Au ja, zum Thema Naturgewalten hab ich auch noch eines:
Brausend und mit Macht strömt der Kaffee auf das erst kürzlich günstig erstandene Kanapee, wenn der Autor schweren Herzens auf dem Taschenfederkern wippt und mit Inbrunst und Regung die Tasse umkippt.
Da hab ich jetzt extra eine romantische Übersteigerung von Gefühlsregungen wie z.B. bei Eichendorff eingebaut und außerdem einen Hinweis auf die Freude am günstigen Einkaufen, um zwei bedeutende Züge der deutschen Seele anzusprechen, so dass das Gedicht richtig deutsch wirkt. Von ganz oben, sozusagen.
Tut mir leid, Hans, aber diese Einschätzung der deutschen Lyrik der letzten 400 Jahre (lassen wir mal Renaissance und Mittelalter beiseite) ist kompletter Blödsinn!
Im Gegensatz zu deiner völlig Unwissenheit steht eine extrem vielfältige lyrische Produktion deutscher Dichter.
Ein Gedicht von Eichendorf, eines von Brecht, eines von Gottfried Benn und eines von Jandl haben sehr wenig miteinander zu tun bzw. zeigen ganz unterschiedliche sprachliche Mittel.
Und wenn du schon Goethe ansprichst: Der hat ungemein unterschiedliche lyrische Werke geschrieben.
Im Wirbel der Träume, ein flatterndes Licht,
Der Zweifel umspielt das entfachte Gesicht.
Der Schmetterling tanzt, doch versteckt sich geschwind,
Im Durcheinander wirbelt der Wahnsinn geschwind.
Ein Labyrinth wächst aus den Wogen der Zeit,
Im Schatten des Mondes ein Schatten sich breit.
Verwirrung und Rätsel, ein kühner Bericht,
Im Kreuzreim entfaltet das Chaos seine Sicht.
Die Wolken, sie schweben, im Tanz ohne End’,
Die Vögel erzählen ein weises Gewänd’.
Im Kreuzreim entflieht die Vernunft ihrem Ort,
Im Gedicht ohne Sinn, ein wunderbarer Akkord.
„Schreibe ein Gedicht mit drei Versen mit jeweils vier Zeilen, das inhaltlich keinen Sinn ergibt, aber im Kreuzreim verfasst ist.“ Naja, für den Kreuzreim hat es nicht gelangt, aber dafür kam das Wort zweimal im Text vor.
Das ist jedempfalz noch schöner als die Sachen, die ich mir gestern auf dem Weg in den Garten zum Thema „Natur und Endreim mit einzelnen Liberalitäten betreffend Reim und Rhythmik“ ausgedacht und dann glücklicherweise nicht hier eingestellt habe.
Da kamen solche Sachen vor wie
„Ich sitze und dreh’ mir ein Zigarettchen
da tritt gegenüber aus dem Wald ein Rehchen,
das schaut mich gespannt und neugierich an,
weil es nehmlich selber nicht drehen kann“ usw.
Da siehst Du, was Euch alles erspart geblieben ist!
wenn das hier nun so weitergeht, seh’ ich mich weiter provozeeht.
wobei, der eine zeh macht kummer, was aber ist 'ne andre nummer.
ein pferd stand drauf, das nilpferd auch, weswegen ich nun eine rauch.