Einbiegen auf Fahrbahn mit zwei Fahrstreifen

N’Abend,

wie würde wohl die Schuldfrage aussehen, wenn es in folgender Situation zu einem Unfall käme, bzw. was wiegt schwerer (Vorfahrt vs, Fahrstreifenwechsel):

Eine Nebenstraße mündet in eine Hauptstraße mit zwei Fahrstreifen in die betreffende Richtung ein. Fahrzeug A kommt von der Nebenstraße und dessen Fahrer beabsichtigt, nach links auf die Hauptstraße abzubiegen. Auf der Hauptstraße fahren in dem Moment nur auf dem rechten Fahrstreifen Fahrzeuge, weswegen der Führer von Fahrzeug A losfährt, mit der Absicht auf den linken Hauptstraßenfahrstreifen zu gelangen. Im selben Moment wechselt ein Fahrzeug B vom rechten auf den linken Fahrstreifen der Hauptstraße, woraufhin A und B im selben Moment im Kreuzungsbereich aufeinanderträfen.
Wäre hier der Fahrstreifenwechsel dem Führer von Fahrzeug B irgendwie schuldmindernd für A anzulasten?

Ich bin gespannt auf eure Meinungen.

Gruß
Marius

Die auf der Hauptstraße Fahrenden haben sowohl auf beiden Fahrbahnstreifen wie in beiden Richtungen Vorrfahrt.
Da ist nix mit Schuldminderung weil sich da einer aus der Nebenstraße kommend, auf dem 2. Fahrstreifen „plötzlich und unerwartet“ einfädeln will.
ramses90

Nein.

der Linksabbieger darf erst fahren wenn von rechts (und links natürlich) alle Spuren frei sind !

Und ich bezweifele ein bisschen, dass so eine Einmündung Nebenstraße in mehrspurige Straße ungeregelt ist.

MfG
duck313

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Ungeregelt im Sinne von keine Ampel? Doch, das ist so! Kannst du dir bei Gockel ansehen: A39, Fahrtrichtung Süden, AS Salzgitter-Watenstedt abfahrend, da trifft man auf genau eine solche Stelle.

Geht soweit mit meinem bisherigen Verständnis konform, Vorfahrt sticht Fahrstreifenwechsel.

jepp… die minimale Chance besteht, wenn Du nachweisen könntest, dass der Unfallgegner den Unfall entweder provoziert hat (0,001% Chance) oder er ihn hätte einfach vermeiden können (10% Chance, wenn entsprechende Zeugen vorrätig sind)
Allerdings dann immer noch kein Freispruch

Dann kann ich nächstes Mal also draufhalten, wenn mir wieder einer so in die Parade fährt. :wink:

Wo sind denn die restlichen 89,999% geblieben?

… na dass der UP so gar nix an Minderung erhält

Hallo @Otsegolectric,

problematisch für Fahrzeug A ist die folgende Regelung der Vorfahrt in der StVO:

Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. Es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass wer die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kann das nicht übersehen werden, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hineingetastet werden, bis die Übersicht gegeben ist. Wer die Vorfahrt hat, darf auch beim Abbiegen in die andere Straße nicht wesentlich durch den Wartepflichtigen behindert werden. – Paragraph 8(2)

Aber problematisch für Fahrzeug B sind folgende Passagen der StVO:

Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit. – Paragraph 2(2)

Das Überholen ist unzulässig: bei unklarer Verkehrslage – Paragraph 5(3)

Das Ausscheren zum Überholen und das Wiedereinordnen sind rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. – Paragraph 5(4a)

In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. – Paragraph 7(5)

Auch wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, muss darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert; auf einen Verzicht darf man nur vertrauen, wenn man sich mit dem oder der Verzichtenden verständigt hat. – Paragraph 11(3)

Danach schätze ich die Situation folgendermaßen ein: Wenn es zum Unfall kommt, wird Fahrzeug A ein Fehler nachgewiesen, weil Fahrzeug B die Vorfahrt hatte und trotzdem wesentlich gefährdet wurde.

