Hallo Jolly,
du hast ja in letzter Zeit ein paar Mal was zu eurem Problem geschrieben. Und es ist verständlich, dass dich das beschäftigt und du, wenn du dir hier Hilfe erhoffst, häufig drüber schreibst. Aber an dem was du schreibst, zeigt sich m. E. recht deutlich, dass ihr ungeduldig seid. Deine Frau vielleicht noch mehr, als du. Es ist okay, wenn ihr jetzt, wo ihr viel miteinander redet und unternehmt und an eurer Beziehung arbeitet, nach ein paar Wochen noch keine großen „Erfolge“ habt und die Gefühle, die Lust aufeinander etc. noch nicht wieder da sind. Wenn ihr vorher mehr oder weniger nur noch so aneinander vorbeigelebt habt, (meine Spekulation), ist doch das schon ein großer Fortschritt, dass ihr gern was zusammen unternehmt, redet und euch wohl fühlt miteinander.
meine Frau weiß nicht mehr welche Gefühle sie zu mir hat. Sie
sagt, wir wollen es versuchen, aber sie weiß einfach nicht ob
sie bei mir bleiben kann.
Mir geht schon die ganze Zeit bei deinen Postings durch den Kopf, warum ihr eigentlich eure Beziehung retten wollt… Das ist nicht als provokante rethorische Frage gemeint, im Sinne von: „Was wollt ihr denn noch, das hat doch eh keinen Sinn mehr!“ Ich meine das als ganz offene, zu klärende Frage. Habt ihr euch schonmal ganz ernsthaft, offen und „neutral“, jeder für sich, Gedanken darüber gemacht, warum ihr eigentlich die Beziehung weiterführen möchtet? In deinen Postings lese ich zwar ganz deutlich, dass du verzweifelt alles tun willst, um eure Beziehung zu retten, aber ich lese keinen Grund dafür. Du hast nicht annähernd was darüber geschrieben, dass du sie liebst, sondern „nur“, dass du sie nicht verlieren willst. Bitte betrachte das nicht als Vorwurf oder Provokation, sondern nur als Denkanstoß.
Auch bei ihr finde ich es so gar nicht klar, warum sie versucht, eure Beziehung zu retten, die Gefühle für dich wiederzuentdecken. Ich versteh gut, dass man sagt: „Wir können doch unsere gute langjährige Beziehung nicht einfach so den Bach runter gehen lassen. Es hat doch so gut funktioniert mit uns! Wir waren doch so ein tolles Team! Darum muss man doch kämpfen!“ Ich find das auch richtig. Nur reicht das m. E. nicht aus. Nur um der alten Zeiten willen die Beziehung retten wollen und die Sehnsucht, dass es wieder so wird, wie früher, ist glaub ich zu wenig, um es zu schaffen. Es tut mir leid, wenn ich das so sage und ich hoffe, ich liege falsch, aber ihr wirkt auf mich so ähnlich, wie ein Paar, das vor allem wegen der Kinder, oder wegen dem Haus, oder wegen dem, was die Nachbarn wohl sagen würden, zusammenbleibt. Nicht dass ich solche Gründe für verwerflich halte, nur sollte man sich darüber im Klaren sein, darüber reden und dementsprechend vielleicht auch ganz anders handeln.
Noch etwas, was mir durch den Kopf geht, worüber du vielleicht nachdenken solltest. Könnte es sein, dass deine Frau hauptsächlich aus Mitleid versucht, ihre Gefühle für dich wiederzubeleben? Ich denke, es ist nicht auszuschließen, dass sie dich halt einfach noch so gern mag, dass sie dich auf keinen Fall verletzen will. Evtl. macht sie sich diesen Druck, den du beschreibst, weil sie denkt: „Das kann ich ihm nicht antun! Ich muss einen Weg finden, ihn wieder lieben zu lernen, weil es mich zerreißt bei dem Gedanken, ihn so verletzen zu müssen.“
Du beschreibst jedesmal schön, dass du versuchst, ihr keinen Druck zu machen, ihr Zeit zu geben etc. Evtl. entsteht der Druck aber durch deine Verzweiflung. Sie spürt, was sie dir damit antun würde, wenn sie dich verlassen würde und das erzeugt den Druck. Ich weiß, es ist leichter gesagt, als getan, aber vielleicht wäre es gut, wenn du sie ein wenig loslassen könntest. Wenn du weniger an ihr hängen würdest, wenn du weniger „klammern“ würdest. Natürlich riskierst du damit, dass es ihr „leichter fällt“, dich zu verlassen, aber vielleicht besteht auch nur so die Chance, dass sie ihre Gefühle für dich ganz frei und ohne Druck (wie am Anfang der Beziehung) wiederentdeckt.
