Wie stark prägt die Kultur das menschliche Denken, Erleben und Verhalten? Wie tiefgreifend ist der Einfluss?
Danke im Voraus
Wie stark prägt die Kultur das menschliche Denken, Erleben und Verhalten? Wie tiefgreifend ist der Einfluss?
Danke im Voraus
Hi,
schaue um dich herum. Wie sieht es denn aus in Eurasient, Amerika, Asien, Australien etc.?
Es geht von Nationalisten bis Patrioten, von radikalen bis „normale“ von links nach rechts …
Kultur prägt nicht, aber wegen Kultur werden wir geprägt(was öfters ein Fehler ist).
Hanzo
Fundamentaler Einfluss
Hi.
Wie stark prägt die Kultur das menschliche Denken, Erleben und Verhalten? Wie tiefgreifend ist der Einfluss?
Extrem tief, selbstverständlich. Ohne den Sozialisationsprozess (der uns Kultur vermittelt) wären wir alle stumpfsinnige Idioten. Ohnen ihn könnten wir nicht sprechen, nicht denken, hätten kein Wissen, keine Ideen, keine Ideale und natürlich auch keine Moral.
Chan
Kultur kann niemals so tief prägen, wie das wahre Selbst! Das erkannte schon Sokrates mit seiner Lehre: „Erkenne dich selbst!“ Deshalb gibt es auch seit der Antike in unserer Kultur eine Philosophie des Seins.
Das Tier in uns
Kultur kann niemals so tief prägen, wie das wahre Selbst!
Das „wahre Selbst“ ist also das Tier in uns? Der Ansicht bin ich eh: http://de.wikipedia.org/wiki/Evolutionäre_Psychologie
Gruß von einem Altwelt-Trockennasen-Nacktaffen
Stefan
Lieber Y-unkie,
Die Verhaltensforschung, Neurophysiologie uns. beschreiben genauer, was uns schon die Anschauung sagt, nämlich wie umfassend unsere innerste Natur unser Verhalten und damit unsere Kultur bestimmt. Deine Frage ist nun die nach einer Rückwirkung der Kultur auf sich selbst und eventuell die Natur. Und die ist unzweifelhaft, egal wie groß oder klein man sie einschätzt. Das lässt sich mit zwei Grundansätzen verdeutlichen.
Die Kultur ist der Teil der Natur, der wir aufgrund unserer Erlebensqualität eine eigene Kategorie zubilligen und sie der restlichen Natur gegenüberstellen, sogar den Kommunikationsprozessen bei anderen Tierarten. Da wir die Natur als ein System von Rückwirkungen beschreiben, müssen wir annehmen, dass die Kultur keine Ausnahme macht.
Schon ein Fallbeispiel kann Rückwirkungen beweisen. Als wichtigstes Kulturmerkmal wird von vielen die Ahnenverehrung angesehen und in Zusammenhang damit die Tradition schriftlicher Verständigung. Ohne die wäre unsere artbedrohende Technik - ich denke zum Beispiel an künstliche Genveränderung - nicht möglich gewesen.
Bumi
Menschen sind Tiere, doch man sagt halt „Menschen“. Aber vor allem durch die Kultur unterscheiden wir uns von allen anderen Tieren. Man kann sich jetzt zurück zum „nackten Affen“, wie du das willst, entwickeln oder vorwärts. Man kann, wie es Sokrates tat, sich über die Kulturprägung hinaus weiter entwickeln als selbstbewusstes Individuum. Nietzsche trifft den Kern, wenn er sagt: Wir haben heute das Recht, mit uns selbst zu experimentieren!
Erkenne Dich selbt
Hallo Claus,
das „gnothi s’auton“ stand über dem Apollotempel von Delphi. Der spielt zwar in Sokrates’ Leben eine gewisse Rolle, aber Sokrates „Lehre“ war es eigentlich nicht.
Gruß,
Andreas
WAS???
Ein Philosophisches Wörterbuch (Kröner) weiß es aber besser, Zitat: „Erkenne dich selbst - gnothi seauton, Inschrift am Apollotempel in Deilphi… Sokrates gründete darauf seine Tugendlehre; vgl. Selbsterkenntnis.“
Lieber Söhn,
ich denke, dass es nicht nur ZWEI faktoren in diesem Bereich gibt.
Ich möchte dich aufklären, hör mir zu:
Du hast die grundlegene Säule vergessen. Natürlich ist das NICE SEIN
ein ganz grundlegener Faktor für die Entwicklung der menschlichen Kultur. Ohne die Art und Weise, wie das Ultimative SÖhnelein über Individuen wacht, bis jeder auf dem Pfad der Erleuchtung wandelt, könnte es zu einer Eskalation kommen. Da jedoch der gülden Glanz auch in unserer Welt heimst, wird dies nicht geschehen.
Ich hoffe, ich konnte dich ein Stück weit bringen in deinen Überlegungen.
Liebe Grüße,
das Ultimative Söhnelein.
Hallo Claus,
was nun eigentlich die Lehre des Sokrates sein soll, außer gut (im moralischen Sinne) zu leben, weiß ich nicht. Sokrates’ öffentliches Wirken in Athen gründete ja in einem Orakelspruch von Delphi, insofern mag man das als Grundlage oder Anstoß seiner „Lehre“ sehen.
Ich traue lieber dem Original als einem Handbuch.
Gruß,
Andreas
Sekt sells
Hi.