Wenn Fahrzeug B den juristischen Konflikt sucht, könnte folgendes argumentiert werden:

  • Fahrzeug B hat geblinkt und ist langsam auf die Kreuzung gefahren. Die Situation war unübersichtlich, weil für A nicht sicher war, ob B anhalten wird. Trotz der unübersichtlicher Lage ist Fahrzeug A nicht rechts geblieben. – Probleme mit 2)(2) und 5(3)
  • Fahrzeug B ist ausgeschert, ohne dabei zu blinken. Darum konnte A nicht vorhersehen, dass der Fahrstreifen belegt sein würde. – Probleme mit 5(4a)
  • Fahrzeug B hat den Fahrstreifen gewechselt und dabei Verkehrsteilnehmer A gefährdet. Denn A behauptet, er hätte das Abbiegen schon begonnen gehabt, als B ausgeschert war. – Probleme mit 7(5)
  • Fahrzeug B hätte rechtzeitig anhalten oder nach rechts ausweichen können, ist aber trotzdem auf dem linken Fahrstreifen geblieben. Denn A behauptet, B hätte den Unfall absichtlich in Kauf genommen. Vielleicht behauptet A sogar, B würde Versicherungsbetrug begehen. – Probleme mit 11(3)

Sicherlich kommt A nicht komplett aus seiner Schuld heraus. Aber im Falle eines Unfalls könnte eine Menge Ärger und evtl. eine Teilschuld auf B zukommen. Ich bin kein Polizist und kein Jurist, bloß ein regelmäßiger Verkehrsteilnehmer. Aber das alles sind für mich gute Gründe, als Autofahrer defensiv aufzutreten und kritische Situationen schon im Ansatz zu vermeiden.

Dazu kommt natürlich noch, dass „absichtliches Draufhalten“ oder „gezielt spätes Bremsen“ mein Auto, meine Gesundheit und evtl. auch unbeteiligte andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Wer wollte schon damit leben, dass eine bei der Kollision abgerissene Stoßstange oder Radkappe einen unbeteiligten Fußgänger oder Radfahrer verletzt hat?

Im übrigen lebt man meines Erachtens deutlich entspannter, gesünder und glücklicher, wenn man Fahrfehler und Regelverstöße der anderen Verkehrsteilnehmer nicht persönlich nimmt.

Liebe Grüße
vom Namenlosen

Solche Situationen kommen gar nicht so selten vor, und sind auch in anderer Weise gefährlich, selbst wenn es Ampeln und Vorfahrtsregelungen für die Kreuzung selbst gibt. Z.B. dadurch, dass die hintereinander kommenden Fahrzeuge der Nebenstraße zwar freie Fahrspurwahl beim Einbiegen auf die mehrspurige Straße haben, gleichzeitig aber diese erst ab da gilt, wo es dann tatsächlich zwei Fahrstreifen sind (und nicht schon da, wo einfach nur schon ausreichend Platz ist).

Ich bin mal mit einem Spaßvogel zusammengestoßen, der sich schräg links hinter mir aufgestellt hatte (genug Platz vorhanden, aber keine zwei Fahrspuren) und dann in der Kreuzung an mir vorbei auf die linke Spur der größeren Straße wollte. Ich stand zwar auf der breiten Querstraße brav rechts, hatte aber natürlich auch das Recht freier Spurwahl und wollte ebenfalls auf die linke Spur der größeren Straße.

Das Argument ich hätte ja rechts gestanden, und hätte insoweit auf die rechte Spur fahren müssen zog nicht. Bis zum Einscheren auf die beiden Fahrspuren der größeren Straße ist der Querverkehr nur einspurig, Überholen auf einer nicht vorhandenen linken Spur in der Kreuzung verboten. Der Guteste durfte zahlen.

Erstaunlicherweise wurde einige Monate später die einmündende Straße mit einer Fahrbahnmarkierung rechts auf eine Wagenbreite reduziert, damit sich vor der Ampel niemand mehr in gedachter zweiter Spur aufstellen kann und deutlich wird, dass die Straße nur eine Spur hat, auch wenn sie recht breit ausgebaut ist.