Sie betrachtet mich im Moment nur
als besten Freund aber nicht mehr als Partner. (d.h. wir
können reden, haben Spass wenn wir zusammen was unternehmen
(Theater und sowas), streiten nicht,…)
Ich weiß, dass viele eine Freundschaft als KO-Kriterium für eine Beziehung sehen. Ich bin nicht der Meinung, und finde das klingt erstmal sehr gut. (Ich persönlich könnte mir nicht vorstellen, mit einem Mann eine sexuelle Beziehung einzugehen, wenn sich da nicht vorher freundschaftliche Gefühle entwickelt haben. Aber vielleicht bin ich da auch ein Exot.) Die Frage, die sich bei mir da stellt: Vermisst ihr (im Moment) was? Könnt ihr diese „Freundschaft“ grad so genießen wie sie ist (als Fortschritt zur evtl. vorherigen Gleichgültigkeit)? Wenn ja, dann tut das einfach, statt schon darüber nachzudenken, wie das wohl werden soll, wenn ihr „nur“ Freundschaft nicht mehr genießen könnt. Und ansonsten, redet über eure Sehnsucht. Mir scheint, du vermisst die Intimtät zwischen euch, mehr als sie. Trotzdem versucht sie angestrengt, ihre Gefühle für dich zurückzuholen. Hast du sie mal gefragt, wonach sie sich sehnt? (Und ich finde eine Antwort, die sich auf früher bezieht: „Ich wünsche mir, dass es wieder so ist wie früher.“, nicht ganz akzeptabel.) So wie früher geht nicht. Leben geht nur vorwärts und nicht rückwärts. Ihr könnt die Zeit nicht zurückdrehen. Aber ihr könnt versuchen, neu aufeinander zuzugehen. Und dazu könnte es hilfreich sein, wenn sich sich ihre Wünsche und Sehnsüchte konkreter und aufs jetzt bezogen, klarer macht. (Nicht nur sie, du natürlich auch!) Was wünscht ihr euch? Jetzt und ganz konkret! Natürlich könnt ihr dazu zurückschauen und euch fragen, was das war, was an „früher“ so gut war. Aber dann konkret formulieren, was ihr euch davon für jetzt wünscht und warum.
Sie freut sich nicht
wenn ich nach hause komme bzw. verspürt keinen Drang nach
Nähe. Wir sind 8 Jahre zusammen und wohnen seit einiger Zeit
zusammen.
Vielleicht freut sie sich deswegen nicht, weil es nichts Neues, nichts Spannendes mehr gibt. Ihr kennt euch jetzt lange, und am Anfang war alles noch aufregend. Da liegt dann auch die Krux am „wie früher“. Wenn du dir jetzt irgendwie Mühe gibst, dass du dich wieder so verhältst, oder so bist, wie früher, bringt das m. E. nicht viel. Weil das ja eben grade nicht neu und aufregend ist (oder nur wieder eine kurze Zeit lang). Wie ist das denn im Moment, wenn du heim kommst? Freust du dich denn eigentlich auf sie? Oder mehr auf „endlich Feierabend“? Und wenn du dich auf sie freust, wie zeigt sich das, wenn ihr euch dann seht? Was macht ihr, wenn ihr dann zusammen zuhause seid? Das mag jetzt ein wenig übertrieben sein, aber mir scheint, bis vor kurzem sah das in etwa so aus: Ein bisschen (bestenfalls gemeinsame) Hausarbeit; wenn überhaupt reden, dann hauptsächlich ein bisschen über die Arbeit o. ä. schimpfen; und später vor dem Fernseher entspannen. Jetzt versucht ihr was zu ändern, macht tolle Unternehmungen usw. und erhofft euch davon eine Besserung. Ich könnte mir vorstellen, dass deine Frau nun feststellt, dass sie sich deshalb auch noch nicht mehr auf DICH freut, sondern eben „nur“ auf die gemeinsame Unternehmung. Vielleicht hat sie aber auch irgendwie das Gefühl, dass du dich im Moment (für sie) verstellst. Wenn du z. B. jetzt mehr im Haushalt hilfst, sie wieder mit Geschenken o. ä. überraschst und sowas, könnte es sein, dass sie (unterbewusst) befürchtet, dass das gar nicht wirklich DU bist, sondern dass du ihr (und dir selber) eigentlich nur was vorgaukelst. Sei da auch mal ehrlich zu dir selber, ob das nicht ein wenig zutreffen könnte.
Was haltet ihr von einer räumlichen Trennung für eine Woche?
Ich habe bislang immer gesagt, ich versuche alles für einen
Neuanfang. Aber es scheint einseitig zu sein. Bringt es was,
wenn ich jetzt eine räumliche Trennung vorschlage oder ist es
das Ende?
Ich könnte mir vorstellen, dass es einen Versuch wert ist. Eine Woche kommt mir allerdings sehr kurz vor. Es könnte schon sein, dass eben grade, wenn ihr euch eine Weile nicht seht, es dann irgendwann wieder neu und spannend ist, sich zu treffen. Aber sicherlich ist bei einer zeitweiligen Trennung auch die Gefahr größer, dass sie diese Freiheit des Alleinseins total schnell zu schätzen weiß und nicht mehr bereit ist, weiter für eure Beziehung zu kämpfen. Aber vielleicht musst du das riskieren. (Siehe oben „Loslassen“)
Was mir aufgrund deiner Beschreibung noch nicht ganz klar ist, was im Moment an Zärtlichkeit überhaupt zwischen euch läuft, und wie sich das anfühlt. Ist es eher so, dass du schon Lust hättest auf Sex, sie aber nicht bedrängen willst. Sie dann hin und wieder doch „einwilligt“ ihr aber danach meist beide eher enttäuscht seid, weils nicht besonders toll war und ihr eigentlich keinen Spaß dran hattet? Oder hattet ihr jetzt schon lange keinen Sex mehr? Tauscht ihr sonst noch Zärtlichkeiten aus? Streicheln, Küssen, Händchenhalten, zärtliche Blicke…? Und zwar echt, mit Freude und Herzklopfen und Hingabe? Oder geht das auch nicht mehr so richtig?
Ich wünsch euch alles Gute
Gruß
M.
PS: Schon ein paarmal kam der Hinweis, ob ihr euch nicht mal Gedanken über eine Paartherapie/Sexualtherapie macht. Habt ihr darüber mal gesprochen?
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