Eine Weihnachtsgeschichte

Eine Weihnachtsgeschichte
von Werner Meybaum …

einmal fragte mutti … wollt ihr mir helfen wilde blumen in den feldern zu pfluecken …

wenn ihr fleissig seit, bekommt du eine puppe, und du eine windmuehle zu weihnachten …

so haben wir wilde blumen gepflueckt … sind mit der dampfeisenbahn von wohltorf nach hamburg hauptbahnhof gefahren … und dann umgestiegen nach altona …

im zug sah ich aus dem fenster … da waren soviele haeuser zu sehen … die sahen so aus wie puppenhaeuser …da fehlten die aussenwaende … soviele steine … soviele truemmer …

am bahnhofeingang von altona, gab uns mutti jeden ein paar blumenstraeusse … und mutti sah zu wie wir die blumen verkauften … dann brachte uns mutti mehr blumen … bis alle verkauft waren …

dann sind wir ein paar strassen weiter zu onkel ernst und tante agnes gegangen … onkel ernst war mutties bruder …

es waren monate vergangen … ich hatte das versprechen von mutti vergessen … es war heiligabend … mutti schloss die tuer zu … nahm uns bei der hand … und so sind wir zur kirche gegangen … wir haben die glocken gehoert … da war ein tannenbaum mit kerzen … wir haben das grippenspiel bewundert … wir haben gebetet und gesungen … und sind nach hause gegangen …

als mutti die tuer aufmachte … das licht anmachte … da stand eine windmuehle … da lag eine puppe …

jahrelang konnte ich nicht verstehen … habe ich mich gewundert … wie das moeglich war … in meinem kopf habe ich meine erinnerungen immer wieder hervorgerufen … habe ich gesehen wie mutti die tuer zugeschlossen hatte … wie war es moeglich … dass der weihnachtsmann reingekommen ist … da war doch nur das kleine fenster ueber der tuer … und das war auch zu …

herzliche weihnachtsgruesse, werner …

hut ab vor dieser mutter
hallo werner,
später kommentar, denn weihnachten ist lang vorbei,
doch dein geschichte gefällt mir sehr. weniger wegen
der wundersamen bescherung (es wird wohl deiner kindlichen
wahrnehmung entgangen sein, wo weihnachtsbaum und
geschenke versteckt waren), sondern wegen der bewundernswerten
eigenschaften deiner mutter. sie war ideenreich und
fürsorglich, als sie diese blumenaktion organisierte.
vor allem war sie liebevoll und konsequent, als sie
ihr versprechen behielt und erfüllte. - deine eindrücke aus
dem nachkriegs-hamburg sind sehr starke bilder, die ich
selbst (exil-hamburgerin, geb. 1956) mir innerlich
machen kann und die mich sehr berühren.
eine sehr besondere geschichte, danke dir herzlich!
gruß susanne h.