Hallo,
ich erlaube mir, Interessierte auf einen Artikel in der FAZ 08/7.9.2006 hinzuweisen, bevor diese Ausgabe nicht mehr greifbar ist:
Volker Zastrow: „Der kleine Unterschied“.
Es geht da um das Experiment des Dr. Money an Brenda/David Reimer vor vierzig Jahren, mit dem das Gender Mainstreaming begann.
Beste Grüße!
H.
Hallo Hannes,
ich erlaube mir, Interessierte auf einen Artikel in der FAZ
08/7.9.2006 hinzuweisen,
schön, dass Du darauf hinweist; hier für die Eiligen oder die Google-Resistenen unter uns der Link dazu:
http://www.faz.net/s/RubBF7CD2794CEC4B87B47C719A68C5…
Mir persönlich fehlt allerdings die spezifische Frage, die an diesem Fragen-Ort sonst gestellt wird;
sollte jedoch die Frage sein: „Wie findet ihr den Artikel?“, dann möchte ich meine Antwort -einmal ihr schon nahe seiend- nicht vorenthalten: „Miserable Qualität, polemisch, teilweise unsachlich, teilweise sachlich falsch, viele begriffliche Unsauberkeiten, suggestiv bis zum Erbrechen“.
Ich will nun diese meine Aussage nicht einfach so stehen lassen, will aber jetzt auch nicht unbedingt den Artikel aufdröseln, darum nur ein paar Belege:
- „„Gender Mainstreaming“ Der kleine Unterschied Von Volker Zastrow“ …
„Weiblichkeit und Männlichkeit sind keine biologischen Identitäten, sondern psychische: So lautet die Annahme, die heute als Grundlage des „Gender Mainstreaming“ in die Politik eingegangen ist.“
)
-
unter „Gender Mainstreaming“ versteht der hundsgemeine Leser eigentlich das:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Mainstreaming
und hat als solches mit Dr. John Money aus Baltimore, mit Transsexualität, ja sogar mit dem kleinen Unterschied selbst, rein gar nichts zu tun; die Verwendung dieses Begriffes geschieht hier im Artikel offensichtlich einzig in dumpfester polemischer Absicht. -
Gender Mainstreaming interessiert sich -wenn schon- für soziale Geschlechtsidentität im Gegensatz zur biologischen, nicht sonderlich für psychische.
Noch ein Beispiel:
"Ohne Moneys Pionierarbeit hätte die Gender-Theorie wohl kaum 1995 in die weltweite Frauenpolitik und die bürokratische Alltagssprache selbst der Bundesrepublik Deutschland Eingang gefunden."
Faktisch schlicht falsch:
- Dr. John Money ist sicherlich ein wissenschaftliches Licht, aber sicher auch kein sonderlich Großes; er ist ganz sicher nicht die Begründergestalt eines wissenschaftlichen Paradigmas, als die er im Artikel dargestellt wird;
wenn der Artikel die ganze Gender-Thematik auf ihn zurückzuführen versucht, dann mag dies seiner polemischen Mission dienlich sein, ist aber ansonsten nichts weiter als eine spektakulär aufgemachte Falschmeldung, oder wahlweise ein kleines Zuckerl für die Leserschaft der FAZi, nach dem Motto: „Man kann nicht sein, was man nicht ist“;
putzige kleine folie à deux …
- von der Gender-Theorie zu sprechen ist falsch; die einzige wirkliche Gemeinsamkeit aller Gender-Ansätze mag die Unterscheidung biologisches Geschlecht/soziales Geschlecht sein;
diese Unterscheidung hat mit John Money aber nichts zu tun, sondern war schon weit vor ihm in der Welt (und ist als biologisch/sozial auch die Bedingung der Möglichkeit der gesamten Sozialwissenschaften);
ansonsten aber gibt es tausende teilweise recht verschiedener „Gender-Theorien“, die von: „man muss eigentlich ‚sex‘ (biologisches Geschlecht) in vollem Umfang als „gender“ (soziales Geschlecht) verstehen, da es eben sozial als nicht-sozial-konstruiert konstruiert wird“ (J. Butler) bis zum gängigeren: „‚gender‘ ist die bloße kulturelle Überformung von ‚sex‘“.
Und ein letztes:
" […] daß Geschlechtsrollen im Gegensatz zum biologischen Geschlecht nur erlernt seien.
Die Naturwissenschaften, etwa die Hirnforschung, haben diese Annahme längst widerlegt."
schlichtweg falsch und absurd; selbstverständlich lassen sich neurophysiologische Studien finden, die bestimmte Befunde in diese Richtung interpretieren, dass ein großer Verhaltensanteil durch das Geschlecht determiniert wäre, aber: 1) gibt es gerade in der Hirnforschung zu jeder Studie eine Gegenstudie …, und 2) findet sich gewiss keine Studie, die diese vorgestellte These in ihrer absurden Radikalität stützen könnte;
vorsorglich wurde im Artikel auch gleich gar keine Studie erst genannt, und sich dann auch gleich noch auf die ganzen Naturwissenschaften berufen (und noch dazu im Singular, als DIE NATURWISSENSCHAFT), als wenn die Physiker sich für Geschlechterrollen interessieren würden, ja und alles noch „längst“ geschehen …
Volker Zastrow: „Der kleine Unterschied“.
Es geht da um das Experiment des Dr. Money an Brenda/David
Reimer vor vierzig Jahren, mit dem das Gender Mainstreaming
begann.
Versteh es nicht persönlich gemeint:
Mit dieser Aussage kann man in kundigen Kreise unheimlich viel Gelächter verursachen, ja für einen richtigen Schenkelklopfer gerühmt werden (ernsthaft: sie ist sachlich vollkommen inakzeptabel, und in diesem Fall kann man leider noch nicht mal sagen: Ich bin halt BILD-Leser
Viele Grüße
Franz
Hallo Franz,
wie Du ganz richtig erkennst
und in diesem Fall kann man leider noch nicht
mal sagen: Ich bin halt BILD-Leser
, bin ich in dieser Diskussion nicht so firm, dass ich argumentierend teilnehmen kann.
Umso willkommener sind mir Deine Belehrungen.
Schöne Grüße!
H.