Ein sogenannter "Nazi"

war kein Nazi. Jedenfalls nach dem Bild zu schließen, ist es nicht so eindeutig, dass der Herr Professor ein Nazi gewesen sein soll, auch wenn seine Tagebücher der Schwarzen Hefte zuweilen so scheinen. Der Streit über H. beweist ja gerade, wie „wertfrei“ Wissenschaft sein kann, vor allem die Sozialwissenschaft und die Philosophie des Positivismus nach Auguste Comte als Vordenker, sein sollte, nach dem in der baryischen Landeshauptstadt an der Universität lehrenden Weber Maxl, zum Beispiel…

Das kleine, ja fast schon dezent wirkende Bärtchen, mag Verteidiger des Existenz-Philosophen irritieren, kann aber auch von seinen Kritikern nachträglich mit Photoshop mehr oder weniger dezent zugefügt worden sein?

Jedenfalls sieht es derzeit, nach dem neuesten Stand selbstkritischer Philosophie, so aus, dass noch nicht endgültig geklärt ist, wie am Beispiel dieses Universitätsprofessors, die akademische Philosophie wirklich „wertfrei“, das heißt fern von Kultureinflüssen, Wissenschaft betreiben könnte.

Stimmt? Stimmt nicht? Was ist logischer?

Heidegger

Was genau ist deine Frage? Ob Heidegger wirklich ein echter Nazi war, oder ob er sich nur von der „Nazikultur“ hat beeinflussen lassen?

Siehe das Bild… (abgesehen davon ist längs bekannt, dass er Mitglied war der NSDAP).

Ohne jetzt die näheren Hintergründe zu kennen:

Der Bart ist doch kein Argument. Heute verbindet man den ausschließlich mit Hitler, daher taucht hier auch schon die Vermutung auf, daß hier evtl. Photoshop am Werk war.

Aber das war damals einfach Mode. Sicher folgten viele der Mode des „Führers“, aber Wiki nennt auch Otto Heinrich Frank (Vater von Anne Frank), Mosche Scharet (israelischer Ministerpräsident) und Jitzchak Schamir (israelischer Ministerpräsident) als Träger dieser Bartform, und ich würde mal sagen, daß die gänzlich anders drauf waren.

Interessanter sind da die Embleme am Revers, das linke ist wohl ein Reichsadler, kein NSDAP-Adler, das andere erkenne ich nicht. Aber ob das aussagekräftig ist? Ich denke, viele Menschen haben damals auch zum eigenen Schutz mitgemacht.

Versteh mich nicht falsch, ich will diesen mir unbekannten Herren nicht in Schutz nehmen. Du schreibst ja selbst, daß er „dazu“ gehörte. Aber ein solches Bild würde wohl nur die Bild als Beweis ernst nehmen (und vorher nen Bart rein-photoshoppen)

Gut, deine Argumente. Es handelt sich bei dem dir „unbekannten Herren“ um den weltbekannten deutschen Existenz-Philosophen Martin Heidegger, ich hatte vorausgesetzt, dass den jeder von seinem Aussehen her sowieso kennt.

Wichtiger als sein Aussehen ist das, was Heidegger lehrte und schrieb.

An dem, was dieser weltberühmte Philosoph geschrieben hat, solltest du dich natürlich mehr orientieren als nur an seinem Aussehen, eh klar klar, oder?

Genau so sehe ich das auch.
Aber die Frage erweckt den Eindruck, es ginge um das Bild, oder daß dieses irgendwelche Hinweise liefern könnte, und das muß man wohl verneinen.

Dazu hast du ja schon ausführlich Stellung genommen. Der Punkt ist, dass der Philosoph auf allen sonstigen Fotos, die populär in den Medien kursieren, ohne dieses Bärtchen erscheint bzw. so bis vor Kurzem erschien. Ich hatte zuvor schon viele Fotos gesehen, die allgemein bekannt sind, dieses Foto ist für mich dagegen ganz neu. Deshalb meine Frage, die selbstverständlich sich auf die Person und sein Werk beziehen sollte.

Servus,

zu dem Wort „logisch“ gibt es einleuchtenderweise keinen Komparativ und keinen Superlativ.

Dass Du Nazis an Bärtchen und Bildern erkennen willst, wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre.

Wer behauptet denn, Martin Heideggers (oder nach Deiner Diktion vermutlich „dem Heidegger Maade seine“, so albern das auch ist) Philosophie sei fern von Kultureinflüssen?

