Drehmomentschlüssel nach einem Jahr kalibrieren und Empfehlung für Neukauf bitte

Hallo.

So jedenfalls lautet die Empfehlung. Entweder nach ca. 5000 Nutzungen oder nach einem Jahr. Ich wette, dass ein 2x im Jahr Reifenwechsler noch nicht mehr im Traum dran denkt, ihn jedes Jahr kalibrieren zu lassen. Wie seht ihr das? Ich hatte mal einen Billigheimer, der lag bis vor einem Jahr 25 Jahre ungenutzt im Keller, dann habe ich ihn Eisen Karl mitgegeben.

Wenn ich allein nach Tests oder nach Rezensionen ginge, kämen nur die üblichen Verdächtigen infrage, aber gemessen an der seltenen Nutzung, des Einsatzgebietes und mein Wunsch auf nicht/selten anfallende Kalibrierungskosten ist für mich derzeit ein Famex 10869 DMS der Favorit, vor allem ist er mit 60 € noch erschwinglich. Er arbeitet in einem Bereich von 20 bis 110 Nm. Mehr werde ich nie brauchen, wie sich bereits in den letzten 30 Jahren herausstellte. Ich brauche ihn ausschließlich zum festziehen von Radmuttern an Stahlfelgen.

Was passiert denn im schlimmsten Fall, wenn ein DMS, der bis über 200 Nm schafft, sich verstellt? Er kann die Radmuttern überdrehen. Nicht so der 110 Nm DMS. Sollte er statt 110 Nm nur mit 90 Nm anziehen, würde ich sowieso mit einem Kreuzschlüssel die letzte Kontrolle durchführen. Okay, die letzten Zeilen sind die eines Laien. Hier noch mal die Fragen zusammengefasst.

Kalibrieren lassen?
Kennt jemand von euch die Firma Famex und sind deren DMS eine klare Kaufempfehlung?
Oder möchtet ihr mir Alternativen in diesem Preissegment nennen ?

Ich habe Roman fertig. :grin:

Gruß, warsteiner

Dann kannst du auch die Räder in der Werkstatt aufziehen oder zumindest bei Selbstmontage mit deren DMS nachziehen lassen.

Definierte und exakt zutreffende Drehmomente braucht man vor allem bei wichtigen Schrauben im Stahlbau/Montagebau und bei bestimmten Schrauben im Kfz-Bereich, wozu m.E. nicht unbedingt Radschrauben gehören.
Zylinderkopfschrauben erfordern z.B. exakte Drehmomente, die oft sogar mehrstufig mit ansteigendem Moment angezogen werden müssen, plus exakte Reihenfolge und am Schluss womöglich noch mit einem zusätzlichen Drehwinkel.

Hier wird eine Fachwerkstatt wohl „gutes“ Werkzeug nebst Kalibrierung/Wartung brauchen .

Übrigens, warum soll sich ein DMS nur nach oben verstellen ? Genauso gut kann der zu schwach anziehen.
Übrigens, Preis 60 € ? Da würde ich keinen Kalibrierdienst erwarten.
Wie würde denn der Service sich zum Neupreis verhalten ?

MfG
duck313

Hallo!

An Kalibrierung/Neueinstellung von Drehmomentschlüsseln denkt kaum ein privater Schrauber. Mit dem Verdacht, dass so etwas auch viele professionelle Schrauber gar nicht auf dem Plan haben, liegt man vermutlich richtig. Ein anderes Bild ergibt sich in Unternehmen, die ihren gesamten Messgerätebestand regelmäßig prüfen bzw. prüfen lassen.

Als privater Schrauber würde ich aber nicht auf die Idee kommen wollen, so ein simples Gerät wie einen Drehmomentschlüssel zum Kalibrieren wegzuschicken. Mit den dabei tolerierbaren Fehlern bekommt man mit einfachsten Küchenmitteln zustande, eine Länge und eine Masse zu messen, um damit einen Drehmomentschlüssel auf einwandfreie Funktion zu prüfen. Ein Stück Rohr, z. B. 1 m lang, ein Eimer, ein Messbecher und Wasser reichen, um stufenlos jedes hier in Betracht kommende Drehmoment mit ausreichender Genauigkeit zu realisieren.

Drehmomentschlüssel, die bei Erreichen eines eingestellten Werts kein höheres Drehmoment zulassen, können sich durch vielerlei Einflüsse verändern und sollten regelmäßig überprüft werden. Daneben gibt es Drehmomentschlüssel, die aus einem elastischen meist Rundstahl zur Übertragung des Drehmoments und einem unbelasteten Zeiger bestehen (siehe Foto).

Solche Konstruktionen sind weitgehend „unkaputtbar“, Ihre Eigenschaft hängt an der Federkonstante eines Rundstahls, die sich nicht verändert, so lange kein DAU (dümmster anzunehmender User) auf die Idee kommt, einen Brenner draufzuhalten oder den grazilen Anzeigestab zu verbiegen.

Gruß
Wolfgang

Nabend.

Danke vielmals für eure sehr informativen Antworten. Viel kann ich dazu nicht sagen, muss das erst einmal alles sacken lassen. Bisher hatte ich meinen eigenen Drehmomentsensor in den Oberarmen. Ich kann natürlich nur schätzen, das mein Anzugsmoment zwischen 100 und 120 Nm gelegen haben dürfte. Denn Monate nach einer Inspektion oder nach einem meiner seltenen Besuche beim Reifenhändler, ließen sich die Radmuttern immer etwas leichter lösen, als wenn ich sie selbst mit dem normalen Kreuzschlüssel angezogen habe.

