Eingreifrecht der Vereinten Nationen?

Hallo Ihr!

Als ich grade SpiegelONLINE gelesen hab, hab ich mir folgendes Szenario ausgemalt (darüber will ich aber keine Diskussionen, die gehören wenn schon in ein anderes Brett):
Putin darf ja laut Verfassung keine weitere Legislaturperiode als russ. Präsident im Amt bleiben. Stattdessen will er jetzt Vorsitzender der Kremlpartei werden. Soweit die Infos auf SpON.
Mein Szenario: Putin setzt sich über die Verfassung hinweg und bleibt Präsident. Das Militär steht hinter ihm. Es gibt einen Volksaufstand, der blutig niedergeschlagen wird.
Dürfen in einem solchen Fall die Blauhelme einfach so nach Russland und dort für die Wahrung der Ordnung sorgen oder muss Russland das genehmigen?

Allgemeiner formuliert: Dürfen die Vereinten Nationen ohne Einverständnis der Landesregierung „Streitmächte“ in ein Land senden?

Ich weiß, das Putin-Szenario klingt völlig absurd, aber wie gesagt, das stelle ich hier nicht zur Diskussion. Mich interessiert lediglich oben gestellte Frage.

Gruß
Sarah

Hallo,

Allgemeiner formuliert: Dürfen die Vereinten Nationen ohne
Einverständnis der Landesregierung „Streitmächte“ in ein Land
senden?

Ich weiß, das Putin-Szenario klingt völlig absurd, aber wie
gesagt, das stelle ich hier nicht zur Diskussion. Mich
interessiert lediglich oben gestellte Frage.

dann lass ich Putin auch völlig raus. :smile:

Ich habe es so verstanden:

Die UN darf selbst erst mal gar nicht, wenn überhaupt, dann der Weltsicherheitsrat. Den haben innere Angelegenheiten eines Staates aber auch nicht zu interessieren, der darf sich nur ‚einmischen‘, wenn andere Staaten bedroht sind.

http://de.wikipedia.org/wiki/UN_Sicherheitsrat

Gruß, Rainer

Die UN darf selbst erst mal gar nicht, wenn überhaupt, dann
der Weltsicherheitsrat. Den haben innere Angelegenheiten eines
Staates aber auch nicht zu interessieren, der darf sich nur
‚einmischen‘, wenn andere Staaten bedroht sind.

Und selbst wenn irgendein Abkommen/Gesetz/Beschluss besagen würde, daß die UN das darf dann gibt’s noch diese „Theorie und Praxis“-Sache.

Ich meine, egal worüber sich die Russen (hypothetisch) uneinig wären, das würde sich SEHR schnell geben wenn westliche Truppen auf dem Roten Platz anfangen einen Demokratie-Infostand aufzustellen :wink:

Hallo,

Und selbst wenn irgendein Abkommen/Gesetz/Beschluss besagen
würde, daß die UN das darf dann gibt’s noch diese „Theorie und
Praxis“-Sache.

exakt.

Ich meine, egal worüber sich die Russen (hypothetisch) uneinig
wären, das würde sich SEHR schnell geben wenn westliche
Truppen auf dem Roten Platz anfangen einen
Demokratie-Infostand aufzustellen :wink:

Ich meine, selbst wenn die Theorie der UN gestatten würde, sich auch in innere Angelegenheiten einzumischen und Putin würde z.B. putschen und in Russland eine Militärdiktatur errichten, würde sich kein ausländisches Militär nach Russland verirren.

Westliche Truppen in Moskau würde es selbst dann nicht geben, wenn das in irgendwelchen vertägen stehen würde, so aber schon gar nicht. Die haben nämlich immer noch ein paar Atomraketen, die schützen vor solchem Ansinnen.

