Du Flasche

Hallo,

ich habe ein bisschen gegoogelt und auch im Archiv nachgeschaut, aber nichts Überzeugendes gefunden. Kann mir jemand erklären, woher die Verbindung zur Flasche kommt, wenn man jemanden mit einer Flasche vergleicht bzw. sagt „Du Flasche!“?

Kim

Hallo, Kim,

die „Flasche“ als Bezeichnung für jemand, der etwas nicht kann, dem alles schief geht, kommt aus dem Italienischen.
Dort ist des „das Fiasko“, was auch eigentlich Flasche bedeutet.
In Italien wurde durchgefallenen Schauspielern und Sängern zum Spott eine Flasche umgehängt.
Man erzählt sich aber auch, dass der Ausdruck von den Glasbläsern der Insel Murano stammt.
Dort war die einfachste Arbeit das Flaschenblasen. Anfänger lernten also das Flaschenblasen, konnten sie dies, so ging es an schwierigere Artiklel, spezielle Gläser, Figuren usw.
Wenn nun so ein Lehrling beim Versuch was Besseres zu erzeugen, scheiterte, kam halt wieder bloß eine Flasche raus. Und die anderen rief spottend: Eine Flasche! d.h. Nicht gelungen, nicht geschafft, Mist gebaut!

Gruß Fritz

Halli,

lieben Dank - jetzt kann ich meine Lerngruppe aufklären…diese Frage stellte sich über unserer Prüfungsliteratur „…wie man mit der Presse umgeht“…komische Assoziation, nicht? :wink:

Kim

Zusatz
Halli, Kim,

hier noch der ganze Artikel, von ich profitiert habe:

_ Fiasko: ein Fiasko erleben/ erleiden

„Die Diskussion um die Anbindung der ,Fulda Galerie’ an die Haderwaldstraße zeigt erneut, daß ein Gesamtverkehrskonzept für Fulda mehr als überfällig ist“, so verlautete die SPD-Stadtverordnetenfraktion in einer Pressemitteilung vom 11. März 2001, in der es weiter heißt:
»Wenn diese Beziehungen weiter vernachlässigt würden und weiterhin keine Offenheit gegenüber den Nachbarstadtteilen gezeigt werde, dann werde die Stadt an dieser Stelle ein städtebauliches Fiasko erleben, prophezeit Fraktionssprecher Tritschler."
Und Konrad Freiberg, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), erklärte auf einer GdP-Pressekonferenz am 24. April 2001 in Berlin:
»Wenn die Strafverfolgungsbehörden bei uns und in Europa insgesamt weiterhin mit angezogener Handbremse arbeiten müssen und nicht „schnellstens personell und rechtlich in die Lage versetzt werden, nachhaltig durchzugreifen, werden wir bei der Einführung des Euro und der geplanten Osterweiterung der EU ein Fiasko erleben.“
Das Wort Fiasko wird in diesen beiden wie in anderen Kontexten im Sinne von ,Misserfolg, Zusammenbruch’ verwendet. Kaum jemand macht sich Gedanken über dieses seit ca. 1840 im Deutschen bezeugte Wort, das eine hochinteressante Geschichte hat.
Lutz Röhrich (21995:442) schildert die Bedeutungsentwicklung und berichtet auf amüsante Weise darüber, wie der Ausdruck Fiasko erleiden im Sinne von „Misserfolg haben, scheitern, durchfallen’ zunächst nur bezüglich missglückter Bühnenaufführungen gebraucht wurde und später auch auf das Scheitern geschäftliche Unternehmungen übertragen worden ist.
»Ausgangspunkt der Redensart ist französisch bouteille = ,Flasche’, was in der Schülersprache die Bedeutung von ,Fehler, Schnitzer, Bock’ hat; vgl. die französische Redensart faire une bouteille = ,einen Bock schießen’ (in der Schülersprache heute nicht mehr gebräuchlich). Das Italienische hat diese Wendung mit far fiasco übersetzt. Nach 1837 ist der Ausdruck aus dem Französischen faire fiasco zu uns gelangt; den deutschen Mundarten ist er weitgehend fremd geblieben. Die Wendung far fiasco tauchte zuerst im venezianischen Dialekt auf. Sie beruht auf der Tatsache, daß es der Kunst eines erfahrenen Handwerkers bedarf, um gelungene Gläser herzustellen. Wenn Laien oder Lehrlinge der Glasbläserkunst ein Trinkgefäß oder anderes Glasgefäß herzustellen versuchten, kam meist nichts anderes heraus als eine gewöhnliche Flasche - zum großen Vergnügen der Umstehenden, die jeden weiteren Versuch und Fehlschlag mit Gelächter und dem Ruf Altro fiasco! Altro fiasco! begleiteten. Far fiasco wurde so gleichbedeutend mit: ,etwas Mißratenes produzieren’. Diese Gleichsetzung des Begriffs Flasche mit einem ,Fehlschlag, über den andere lachen’, wurde so selbstverständlich, daß der Begriff in diesem Sinne auch auf andere Gebiete übertragen wurde, z. B. auf Künstler im Theater, wenn sie falsche Töne produzierten oder auf andere Weise das Missfallen des Publikums erregten. Selbst wenn der Sänger nur einen einzigen falschen Ton herausbrachte, waren die Worte Ola, Ola, fiasco! zu hören. Und obendrein wurde dem Schauspieler oder Sänger am Schluss der Vorstellung an Stelle eines Lorbeerkranzes eine Flasche als Sinnbild des Versagens umgehängt. Im Deutschen hat sich die Wendung So ein Fiasko im Sinne von ,Fehlschlag, Reinfall, Versagen’ auf allen Gebieten durchgesetzt."
Der Bedeutungswandel vom ,Reinfall auf dem Theater’ zum allgemeinen ,Fehlschlag’ vollzog sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts; in einem Brief Theodor Fontanes aus dem Jahre 1857 heißt es: „ich werde mich nie den Eseln zugesellen, die hinterher das Feld bespotten, auf dem sie Fiasko gemacht haben.“
Schon Heinrich Sabersky (1906:274) hat die Herkunft der aus dem Italienischen übernommenen Redensart diskutiert:
„Die einen meinen, die Leere der Flasche (fiasco) diene als Sinnbild der Leere und deute auf einen Mangel der Leistung, aus dem ein Misserfolg hervorgehe. Andere glauben, die Redensart sei darauf zurückzuführen, daß bei Verfertigung der Flaschen viele durch Misslingen und Zerbrechen vergebliche Mühe gemacht haben; far fiasco sei also gleichbedeutend mit ‚vergeblich arbeiten’.“
Schließlich wird von Sabersky noch auf eine ältere italienische Redensart hingewiesen (appiccar il fiasco ad alcuno, wörtlich: ,jemandem die Flasche anhängen’, welche die Bedeutung hatte: ,jemanden in üblen Ruf bringen, ihn beschimpfen, verleumden’ usw.), die auch von Oskar Weise in seinen Hinweisen berücksichtigt wurde:
„Wie noch im 18. Jahrhundert (z. B. in Wurzen) den klatschhaften Weibern Schandflaschen zur Strafe an den Hals gehängt wurden, so früher auch den auf der Volksbühne durchgefallenen Schauspielern …“ ; „ … ebenso wie in Italien (vgl. italienisch appiccar il fiasco ad alcuno, woraus sich der Sinn von fiasco [‚Flasche’ =] ‚Misserfolg’ entwickelt hat.

Aus: Christoph Gutknecht, Lauter blühender Unsinn, Erstaunliche Wortgeschichten von Aberwitz bis Wischiwaschi_

Gruß Fritz

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Hallo Kim, hallo Fritz,

witzigerweise hat der Begriff ‚Flasche‘ in China eine fast gleiche Bedeutung.
Flasche (Ping)
Deng Xiao Ping kann man, kaum verballhornt, kleine Flasche nennen und nach dem Aufstand in Peking trugen viele Studenten kleine Flaschen um den Hals. Eine von allen verstandene Kritik/Anklage, daß Deng eine Flasche sei.

Gandalf

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