Soll heißen, und ich kann mir sehr gut vorstellen wie sich das anhört, ich selbst könnte die Kalibrierung durchführen, in dem ich die Radmuttern wie gehabt mit dem Kreuzschlüssel anziehe, den DMS auf 110 Nm stelle und hören, was passiert.

Nein duck, einen Kalibrierdienst habe ich bei diesem Preis in der Tat nicht erwartet. Der liegt so bei 10 €, habe ich im ersten Vorbeiflug im Internet gelesen. Mal sehen, vielleicht alle 2 Jahre durchführen lassen.

Gruß, warsteiner

In keinem Fall, auch nicht bei Radmuttern, kann es darum gehen, Verschraubungen möglichst fest „anzuknallen“. Gewinde (auch Felgen) könnten beschädigt werden. Zudem wird man kaum schaffen, alle Schrauben mit gleichem Drehmoment anzuziehen.

Gruß
Wolfgang

Wohl war. Deswegen verwende ich auch keine Verlängerung für meinen Kreuzschlüssel, sondern nur meine Spageltarzanarme. Mehr als 120 Nm schaffen die eh nicht. :grin: Aber selbstverständlich nehme ich Hinweise, wie jetzt den von dir, sehr ernst, gar keine Frage.

Gruß, warsteiner

Hallo Warsteiner,

Drehmomentschlüssel kalibrieren… pffff…
Wobei… der Famex zu den guten gehört. Nach ISO 6789 haben sie alle eine Genauigkeit von +/-3% und sind lt. Hersteller kalibriert mit Zertifikat.

Einige Zeit habe ich in einem Betrieb Meßmittelüberprüfungen durchgeführt. Größtes Problem - einige Drehmomentschlüssel lassen sich nicht kalibrieren. Ein Kalibrieren setzt voraus, dass es im Inneren eine Einstellmöglichkeit gibt, mit dessen Hilfe man bei Abweichungen eine entsprechende Nachstellung vornehmen kann.

Bei den typischen Abknack-Drehmomentschlüsseln ist im Inneren eine Feder, die über eine Mechanik im Ratschenkopf einen Keil in eine Nut drückt. Mittels der Stellschraube unten am Griff wird die Vorspannung dieser Feder und somit der Druck von Keil in die Nut verändert. Ist das entsprechende Drehmoment erreicht drückt sich der Keil aus der Nut und es entsteht das typische Knackgeräusch.

Nun ein weiteres Problem - Reproduzierbarkeit des eingestellten Drehmomentes. Hier unterscheiden sich die guten von den Schlechten. Die guten Drehmomentschlüssel haben nur eine Streubreite von unter 5%, d.h. 100Nm eingestellt - erreicht er irgendwas zwischen 95…105 Nm. Hingegen die ganz billigen hatten eine Streubreite von bis zu 30% - also zwischen 70…130 Nm, da hilft dann auch kein Kalibrieren.

Wichtiger wäre die richtige Nutzung des Drehmomentschlüssels. Wenn man sieht, wie viele einen Drehmomentschlüssel falsch benutzen, wird einem angst und bange. Die toppen locker die Streubreite von DIN ISO 6789 von +/-3% durch Dusseligkeit um 20%.

Weil wie heißt es doch so schön aus der Bedienungsanleitung eines Drehmomentschlüssels:

Halten Sie das Werkzeug für ein korrektes Ergebnis am Griff fest und ziehen Sie die Verschraubung aus der Drehung heraus an, bis der Schlüssel den entsprechenden Wert anzeigt, knackt oder auslöst. Damit nicht die Haftreibung der Schraube gemessen wird, sondern das tatsächliche Drehmoment, muss die Schraube mindestens eine Drittel-Umdrehung bewegt werden.
Haftreibung Stahl - Stahl (trocken) 0,2…0,3
Gleitreibung Stahl - Stahl (trocken) 0,1…0,12
Und nach dem „Abknacken“ Feder wieder entspannen, dies wird meistens auch nicht wirklich vorgenommen.

Wenn es Dir wirklich bei Radschrauben um eine so hohe Genauigkeit geht, dann besorge Dir lieber einen Federstahl-Drehmomentschlüssel mit analoger Anzeige, wie sie von Wolfgang (3. Antwort) empfohlen wird.
Der läßt sich dann tatsächlich selbst auf Genauigkeit mittels Hebelarm u. Wassergewicht überprüfen.

MfG
Ingo

Hallo Ingo.

Danke für deine ausführliche Antwort. Ich habe mir den Famex 10886 gekauft. Also deren Standard Gerät und ich muss zugeben, dass es mir trotz Lupe nicht gelungen ist, die 110 Nm einzustellen. Da gibt es besser ablese- und einstellbare. Was sagen die meisten über „Handlingsprobleme“ dieser Art? Genau, mein billiger Baumarktschlüssel ließ sich einfacher ablesen und einstellen. Morgen kommt jemand, der mir das erklärt und einstellt, bzw. er soll mich mal machen lassen, dann klappt`s auch beim nächsten mal alleine. :sunglasses:

Gruß, warsteiner