Guten Tag.
Ungern nehme ich dir den Wind aus den Segeln, aber du wirst, und das ist keine Vermutung, sondern ich bin mir dessen gewiss, kläglich scheitern. Tu dir selbst einen Gefallen und lies dir trotzdem durch, was ich zu sagen habe.
ich bin 17 jahre alt und werde im april 2010 18.
Unter der Voraussetzung, dass du ein Mann bist, lautet die nächste Frage, wie es mit Bund bzw. Zivildienst aussieht.
ich spiele seit längerem mit dem gedanken ein eigenes pizza
rastaurant zu eröffnen,ich habe bereits ein konzept und viel
ehrgeiz.
Du konkurrierst mit McDonalds, Burger King, KFC, Pizza Hut, Imbissbuden, Cafés, Tankstellen, Restaurants aller Art. Viel mehr Konkurrenz als in der Gastronomie kann man sich nicht aufhalsen.
Und Konzept heißt erst einmal Standortwahl. Umgebung Magdeburg kann bei den sieben Zwergen (konkurrenzlos, mit drei Pizzen im Monat) heißen oder in urbaner Umgebung mit Konkurrenz siehe oben.
Da du vermutlich wenigstens die Chance haben willst, Umsatz zu machen, betrachten wir Alternative zwo: in jedem Preissegment gibt es Essensangebote. Pizza ist nicht lebensnotwendig, d.h., du bietest etwas an, was nicht zum täglichen Bedarf gehört, musst also etwas bieten, was andere nicht oder nicht zu einem vergleichbaren Preis haben. Bei McMatsch gibt es *irgendwas* ab 1 Euro; Pizza sagen wir mal ab 4 Euro (Tomatenfrisbee einfach).
Du bekämst also einen kleinen Eckladen 50 m² in der Nähe einer Schule, eines Bahnhofs, eines Kinos, Schwimmbades oder … wo eben pizza-essende Leute sind. Die Miete veranschlage ich mal mit 500 € (was wenig genug ist). Du brauchst einen Backofen und Arbeitsgeräte, Verpackung, Zutaten. Ich nehme der Einfachheit halber an, dass du Pizza auf die Hand verkaufst … sonst kommen Tische, Stühle, Besteck, Geschirr, Krempel und Kram dazu. Sagen wir mal, alles in allem 10000 €, inklusive der Mietkaution. Alles sehr billig gerechnet.
Dein Backofen (Strom) läuft 8 Stunden am Tag mit 2000 Watt, macht 16 kWh am Tag oder 500 kWh im Monat. Du brauchst 5 m³ Wasser (Putzen, Aufwaschen, Pipi pullern …). Macht schon mal ganz grob geschätzte, monatliche Fixkosten (das, was du ausgibst, ohne auch nur eine einzige Mafiatorte abgesetzt zu haben):
Miete = 500 €
Zinsen 12 % = 1000 €
Strom 500 kWh = 100 €
Wasser 5 m³ = 50 €
Machen wir es rund und sagen 2000 Euronen pro Monat. Das wären bei 5 € für den Tomatenfrisbee-einfach 400 Pizzen im Monat oder 14 am Tag. Und damit hast du nicht einen verbogenen Sechser im Portemonnaie, und die Tomaten und das Mehl, Salz usw. müssten auch vom Himmel fallen. Deine Butze ist weder beleuchtet noch geheizt (na gut, der Ofen). Es ist alles sehr billig gerechnet und optimistisch betrachtet. Gut, gut: sagen wir, du arbeitest 8 Stunden lang pizza-produzierenderweise, machst jeden Tag eine Stunde vor und zwei Stunden nach dem Geschäft die Nebenarbeiten, wie Steuern, Einkaufen …
Möchtest du 11 Stunden am Tag arbeiten und am Ende des Tages mit Null, nix, nada dastehen? Sicherlich nicht. Also helfen wir dir und erhöhen die verkaufte Stückzahl auf 1000 Pizzen im Monat, entsprechend 5000 Euronen Umsatz. Jippi? 200 g Mehl, mal 1000, macht 200 kg, Großhandelspreis 1 € das Kilo, macht 200 Euro. 50 kg Tomaten, macht 100 Euro. Krempel und Kram, macht 100 Euro. 2000 Euro Fixkosten, siehe oben. Ein Auto wirst du dann auch brauchen, weil du keine Mehlsäcke durch die Stadt asten willst. Kostet 1 Euro pro km, sagen wir, zweimal die Woche fährst du je 10 km zum Großmarkt, sind 100 Euro im Monat.
Du hättest also - wenn du es schaffst, genügend Doofe zu finden, die für eine Pizza mit Tomaten, Salz und Pfeffer 5 Euro auf den Tisch legen - 2500 Euro vor Steuern verdient.
