Einfach mal eine Agenturmeldung raushusten

Hallo,

ich las es heute bereits früher im Videotext und nun auch im SPON: http://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/unicef-bericht-jeden-tag-sterben-15-000-kinder-unter-fuenf-jahren-a-1173510.html. Was bitte ist denn besorgniserregend an der relativen Zunahme der Todesrate von Neugeborenen?

Dennoch zeigt sich das Kinderhilfswerk Unicef über einen Trend besorgt: Unter den gestorbenen Kindern sei der Anteil der Neugeborenen bis zum Alter von vier Wochen von 41 auf 46 Prozent gestiegen.

Denken die Leute in Onlineredaktionen nicht nach oder sind sie einfach zu sehr darauf fixiert, ein Pseudoproblem nachzubeten, dass gar nicht existiert, um damit zu emotionaliseren?

Bitte keine Kommentare in die Richtung „jedes Leben ist wertvoll“. Das eignet sich für das Poesiealbum oder den Stuhlkreis, aber nicht für globale Entwicklungsstatistiken.

46% von 5,5 Mill. sind 2,53 Mill. in 2016.
41% von 9,9 Mill. sind 4,06 Mill. in 2000.

Übrigens ist die extreme Verbesserung um so beeindruckender angesichts der Zunahme von Geburten weltweit im gleichen Zeitraum.

Gruß
vdmaster

Das ist letztendlich ein grundlegendes Betrachtungsproblem der Statistik, ob man mit absoluten oder relativen Zahlen arbeitet und was davon sinnvoll oder überhaupt möglich ist.
Die relative Häufigkeit gilt als „normiertes Maß“ beim Vergleich unterschiedlich großer betrachteter Mengen.

Man könnte hier auch schreiben: die Kindersterblichkeit ist weiter zurückgegangen, aber der Anteil der Neugeborenensterblichkeit hat sich erhöht. Man könnte dann evtl. weiter forschen, woran das liegt, ob man das beeinflussen kann usw.
Vielleicht ist aber gerade ein Systemeffekt. Dass man nämlich grundsätzlich die Sterblichkeit bei der Geburt nicht auf Null senken kann, während man später alle Kinder, die nicht bei der Geburt sterben, so aufwachsen lassen kann, dass sie nicht sterben. Dann wäre der Trend besonders alarmierend, wenn der Anteil der Neugeborenensterblichkeit an der Kindersterblichkeit 100% betrüge.

Mann könnte auch genau entgegengesetzt sagen: es ist super, wenn ein Kind geboren wird (und seine Geburt überlebt), dann wird es auch erwachsen und die Kindersterblichkeit beträgt 0% … was doch ein sehr erfreulicher Trend wäre…

OK, ob Leute in Onlineredaktionen nicht nachdenken, darüber sind wir uns vielleicht sogar zu 50% einig :sunglasses:

Beatrix

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Hi,

besorgniserregend ist daran, dass man es offensichtlich geschafft hat, die Kindersterblichkeit insgesamt zu reduzieren, dass aber eine Gruppe Kinder davon nicht oder weniger profitiert. Warum überleben Kinder besser als früher, Neugeborene aber nicht? Die Ursache könnte eine sein, die gleichzeitig für den Tod von anderen Kindern, Erwachsenen, Alten, aber insbesondere von Müttern verantwortlich ist und auch ansonsten direkt oder indirekt Krankheiten auslöst.
Das hat auch mit dem Wert des einzelnen Lebens zu tun, aber vor allem mit der Gesundheit der Gesamtbevölkerung und damit, das Bevölkerungswachstum einzugrenzen. In den Ländern der Dritten Welt sind Kinder die Altersvorsorge. Dafür brauche ich aber selbst in Afrika auf dem Land nicht 10. Aber wenn die Kindersterblichkeit hoch ist, brauche ich viele Kinder, damit die 3-5, die ich brauche, das Erwachsenenalter erreichen. Solange ich nicht durch meine Lebensumstände sicherstellen kann, dass meine Kinder überleben oder ich eine Altersvorsorge anderer Art habe (die erste Welt will sie ja nicht, ganz zu schweigen davon, dass die meisten die Reise nicht finanzieren können, geschweige denn die Heimat verlassen wollen), dann kriege ich viele Kinder, damit viele überleben. Wenn ich Pech habe, überleben alle. Das ist dann Pech, weil die eigene Erwerbsgrundlage nicht mitwächst Das ist in dem Falle das Stück Land. Afrikanische Großstädte haben keine so großen Geburtenraten, jedenfalls nicht außerhalb der Slums.
Weitere Gründe für hohe Geburtenraten sind der fehlende Zugang zu Schwangerschaftsverhütungsmittel, Informationen über Fortpflanzung und das Verbot von Abtreibungen (man denke an Regionen in denen Bürgerkrieg herrscht… Vergewaltigungen. Bürgerkrieg ist in weiten Teilen Afrikas der Normalfall, nicht die Ausnahme). Ein Teil dessen (Verhütungsmittel, Information) sorgt auch dafür, dass die USA die höchste Rate an Teenagerschwangerschaften in der ersten Welt hat.