Schöne Grüße

MM

Das wäre philosophisch zu hinterfragen. Meine diesbezüglich ad hoc formulierte Frage: Auf was bezieht sich der Begriff im empirischen und nicht rein formalen Sinne? Da wir hier in diesem Thread in Bezug auf H. mit der Existenzphilosophie zu tun haben, ist eine Antwort nicht außerhalb des materiellen Existierens zu platzieren. Es gibt nicht eine Logik für alle existierenden Lebenwesen im empirischen Sinne (noch treffender könnte man die Frage mit der Philosophie des „Neuen Realismus“ beantworten, diesen Begriff gab es aber noch nicht zu Lebzeiten von H., und es ist zu vermuten, dieser „Neue Realismus“ hätte H. auch gar nicht überzeugen können in seiner Suche nach dem „Sein“, das er ja bekanntlich in Rückbesinnung auf die traditionelle Philosophie der Antike verortet wissen wollte), sondern es gibt bezogen auf die einzelnen Existenzen eine höchst unterschiedliche Logik, nämlich die des grundlegenden Bedürfnisses aller existierenden Lebewesen auf diesem Planeten, dem Grundbedürfnis des Überlebens (fanatische Terroristen verlagern dieses Grundbedürfnis in ein Jenseits, was jedoch beweist, wie stark kulturelle Einflüsse die EXISTENZ eines Menschen bestimmen können in seinem Handeln.

Diese Auffassung teile ich nicht. Bilder zeigen von den meist unbewussten Impulsen von in einer bestimmten Kultur geprägte Menschen „objektiver“ als nur deskriptive wissenschaftliche Studien, bei denen das beobachtbare Objekt fehlt. Es ist so, wie bei einer Mode. Man kann aus der Sicht der KULTUR sehr klar erkennen, wie diese den Menschen selbst weitgehend unbewussten Handlungsmotive (Beispiel einer Mode) durch Nachahmung, mit dem Bedürfnis „dazu zu gehören“ zur breiten Masse, funktioniert. Der erste Massenpsychologe war der Franzose Le Bon, dessen Erkenntnisse angeblich Göppels dazu benutzt haben soll, die Nazi-Kultur im Sinne der nationalistischen Ideologie in sämtliche Köpfe des Volkes zu transportieren, um aus „allen“ Deutschen eine geschlossene Nazi-Gesellschaft zu machen. Es ist eine hohe Kunst, die Hitler schon mit ungefähr 18 Jahren bis zu seinem Untergang täglich mit Hilfe seiner Helfershelfer „trainierte“. Dass viele Universitätsprofessoren da mitgeholfen haben, dass das ganze System der Nazi-Kultur so optimal wie möglich funktionierte, ist hinlänglich bekannt und durch zahlreiche Forschungen nachgewiesen.

Bei H. ist es hingegen nicht so einwandfrei nachgewiesen (er war zwar Parteimitglied, aber nur kurze Zeit, wobei man davon ausgehen kann, dass er sich - zumindest innerlich - von der Nazi-Ideologie distanzierte, was er nach Untergang der Nazi-Kultur ohnehin explizit machte, mittels Medien.

Nun, viele rein wissenschaftlich arbeitende Philosophen glauben es. Aber nicht nur viele Geisteswissenschaftler haben diesbezüglich Wahrheitsansprüche, sondern auch Naturwissenschaftler. Ich habe im UP zusätzlich zu H. einen weltbekannten Soziologen erwähnt, der diesen Anspruch explizit machte.

Inwiefern Wissenschaft „wertfrei“ ohne Kulturprägung möglich sein soll, darüber streiten sich die Geister, während Wissenschaftler dieser beanspruchten „Wertfreiheit“ zustimmen, widersprechen diesem Anspruch einer „wertfreien“ Wissenschaft wieder andere, zum Beispiel Jürgen Habermas, der allerdings im Gegensatz zu den Kultureinflüsse seine idealistischen „Werte“ als Soziologe und Philosoph selber gesetzt sehen möchte durch die Sozialphilosophie und Sozialwissenschaften, was man natürlich auch medial unterstützen kann, weil es einfach in einer Medienkultur realer ist, als die Auffassung, die Wissenschaft müsste völlig wertfrei und objektiv sein, ohne subjektiv von der Kultur beeinflusst zu sein. Daran glauben sehr, sehr viele Wissenschaftler, wie beschrieben.

Nachtrag: Logischer ist, wenn man eine Entscheidung trifft, die einem mehr Vorteile zum Überleben (auch als Sinn) verschafft als andere alternative Entscheidungen.

Was hast du denn für eine fachliche Qualifikation in dieser Frage? Das von dir gebrachte Bild Heideggers findet sich nahezu in gleicher Aufmachung mit dem gleichen Schnurrbart bereits 1992 z.B. auf dem Buchumschlag:
Hugo Ott, „Martin Heidegger: Unterwegs zu seiner Biographie“, Reihe Campus (1992).

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Wenn du richtig liest, bezieht sich die Aussage nicht darauf, dass es dieses Bild nicht schon gab, sondern dass es mir persönlich nicht bekannt war (ich kannte bislang nur Bilder mit dem „normalen“ Oberlippenbart). Ich bezweifle allerdings, dass du das als schlauer Googler schon vorher wusstest, bevor ich das Foto mit dem an Hitler erinnerten Bärtchen hier zur Diskussion gestellt habe, sonst hättest du nämlich sofort Stellung dazu bezogen.