Wenn du dich mit Pizzen ein wenig auskennst, wirst du wissen, dass diese Rechnung für den Eimer ist, weil diese Teigscheibe, wie ich sie oben beschrieben habe, niemand frisst. Wie weit, glaubst du, kommst du mit den oben angenommenen 2500 Euro, wenn du den ganzen anderen Krempel, der so üblicherweise auf die Pizza kommt, einkaufen musst, und zwar frisch, weil dir die Behörde sonst den Laden dichtmacht = du wirst viel wegwerfen müssen?
ich habe leider kein
eigenkapital,ich erbe aber das haus meines vaters.
Du siehst schon an der obigen Milchmädchenrechnung, dass die Zinsen, selbst, wenn du alles für Appel+Ei bekommst - und nur 10% Zinsen bezahlen musst! - dich gnadenlos auffressen, weil sie nämlich Fixkosten sind.
Und jetzt kommt der nächste Juckepunkt: Wenn du den Unterschied zwischen fixen und variablen Kosten, zwischen Einzel- und Gemeinkosten nicht kennst - und woher solltest du! - dann wird dich jeder, der in der Lage ist, einen Bierdeckel zu beschriften, gnadenlos bescheißen können mit irgendwelchen Luftnummern. Ganz ähnlich, wie ich es oben getan habe, allerdings ohne böse Absicht.
also müsste ich einen kredit aufnehmen.hier nun meine fragen:
-wie hoch sollte der kredit sein?
Das ist ganz einfach gesagt. Entweder du kannst es selbst errechnen, oder du lässt - erst mal - die Finger von deinem Traum. Es gibt nämlich zwei Möglichkeiten: Entweder du kommst an eine Bank mit ethischen Grundsätzen *LOL*, die dir bzw. deiner Familie (BTW: dass du das Haus erst erbst, wenn dein Vater tot ist, weißt du aber schon?) den Kredit für deine Luftnummer verweigert. Dann stehst du zwar ohne Kredit da, hast dich und deine Lieben aber auch nicht unglücklich gemacht. Oder aber du findest jemanden, der gewissenlos genug ist, euer bisschen Vermögen für ein mit viel gutem Willen unausgegoren zu nennendes Projekt zu belasten - und sich unter den Nagel zu reißen, wenn der unvermeidliche Knall kommt.
-muss ich beim arbeitsamt oder der bank eine gewisse
schul-oder lehrausbildung vorweisen?
Dem Arbeits"amt" ist es *PIEP*egal, wenn du dich selbständig machst - du fällst denen dann nicht zur Last. Die Bank wird, wenn du nicht an einen ausgesprochenen Ganoven gerätst, dir möglicherweise in geschäftlichen Angelegenheiten ein wenig auf den Zahn fühlen, letzteren ziemlich hohl finden und dich nach Hause schicken - nicht, weil du keine passende Ausbildung hast (das ist nur ein Indiz!), sondern, weil du - und das zeigen einige deiner Fragen hier - das Rüstzeug nicht hast, um eine Existenz zu gründen und einigermaßen realistische Erfolgsaussichten zu haben.
Wenn es dein großer Traum ist, „Pizzaonkel“ (oder „tante“) zu werden, dann würde ich dir mehrere Sachen empfehlen - nachdem du einen mittleren Schulabschluss hingelegt hast:
-
Kochlehre;
-
Existenzgründer-Seminare bei IHK oder anderen Anbietern;
-
nach abgeschlossener Kochlehre Berufserfahrung sammeln, am besten - für deinen Traum - in Italien, zwecks Profis über die Schulter gucken;
-
in der ganzen Zeit deine Idee weiterentwickeln, all das einbauen, was du lernen wirst: von Rezepten, Geschäftsführung, Kücheneinrichtung über Finanzierung, Eigen- und Fremdkapital, Kostenrechnung …
-
Sparen! Jeder Euro Eigenkapital senkt deine Fixkosten (siehe oben) und verhilft dir zu besserem Schlaf.
Du bist erst 17. Wenn du dir 10 Jahre Zeit nimmst, also als Ziel formulierst „mit Ende 20 will ich selbständig sein“, dann ist das bedeutend realistischer als alle Luftschlösser zum jetzigen Zeitpunkt.
Einen Tropfen Maggi muss ich aber noch in den Wermut tun: In keiner Branche scheitern so viele Leute wie in der Gastronomie. Das liegt an verschiedenerlei, aber vor allem daran, dass der Beruf des Gastwirtes mit vielen Illusionen behaftet ist. Manchmal hilft es schon , mal ein paar Wochen in einer Küche oder als Kellner zu jobben …
GEK