Donalds Allmachtsphantasien treffen auf Verfassungswirklichkeit – wie lange noch?

Hallo,

ein Bundesrichter hat Trumps Einreiseverbot gestoppt. Bis zur endgültigen Entscheidung. Gottvater ist zornig.

Regierungssprecher Sean Spicer teilte mit, das von Bundesrichter James Robart gesprochene Urteil aus Seattle sei „empörend“ und werde schnellstmöglich angefochten. Nur Minuten später veröffentlichte das Weiße Haus eine um das Wort „empörend“ bereinigte Version der Stellungnahme.

Der Generalstaatsanwalt von Washington, Bob Ferguson, begrüßte die nun getroffene vorläufige Entscheidung. „Die Verfassung hat obsiegt“, zitierte ihn seine Behörde in einer Mitteilung. „Niemand steht über dem Gesetz, nicht einmal der Präsident.“

Für ein Baby aus Iran war die jüngste Entscheidung in jedem Fall ein Glück. Das Kind sollte schon vor einigen Tagen mit seinen Eltern für eine dringende Herzoperation in die USA einreisen, wurde dann aber wegen des Verbots davon abgehalten. Jetzt dürfte der Weg wieder frei sein.

Der Bundesrichter, der das Dekret stoppte, wurde übrigens von George W. Busch berufen. Bisher konnte die Beraterin Kellyann Conway (Spezialistin für „alternative Fakten“) bei anderen für die Regierung negativen Entscheidungen noch darauf hinweisen, die Richter seien von Obama eingesetzt worden.

In der Folge wird es interessant sein, zu beobachten, in welcher Weise der Präsident versuchen wird, die in der Verfassung garantierten Rechte auszuhebeln. Der Ausgang ist ungewiss. Aber bei Erdogan scheint es zu funktionieren.

Trump hat bereits getwittert, es müsse endlich einer die unbotmäßigen Medien aufkaufen und auf Kurs bringen. Sowas gibt es nur in Diktaturen.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Das war auch richtig so, weil das emotionale Wort „outreagous“ dort nichts zu suchen hatte und unangemessen war.

Nichtsdestotrotz ist die Trump-Administrion natürlich über dieses Urteil eines Bundesrichters empört. Denn sie hatte ja die fragliche Executive Order vor Gericht verteidigt. Etwas, was sie übrigens nicht hätte machen können, falls die auftragsverweigernde (oder auch sabotierende) kommisarische Justizministerin im Amt belassen worden wäre.

Die vorläufige Eilentscheidung des US-Bundesrichters aus Seattle ist ungewöhnlich, weil sie sehr selten das Recht in Anspruch nehmen, dass ihre Entscheidung für die ganzen USA gelten soll. Kurz zuvor hatte ein US-Bundesrichter in Boston entschieden, dass das befristet erlassene Verbot der Ausweisung Betroffener (im Transitbereich) nicht verlängert wird. Diese Entscheidung bezog sich - wie üblich - aber nicht auf die ganze USA, sondern nur auf einen US-Bundesstaat.

Wichtiger Hinweis: In den Medien kursieren verschiedene Bezeichnungen für die Richter. Einmal „Federal Judge“, einmal „U.S. District Judge“. Jeweils für beide fraglichen Richter. Daher übernehme ich hier keine Garantie, dass sie „gleichrangig“ sind. Mir schien es zumindest der Fall zu sein.

Das hätte sein anwaltlichen Gegner ebenfalls behauptet, wenn die Entscheidung zu ihren Gunsten ausgefallen wäre. Es ist typisches Phrasenblabla.

Ah, das moralische Empathie"argument".

Äh … indem er vor dem zuständigen Gericht via Justizministerium eine Berufung einlegen lässt. Der Hammer, oder? So einfach lässt sich die Verfassung aushebeln. :unamused:
Oder … oder … ist das vielleicht sogar völlig verfassungskonformes Handeln?

Es ist ja megainteressant, dass Du scheinbar ein Experte für US-Verfassungsrecht bist. Das war mir noch nicht bewusst. Hey, wenn Trump seinen Kandidaten für das Supreme Court nicht durchbekommt … stehst Du dann zur Verfügung?

Was Dir bei Deinen Ergüssen hier entgangen ist und auch von der Presse seltenst - von der dt. ganz zu schweigen, erwähnt wird, ist der schlichte Umstand, dass das Urteil quasi eine vorläufige Eilentscheidung war.

(A) Es kann (und wird) dagegen Berufung vor einer übergeordneten Instan eingelegt. Mir ist allerdings unklar, ob diese Berufung erst Wirkung entfaltet, sobald über sie entschieden ist oder bereits mit dem Antragseingang zur Berufung.

(B) Das eigentliche Urteil im Eilverfahren wurde noch nicht gesprochen. Es wurde den Parteien aufgetragen, bis zum 06.02. Argumente schriftlich einzureichen, damit das Gericht diese prüfen und einen Anhörungstermin festlegen kann.

Möglicherweise wird also das Justizministerium zweigleisig fahren wollen und sowohl (A) als auch (B) berücksichtigen. Vielleicht müssen sie sich auch für einen Weg entscheiden. Ggf. gibt es ja hier im Forum jemanden, der das beantworten kann.

Was soll eigentlich Deine Frage „wie lange noch“? War das wieder ein Fragefeigenblatt oder nur „anklagende“ Intonation über angebliche Verfassungsbrüche.

