Eigenverbrauch in der Gastronomie

Hallo Allerseits!
Habe eine einfache Frage: Gibt es eine Möglichkeit den Eigenverbrauch einer Familie zu Dokumentieren und ihn als Beweis bei einer Steuerprüfung einzusetzen? Für die Gastronomie mit warmen Speisen und Getränken liegen die Regelsätze zur Zeit bei knapp 2600,-€ pro Person und 1300,-€ für ein Kind ab 2 Jahre (für Waren zu 7% und 19%). Also 6500,-€ für eine 3-Köpfige Familie. Meiner Auffassung nach völlig überzogen.
Vielen Dank!

Hi,

In der Verfügung zu der Richtsammlung steht folgendes:

Zitat:

    1. Die Pauschbeträge für den Eigenverbrauch werden durch die in den Richtsatzgruppen zusammengeschlossenen Oberfinanzdirektionen festgesetzt.
    1. Sie beruhen auf Erfahrungswerten und bieten dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Sie entbinden damit den Steuerpflichtigen davon, eine Vielzahl von Entnahmen einzeln aufzuzeichnen.
    1. Diese Pauschalregelung für den Eigenverbrauch dient der Vereinfachung. Der Vereinfachungsgedanke gebietet es, daß die Pauschbeträge nicht durch Zu- und Abschläge jeweils den individuellen persönlichen Verhältnissen angepaßt werden. Krankheit und Urlaub oder außergewöhnliche Eß- oder Trinkgewohnheiten rechtfertigen daher grundsätzlich keine Änderung der Pauschalwerte.
    1. Die Pauschbeträge sind Jahreswerte für eine Person. Für Kinder von über 2 bis zu 12 Jahren ist die Hälfte des jeweiligen Wertes anzusetzen. Tabakwaren sind in den Pauschbeträgen nicht enthalten. Soweit Tabakwaren entnommen werden, sind die Pauschbeträge entsprechend zu erhöhen.
    1. Die pauschalen Werte berücksichtigen in der jeweiligen Gewerbeklasse das allgemein übliche Warensortiment. Mit dem Ansatz der Pauschale ist der gesamte Eigenverbrauch des Gewerbezweigs abgegolten.
    1. Bei gemischten Betrieben (Metzgerei oder Bäckerei mit Lebensmittelangebot oder Gastwirtschaft) ist nur der jeweils höhere Pauschbetrag der entsprechenden Gewerbeklasse anzusetzen.
      Zitat Ende

Danach sind die Pauschbeträge nicht an individuelle Werte mit Zu- und Abschlägen anpassbar. Das untersagt grundsätzlich nicht den Einzelnachweis, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie der Gewerbetreibende diesen Einzelnachweis führen will. Die Beweislast liegt bei ihm und er wird doch ab und zu auch von den Speisen in seinem Lokal essen. Es wird stressfreier sein, die Pauschbeträge einfach zu akzeptieren. Denn es ist nicht sicher, ob eine noch so detaillierte Aufstellung dann als Vollbeweis des Eigenverbrauchs akzeptiert wird.

Schöne Grüße
C.

Hallo,

ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Pauschalsätze durch
Einzelaufzeichnungen ersetzt werden können.

Das bedeutet aber dann auch: Jedesmal wenn das Kind von der Schule nach Hause kommt und sich an der Theke ein Glas Wasser zapft und ein Brötchen nimmt, muss darüber Buch geführt werden - natürlich getrennt nach den verschiedenen Steuersätzen ! Denn darauf müssen ja Umsatzsteuern bezahlt werden. Kommt man dieser Pflicht nicht ordnungsgemäß nach, kann das Finanzamt
schätzen - legt also auch wieder die Pauschbeträge zu Grunde.

Wie dies in der Praxis gehandhabt wird, sollte der Steuerberater
wissen.

Gruß, Trobi

Hallo,

Denn es ist nicht sicher, ob eine noch so detaillierte
Aufstellung dann als Vollbeweis des Eigenverbrauchs akzeptiert
wird.