Nachträglich googeln kann jeder…

Hier geht der Diskurs aber am eigentlichen Thema vorbei, nämlich der Frage, ob er „Nazi“ war oder nicht. Und das kann man, wie andere User das zu Recht kommentiert haben, nicht nur anhand des Fotos abklären, sondern, wie ich schon an anderer Stelle schrieb, nur in Verbindung der Person und dem Werk. Um dies zu beurteilen, gibt es zwei unversöhnliche Fronten: Diejenigen, die ihn als Nazi sehen und diejenigen, die ihn nicht als Nazi sehen möchten.

Das war meine Frage.

Anmerkung zum UP

Wer den UP richtig versteht, wird bemerken, dass ich H. nicht vor-verurteile. Was aber meine persönliche Beziehung zu diesem Foto betrifft, muss ich erst einmal mich selbst analysieren, um überhaupt darüber eine „wahre“ Stellungnahme abzugeben, meine bisherige ist diesbezüglich zu oberflächlich.

Es gibt von und über H. ca. 5.500 Bücher, das ist enorm. Es ist wohl selbstverständlich, dass ich, wo mich H. persönlich interessiert, Bücher von und über ihn gelesen habe. Entweder waren zu den Texten von oder über H. keine Fotos zu sehen oder aber nicht gerade dieses spezielle.

Als ich dieses Foto vor Kurzem sah, war ich regelrecht geschockt. Das heißt aber nicht, dass ich das Foto noch nie in meinem Leben gesehen hätte, ich glaubte es nur zuerst, dass es so wäre. Und ich weiß es auch nicht genau, ob das überhaupt stimmt. Vielleicht habe ich ja dieses Foto - hypothetisch - zwanzig Mal schon gesehenen in den Medien. Aber das ist mir nicht bewusst. Tatsach ist, dass dises spezielle Foto z. B. bei Google geschätzt nur , sagen wir zwei Prozent aller Fotos ausmacht, die von H. insgesamt in den Medien im Umlauf sind - geschätzte 95 Prozent aller Fotos zeigen H. mit dem üblichen Oberlippenbart. Und dieses allgemeine Bild von H., der einmal sogar mein Idol war, hatte ich in meinem Langzeitgedächtnis gespeichert. Das heißt jedoch nicht, dass ich das betreffende Foto nie zuvor gesehen hätte. Das beweist nur, das ich H. ganz anders in Erinnerung behalten habe, und das „Nazi-Foto“ hatte ich möglicherweise aus rein idealistischen Gründen verdrängt (ich weiß nicht wirklich!).

Das Foto hat mich geschockt, weil ich H. vielleicht zu sehr idealisiert hatte?

Abschluss:

Logisch, man kann über H. lebenslang lang nachdenken und nachforschen. Das machen ja auch Experten. Mein Abschluss ist, dass H., der sich in seiner Metaphysik vor allem auf sein großes Vorbild Friedrich Nietzsche bezieht, Nietzsche gar nicht wirklich verstanden hat, mit seiner „Seins-Philosophie“.

Das wird vor allem deutlich durch sein Interview, das er dem Spiegel-Magazin (unter Anwesenheit des Herausgebers Rudolf Augstein persönlich und anderer Medienprofis) zehn Jahre vor seinem Tod gegeben hat, mit der vertraglichen Vereinbarung, dieses letzte Interview, das H. der Öffentlichkeit gab, erst nach seinem Tode veröffentlicht werden durfte. Trotz dieser ungewöhnlichen Bestimmung, willigten die Journalisten dieser Vertragsvereinbarung ein, denn es war das wohl bedeutungsvollste Interview in der ganzen Geschichte des Spiegel-Magazins.

Die Spiegel-Leute mussten also zehn Jahre lang warten, bis sie dieses letzte Interview der Öffentlichkeit mit großer Werbewirkung präsentieren konnten, mit der Überschrift: „Nur noch ein Gott kann uns retten“. Aber hätte, nach meiner Auffassung, sagen sollen, im Sinne Nietzsches und Sartres: „Kein Gott wird uns retten, wenn wir nicht lernen, uns selbst zu retten!“

H. war Nazi, das kann man faktisch nachweisen, durch seine Parteimitgliedschaft und sein unterschriftliches Bekenntnis zu Adolf Hitler, zusammen mit noch zahlreichen anderen Universitätsprofessoren. Auch wenn man H. zugute halten will, dass er gar kein überzeugter Nazi war, sondern nur deshalb Parteimitglied wurde, um besser Karriere zu machen (zu der Zeit seiner unterschriftlichen Bekenntnis zu Hitler war er Rektor der Universität Freiburg) und er seinen „Irrtum“ schneller erkannte als die Mehrheit anderer Nazis, ist jetzt klar, dass H. ein Nazi war.

Wenn du so tiefschürfend über Heidegger dozierst (Ein sogenannter „Nazi“), sollte dir wenigstens das von mir genannte Buch:
Hugo Ott, „Martin Heidegger: Unterwegs zu seiner Biographie“, Reihe Campus (1992)
mit dem fraglichen Bild auf dem Cover, in einer Bibliothek zu Gesicht gekommen sein.

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Willst du mir (d)ein Buch verkaufen? Wieso sollte ich von ca. 5 500 Büchern von und über H. gerade diese Buch gelesen haben? Hast du denn alles gelesen?