die Franzi

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Jeden Tag sterben auf der Welt rund 15.000 Kinder unter fünf Jahren. Das geht aus einem Bericht der Vereinten Nationen hervor. Im vergangenen Jahr kamen demnach insgesamt 5,6 Millionen Kinder ums Leben.

Das entspricht in neuester SI-Einheit in etwa 1 Holocaust/Jahr.

In welchem Zusammenhang jetzt deine Begriffe „Poesiealbum“, „Stuhlkreis“, „Pseudoproblem“, „beeindruckend“ und „Verbesserung“ damit stehen, ist mir nicht ganz klar.
Weder relativ noch absolut.

Franz

Das erste grundsätzliche Übel ist „Einfach Mal eine Agenturmeldung“ und der persönliche Umgang mit solchen.

Das nächste, dass man so hübsch differenzieren kann zwischen Tötung und Tötung durch Unterlassung.

Ich musste jetzt auch nicht großartig nachdenken…

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Eigentliche Botschaft ist, dass es einen Unterschied bei der Kindersterblichkeit gebe. Bei einem sehr frühen Tot scheinen eher unmittelbar medizinische/hygienische Aspekte eine Rolle zu spielen. Bei Eintritt des Todes nach einigen Wochen wird man eher eine mangelnde Versorgung annehmen. Wie weit beides wirklich voneinander entfernt ist, mögen Fachleute beurteilen.

Richtig ist, dass man das Bevölkerungswachstum und die Geburtenraten zurückgehen lassen muss. Dann wird es ceteris paribus auch eine deutlich bessere Versorgung geben können, die die Kindersterblichkeit sinken lässt. Der Fehler liegt auch in der westlichen Entwicklungspolitik, die sich eben nicht auf die Kernprobleme beschränkt.

Auf den Punkt gebracht: Wir brauchen einen grundsätzlichen Strategiewechsel in der Entwicklungspolitik, der sich an den Prämissen Korruptionsabbau, Bevölkerungsentwicklung und Know-How-Transfer ausrichtet. [Der Link stammt von einer politischen Partei.]

Kinder sind vor allem billige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Geht die Kleinbauerei zurück, dann verschwinden auch Armut, Hunger und die Geburtenraten sinkt drastisch. So einfach ist das.

Aber die lieben europäischen Linken wollen an der Kleinbauerei in Afrika festhalten und damit an Hunger, Not und Elend.

Die Geburtenraten sinken weltweit und das recht deutlich. Ein Großteil der Staaten (darunter selbst Entwicklungsländer) schaffen die Reproduktion der Bevölkerung nicht mehr. Die einzige Ausnahme ist Schwarzafrika, aber auch hier sinkt die Zahl der Geburten pro Frau.

Das ist schlicht falsch.
Länder wie Kongo, Sudan, Mosambik, Äthiopien, Sierra Leone, die vom sog. Land Grabbing stark betroffen sind, weisen die größten Zahlen an Hungernden auf. Einfach mal Land Grabbing googeln und den Zweck dieser Maßnahmen eruieren.

Eine linke Position ist genossenschaftlich organisierte Kleinbäuerei, die den Menschen vor Ort das (Über-)Leben sicher stellen könnte.

Jou!

Franz

Was Cambo meint ist die Subsistenzwirtschaft mit kläglichem Zusatzertrag für den lokalen Markt. Du meinst hingegen auch keine Kleinbäuerei, sondern genossenschaftlich organisierte Betriebe, die durch Synergieeffekte durchaus viel mehr Erträge erzielen können, als es Kleinbäuerei in Entwicklungsländern zustandebrächte. So eine Art LPG auf niedriger Entwicklungsstufe.

Gibt es eine Statistik, wieviele Prozent der landw. Gesamtfläche der genannten Staaten vom Land Grabbing betroffen sind und wie sehr sich das in Relation zu anderen Faktoren (Bürgerkrieg, Bevölkerungsentwicklung) auf den Anteil Hungernder ausgewirkt hat? Vor allem auch, wieviele % der Fläche überhaupt erst durch Land Grabbing urbar gemacht wurden?

