Hallo!
Wer Zugang zu Fleisch nicht nur abgepackt mit Klarsichtfolie und Barcode hat, sondern Kontakt zu lebendigen Tieren hat, womöglich bemerkt, dass die Viecher von Huhn und Gans bis zu Schwein und Rind intelligent und zu emotionalen Bindungen fähig sind, kann mit deren Verzehr in arge Nöte kommen. Ich kann nur von mir berichten. Hin und wieder in großen Abständen (Monate) spüre ich große Lust auf einen Fetzen Fleisch, dem ich dann auch nachgebe. Aber ich kann nicht aus meiner Haut, ein gutes Gewissen hab ich dabei nicht. Auch bei Fisch werde ich die Gedanken nicht los, dass die Tiere allesamt elendig erstickten, bevor sie auf dem Fabrikschiff zerlegt und eingefroren wurden. Wenn die Viecher eingelegt oder gebraten nur nicht so lecker wären…
Wir wurden von der Natur als Allesfresser angelegt. Ausschließlich pflanzliche Ernährung ohne Mangelerscheinungen und ohne so 'n Mist wie Nahrungsergänzungsmittel ist nicht einfach. Aber eine zumindest weitgehend (von gelegentlichen Ausreißern rede ich nicht) vegetarische Ernährung, die keinen Verzicht auf hunderterlei Käsesorten und Eier erfordert, die von Schokolade bis Weingummi, von Butter bis Joghurt alles ermöglicht, dazu querbeet Obst und Gemüse, Kartoffeln und Nudeln, ist weder mit Verzicht noch mit Gefahr von Mangelerscheinungen verbunden. Und wenn ich dann wie letzten Sonntag zum Essen eingeladen wurde - es gab u. a. Kammkotelette - gebärde ich mich nicht als Fundamentalist, sondern ließ es mir schmecken. Aber für den Rest des Jahres reicht es an Fleisch. Falls nicht und mich überkommt der Appetit nach scharf gewürzten und noch schärfer gebratenen Frikadellen (kann man nicht kaufen, gibt’s nirgends, kann ich wie den zugehörigen besten Kartoffelsalat der Welt nur selbst machen), werde ich nicht zögern, sie zuzubereiten - c’est la vie. Von dem Pfund alle paar Monate geht weder die Tierwelt zugrunde, noch handelt man sich Zivilisationskrankheiten ein.
Geht es um die Gesundheit, ist das Problem nicht Fleisch an sich, sondern die jahrelang einseitige Ernährung mit zu viel Fleisch. Keiner will das Fleisch-Fondue in geselliger Runde oder den Grillabend madig machen. Aber Du bist keine Katze, die täglich Fleisch braucht, als Vegetarierin zugrunde ginge. Mutmaßlich legt Dir Dein Medizinmann nur nahe, den Schwerpunkt der Ernährung von tierischen in Richtung pflanzlichen Produkten zu verschieben. Funktioniert problemlos ohne die Spur von Verzicht. Wer noch zum Denken zwischen Beton, Auto und Büro in der Lage ist, sollte beim Fleischverzehr wissen, dass dafür ein fühlendes, soziales, intelligentes Lebewesen auf zumeist ziemlich unschöne Weise umgebracht wurde. Ist aber mutmaßlich für viele Zeitgenossen keine jemals angerissene Denkkategorie. Also glaube einfach Deinem Doc, dass weniger Fleischkonsum zum längeren Genuss von Audi A6, Mallorca und Pattaya führt.
Ja, wenn Dir der Strick schmeckt und Aufhängen satt macht … nur zu!
Gruß
Wolfgang