Hallo @Otsegolectric,
problematisch für Fahrzeug A ist die folgende Regelung der Vorfahrt in der StVO:
Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. Es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass wer die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kann das nicht übersehen werden, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hineingetastet werden, bis die Übersicht gegeben ist. Wer die Vorfahrt hat, darf auch beim Abbiegen in die andere Straße nicht wesentlich durch den Wartepflichtigen behindert werden. – Paragraph 8(2)
Aber problematisch für Fahrzeug B sind folgende Passagen der StVO:
Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit. – Paragraph 2(2)
Das Überholen ist unzulässig: bei unklarer Verkehrslage – Paragraph 5(3)
Das Ausscheren zum Überholen und das Wiedereinordnen sind rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. – Paragraph 5(4a)
In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. – Paragraph 7(5)
Auch wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, muss darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert; auf einen Verzicht darf man nur vertrauen, wenn man sich mit dem oder der Verzichtenden verständigt hat. – Paragraph 11(3)
Danach schätze ich die Situation folgendermaßen ein: Wenn es zum Unfall kommt, wird Fahrzeug A ein Fehler nachgewiesen, weil Fahrzeug B die Vorfahrt hatte und trotzdem wesentlich gefährdet wurde.
Wenn Fahrzeug B den juristischen Konflikt sucht, könnte folgendes argumentiert werden:
- Fahrzeug B hat geblinkt und ist langsam auf die Kreuzung gefahren. Die Situation war unübersichtlich, weil für A nicht sicher war, ob B anhalten wird. Trotz der unübersichtlicher Lage ist Fahrzeug A nicht rechts geblieben. – Probleme mit 2)(2) und 5(3)
- Fahrzeug B ist ausgeschert, ohne dabei zu blinken. Darum konnte A nicht vorhersehen, dass der Fahrstreifen belegt sein würde. – Probleme mit 5(4a)
- Fahrzeug B hat den Fahrstreifen gewechselt und dabei Verkehrsteilnehmer A gefährdet. Denn A behauptet, er hätte das Abbiegen schon begonnen gehabt, als B ausgeschert war. – Probleme mit 7(5)
- Fahrzeug B hätte rechtzeitig anhalten oder nach rechts ausweichen können, ist aber trotzdem auf dem linken Fahrstreifen geblieben. Denn A behauptet, B hätte den Unfall absichtlich in Kauf genommen. Vielleicht behauptet A sogar, B würde Versicherungsbetrug begehen. – Probleme mit 11(3)
Sicherlich kommt A nicht komplett aus seiner Schuld heraus. Aber im Falle eines Unfalls könnte eine Menge Ärger und evtl. eine Teilschuld auf B zukommen. Ich bin kein Polizist und kein Jurist, bloß ein regelmäßiger Verkehrsteilnehmer. Aber das alles sind für mich gute Gründe, als Autofahrer defensiv aufzutreten und kritische Situationen schon im Ansatz zu vermeiden.
Dazu kommt natürlich noch, dass „absichtliches Draufhalten“ oder „gezielt spätes Bremsen“ mein Auto, meine Gesundheit und evtl. auch unbeteiligte andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Wer wollte schon damit leben, dass eine bei der Kollision abgerissene Stoßstange oder Radkappe einen unbeteiligten Fußgänger oder Radfahrer verletzt hat?
Im übrigen lebt man meines Erachtens deutlich entspannter, gesünder und glücklicher, wenn man Fahrfehler und Regelverstöße der anderen Verkehrsteilnehmer nicht persönlich nimmt.
Liebe Grüße
vom Namenlosen