Gruß
vdmaster

Sudan und Kongo kann ich schon mal nicht finden.

Es wäre schön, wenn du recht hättest. Leider bist du da einer Urban Legend aufgesessen.

Das ist so, wie wenn ich sagte, wir hätten eine Massenzuwanderung und du entgegnest, das stimme nicht, die Flüchtlingszahlen seien gesunken und wir würden mehr abschieben. Da gehst du einfach von den exorbitant hohen Flüchtlingszahlen 2015/2016 aus. Und von den vormals extrem niedrigen Abschiebezahlen. Mathematisch gesehen haben sich die Zahlen verändert. Solange wir aber noch nicht einmal in die Nähe von einem negativen Zuwanderungssaldo kommen, haben wir de facto eine kontinuierliche Massenzuwanderung. Die vermeintlich sinkenden Zahlen zieht man nur zur Beschönigung der Lage heran.

Genau so ist es auch bei der Weltbevölkerung. Einzelne Zahlen mögen zurückgegangen sein. Die Trendwende ist aber noch lange nicht erreicht. Das Ziel muss heißen, dass man auch in den ärmeren Staaten unter die Reproduktionsrate gelangt. Davon sind wir weit entfernt, sodass die Weltbevölkerung von derzeit knapp über sieben Milliarden Menschen wächst – und damit das Interesse an der Frage, wie die zehn Milliarden Menschen, die im Jahr 2050 auf der Erde leben dürften, künftig ernährt werden sollen.

Die aktuell veröffentlichten Geburtenraten lassen einen fassungslos zurück (Weltbevölkerungsbericht, Tabelle auf Seite 72 ff., einzelne Länder exemplarisch ausgewählt):

Afghanistan 4,5
Ägypten 3,2
Burundi 5,6
Guatemala 2,9
Irak 4,3
Jemen 3,9
Jordanien 3,3
Kongo 6,0
Niger 7,2
Nigeria 5,5
Palästina 3,9
Syrien 2,9
Venezuela 2,3

Weniger entwickelte Regionen 2,6
Am wenigsten entwickelte Regionen 4,0
Welt 2,5

Und das sind aktuelle Zahlen, gerade veröffentlicht! Hätten wir ein reales Interesse an einer Änderung dieser dramatischen Zahlen, würden wir nicht beschönigen - und diesen Beschönigungen bist du offenbar aufgesessen -, sondern

  • unsere Grenzen ab sofort komplett dichtmachen,

  • die Hilfe für die betroffenen Länder primär (am besten sogar ausschließlich) am Ziel des sinkenden Bevölkerungswachstums orientieren,

  • die Identität der Völker und und Kulturen bewahren.

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Das ist bei uns aber auch nicht anders. Wenn man sich mal die Sterbetafeln z.B. vom Verband der Versicherer ansiehst. erkennt man, dass die Sterbewahrscheinlichkeit im 1. Lebensjahr höher ist , als in den 4 Jahren danach. Auch wenn die Säuglingssterblichkeit insgesamt deutlich geringer geworden ist in den letzten 70 Jahren.

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Hi,
Die sind Kleinbauern, weil sie in einem dritte-welt-Land leben Sie können sich nicht einfach einen Job suchen. Die nächste Stadt ist Hunderte km entfernt, Nahverkehr gibt es nicht, nicht mal Straßen. Wer es in eine Stadt schafft, landet im slum, weil er sich nicht mehr leisten kann. Qualifikationen sind nicht vorhanden, und weil das bei allen im Slim so ist, gibt es kaum ar Beit, weißlich die unqualifizierte arbeit zu dünn gesät ist für die vielen Arbeitssuchenden.
Was lernen geht nicht, weil Schule Geld kostet - das fängt schon damit an, dass der Schüler, egal welchen Alters, nicht mehr zur Versorgung der Familie beitragen kann.
Und der Staat? Manche afrikanischen Staaten sind sehr reich. Aber viel fliesst an westliche Unternehmen (ÖL, Gas, Gold, …) Und der Rest verschwindet wegen Korruption.
Mit einem eigenen Stück Land kann ich aber wenigstens mich ernähren. Bin ich verheiratet , schaffe ich die ar Beit besser, und jemand an sich um das feld kümmern, wenn ich zu krank bin. Und Kinder Sorgen für mein Überleben, wenn ich nicht mehr so gut arbeiten kann.

Die Franzi

Davon wird die Fruchtbarkeitsrate von 1,5 auch nicht besser.

Tendenziell aber die in den Herkunftsländern.