Verehrter Candide
Da ich dich seit längerem als Kenner der Philosophie, Soziologie und Psychoanalyse hier im Forum bewundere, hätte ich eine Frage an dich:
Lacan wurde von einigen Kritikern als schizoid und sein psychoanalytisches System als nachgerade psychotisch bezeichnet.
Könnte daran - bei aller Übertreibung und dem üblichen Übelwollen und der Pathologisierung durch Gegner und Kritiker - ein klitzekleines Körnchen Wahrheit sein?
Über eine (gern auch ausgiebige) Antwort freuen würde sich
Margeaux
Da ich dich seit längerem als Kenner der Philosophie,
Soziologie und Psychoanalyse hier im Forum bewundere, hätte
ich eine Frage an dich
Vielen Dank, liebe Margeaux, für die Blumen. Sie duften herrlich, auch wenn sie sich als Beigabe zu dieser Fragestellung als leicht toxisch erweisen. Ich kann zu dieser Frage nämlich wenig sagen, abgesehen von einigen -mehr fragenden denn antwortenden- Worten um sie herum.
Lacan wurde von einigen Kritikern als schizoid und sein
psychoanalytisches System als nachgerade psychotisch
bezeichnet.
Das ist in der Tat richtig. Von Georges Devereux beispielsweise.
Ich denke, die Person Jacques Marie Émile L. interessiert hier nicht weiter, denn es ist wohl schwerlich aufzuschlüsseln, und noch dazu ohne großen Belang, wie weit die eigene Persönlichkeit das Oeuvre beeinflusste, und wie weit das Oeuvre sich selbst inszenierte.
Ein Oeuvre, das nicht nur von Beginn an ein Grenzgänger war zwischen den Welten der Wissenschaft, der Philosophie und der Kunst, nein, das sich von Beginn an fest mit dem Surrealismus vernäht hatte, mithin mit dem artifiziellen Wahnsinn.
Interessanter ist, dass man Lacans Oeuvre (vielleicht sollte man dabei sein mathemisches Spätwerk entweder weglassen oder ins Zentrum stellen) gerade an dieser Frage des Schizoiden verdoppeln und damit ins Äußerste führen sollte:
**(Pseudo)mathematische Genauigkeit**
und/oder
**Schizo-Mathematik**?
**strukturalistischer Szientismus**
und/oder
**Das Grinsen ohne die Katze** (1001 Lesarten ohne Text)?
**Reduktion der Psychoanalyse auf die Linguistik**
und/oder
**Erfindung einer psychoanalytischen (Pseudo)linguistik**?
**"Retour à Freud!"** (zu dessen eigentlicher Intention)
und/oder
**"Warum das, was ich mache, nicht einfach mal spaßeshalber 'Freud' nennen?"**
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Und ein Merci an Candide
Lieber Candide!
Ich kann zu dieser
Frage nämlich wenig sagen, abgesehen von einigen -mehr
fragenden denn antwortenden- Worten um sie herum.
Oh, ich finde, du hast mir viel Wesentliches dazu geschrieben.
Und nicht einmal Gegengift dazu hinein geträufelt.
Reduktion der Psychoanalyse auf die Linguistik
und/oder
Erfindung einer psychoanalytischen (Pseudo)linguistik?
Ja, sicherlich ein Schwerpunkt Lacans. Ob er so wichtig ist, wie seine Anhänger behaupten?
Liebe Grüße,
Margeaux
Liebe Margeaux!
Reduktion der Psychoanalyse auf die Linguistik
und/oder
Erfindung einer psychoanalytischen (Pseudo)linguistik?Ja, sicherlich ein Schwerpunkt Lacans. Ob er so wichtig ist,
wie seine Anhänger behaupten?
Dieser Punkt ist sicherlich wichtig.
Lacans Ansatz ist der erste großen Versuch gewesen, in der Psychoanalyse den linguistic turn zu etablieren, wie das in allen Sozial- und Kulturwissenschaften mittlerweile geschehen ist (natürlich mit den entsprechenden Gegentendenzen).
Insofern hat aus meiner Sicht Lacan zumindest eine unüberschätzbar große psychoanalyse- aber auch philosophiegeschichtliche Bedeutung, auch wenn sein strukturalistischer Ansatz einer Reduktion der Psychoanalyse auf Linguistik sicherlich als gescheitert betrachtet werden muss.
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Lieber Candide!
Insofern hat aus meiner Sicht Lacan zumindest eine
unüberschätzbar große psychoanalyse- aber auch
philosophiegeschichtliche Bedeutung, auch wenn sein
strukturalistischer Ansatz einer Reduktion der Psychoanalyse
auf Linguistik sicherlich als gescheitert betrachtet werden
muss.
Ja, damit kann ich gut leben. Vielen Dank und
lieben Gruß,
Margeaux