Hallo Iceage,
Besonders bedeutend scheint ja zu sein, dass
Parawissenschaften sich massivst von „Esoterik“ unterscheiden
will und muss, um die Wissenschaftlichkeit zu begründen. Wobei
mich dies etwas irritiert, weil letztlich jedes Objekt der
wissenschaftlichen Untersuchung durch die Subjektivität der
Forscher/innen bereits beeinflusst ist, oder?
Das sehe ich auch so, denn kein Mensch, auch kein Wissenschaftler kann bis in die letzte Konsequenz objektiv sein. Menschen handeln/denken subjektiv und davon kann sich niemand völlig freisprechen. Der Physiker Richard Feynman hat deswegen in seinen Reden/Schriften stetig dazu aufgerufen auch das bestbelegte Forschungsergebnis als vorläufig zu betrachten und immer neu zu hinterfragen und zu überdenken, also immer ein bißchen daran zu zweifeln.
Es beißt sich für mich darum irgendwie die Katze in den
Schwanz… denn wenn dies so ist, dann wäre es Blödsinn, dass
Parawissenschaftler sich unbedingt von den (als unredlich
wahrgenommenen?) Esoterikern unterscheiden wollen/ müssen?
Die Trennung der Herangehensweisen halte ich für sinnvoll, da sie einzelne Ereignisse ergründen will. Die Esoteriker allgemein zu verunglimpfen ist allerdings unredlich, da viele selbst hinterfragen und nach Antworten suchen. Die Mythen der esoterischen Glaubensrichtungen sind tatsächlich eher mit der Religion zu vergleichen. Die erlebten Phänomene der Esoteriker und auch von Nichtesoterikern geschehen oft unabhängig von Mythos und können durchaus Gegenstand der parawissenschaftlichen Forschung sein.
Spiegelt sich in dem Unterschied zwischen Esoterikern und
Parawissenschaftlern eine Art kultureller Kampf wider?
Dieser „kulturelle“ Kampf findet hier im Forum, in der Presse und bei Wikipedia statt, jedoch nicht oder nur in geringerem Maße zwischen Parawissenschaftlern und Esoterikern. Bei der Suche nach Antworten arbeiten sie zusammen, denn ohne Esoteriker oder Anderen, die die zu erforschenden Phänomene erlebt haben, könnten Parawissenschaftler gar nicht forschen.
Und hätte das dann etwas mit der Annahme zu tun, dass
(bestimmte) Forscher/innen meinen, sie könnten Wahrheit
ergründen,(kulturell) be-gründen, Kultur schaffen… und
wäre das nicht so, wie es in bestimmten Kulturen schon lange
üblich ist? Sich selbst Bewusstsein und die Fähigkeit der
Erlangung von Erkenntnis und Wahrheit zusprechen, aber anderen
diese abzusprechen?
Die Forscher wollen sicher keine Kultur begründen oder schaffen. Sie sind daran interessiert bestimmte Phänomene zu erforschen, wie sie funktionieren, warum, wieso usw.
Wenn man mal davon ausgeht, daß Mythen wahrscheinlich vielfach dadurch entstanden, daß sich die Menschen bestimmte z.B. Naturphänomene nicht erklären konnten, wie etwa den Auf- und Untergang der Sonne, daraus dann die Anbetung der Sonne entstand und sich weitere Geschichten um dieses Phänomen herum entwickelten, dann müßte die wissenschaftliche Erkenntnis des tatsächlichen Herganges, diesen Mythos aussterben lassen. Und das ist teilweise auch geschehen. Solange die Wissenschaft aber nicht in der Lage ist, eine Erklärung zu liefern, wird der Mythos bestehen bleiben, insbesondere dann, wenn er sehr fest im Glauben der Menschen verankert ist und von Institutionen weiterhin verbreitet wird.
Hier trennen sich dann die Wege: einerseits Wissenschaftler, die die Dinge mehr oder weniger objektiv oder subjektiv betrachten, andererseits Esoteriker, die an der Aufklärung der Phänomene interessiert sind und daran mitwirken und jene Esoteriker, die lieber weiter an ihre Mythen glauben möchten und sie ebenso wie eine Religion betrachten. Wobei die Übergänge von einer Gruppe zur anderen eher fließend als stark abgegrenzt sind. Es gibt Wissenschaftler, die auch Esoteriker sind und Esoteriker, die sich mit Wissenschaft befassen.
Und sind dann nicht alle „Esoteriker/innen“, die meinen, sie
hätten besondere Wahrnehmungsfähigkeiten auch nur verkappte
„Parawissenschaftler/innen“, insofern auch sie meinen, es
besser zu wissen?
Hier muß man wieder unterscheiden zu welcher Gruppe diese Esoteriker gehören:
ob sie zu jenen gehören die es gar nicht wissen wollen bzw. ihrem Glauben weiter anhängen wollen oder ob sie selbst an wissenschaftlicher Aufklärung interessiert sind und sich ehrlich bemühen im wissenschaftlichen Bereich Antworten zu finden. Wobei die Verständigung zwischen letzteren und Wissenschaftlern häufig daran scheitert, daß die Wissenschaftler mit Esoterikern gar nicht erst reden, geschweige denn ihr wissenschaftliches Wissen mit diesen besprechen wollen. Wobei ich erfreut anmerken kann, daß ich inzwischen vier gesprächsbereite Physiker gefunden habe, die sich zwar nicht hier zu Wort melden, aber per eMail für Fragen zur Verfügung stehen.
Dann hätten beide also eines gemein, nämlich ihren Glauben
daran, es gäbe eine ergründbare Wahrheit?
Die Mythen, also Glaubensrichtungen zu ergründen, muß hier ebenfalls wieder scharf von den Phänomenen getrennt werden, die die Parawissenschaft zu ergründen versucht. Das eine ist ein Glaubenssystem, das andere kann auch völlig unabhängig davon sein. Viele, die diese Phänomene erleben sind keine Esoteriker und wundern sich ebenso wie letztere was da geschieht. Die Phänomene kann man ergründen und der zugehörigen Wahrheit oder Unwahrheit auf den Grund gehen.
Wenn die Wissenschaft keine Antwort finden kann, dann kann es sein, daß das Erlebte einen nicht-Esoteriker zum Esoteriker macht, weil er beginnt seine Antworten dann woanders zu suchen. Deswegen ist er aber noch lange kein Mysthiker. Er wird dann wohl eher zu einem wissenschaftlich interessierten Esoteriker.
Grüße,
Cantate