schlichte Ursachen- und Wirkungsprinzip. Unabhängig davon liegt der Übersprung auf die Wohnbevölkerung natürlich an der nicht ausreichenden Durchimpfungsrate und vergleichsweise wenige Personen waren letztlich betroffen]

Andererseits bekomme ich (gleicher Zeit-Link) schon fast einen hysterischen Lachkrampf bei folgendem Satz:

Nicht selten stehen Waldorfschulen im Fokus der Epidemien. Dort kam es 2010 in Essen und Berlin, 2011 in Offenburg oder 2013 in Erftstadt bei Köln zu Ausbrüchen. An den Schulen sind deutlich weniger Kinder immunisiert, die Rate liegt oft deutlich unter 80 Prozent.

Soviel zur „Bildung“. Am Bildungsabschluß lässt sich eben nicht ablesen, ob man noch alle Tassen im Oberstübchen hat.

Den noch: http://das-labor.blog.de/2013/10/29/impfgegner-historie-thesen-gefaehrlichkeit-umgang-16710735/
Und hier mit erschreckenden Zahlen: http://hpd.de/artikel/10497

Dafür der Satz, der mir aus der Seele spricht (vgl. oben):

Was beweist, dass formale Bildung und Wissen beziehungsweise Intelligenz nicht immer miteinander zusammenhängen.

Gruß
vdmaster

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Ich denke, dass bei den Nicht-Dogmatikern unter den Impfgegnern diese angegebenen Gründe „Misstrauen gegen den Staat“, „Misstrauen gegen Großkonzerne“, „Vertrauen auf Naturheilkräfte“ usw. nur sekundäre Rationalisierungen bzw. oberflächliche Argumentationsmuster sind.

Der dahinterliegende Grund ist m.E. eine sich zunehmende Verschiebung der Risikoeinschätzung, durch die dann das Risiko 2. Ordnung (Risiko auf Grund eigenen Tuns gegen das Risiko 1. Ordnng) höher gewichtet wird gegenüber dem Risiko 1. Ordnung (Risiko von außen, von der „Natur“ her).

Wie immer ist die gebildete Mittelschicht der hauptsächliche Träger solcher Verschiebungen gesellschaftlicher Deutungs- und Handlungsmuster.

Ja, aber der Satz ist schwierig, weil dieser Begriff „Intelligenz“ in diesem Zusammenhang völlig in der Luft hängt.
Intelligenz ist nur operationalisiert als IQ oder meinetwegen als EQ oder auch als Sozialkompetenz sinnvoll zu gebrauchen. Aber da dürften diese gut gebildeten Impfgegner über dem Durchschnitt liegen. Also welche „Intelligenz“ soll das dann sein, die da fehlt? Der „gesunde Menschenverstand“? Aber der fehlt ja irgendwie immer außer natürlich bei einem selbst …

Ich denke, man kann schlicht festhalten, dass formale Bildung und Wissen unter bestimmten soziohistorischen Bedingungen zu verringerter Impfbereitschaft führen können (nicht bei jedem, aber statistisch-aggregiert).
Da sind uns die Amis nur wieder um 10 Jahre voraus, wie fast immer bei solchen Trends (um damit einen letzten Schlenker auf die Eingangsfrage zu machen).

Gruß
F.

Oh, ein schönes Exemplar … da kann man das Tabu gut bei der Arbeit beobachten :wink:

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Oh jaaaa! Allein dafür gibt es schon eine herzige Umarmung im Geiste. Die hätte es allerdings für Deine Antwort ohnehin gegeben.

Intelligenz - im Sinne des eingebrachten Zitats - dürfte wohl mit Ratio gleichzusetzen sein. Vom Verstand her sind die Argumente der Impfgegner bereits hinlänglich (breit erforscht) widerlegt. Natürlich sind die „esoterischen“ Profiteure gewichtige Meinungs-Multiplikatoren und versperren aufgrund ihrer überbordenden Präsenz im Internet den Blick auf belegte Fakten.

Das gleiche Spielchen kann man doch beim Chlorhühnchen und TTIP erkennen. Natürlich ist dieses Thema noch mehr von politischer Ideologie getragen. Aber das Märchen vom Chlor im Huhn hält sich gegen jegliche Vernunft, während das faktische Wissen um bspw. die (seitens der EU) geforderte Reform der Schiedsgerichte gegen Null tendiert. Ist halt alles „so kompliziert“ und ein Dummargument ist meist „so schön griffig“ :wink:.

Wusstest Du, dass D die besten Autos baut? VW wusste es! Und die FIFA ist eine ehrenwerte Institution :joy:.

Gruß
vdmaster

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