Gruß, Rainer

Ich meine, egal worüber sich die Russen (hypothetisch) uneinig
wären, das würde sich SEHR schnell geben wenn westliche
Truppen auf dem Roten Platz anfangen einen
Demokratie-Infostand aufzustellen :wink:

LOL, allein die Vorstellung lässt mich grinsen…

Westliche Truppen in Moskau würde es selbst dann nicht geben,
wenn das in irgendwelchen vertägen stehen würde, so aber schon
gar nicht. Die haben nämlich immer noch ein paar Atomraketen,
die schützen vor solchem Ansinnen.

Ja, das ist mir klar (fliegen die Dinger überhaupt noch oder hat die nicht der Rost schon zerfressen? :wink:, deshalb hab ich die Frage auch nochmals allgemeiner formuliert, dass sie auf beliebige Länder zutreffen könnte.

Habe ich das nun richtig verstanden, dass in solchen Fällen der Weltsicherheitsrat entscheidet?
Und wie ist das nun: Muss ein Staat einem UN-Einsatz im eigenen Land (egal, wie er zustande kommt) zustimmen oder nicht? Also einmal für innerstaatliche Konflikte und das andere Mal für Konflikte mit anderen UN-Staaten.

Und wie ist das nun: Muss ein Staat einem UN-Einsatz im
eigenen Land (egal, wie er zustande kommt) zustimmen oder
nicht? Also einmal für innerstaatliche Konflikte und das
andere Mal für Konflikte mit anderen UN-Staaten.

Ich glaube das kommt auf die Defintion von Staat an.

Wenn Staat= legal gewählte, also irgendwie legitime Regierung, dann macht kein anderer Staat ohne Hilfsersuchen was.

Wenn Staat= 5 verschiedene Splittergruppen von denen jeder um die Macht kämpft, dann muss man auch niemanden fragen, wen auch?

Die UN, vielmehr der UN-Sicherheitsrat kann dann eingreifen, wenn das friedliche Zusammenleben der Völker bedroht ist. Wann das ist entscheidet er selber.
Ein Putsch in einem beliebigen Staat ist allerdings zunächst eine interne Angelegenheit des Staates - einfachste Lösung wäre, dass das gewählte und vom Putsch bedrohte Staatsoberhaupt sich im Fall des Falles ausländisches Militär zu seinem Machterhalt ins Land holt. Hierbei wäre der UN-Sicherheitsrat außen vor.

Aber um dein Beispiel aufzugreifen: Hier würde gar nichts passieren.
Zunächst einmal gibt es „die Blauhelme“ (alleine die Bezeichnung ist schon überholt) nicht, da die UN bei UN-Missionen darauf angewiesen ist Mitgliedsstaaten um Truppengestellung zu bitten.
Weiterhin würde es keinen vom UN-Sicherheitsrat angeordneten Einsatz in/gegen Russland geben, das Russland Veto-Recht bei allen Entscheidungen hat und damit jegliche militärische Intervention ausgeschlossen ist.

Allgemeiner formuliert: Dürfen die Vereinten Nationen ohne
Einverständnis der Landesregierung „Streitmächte“ in ein Land
senden?

Kommt drauf an. Möglich ist das beispielsweise im Rahmen einer friedenserzwingenden Maßnahme (Beispiel: 2. Golfkrieg). Ansonsten wäre das Gewaltmonopol der UN wohl irgendwie witzlos. Das funktioniert aber nur, wenn sich keiner der fünf Veto-Staaten gegen eine Intervention sperrt (Beispiel Kosovo-Krieg).

Ich empfehle dir mal einen Blick in die Kapitel VI und VII der UN-Charta.

Gruß Andreas

Hallo,

Ja, das ist mir klar (fliegen die Dinger überhaupt noch oder
hat die nicht der Rost schon zerfressen? :wink:

keine Ahnung, es wird Niemand darauf ankommen lassen.

Habe ich das nun richtig verstanden, dass in solchen Fällen
der Weltsicherheitsrat entscheidet?

Nein, so lange es um innere Angelegenheiten eines Staates geht, micht sich Niemand ein, auch der Weltsicherheitsrat nicht.

