Dolby mit "180-Grad-Nach-Vorne-Ortung"

Hallo Klaus,

in einem anderen Expertenforum wurde ich belächelt und „bemitleided“; fand ich nicht fair, ich hab eine Reihe an Fachgebieten, aber Dolby gehört nun mal nicht dazu …

Mir ist klar, dass für einen echten Surroundsound mindestens 5 Speaker samt technischem Equipment nötig sind. Allerdings möchte ich keinen 3-D-Effekt sondern (vornehmlich unterm Kopfhörer) eben das Klangbild hören als wäre ich in einem Konzert: also vom rechten Ohr
gen „Bühne“ bis zum linken Ohr. Unterm Kopfhörer fehlt jedoch die weite Klangbreite der
„Mitte“.
Was für mich erstaunlich ist: in meinem Smartphone ist ein mp3 - Player mit der Option
„5.1“ enthalten (wird nur unter Headset aktiviert), und wenn ich Orgelstücke von John Hong, die im Video mit „5.1“ gekennzeichnet sind, über diesen Player per Headphone anhöre,
dann höre ich dessen Stücke so plastisch als säße ich in einer Kathedrale und bekomme mit, welche Orgelpfeife links, recht, in der Mitte, „etwas rechts / links“ davon etc. gerade
aktiv ist.
Höre ich mir andere Stücke an der Pipe - Organ bei gleicher Qualität, jedoch ohne 5.1 , an, dann fehlt wieder diese „Mitte“. Der Sound klingt dann zwar voluminöser, etwa wie Loudness on, doch dieser „180-Grad-Effekt“ ist nicht mehr vorhanden.

Und was gibt es für einen Musikgenießer größeres als sich den Kopfhörer überzustülpen,
die Augen zu schließen und das gleiche Event zu erleben als säße man 10 Meter entfernt von einem richtigen Chor, kann (leicht übertrieben) heraushören, wo die einzelnen Sänger
stehen …


Meine Favoriten sind André Rieu (Ausnahmen „Walzer“), „Sissel“ aus Norway mit ihrem Orchester, Udo Jürgens (vergessen wir mal die 1974-er bis 1980-er Jahre, als die 
Tontechniker eben nocht nicht so perfekt waren  …) - Aber bei allen Konzerten waren doch zig Mics platziert, die das ganze Tomspektrum „180 Grad“ aufzeichneten. Nicht nur links und rechts wie als mp3 unterm Kopfhörer, sondern natürlich auch die , wo sich ja stets der Starinterpret aufhielt.


Meine Frage an Dich, Klaus, daher als Laie:

es gibt „Plattenspieler“, die eben alte Stereoplatten digitalisieren und als mp3 abspeichern.
Das funktioniert sicherlich, wenn auch mit Qualitätseinbußen.

Aus einer „Schallplatte“ anno 1955 -garantiert in Mono- kann ich jedoch auch beim besten Willen kein mp3 im Stereoformat erzeugen. Alles klar.

Wie sieht es jedoch bitte mit akustisch hochqualitativen Konzerten z.B. von André Rieu
etwa aus 2012 aus? - Kann ich ein übliches mp3 so konvertieren, dass dieser „Breitbahneffekt“ unter einem 5.1 Mediaplayer in „voller Breite“ -nur nach Vorne- wiedergegeben werden kann?


Natürlich machte ich mich nach diesen „Kommentaren“ eben auf dem anderen Forum etwas schlau; so gibt es spezielle Kopfhörer, die einesteils sehr teuer sind, eine Zusatzsoftware
benötigen, und dann hat „man“ einen 3-D-Sound. Also wohl für PC - Spiele. Doch wenn ich in einem Konzert sitze, höre ich vorne z.B. die Band, und was hinter mir akustisch passiert, etwa das Knabbern von Chips, Husten oder was auch immer, interessiert mich nicht.

Und so würde es sicherlich auch Dich stören, würde „André Rieu“ durch dieses virtuelle
3-D plötzlich „hinter Dir“ spielen oder Udo Jürgens von der Bühne nach hinten gehen und eben „hinten“ singen, obwohl er vorne auf der Bühne steht …

Über Deine Mail würde ich mich sehr freuen. Ob Du mir helfen möchtest oder nicht.

Dir ein schönes Wochenende und eine gute neue Woche!

Josef

Ich heisse zwar nicht Klaus, und die Frage ladete womöglich aus versehen hier im Thread und war eigentlich für privat bestimmt, aber ich denke ich kann helfen.

Wenn in der Playlist Videos mit 5.1-Ton vorhanden sind und der Player eine entsprechende Signalverarbeitungskomponente (also ein Klangeffekt) hat, dann lassen sich Mehrkanaltonspuren mehr oder weniger adäquat auf Stereo mit „Behelfsraumklang“ wiedergeben.

Das Stichwort heisst „Binaural“ (…e" Stereofonie, oder auch besser bekannt unter Kunstkopfstereofonie).

Kein Zauberwerk. Wir können ja mit unseren zwei (Stereo) Ohren orten. Das lernt unser Hirn in den ersten Lebensmonaten, welche Klänge von Vorne und welche von hinten kommen. Dabei hilft unsere Ohrmuschel, die einige Frequenzen durch die Ohrwölbungen akzentuiert. Je nachdem aus welcher Richtung ein Klang kommt, können wir diesen Orten. Das lässt sich grundsätzlich simulieren, zumal der 5.1-Ton Deiner Filme gewissermaßen grobe „Richtungsangaben“ enthält. Wirklich überzeugend sind aber nur richtige Binaural-Tonaufnahmen auf Stereokopfhörern gehört.

