Hallo!
Das kann so nicht funktionieren.
Es war nur mal so eine Frage, ob so eine Umrechnung funktionieren könnte, vor allem im mitteleren DWZ Bereich. Gerade in Clubs können die besseren Spieler sich nicht vor Spielen mit schlechteren Clubkameraden drücken,da wäre es schön, wenn Stärkeunterschiede auf einer vernünftigen Basis ausgeglichen werden könnten. So macht man es halt nach Gutdünken und hat keine Vergleichsbasis.
Wenn man gegen gleichstarke Gegner spielt, ist das Material
umso wichtiger, je stärker die beiden Spieler sind. Ein
Großmeister gibt vielleicht eine Partie schon auf, wenn er
ein, zwei Bauern ohne Kompensation verliert. Anfänger
können unter Umständen noch mit einer Dame weniger weiter
spielen und hoffen, dass der Gegner patzt oder sich eine
unverhoffte Chance ergibt.
Demnach wäre der Unterschied zwischen 2600 und 2800 weniger
Material wert, als der zwischen 1000 und 1200. Ich selbst habe
eine bescheidene DWZ von ca. 1600. Mir kommt es so vor, dass
gegen Gegner, die 100 Punkte mehr oder weniger haben, die
Tagesform wesentlich mehr ausmacht als die Spielstärke laut
DWZ. Bei 100 bis 200 Punkten Differenz würde ich etwa ein bis
zwei Bauern ansetzen, um den Unterschied auszugleichen. Bei
mehr als 200 Punkten Unterschied will ich mir schon keine
Aussage mehr erlauben.
Man darf nicht vergessen, dass die DWZ ja keine absolute Größe ist sondern sich asymptotisch einpendelt je mehr Spiele in die Berechnung einfliessen, wobei es dann auch unerheblich ist ob die jeweiligen Gegner agressiv oder defensiv gespielt oder auch mal gepatzt haben. Ich bin der Meinung, dass wie beim Golfhandicap auch die DWZ hilfreich sein könnte, unterschiedlich starke Spieler durch Figurenausgleich zu einem ausgeglichenen Spiel zu verhelfen. Mir hat mal im Club einer gesagt, dass 100 DWZ etwa 1 Figurenpunkt entsprächen. Bei einem Unterschied von 300 DWZ wären das ein Springer oder 1 Läufer, das kommt mir eigentlich realistisch vor. Natürlich versagt diese Rechnung bei sehr großen DWZ Differenzen, weil in höheren Regionen andere Spielkomponenten als das Material ausschlaggebend sind. Natürlich verändert sich auch der Charakter des Spiels, wenn eine dominante Figur fehlt, was aber andererseits auch ganz reizvoll sein kann vor allem für stärkere Spieler.
Hinzu kommt, dass durch das Fehlen eines Steins die Stellung
insgesamt verändert wird (d. h. es verändert sich nicht nur
das Material, sondern auch die Stellung). Ich hörte mal, wie
ein Spieler im Spaß einen anderen fragte: „Möchtest Du mir
nicht einen Bauern vorgeben?“ Die Antwort: „Ja. Den h-Bauern,
vorausgesetzt, Du rochierst kurz.“ Ich glaube, es ist klar,
wie das gemeint ist.
Außerdem ist zu beachten, dass das Material je nach Spielstil
einen unterschiedlichen Stellenwert hat: Scharfe
Angriffsspieler, die auf eine frühzeitige Entscheidung
drängen, kommen vielleicht mit etwas weniger Material leichter
zurecht als Strategen, die ihr Heil in einem
vielversprechenden Endspiel suchen. Hinzu kommt, dass der
Angriffsspieler von einem Ungleichgewicht der Spielstärke
stärker profitiert als der Stratege.
Ich glaube also nicht, dass man DWZ Unterschiede in
Materialunterschiede umrechnen kann, noch weniger jedoch in
Zeitunterschiede.
Ich glaube, damit hat sich noch niemand so richtig Gedanken gemacht. Theoretisch sollte es aber funktionieren, wie folgendes Gedankenexperiment zeigt: Nehme einen Spieler mit DWZ 1600. Danach spielt er die folgenden Wertungsspiele mit einem Bauern, Läufer, Springer etc. weniger. Seine DWZ wird dann entsprechend auf geringere Werte absinken, sich aber auch auf bestimmten Stufen einpendeln. Wenn man für eine Vielzahl von Spieler derartige „Eichkurven“ erstellt, so ließen sich schon Regeln für die Behandlung von Spielstärkendifferenzen aufstellen. Gut, mir ist klar, dass diese Vorgehen ohne praktischen Nutzen ist und eine theoretische Spielerei darstellt.
Wolfgang D.