Und wie ist das nun: Muss ein Staat einem UN-Einsatz im
eigenen Land (egal, wie er zustande kommt) zustimmen oder
nicht?

Kommt darauf an.

Also einmal für innerstaatliche Konflikte

Da ist zustimmen schon zu viel, er muss selbst um Unterstützung bitten. Das ungefragte Angebot wäre schon ein unangemessener Eingriff in die Souveränität.

und das andere Mal für Konflikte mit anderen UN-Staaten.

Das ist ein völlig anderes Thema, dann entscheidet der Weltsicherheitrat, aber nicht gegen die Stimme der fünf Veto-Mächte, zu denen auch Russland gehört. Sagt von denen einer nein, dann gilt nein.

Gruß, Rainer

Einen solchen Antrag wird nie ein Land stellen

Hallo, Sarah

Die Vereinigten Nationen können theoretisch jeden Einsatz beschliessen.

Den Antrag, in Russland die Demokratie mit UNO-Truppen zu schützen, wird jedoch
nie ein Land stellen. Er würde im Sicherheitsrat mit Sicherheit (deshalb heisst der Rat so)
scheitern – wenn nicht an der Mehrheit, so am Vetorecht.

Gruss
Adam

Ich glaube das kommt auf die Defintion von Staat an.

Wenn Staat= legal gewählte, also irgendwie legitime Regierung,
dann macht kein anderer Staat ohne Hilfsersuchen was.

Wenn Staat= 5 verschiedene Splittergruppen von denen jeder um
die Macht kämpft, dann muss man auch niemanden fragen, wen
auch?

Autsch, das ist so nicht korrekt!
Es kommt immer auf den Einzelfall, insbesondere die beschlossene Maßnahme des UN-Sicherheitsrates und den Willen der 5 Vetomächte an.

Genaugenommen ist z.B. Afghanistan ein „failed state“, trotzdem ist die ISAF auf Bitten der afghanischen Regierung im Land.

Wenn der UN-Sicherheitsrat aber eine friedenserzwingende Maßnahme in Staat A beschließt (was auch auf Grund von inneren Unruhen eines Staates möglich ist, wenn dadurch das friedliche Zusammenleben der Völker bedroht ist) ist es völlig egal ob Staat A eine legitime Regierung welcher Art auch immer hat oder ein failed state ist - da fragt dann niemand mehr nach, ob A einverstanden ist. Bevor es zu so einer Entscheidung kommt werden zunächst auch alle anderen Mittel ausgeschöpft.
Und was passiert, wenn sich Veto-Mächte im Einzelfall sperren hat man im Kosovo-Krieg gesehen. Dann brechen evtl. einzelne Staaten das Völkerrecht.

Gruß Andreas

Autsch, das ist so nicht korrekt!
Es kommt immer auf den Einzelfall, insbesondere die
beschlossene Maßnahme des UN-Sicherheitsrates und den Willen
der 5 Vetomächte an.

Aber wir gehen doch um der Diskussion Willen davon aus, daß die UN eingreifen will. (Klar das Russland da sein VETO reinhauen würde)

Genaugenommen ist z.B. Afghanistan ein „failed state“,
trotzdem ist die ISAF auf Bitten der afghanischen Regierung im
Land.

Die jetztige Regierung wurde von bereits gründlich einmarschierten Truppen eingesetzt ohne ISAF gäbe es den Laden gar nicht. Also ist doch wenn überhaupt die Regierung auf Einladung der ISAF im Land und nicht andersrum :wink:

Wenn der UN-Sicherheitsrat aber eine friedenserzwingende
Maßnahme in Staat A beschließt (was auch auf Grund von inneren
Unruhen eines Staates möglich ist, wenn dadurch das friedliche
Zusammenleben der Völker bedroht ist) ist es völlig egal ob
Staat A eine legitime Regierung welcher Art auch immer hat
oder ein failed state ist - da fragt dann niemand mehr nach,
ob A einverstanden ist.