Es ist auch nicht sicher, dass eine detaillierte Aufstellung tatsächlich zu einem günstigeren Ergebnis führt. Wer daran zweifelt, dass die Pauschbeträge (, die übrigens nicht vom Himmel fallen,) zu hoch sind, sollte ruhig ein Jahr mitschreiben - das schärft die Sinne.

Das gleiche passiert oft auch beim Fahrtenbuch. Es wird so häufig angenommen, dass Fahrzeuge natürlich mindestens 85 % betrieblich/beruflich genutzt werden. Ein (echtes) Fahrtenbuch kommt nicht selten zu ganz anderen lebensnaheren Ergebnissen.

Es grüßt

Berta

Hallo,

Regelsätze zur Zeit bei knapp 2600,-€ pro Person

Das sind umgerechnet gut 7 Euro pro Tag. Wie die Vorredner schon sagten, kommt mir das eher wenig vor.
Selbst im Krankenhaus oder auf Kur zahlt man 10 Euro pro Tag zu, wovon der größte Teil ja angeblich zu Hause für die Verpflegung eingespart wird.

Cu Rene

Hallo,
7€ kommt mir allerdings doch viel vor. Der besagte Gastronom sagt er hätte tatsächlich auf Entnahmen verzichtet und die Lebensmittel privat extra eingekauft aber keine genauen Aufzeichnungen dazu gemacht. Hinzu käme, dass er Jährlich ca. 20-40KG gesammelte Steinpilze (ca.20€/Kg) und unendlich viele Wildkräuter (ca.80€/Kg) in seine Küche mit einbringt, die seine Speisenkarte verfeinern und den Wareneinsatz auf unter 25% senken. Das seien Prozentsätze, die absolut unüblich sind. Würde man in seinem Fall den pauschalen EV noch herunterrechnen, liegt man bei ca. 21% Wareneinsatz und das ist in einem Restaurant der gehobenen Klasse absolut unmöglich. Er will auf jeden Fall in der Zukunft detaillierte Aufzeichnungen machen, die Frage ist noch ob solche Aufzeichnungen auch für einen zurückliegenden Prüfungszeitraum Beweiskraft haben?
Gruß Kai

Hallo,

ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Pauschalsätze durch
Einzelaufzeichnungen ersetzt werden können.

na, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht mal 30 Minuten für eine Einspruchsentscheidung brauchen würde. Es sind keine Aufzeichnungen vorstellbar, die nicht mit irgendwelchen Indizien entkräftet werden könnten.

Schöne Grüße
C.

Servus,

andererseits kann man derartigen Aufzeichnungen wohl auch recht gut ansehen, woher sie kommen, wie sie entstanden und wie sie „gemeint sind“ - ein Stück weit gehts da, so ähnlich wie beim berühmten Fahrtenbuch, wohl schon auch um ein Ritual. Bei den Konditionen, zu denen ein Kneipier einkaufen kann, kommt man mit etwa 1.400 - 1.500 € pro Nase und Jahr ziemlich weit, die Pauschalsätze sind schon sehr großzügig angesetzt. Freilich trägt das Verhältnis Wareneinsatz/Umsatz wohl auch seinen Teil zum „Gesamtbild“ bei, und wenn einer insgesamt ein bissel weniger schwindelt als der Durchschnitt der Branche und sich dann noch die Mühe macht, eine Kladde zum Eigenverbrauch zu führen, wird ihm das auch nicht grad um die Ohren gehauen werden.

Obwohl: Wenn ichs den Leuten vorgeschlagen habe, das mal mit einer einfachen Kladde zu probieren, wollte fast keiner mehr was davon wissen. Und der einzige, ders probiert hat, ein kreuzehrlicher Bosniak, hat dann doch lieber auf die Pauschalwerte zurückgegriffen…

Nungut - wäre mal ganz spannend, eigentlich.