Du hast die grundlegene Säule vergessen. Natürlich ist das NICE SEIN
Wie konnten wir nur so vergesslich sein… Mille grazie.
Ohne die Art und Weise, wie das Ultimative SÖhnelein über Individuen wacht…
Sekt, not sex, rules the world. Now we know.
bis jeder auf dem Pfad der Erleuchtung wandelt, könnte es zu einer Eskalation kommen. Da jedoch der gülden Glanz auch in unserer Welt heimst, wird dies nicht geschehen.
Ich nominiere dich für den Dadaismus-Preis 2012 des Philosophiebretts.
Ich hoffe, ich konnte dich ein Stück weit bringen in deinen Überlegungen.
Um dir zu folgen, braucht´s aber schon einige Flaschen Sekt.
Chan
Original wäre nur Platon, denn Sokrates hat selber ja nichts geschrieben. Von Platon wissen wir ja überhaupt einigermaßen, was Sokrates dachte und lehrte.
Ja, in der Tat. Und Xenophon.
Habermas und die Erkenntnisinteressen
Auf die Schnelle ein paar Anmerkungen zu einem Thema, das mit ganzen Büchern nicht auszuschöpfen ist.
Die Verhaltensforschung, Neurophysiologie uns. beschreiben
genauer, was uns schon die Anschauung sagt, nämlich wie
umfassend unsere innerste Natur unser Verhalten und damit
unsere Kultur bestimmt.
Ich stelle hier die „innerste Natur“ in Frage, die nämlich ist rein hypothetisch.
Deine Frage ist nun die nach einer Rückwirkung der Kultur auf sich selbst und eventuell die Natur.
Ich denke, wenn man das Thema undialektisch angeht, dann ist man schnell im dunklen Wald.
Der dialektische Ansatz ist die Berücksichtigung der Tatsache, dass der Naturbegriff eine mentale, eine Bewusstseinsleistung ist, die zur Kultur gehört. „Natur“ ist hier das vom Bewusstsein Ausgeschlossene, Ausgegrenzte - für Fichte das gesetzte Nicht-Ich, für Hegel der in die materielle Welt entäußerte Geist, für Marx die objektive Natur, die der subjektiven Natur (dem Bewusstsein) gegenüber steht. Die Vermittlung beider Pole setzt eine übergreifende Einheit voraus - für Fichte das Absolute, für Hegel der Weltgeist und für Marx die Einheit des materiellen Universums.
Erst die Selbstvergessenheit des Subjekts erzeugt die Vorstellung, dass Natur eine objektive Existenz unabhängig vom Subjekt hat. Mit dieser Vergessenheit hat Kant schon aufgeräumt. Der Beobachter ist immer ein Teil des beobachteten Systems.
Habermas ging in „Erkenntnis und Interesse“ über den marxistischen Ansatz hinaus. Er identifizierte die Marx´sche Interaktion von Mensch und Natur mit dem „empirisch-analytischen“ Erkenntnisinteresse und fügte zwei weitere Erkenntnisinteressen hinzu: das hermeneutische (die Interpretation von Symbolen) und das kritisch-emanzipatorische (Reflexion auf bestehende Verhältnisse).
Keines dieser drei Erkenntnisinteressen (die unsere Kultur bestimmen) ist „naturgewachsen“ - sie alle sind Aspekte eines Geist-Natur-Mischwesens namens Mensch in seiner Interaktion mit äußerer Natur, seiner Verwobenheit in die symbolische Dimension (Geisteswissenschaften) und seiner Reflexion auf die sozialen Bedingungen, unter denen er lebt.
Chan
Hi Chan,
wir mal wieder. Selbst mit sehr allgemeinen, radikalen und widersprüchlichen philosophischen Modellen kannst du zu der von mir postulierten Wechselwirkung kommen. Sogar der doofe Hegel könnte das, aber das ist ein anderer Srätt. Ich finde, es ist für die gestellte Frage ergiebiger, in der Nähe der anderen Wissenschaften zu bleiben. Das ist eine vorsichtige Position, in der übrigens die H’sche Unschärferelation formuliert wurde.
Bumi
Ist das Selbst nicht selbst das geprägte?
Ich bezweifle stark, dass man Sokrates oder „Erkenne dich selbst“ dahingehend auslegen kann, die Kultur hätte einen geringen Einfluss auf den Menschen.
Im Dialog Kriton lässt Sokrates die Gesetze (die ja wesentlicher Teil der Kultur sind) sprechen: „Denn wir, die wir dich zur Welt gebracht, auferzogen, unterrichtet und alles Gute, was nur in unserm Vermögen stand, dir und jedem Bürger mitgeteilt haben…“
Ich vertrete ein völlig anderes SELBSTKONZEPT als einen kulturellen Determinismus, nämlich ein Selbstkonzept, dessen wahres Selbst tiefer und höher liegt als jede Kulturprägung, ganz egal, wie stark die Strukturen auch (unbewusst) verinnerlicht sind. Dabei unterscheide ich Struktur und Essenz.
Meinetwegen ist das deine Vorstellung. Mir liegt nichts daran, sie anzufechten. Mein Anliegen war, Sokrates aus der Sache rauszuholen. Fertig.
Sokrates ohne Selbsterkenntnis???
Mein Anliegen war, Sokrates aus der Sache rauszuholen. Fertig.
Heißt das, dass du Sokrates die Kernidee der Selbsterkenntnis absprechen möchtest und die Kulturprägung als den höchstmöglichen Lebenssinn dagegen stellst???