Fällt Dir ein Beispiel ein?

Greetz Nick

Hallo Ihr!

Hallo Du!
Die UN wird/werden sich hüten, eine Großmacht wie Russland oder China anzugreifen oder dort nach „dem Rechten zu schauen“.
Gruß,
Branden

Genaugenommen ist z.B. Afghanistan ein „failed state“,
trotzdem ist die ISAF auf Bitten der afghanischen Regierung im
Land.

Die jetztige Regierung wurde von bereits gründlich
einmarschierten Truppen eingesetzt ohne ISAF gäbe es den Laden
gar nicht. Also ist doch wenn überhaupt die Regierung auf
Einladung der ISAF im Land und nicht andersrum :wink:

Nein! ISAF =/= OEF. Aber ohne ISAF und OEF gäbe es die Regierung und den Staat so nicht, das ist sicherlich richtig.

Wenn der UN-Sicherheitsrat aber eine friedenserzwingende
Maßnahme in Staat A beschließt (was auch auf Grund von inneren
Unruhen eines Staates möglich ist, wenn dadurch das friedliche
Zusammenleben der Völker bedroht ist) ist es völlig egal ob
Staat A eine legitime Regierung welcher Art auch immer hat
oder ein failed state ist - da fragt dann niemand mehr nach,
ob A einverstanden ist.

Fällt Dir ein Beispiel ein?

Spontan nein, das Kosovo wäre eines gewesen, wenn es nicht das Veto gegeben hätte - und was diese Veto-Fälle angeht könnte man wohl leider noch den ein oder anderen Fall aufzählen.
Mag sein dass es in Afrika schon solche Fälle gegeben hat bzw. in naher zukunft geben wird.

Gruß Andreas

Dein Bild der Vereinten Nationen ist utopisch!
Hallo Sarah,

Mein Szenario: Putin setzt sich über die Verfassung hinweg und
bleibt Präsident. Das Militär steht hinter ihm. Es gibt einen
Volksaufstand, der blutig niedergeschlagen wird.
Dürfen in einem solchen Fall die Blauhelme einfach so nach
Russland und dort für die Wahrung der Ordnung sorgen oder muss
Russland das genehmigen?

LOL

In einem anderen Land steht vielleicht in der Verfassung, dass
nur rechtshändige Frauen Präsident werden dürfen und das Volk
wählt einen linkshändigen Mann. Soll die UN dann auch Panzer
und Bomber schicken?

Ist dir klar, dass du von einem Angriffskrieg der UN gegen
ein Land sprichst, dessen Regierung durch die genannte
‚blutige Niederschlagung des Volksaufstandes‘ bewiesen hat
das sein Militär hinter der Regierung steht? Ich bezweifele
stark ob sowas im Interesse des betreffenden Volkes wäre …

Hätte die UN denn auch nach denn Wahlfälschungen von Bush
vor 7 Jahren die USA militärisch niederwerfen sollen? Und
wenn ja … mit welchen Truppen und mit wessen Finanzierung?
Wer soll das entscheiden und wer will das verantworten?

Allgemeiner formuliert: Dürfen die Vereinten Nationen ohne
Einverständnis der Landesregierung „Streitmächte“ in ein Land
senden?

Man sollte sich erst mal vor Augen halten, dass mindestens 150
der gegenwärtig 192 UN-Mitglieder eine Regierung aufweisen,
die man als üblen Verbrecherhaufen bezeichnen kann. Zwar
verkaufen viele davon ihre Stimmen regelmäßig an lupenreine
Demokratien wie China oder die USA - aber einer Grundregelung,
dass ein massiver Verfassungsbruch oder ein Massaker am eigenen
Volk einen UN-Einsatz rechtfertigen, ist dort auf keinen Fall
mehrheitsfähig denn damit würden all diese ~ 150 Regierungen
sich selber zu legitimen Opfer von UN-Invasionen erklären.

Viele Grüße

Jake