Schöne Grüße

MM
(Deine Post hab ich nicht vergessen, ich brings nochmal zusammen)

Servus,

andererseits kann man derartigen Aufzeichnungen wohl auch
recht gut ansehen, woher sie kommen, wie sie entstanden und
wie sie „gemeint sind“ - ein Stück weit gehts da, so ähnlich
wie beim berühmten Fahrtenbuch, wohl schon auch um ein Ritual.
Bei den Konditionen, zu denen ein Kneipier einkaufen kann,
kommt man mit etwa 1.400 - 1.500 € pro Nase und Jahr ziemlich
weit, die Pauschalsätze sind schon sehr großzügig angesetzt.

Moin!

Genau das ist der Gedanke. Ein Fahrtenbuch über das Private Einkaufsverhalten. Das stelle ich mir nicht so aufwändig vor wie eins für das Firmenfahrzeug. Ich selber habe mal 2 1/2 Jahre eines geführt und schließlich den Firmenwagen verkauft, weil es wirklich grauselig ist. Wenn man Lebensmittel kauft, hat man ja sowieso 2 Belege zur gleichen Uhrzeit, die man schön Trennen kann. Kann man sich nicht mit dem FA abstimmen, wie sie es gerne hätten, um spätere Diskussionen zu vermeiden? Oder sind Prüfer grundsätzlich dazu angehalten, die Pauschalsätze anzuwenden. Muss erst jemand klagen, damit das Fahrtenbuch für private Dinge erfunden wird?
Grüß kai

Servus,

der Stellungnahme von Cirwalda kannst Du dazu einiges entnehmen:

Ein Fahrtenbuch über das Private Einkaufsverhalten.

ist sicher nicht ausreichend. Die Entnahmen, die hier eine Rolle spielen, beziehen sich ja auf alles, was aus dem Bestand und den Leistungen der Gaststätte privat verbraucht wird. Aufzuzeichnen wären allemal die Entnahmen selber, nicht die Einkäufe, die ihnen zugrunde liegen.

Also ungefähr so:

16.01.2008 Mittagessen 4 Personen, 700g Kartoffeln 1,70 €, drei Putenschnitzel 6,19 €, ein Kopf Endivie 1,10 €, Vinaigrette ca. 0,60 €. 2*0,3 L Pils, 1 Flasche Hirschquelle, 2 Tassen Kaffee.

16.01.2008 1 Beutel Salzstangen 200g für Melanie (Sport)

Usw. usw. - nicht ganz harmlos, dieses Unterfangen.

Der getrennte Einkauf ausschließlich für privaten Verbrauch wird so wohl kaum akzeptiert werden - das würde ja voraussetzen, dass es auch eine getrennte Küche, ein getrenntes Esszimmer, eine getrennte Speisekammer etc. gibt. Aber reden mit die Leut kann man immer.

Mir ist ein Bäckermeister bekannt, bei dem eine einfache Strichliste pro Mitarbeiter, monatlich getrennt, akzeptiert wird. Um die Bewertung (Sachbezugswert oder Verkehrswert: Ist ein Frühstück zu Feierabend für die Backstubenmitarbeiter eine Mahlzeit im Sinn der Sachbezugsverordnung?) haben wir uns mit der Behörde allerdings trotzdem in die Krawatten gekriegt…

Schöne Grüße

MM

Also ungefähr so:

16.01.2008 Mittagessen 4 Personen, 700g Kartoffeln 1,70 €,
drei Putenschnitzel 6,19 €, ein Kopf Endivie 1,10 €,
Vinaigrette ca. 0,60 €. 2*0,3 L Pils, 1 Flasche Hirschquelle,
2 Tassen Kaffee.

16.01.2008 1 Beutel Salzstangen 200g für Melanie (Sport)

Usw. usw. - nicht ganz harmlos, dieses Unterfangen.

Hi!
Schönes freies Deutschland. Liest sich alles nicht so schön für die, die versuchen ehrlich zu sein! Hätte gedacht, dass es fürs FA hilfreich sein könnte ob man 1 oder 2 Blatt Klopapier zum A… abwischen benutzt. Diplomatie ist natürlich immer wichtig. Bin gespannt wie das Thema bei der betreffenden Person ausgeht.
Vielen Dank für die rege Beteiligung!

Geruhsamen Abend,
Kai