Grüße!

Hallo Josef,

was Filmblut geschrieben hat, ist schon mal eine sehr gute Antwort.

Deine Annahme

Aus einer „Schallplatte“ anno 1955 -garantiert in Mono- kann

ich jedoch auch beim besten Willen kein mp3 im Stereoformat
erzeugen. Alles klar.

stimmt allerdings gar nicht.

Erstens hat MP3 damit gar nichts zu tun und zweitens ist das Surround, was es seit über 25 Jahren bei Hifi und Filmton gibt, genau so künstlich hergestellt.

Denn das Problem der Kunstkopfstereophonie ist, dass man sowohl bei der Aufnahme als auch bei der Wiedergabe eigentlich perfekte Bedingungen benötigt. In der Praxis ist das aber nahezu ausgeschlossen: Aufnahmen werden abgemischt und die wenigsten hören die Wiedergabe mit hochwertigen Kopfhörern. Erst recht nicht im Kino.

Also sind die Surroundaufnahmen getürkt, um passend zur Abspielsituation eine räumliche Illusion zu erzeugen, die es so nicht gab. Also nix HiFi, aber halt passend zu den Räumlichkeiten, in denen sich die Hörer befinden.

Trotzdem fand ich die erste Begegnung mit Surround gigantisch. Denn die ersten Geräte haben noch halbanalog Räume simuliert. Eine ganz flache Aufnahme wurde dann zu einem Konzert in einer Kathedrale, einem Kinosaal, einem Jazz-Keller oder einem Stadion. Übrigens damals noch mit 2 Kanälen vorne und 2 hinten.

Das analoge Dolby Surround hat dann die Sache leicht gedreht und eine Raute aufgezogen: Center, Rechts, Links, Hinten.

In der digitalen Technik werden jetzt die anderen Kanäle nicht mehr aus dem Stereosignal gefiltert, sondern als Extrasignal übertragen. Dolby 5.1 ist das verbreitetste.
Allerdings hat das meist nichts mehr mit natürlicher Wiedergabe zu tun.

Ciao, Allesquatsch

Es gab aber schon auf Schallplatten Quadrofonie mit 4 echten diskreten Kanälen, für die man einen CD4-Decoder brauchte. Auf den entsprechenden Schallplatten waren die zwei zusätzlichen Kanäle über die menschliche Hörgrenze hinaus transponiert, was natürlich nur mit geeigneten Nadelsystemen abzutasten war. Im CD4-Decoder wurde das Signal wieder heruntertransponiert.

Die Platten konnten, ohne den entsprechenden Mehrwert, auch völlig kompatibel mit normalen Abtastsystemen gefahren werden.

Hab es mal als 7-jähriger mit einer Demoplatte hören dürfen. Völlig abgefahren!

Hallo Josef,
Filmblut und Allesquatsch haben schon einiges zu 5.1 ect. geschrieben. Grundsätzlich muss gesagt werden, alle Aufnahmen werden zum Abhören mit Lautsprechern gemacht und nicht für Kopfhörer - bis auf eine Ausnahme - nämlich die Kunstkopfstereofonie. Speziell bei dieser ist das Tragen von Kopfhörern Bedingung. Leider gibt es auch dementsprechend wenig Aufnahmen. Alle anderen Anwendungen die einen Kopfhörer plus Zusatzsoftware ect. empfehlen resultieren größtenteils aus elektronisch verfälschten Signalen. Hier wird mit Phasendrehungen usw gearbeitet die jeden vernünftigen Boxenhersteller die Haare zu Berge stehen lassen.
Mit einem Kopfhörer lassen sich keine Räumlichkeiten und Entfernungen eines Konzertraumes darstellen. Dazu gehören vernünftige Stereo-Boxen.
Du führst an, dass bei Konzerten „zig Mikros 180 Grad aufnehmen“. Dem ist aber nicht immer so. Der überwiegende Teil der Aufnahmen wird unter einem Winkel zwischen 50 Grad - 158 Grad gemacht und es müssen nicht immer „zig“ Mikros sein. Ein stereofones Hauptmikrofon mit mehr oder weniger vielen Stützmikrofonen reicht oft schon.
Weiterhin erwähnst du, dass du, wenn du in einem Konzert sitzt, vorn die Band hörst. Das ist ein wenig untertrieben. Du hörst in einem Konzertsaal viel mehr, nämlich verschiedene Reflexionen die es dir letztendlich ermöglichen Rückschlüsse auf die Raumgröße und Standorte der Musiker zu treffen.
Einzig in einer Freifeldbeschallung fehlen dir diese Informationen.
Allesquatsch hat so schön gesagt, dass Surround getürkt ist und eigentlich aus der Kinowelt stammt. Wer sagt dir denn, dass dein angefürtes Orgelstück wirklich mit einer sehr aufwendigen 5.1-Technik (was ich persönlich nicht glaube denn das macht bei einem Orgelkonzert eigentlich keinen Sinn) produziert wurde und nicht nur einfach elektronisch, zB durch stereoverbreiterung, erreicht wurde. Bist du dir sicher dass die hörbare rechte Pipe in Wirklichkeit nicht links steht? Solche Effekte können bei Phasendrehungen schon mal auftreten.
Letztendlich stehen aber die Hörgewohnheiten im Vordergrund. Wenn dir ein sogenannter 5.1 Sound deines Handys mit Kopfhörern besser gefällt - so sei es.
Das hat aber nichts mehr mit einer stereofonen Aufnahme, an der viele erfahrene Köpfe mitgewirkt haben, zu tun.

Gruß luedre