Moin,
nach meinem Verständnis ist das „C“ / Control also die Regelung ein Prozessteil, der zeitlich unbeschränkt weiterläuft. Andauernd werden über den Regelungsprozess Abweichungen korrigiert. Wie erschließt sich der Schritt zurück zum „D“, wo dann auf einmal wieder Ziele definiert werden??
Also, die Fußballmannschaft kriegt vom Beckenbauer gesagt „Weitere Flanke, Bälle ned so hüpfen lassen“ - trainiert das und wird ab sofort jedes Jahr Weltmeister? So einfach ist die Welt!
Sorry, war ein zynisches Beispiel.
Six Sigma hat nicht Anspruch, durch ein einziges Projekt das Unternehmen auf Trab zu bringen.
Es gibt sehr, sehr viele Gründe für den DMAIC-Zyklus.
Im Normalfall behebt man im allerersten Anlauf so das Gröbste - eine Verbesserung einer Defectrate von 30% um 80%, umgesetzt in 2 Monaten ist ein riesiger Schritt!
Das Problem ist jedoch - wenn man das hinter sich hat, hat man immer noch 6% Defects.
Schafft man wieder eine Verbesserung um 80% (was schon fast ein Wunder wäre) - hat man’s mittlerweile auf etwa 1,5% Defects geschafft und bewegt sich in 2-Sigma Regionen.
Niemand würde argumetieren, dass eine jeweils 80%-ige Verbesserung „sinnlos“ oder „vergeudete Zeit“ sei - aber um von 30% auf echte Six Sigma Qualität zu kommen, vergehen viele, viele DMAIC-Zyklen!
Der Vorteil ist halt - die weiteren Durchläufe sind oft schneller, da dann das Problem schon definiert ist und Metriken existieren.
Möglicherweise muß jedoch das Meß-System angepasst werden:
wenn mein Unternehmen behauptet „Jede unserer Spanplatten ist 1,00000m lang und man kann damit ohne Abweichung eine 1km lange Trasse bauen“ - dann reicht bei der ersten Verbesserung, wo unsere Platten zwischen 80cm und 1,50 groß sind der Arm als Meßlatte - wenn der Anspruch auf Korrektheit jedoch im Nanometerbereich liegt, wird’s langsam Zeit für ein Elektronenrastermikroskop. Und ob das korrekt arbeitet - muß ja auch geprüft werden.
Das war jetzt mit Absicht überzogen, aber genau das ist die praktische Problematik.
Jetzt kommt die nächste Problematik:
Der Markt ändert sich.
Habe ich meine Handy-Produktion vor 3 Jahren Six-Sigma optimiert und ein DMAIC meldet 0 Fehler - bringt mir das heute gar nichts, da ich um konkurrenzfähig zu bleiben, andere Hardware mit anderen Features (Requirement-Änderung!) produzieren werde.
Also muß ich wieder DMAIC’en, um zu sehen, ob die neue Produktion noch zu den (geänderten) Anforderungen paßt.
Außerdem werden Kunden über die Jahre fordernder, was vor 5 Jahren „perfekt“ war, geht heute in vielen Branchen nicht mal mehr als „akzeptabel“ durch. Entsprechend muß das QM den schärferen Augen des Kunden gerecht werden.
Dann ist da noch der Makro-Aspekt:
DMAIC kann auf beliebigen Ebenen des Unternehmens durchgeführt werden: egal ob Produktion, Abteilungsleitung, Bereichsleitung oder Vorstand.
Hat der Vorstand ein Problem identifiziert, wird es entsprechend den Metriken solange weitergereicht, bis das Problem an der Wurzel behandelt wurde. Jetzt gehen die Resultate hoch - aber das Problem ist möglicherweise nur teilweise gelöst, was weitere Verbesserungen auf den entsprechenden Ebenen nötig macht, die dann vielleicht in anderen Unternehmensbereichen gelöst werden müssen.
Als Beispiel: Fehlproduktion unserer Aufziehpuppe.
DMAIC Run 1 sagt dem Vorstand „90% unserer Probleme rühren daher, dass die Schrauben zu fest angezogen werden.“ - oki, „Problem gelöst“. Dann sind aber immer noch 10% der Probleme da. Woher kommen die jetzt?
Eventuell wird erst durch die Lösung des vorherigen Problems klar, wie man dieses übrige Problem sichtbar machen kann.
Also von vorne anfangen (mit dem Teilproblem).
Gruss,
Michael