Welches garantierte Verfassungsrecht auf Einreise in die USA haben eigentlich Nicht-US-Bürger? Ich finde so gar nichts darüber … :smirk:

Kleiner Tipp: Die „Verfassungsfrage“ stellt sich im Spannungsverhältnis zwischen Exekutive und Legislative. Es muss nämlich geklärt werden, ob die EO u.U. zu sehr in die Kompetenzen des Kongresses eingriff. Dann läge der Ball (pro/contra) nämlich dort. Übrigens war das auch schon Thema unter Obama mit entsprechenden Klagen gegen EOs.

Ganz am Ende, egal wie die Sache vor Gericht (A) oder (B) ausgehen sollte, könnte u.U. der Kongress Nägel mit Köpfen in Übereinstimmung mit Trump machen. Allerdings mind. im Senat mit nur hauchdünner Mehrheit, falls überhaupt.

Ganz, ganz am Ende wird die Frage möglicherweise auch noch das Supreme Court beschäftigen. Was vielleicht derzeit für alle sehr schwierig werden kann … :smirk:

vdmaster

Hallo,

meinen vorletzten Absatz hast Du mißverstanden. Er bezog sich nicht auf die laufenden Verfahren. Mit „in der Folge“ meinte ich die weitere Präsidentschaft.

Trump könnte den Einflüsterungen von Stephen Bannon erliegen und versuchen, den Staat in eine rechte Autokratie zu verwandeln. Bannon hat bereits einmal gefordert, der Staat müsse zerstört werden. Trump will die Presse auf Kurs bringen.

Trump ist gefährlich, weil er dumm ist, Bannon weil er klug ist. Zusammen eine explosive Mischung.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

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Das ist das Problem mit solchen Aussagen (Hörensagen).

Er soll einmal lt. einem gewissen Ronald Radosh während eine Cocktailparty zu ihm gesagt haben, dass er das jetzige Establishment (Obama 11/2013) zerstören wolle.

Ronald Radosh war früher Marxist, Mitglied der kommunistischen Partei und ist auch heute noch strammer Linker. Diese von Radosh in 08/16 aufgestellte Behauptung über eine angebliche Aussage in einem Vier-Augen-Schwätzchen am Rande einer mit Alkohol verbundenen Feierlichkeit halte ich jetzt nicht unbedingt für sonderlich wichtig, bedrohlich, glaubhaft oder zukunftsweisend.

Aber einmal als Hörensagen eines Dritten in Umlauf gebracht, wird es natürlich millionenfach verbreitet und dient zur Fütterung/Begründung von Ängsten über den bevorstehenden Ausbruch von irgendwas.

Gruß
vdmaster

Inzwischen hat Donnie folgenden Tweet dazu auf die Welt losgelassen:

Er offenbart dabei - wieder einmal - ein interessantes Verständnis von der Welt und den demokratischen Institutionen.

:paw_prints:

Das ist inzwischen alberner als jede Seifenoper:

:paw_prints:

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Mimimi.

Wenn man den typischen Stil von Trump einmal wegstreicht, dann steht dort

The opinion of this (…) judge, which essentially takes law-enforcement away from our country, (…) will be overturned!

Und dann passt es auch aus Sicht der Exekutive. Trump beschreitet den Rechtsweg eine Etage höher und ob die vorläufige Eilentscheidung Bestand haben wird, werden wir bald sehen. Ich wette keinen Cent auf den Ausgang.

Damiit hält sich Trump eindeutig an den Weg, den ihm die dem. Institutionen vorgeben. Das ist das Interessante an seinem Verständnis der Welt und der demokratischen Institutionen.

Tja, er nutzt Twitter eben als Massenmedium und wimmert rum. So wie die „linksliberalen“ Massenmedien über seine EO rumgewimmert haben.

Noch viel wichtiger: Niemand steht über den Fakten:
„I’m also asked to look and determine if the executive order is rationally based. And rationally based, to some extent, means I have to find it grounded in fact instead of fiction.“

Schön zu sehen, dass alternative Fakten vor Gericht (noch) nichts zählen.

Lg,
Penegrin

Hallo Kamikazekatze,

Trump argumentiert in der Sprache eines Dreijährigen.

Aber keine Angst, die großen Durchblicker hier im Forum erklären schon was er wirklich meint, was man glauben darf und was nicht. Wobei „MImimi“ auch eher nach einem Dreijährigen klingt.

Ein anderer absoluter Durchblicker behauptet einfach, Merkel und Schulz würden lügen, ohne den geringsten Beweis dafür. Wir müssen eben lernen, dass es die Wahrheit, so wir wir sie mal kannten, nicht mehr gibt, jetzt gibt es neben der postfaktischen Wahrheit (da darf man wenigstens an die Realität erinnern) noch die ultrapostfaktische Wahrheit, die keine Überprüfung und keinen Einspruch duldet. Letztere eine diktatorische Wahrheit, weil sie diktiert, was wahr ist.

Trösten wir uns mit einem Zitat des Philosophen Johann Gottlieb Fichte: „Die Lüge ist immer ein Selbstmord des Geistes.“ Das spürt man auf der ganzen Linie, wenn man sich das Agieren und Formulieren von Trump und seiner Gurkentruppe und seiner weltweiten Fangruppe ansieht.

Einen schönen Sonntag wünscht Hans-Jürgen Schneider

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Kleines Update:
Ein Berufungsgericht hat vor kurzem das Urteil von Richter Robart bestätigt. Die einstweilige Verfügung gegen das Dekret bleibt damit aufrecht.